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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.01.2005
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 728/04
Rechtsgebiete: BkatV, StVG


Vorschriften:

BkatV § 4
StVG § 25
Der Tatrichter muss für seine Entscheidung, von einem Regelfahrverbot abzusehen, eine eingehende, auf Tatsachen gestützte Begründung geben. Diese darf sich nicht nur in einer unkritischen Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen erschöpfen.
Beschluss

Bußgeldsache

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen das Urteil des Amtsgerichts Brilon vom 5. August 2004 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05. 01. 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde an das Amtsgericht Brilon zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG, 19 OWiG" zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt. Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 23. März 2004 gegen 10.51 Uhr mit einem PKW die B 7 im Bereich der Stadt Brilon in Fahrtrichtung Marsberg. Er überschritt die dort ausgeschilderte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h. Von der Verhängung des Regelfahrverbotes hat das Amtsgericht gegen Erhöhung der Regelgeldbuße abgesehen.

Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg, die die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel beigetreten.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat im Umfang der Anfechtung jedenfalls einen vorläufigen Erfolg.

Die Erwägungen des Amtsgerichts zum Rechtsfolgenausspruch weisen durchgreifende Rechtsfehler auf. Das angefochtene Urteil unterliegt deshalb insoweit mit den getroffenen Feststellungen der Aufhebung.

Das Amtsgericht hat seinen Rechtsfolgenausspruch wie folgt begründet:

"Er hat sich dahingehend eingelassen, dass er an Boriolose erkrankt sei. Diese zunächst nicht erkannte Krankheit habe zu einer schweren Beschädigung eines Rückenwirbels geführt. Er sei zu außergewöhnlich häufigen und umfangreichen Behandlungen bei drei verschiedenen Ärzten genötigt. Zum Anfahren dieser Ärzte könne er auf seinen privaten PKW nicht verzichten, zumal er in Winterberg-Siedlinghausen wohne und die dortigen Verkehrsverbindungen, insbesondere auch zu dem Arzt seines Vertrauens in Warstein-Hirschberg einen Besuch ausschlössen.

Trotz erheblicher Bedenken ist das Gericht der Meinung, dass hier von der Verhängung eines Fahrverbots gem. § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalogverordnung abgesehen werden kann gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße, hier also Verdoppelung auf 150,00 €."

Zwar kann das Amtsgericht im Einzelfall von der Verhängung eines Regelfahrverbotes absehen, wenn eine erhebliche Härte oder zumindest eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher Umstände vorliegen, die das Tatgeschehen aus dem Rahmen typischer Begehungsweise im Sinne einer Ausnahme herausheben. Der Richter muss jedoch nach übereinstimmender Rechtsprechung der Obergerichte die Grundentscheidung des Verordnungsgebers für Verkehrsverstöße der vorliegenden Art respektieren und für seine Entscheidung eine eingehende, auf Tatsachen gestützte Begründung geben. Diese darf sich insbesondere nicht nur in einer unkritischen Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen erschöpfen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juli 2003 - 4 Ss OWi 585/03 OLG Hamm m. w. N.). Gegen diese Grundsätze verstößt die angefochtene Entscheidung, da der Tatrichter weder die vom Betroffenen angegebene Erkrankung noch die behaupteten Krankheitsfolgen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und mithin die Einlassung des Betroffenen unkritisch übernommen hat. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, warum der Betroffene nicht für die Dauer eines Monats die von ihm für erforderlich gehaltenen Fahrten zu verschiedenen Ärzten nicht mit Hilfe eines Fahrers oder eines Taxis durchführen können soll.

Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.



Ende der Entscheidung

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