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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 600/06
Rechtsgebiete: StVG, BKatV


Vorschriften:

StVG § 25
BKatV § 4
Es ist rechtsfehlerhaft, wenn sich der Tatrichter nicht damit auseinandersetzt, dass es ausreichend sein kann, nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG dem Betroffenen ein auf bestimmte Arten von Kfz beschränktes Fahrverbot aufzuerlegen, obgleich sich dies aufgrund der Tatsache, dass der Betroffene Berufskraftfahrer ist, die Tat jedoch in seiner Freizeit mit seinem Privatfahrzeug begangen hat, hätte aufdrängen müssen.Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss eine derartige Beschränkung erfolgen, wenn ein auf bestimmte Fahrzeugarten begrenztes Fahrverbot als "Denkzettel" für den Betroffenen ausreicht.
Beschluss

Bußgeldsache gegen B. H.,

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Rheine vom 03. April 2006 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 13. September 2006 durch den Richter am Amtsgericht Heithoff als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Rheine zurückverwiesen.

Gründe:

I. Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht Rheine den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung gemäß §§ 3, 41, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG in Tateinheit mit fahrlässigem Nichtmitführen des Führerscheins gemäß § 24 StVG, § 75 Ziff. 4 FeV zu einer Geldbuße von 380,- Euro verurteilt. Weiterhin hat es gegen ihn ein unbeschränktes Fahrverbot von drei Monaten verhängt und angeordnet, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts durch die Verhängung des Fahrverbotes rügt und insoweit dessen Aufhebung beantragt.

Damit hat der Betroffene sein Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, so dass rechtskräftig feststeht, dass er am 14. Juli 2005 um 11.46 Uhr mit seinem Pkw, amtliches Kennzeichen ST-xxxxx, in Rheine die Straße Am Hemelter Bach in Fahrtrichtung Bevergern befuhr. Dabei überschritt er außerhalb geschlossener Ortschaft die dort durch das Verkehrszeichen Nr. 274 der StVO auf 40 km/h begrenzte zulässig Höchstgeschwindigkeit um mindestens 74 km/h, wobei er fahrlässig handelte. Zudem führte der Betroffene seinen Führerschein nicht mit sich.

Im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Bußgeldkatalog für einen Geschwindigkeitsverstoß der vorliegenden Art ein Regelbußgeld von 375,- Euro sowie ein Fahrverbot von 3 Monaten vorgäbe. Für die Ordnungswidrigkeit des Nichtbeisichführens des Führerscheins sei eine Regelbuße von 10,- Euro festgelegt. Vorliegend sei eine Geldbuße von 380,- Euro tat- und schuldangemessen. Daneben sei die Anordnung eines Fahrverbotes für die Dauer von drei Monaten geboten. Auch die für den Betroffenen, der beruflich auf den Führerschein angewiesen sei, mit einem Fahrverbot verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile rechtfertigten keine Ausnahme.

II. Die nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, rechtzeitig eingelegte sowie form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde hat in der Sache - jedenfalls vorläufig - Erfolg.

Das Amtsgericht hat sich in der Begründung des angefochtenen Urteils zwar ausführlich mit der Frage des ausnahmsweisen Absehens von einem Fahrverbot beschäftigt, es aber versäumt, Feststellungen zudem Beruf des Betroffenen und seiner damit einhergehenden Situation zu treffen.

Zu beanstanden ist weiterhin, dass sich das Urteil nicht damit auseinandersetzt, dass es ausreichend sein kann, nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG dem Betroffenen ein auf bestimmte Arten von Kfz beschränktes Fahrverbot aufzuerlegen, obgleich sich dies aufgrund der Tatsache, dass der Betroffene Berufskraftfahrer ist, die Tat jedoch in seiner Freizeit mit seinem Privatfahrzeug begangen hat, hätte aufdrängen müssen.

Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss eine derartige Beschränkung erfolgen, wenn ein auf bestimmte Fahrzeugarten begrenztes Fahrverbot als "Denkzettel" für den Betroffenen ausreicht(vgl. OLG Düsseldorf, NZV 1994, 407; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 25 StVG, Rdnr. 11 mit weiteren Nachweisen).

Wegen der aufgezeigten Mängel war das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung, in der ergänzende Feststellungen zu treffen sein werden, und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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