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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 634/07
Rechtsgebiete: HWO, GG, OWiG


Vorschriften:

HWO § 1 Abs. 2
GG Art. 100
OWiG § 17 Abs. 3
Zum Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz.
Beschluss

Bußgeldsache gegen W. D.-T.,

wegen Verstoßes gegen das SchwArbG

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 2. Juli 2007 gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 28. Juni 2007 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 11. 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG neuer Fassung auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. dessen Verteidigerin beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

Zusatz: Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 12.10.2007, die der Verteidigerin des Betroffenen am 22.10.2007 zugestellt worden ist und die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht.

Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die erhobene Sachrüge deckt keinen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Mangel auf, der den Bestand des Urteils gefährden würde.

1. Der Senat sieht keinerlei Veranlassung, das Verfahren wegen der aus Sicht der Verteidigung bestehenden Unbestimmtheit des § 1 HWO gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 1961 (BVerfG NJW 1961, 2011 f.) festgestellt, dass § 1 der HWO mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31. März 2000 (BVerfG NVwZ 2001, 187 f.) die Frage, ob die Anforderungen der Meisterprüfung angesichts geringerer Anforderungen an EU-Handwerker noch gerechtfertigt sind, dahingestellt sein lassen; es hat jedoch zugleich klargestellt, dass es die verfassungsrechtlichen Fragen zum Befähigungsnachweis für das Handwerk bereits mit dem vorgenannten Beschluss im Jahre 1961 entschieden habe. Danach ergibt sich trotz erneuter Änderung der HWO am 24.12.2003 kein Anlass, dem Antrag des Beschwerdeführers folgend, die Sache nunmehr nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur (erneuten) Entscheidung über die Verfassungsgemäßheit der Handwerksordnung vorzulegen, auch nicht unter dem angesprochenen Gesichtspunkt der Bestimmtheit der Norm.

Eine Berechtigung und Verpflichtung zu einer derartigen Vorlage besteht nämlich nur, wenn der Richter von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist; bloße Zweifel und Bedenken genügen nicht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. 2007, Einleitung Rn. 221 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Norm nicht übersteigert werden dürfen, da ohne allgemeine, normative und wertausfüllungsbedürftige Begriffe der Gesetzgeber nicht in der Lage wäre, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden (BVerfGE 11, 237) Wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Strafnormen ist es unvermeidlich, dass in Grenzfällen zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten noch tatbestandsmäßig ist (BVerfG 71, 115; 73, 235). Daher ist die Verwendung unbestimmter wertausfüllungsbedürftiger Begriffe unbedenklich, wenn sie zum überlieferten Bestand an Strafrechtsnormen gehören und sich durch den Normzusammenhang sowie die gefestigte Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung gewinnen lässt (BVerfG 4, 357; 64, 393; 71, 115). Sowohl der dynamische Handwerksbegriff (BVerwG GewA 1969, 107) als auch der Begriff der "wesentlichen Tätigkeit" im Sinne der "Gepräge"- oder Kernbereichsrechtsprechung des BVerwG stellen eine ausreichende Grundlage für die Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 2 HWO auch unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung des Art. 12 Abs. 1 GG dar. Zweifel an der Bestimmtheit dieser Norm bestehen seitens des Senates nicht.

2. Soweit sich die Verteidigung gegen die Beweiswürdigung des angegriffenen Urteils wendet, weil der gehörte Sachverständige als Vertreter der Handwerkskammer nicht objektiv und unvoreingenommen gewesen sei, stellt dieses Vorbringen einen unzulässigen Angriff gegen die Feststellungen und die Beweiswürdigung dar, die grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten ist. Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe, § 337 Abs. 1 StPO, § 79 Abs. 3 OWiG. Rügen solcher Art dringen auch als Sachrüge nicht durch, sofern nicht ein Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze aufzeigt wird, der vorliegend nicht ersichtlich ist. Zudem hätte die Verteidigung die Möglichkeit gehabt, sofern sie an der Unparteilichkeit des Sachverständigen Zweifel gehabt hätte, diesen gemäß § 74 StPO abzulehnen. Der Schuldspruch ist danach nicht zu beanstanden.

3. Die Erwägungen zur Rechtsfolgenbemessung weisen ebenfalls keinen durchgreifenden materiell-rechtlichen Rechtsfehler auf. Die Bußgeldbemessung liegt grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters, der sich aufgrund der Hauptverhandlung ein umfassendes Bild von dem Gewicht der Tat und des den Täter treffenden Vorwurfs zu bilden vermag. Die Überprüfung der Bußgeldbemessung durch das Beschwerdegericht hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Tatrichter von rechtlich zutreffenden Erwägungen ausgegangen ist und von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dies setzt voraus, dass der gerichtliche Zumessungsakt in den Entscheidungsgründen im einzelnen durch entsprechende Feststellungen plausibel gemacht ist, so dass eine Nachprüfung durch das Beschwerdegericht möglich ist (Karlsruher Kommentar-Steindorf, OWiG § 17 Rn. 35). Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind gemäß § 17 Abs. 3 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft; ferner kommen nach § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters in Betracht, wenn es sich nicht lediglich um geringfügige Ordnungswidrigkeiten handelt. Vorliegend lassen die Ausführungen des Amtsgerichts noch erkennen, dass es von dem ihm eingeräumten Ermessen in einer an den vorgenannten gesetzlichen Zumessungskriterien ausgerichteten Abwägung Gebrauch gemacht hat.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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