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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.04.2008
Aktenzeichen: 4 U 10/08
Rechtsgebiete: UWG, BGB, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 8 Abs. 1
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1
UWG § 8 Abs. 4
UWG § 12 Abs. 2
UWG § 14 Abs. 2
BGB § 126 b
BGB §§ 307 ff.
BGB § 309 Nr. 7
BGB § 309 Nr. 8
BGB § 312 c
BGB § 312 d
BGB § 355
ZPO § 540 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 25. Oktober 2007 verkündete Urteil der III. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000, EUR oder ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über die Internethandelsplattform www.Y.de den Abschluss entgeltlicher Verträge im Bereich Computer-Hardware mit Verbrauchern anzubieten und/oder anbieten zu lassen und dabei in der Belehrung zum Wiederrufsrecht anzugeben, dass für Verbraucher bei Fernabsatzverträgen die Frist zur Abgabe der Widerrufsbelehrung zwei Wochen beträgt, wie in der Auktion mit der Nummer ############ am 24.09.2007 geschehen;

b) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Bereich Computer-Hardware über die Internet-Handelsplattform www.Y.de den Abschluss entgeltlicher Verträge mit Verbrauchern anzubieten und/oder anbieten zu lassen und dabei das Widerrufsrecht der Verbraucher mit den folgenden Formulierungen einzuschränken, wie in der Auktion mit der Nummer ########## am 24.09.2007 geschehen:

a) "Für diesen Fall gilt: unbeschädigt, originalverpackt, versichert und freigemacht und nach vorheriger Absprache."

b) "Die Frist beginnt mit der Auslieferung der Ware";

c) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über www.Y.de den Abschluss entgeltlicher Verträge im Bereich Computer-Hardware mit Verbrauchern anzubieten und/oder anbieten zu lassen und dabei die folgenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden, wie in der Auktion mit der Nummer ############# am 24.09.2007 geschehen:

"7. Soweit sich nicht aus Nr. 8 etwas anderes ergibt, sind weitergehende Ansprüche des Kunden - gleich aus welchen Rechtsgründen - ausgeschlossen. Insbesondere sind Schadensersatzansprüche im Rahmen der Gewährleistung wegen Mangelfolgeschäden, Verletzung vertraglicher Nebenpflichten, Beratungsfehler oder aus unerlaubter Handlung gegen die Firma U GmbH oder ihre Vertreter bzw. Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für den entgangenen Gewinn oder für sonstige Vermögensschäden des Kunden.

8. Der vorgenannte Haftungsausschluss gilt nicht, wenn der Schaden auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht oder wenn der Kunde Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz geltend macht

und/oder

9. Schadensersatzansprüche sind der Höhe nach auf den Wert der gelieferten Ware beschränkt."

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Antragstellers ist begründet.

Er kann von der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 8 I, III Nr. 1; 3; 4 Nr. 11 i.V.m. §§ 312 c, 312 d, 355, 126 b BGB und § 309 Nr. 7 BGB die titulierten Unterlassungen verlangen.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird dabei gemäß § 540 I ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 3 - 7) Bezug genommen.

I.

Der Antragsteller ist zunächst als Mitbewerber im Sinne von § 8 III Nr. 1 UWG antragsberechtigt. Soweit er gleichzeitig neben Computerartikeln auch Werkzeuge (wie Wagenheber, Ringschlüssel, Edelstahlkellen etc.) verkauft, hat er im Termin vom 25.10.2007 nachvollziehbar angegeben, dass er nicht nur Computer und Computerzubehör vermarktet, sondern auch "einen kleinen" Baumarkt aufgekauft hat und diese Teile ebenfalls über die Internetplattform Y vertreibe. Der Handel mit Baumarktartikeln schließt einen gleichzeitigen Handel mit Computerartikeln, den der Antragsteller betreibt und der auch mit insgesamt 6.934 Verkäufen nachgewiesen ist, nicht aus.

II.

Die gerichtliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche ist, anders als das Landgericht es gesehen hat, nicht rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 8 IV UWG. Ein solcher Rechtsmissbrauch, für den grundsätzlich der Verletzer darlegungs- und beweispflichtig ist, ist im Streitfall nicht belegt. Auch die von der Antragsgegnerin beigebrachten Indizien reichen für diese Annahme und für eine etwaige Beweiserleichterung zu ihren Gunsten nicht aus.

1.

Von einem Missbrauch im Sinne von § 8 IV UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele des Handelns eindeutig überwiegen. Als typischen Beispielsfall eines solchen sachfremden Motivs nennt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Nach dem letzten Halbsatz des § 8 IV UWG, der mit "insbesondere" beginnt, ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, die vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Davon ist auszugehen, wenn die äußeren Umstände in ihrer Gesamtheit aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers deutlich machen, dass der Anspruchsberechtigte kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann und deshalb allein oder ganz überwiegend nur ein Gebühreninteresse verfolgt (BGH GRUR 2001, 260, 261 - Vielfachabmahner; Köhler, in: Hefermehl u.a., 25. Auflage 2007, § 8 UWG, Rdn. 4.12). Geht es andererseits dem Gläubiger hauptsächlich um die Unterbindung unlauteren Wettbewerbs, genügt es für die Begründung des Missbrauchstatbestands nicht, wenn auch sachfremde Motivationen, ohne vorherrschend zu sein, bei der Anspruchsverfolgung eine Rolle spielen (BGH GRUR 2001, 82 - Neu in Bielefeld I). Ob die Anspruchsverfolgung vorwiegend von sachfremden Erwägungen bestimmt ist, muss im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände bestimmt werden. Anhaltspunkte insoweit bilden Art und Schwere der Zuwiderhandlung, das Verhalten des Anspruchstellers bei der Rechtsverfolgung auch in anderen und früheren Fällen, das Verletzerverhalten nach der Zuwiderhandlung und auch das Vorgehen sonstiger Anspruchsberechtigter (BGH GRUR 2000, 1089, 1091 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Grundsätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass die Abmahnpraxis von Mitbewerbern und Verbänden und die klageweise Anspruchsverfolgung dem Interesse (auch) der Allgemeinheit an der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs dienen und deshalb, auch bei umfangreichen Tätigkeiten, insoweit für sich allein einen Missbrauch noch nicht hinreichend belegen (BGH GRUR 2005, 433, 434 - Telekanzlei; OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 56; Ohly-Piper, UWG, 4. Aufl. 2006, § 8 Rn. 184). Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Missbräuchlichkeit der Geltendmachung des Anspruchs begründen (BGH GRUR 2001, 354, 355 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; s.a. Roggenkamp, Anm. zu dem genannten Urteil des OLG Frankfurt, jurisPR-ITR 3/2007 Anm. 2), so insbes. eine Rechtsverfolgung primär im Gebühreninteresse, eine Behinderungs- oder Schädigungsabsicht gegenüber dem Verletzer, ungerechtfertigte Mehrfachabmahnungen (dazu BGH GRUR 2002, 367, 368 - Missbräuchliche Mehrfachabmahnung), eine selektive Schuldnerauswahl oder auch eine fremdbestimmte Rechtsverfolgung lediglich im Interesse eines Dritten.

2.

Die konkreten Umstände des Streitfalls rechtfertigen die Annahme einer derartigen rechtsmissbräuchlichen Anspruchsverfolgung, insbesondere in einem überwiegenden Gebühreninteresse, nicht.

Nicht maßgeblich ist zunächst, dass der Antragsteller schon eine Mehrzahl von Abmahnungen ausgebracht hat. Die Anzahl der Abmahnungen kann für sich gesehen, wenn spiegelbildlich eine entsprechende Vielzahl von Verstößen vorliegt, noch nicht durchschlagend sein. Der Verteidigungsvortrag der Antragsgegnerin hinsichtlich einer Vielzahl von Abmahnungen führt hier auch schon deshalb nicht weiter, weil solche Abmahnungen näher nicht spezifiziert sind und dementsprechend auch konkret nicht überprüft werden können. Allein die Vielzahl der Abmahnungen besagt ohne weitere Umstände nichts. Solche Umstände könnten etwa in einem Missverhältnis zwischen der Zahl der Abmahnungen und dem Umfang des Geschäftsbetriebes liegen. Dazu aber liegen genügende Anhaltspunkte nicht vor. Der Geschäftsbetrieb des Antragsstellers mit jedenfalls annähernd 7.000 Verkäufen kann jedenfalls nicht als nur vorgeschoben angesehen werden. Von Bedeutung mag in diesem Zusammenhang auch sein, wie oft der Antragsteller selbst abgemahnt worden ist. Ist er selbst vielfach in Anspruch genommen worden, ist auch eine erhöhte Gegenwehr verständlich. Vor allem ist weniger die hohe Abmahnzahl als solche verfänglich, sondern eher eine hohe Abmahnquote, ohne dass bei erfolgloser Abmahnung dann auch geklagt und das damit verbundene Prozessrisiko eingegangen wird. Gerade die klageweise Geltendmachung birgt im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein nicht unerhebliches Kostenrisiko, das wiederum gegen einen Rechtsmissbrauch nach § 8 IV UWG spricht. Insofern ist auch zu beachten, dass der Antragsteller hier hinsichtlich diverser "Internetverstöße" gerichtlich vorgeht, obwohl die Rechtsprechung zum Beispiel zur Frage, ob die §§ 307 ff. BGB als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG zu werten sind, bei den verschiedenen Gerichten durchaus unterschiedlich ausgestaltet ist, und von daher auch das Risiko besteht, hiermit "Schiffbruch" erleiden zu können. Wiederum anders mag der Fall dann liegen, wenn nur solche Verstöße erfolgt werden, bei denen die Unkorrektheit inzwischen von der Rechtssprechung einhellig angenommen wird, so dass im Sinne einer bloßen Gewinnerzielung ein glattes "Durchmarschieren" erwartet werden könnte. Aber auch letzteres ist hier nicht evident. Es handelt sich vorliegend um durchaus komplizierte Materien, die nicht einen unbedingt sicheren Erfolg für das gerichtliche Vorgehen versprechen. Ebenso wenig ist sodann relevant, wenn es im Internet, wie von der Antragsgegnerin angeführt, mitunter undifferenziert heißt, dass in Sachen K "einiges laufe", schon weil dies der Sache nach ambivalent ist und weil auch der Wahrheitsgehalt nicht überprüfbar ist. Der - jedenfalls sehr ungewöhnliche - Internetauftritt der Rechtsanwälte G2 bei Y (im Rahmen einer Versteigerung unter der Überschrift "Abwehr Abmahnung - Sofortige Beratung durch Anwalt!" mit einem Startpreis von 300,- €), der mit der Berufung angesprochen worden ist, ist im Übrigen nicht Streitgegenstand. Hierüber ist nicht zu befinden und betrifft den Antragsteller auch nicht unmittelbar.

Nicht tragfähig für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist vor allem der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in zahlreichen Wettbewerbs-/Abmahnfällen bereits einen anderen "Vielfachabmahner" vertreten hat. Zwar trifft es zu, dass der Fa. D GmbH vielfach, auch vom Senat, rechtsmissbräuchliches Vorgehen in den dortigen Fällen bescheinigt worden ist. Abzustellen ist dabei aber in erster Linie auf den Mitwettbewerber, der diesen Umstand zunächst "verkörpert" und nicht auf seinen Prozessbevollmächtigten, der regelmäßig nur dessen rechtliche Belange wahrt. Jedenfalls ist vorliegend nicht feststellbar, dass der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers selbst die maßgebliche "Schaltstelle" der Abmahnvorgänge war und ist, und dass dieser nunmehr die Fa. D GmbH, die gewichtigen Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt war, durch den Antragsteller ausgetauscht hat. Dazu hat der Antragsteller im Termin vom 25.10.2007 unwiderlegt angegeben, dass er, wenn ihm "etwas auffalle", insoweit die Rechtsanwälte G2 pp. anrufe. Das impliziert noch nicht, dass die Partei und der Anwalt gemeinschaftlich handeln, um unter überwiegend sachfremden Erwägungen Abmahnungen auszuwerfen. Auch ist festzustellen, dass die Fa. D GmbH, wie sich auch aus dem Urteil des Landgerichts Paderborn vom 03.04.2007 ergibt, von verschiedenen Anwaltsbüros vertreten war, woraus ihr rechtsmissbräuchliches Vorgehen mit hergeleitet wurde, ferner, dass die Fa. D GmbH auch später noch ohne die Rechtsanwälte G2 pp. abmahnend tätig war.

Ebenso wenig kann sodann festgestellt werden, dass kein nennenswertes eigenes wirtschaftliches Interesse des Antragstellers an der Rechtsverfolgung gegen die Antragsgegnerin besteht, weil diese Waren im Internet nur gelegentlich und sporadisch zum Verkauf anbietet. Zum einen ist dies im Hinblick auf die Rechtsform einer GmbH schwerlich zu ersehen. Die Antragsgegnerin betreibt insofern jedenfalls ein vollkaufmännisches Gewerbe. Zum anderen ist dies auch deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil hier gerade auch Allgemein- und Verbraucherschutzinteressen betroffen sind, abgesehen überdies davon, dass sich gerade kleine Unternehmen durch ihnen günstige Geschäftsbedingungen über ihre Internetvermarktung - unlautere - Preisvorteile verschaffen können.

Auch die Wahl des Landgerichts Dortmund für die Geltendmachung des Eilantrags rechtfertigt die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht. Zwar ist nicht zu verkennen, dass gerade die Möglichkeit des fliegenden Gerichtsstands nach § 14 II UWG de lege lata in maßgeblicher Weise Verschleierungen bei rechtsmissbräuchlichem Vorgehen ermöglicht, weil insbesondere auch die Gerichte nicht zur Kenntnis bekommen, wie, in welchen Fällen und in welcher Weise von einer Partei abgemahnt, abgerechnet und vorgegangen wird. Indes ist im Rahmen des gegenwärtigen deutschen Wettbewerbsrechts grundsätzlich ein "Forum Shopping" zulässig. Von dieser Möglichkeit hat der Antragsteller Gebrauch gemacht, indem er seinen Verfügungsantrag bei dem Landgericht Dortmund eingereicht hat. Da er sich gegen einen Internetauftritt der Antragsgegnerin wendet, konnte er grundsätzlich nach seinem Belieben einen Gerichtsstand in Deutschland auswählen, da die Angebote im Internet bundesweit verfügbar sind (vgl. Senat, Beschluss v. 15.10.2007, Az. 4 W 148/07). Dies erlaubte ihm vor allem auch, sich dasjenige Landgericht in Deutschland auszusuchen, vor dem er sich die größten Erfolgsaussichten für sein Begehren ausrechnete. Da die Wettbewerbskammern und senate in Deutschland ihre Rechtsprechung umfangreich in Fachzeitschriften veröffentlichen und entsprechende Entscheidungen auch vielfältig über Internetdatenbanken einzusehen sind, besitzen insbesondere die im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes tätigen Rechtsanwälte regelmäßig konkrete Informationen über die Besonderheiten der Rechtsprechung sowohl in materieller als auch in prozessualer Hinsicht in Bezug auf bestimmte Rechtsgebiete bzw. Streitgegenstände. Hierauf kann das prozesstaktische Verhalten der antragstellenden Partei zulässigerweise ausgerichtet und ein Gerichtsstand ausgewählt werden, an dem für das konkrete Begehren überwiegende Erfolgsaussichten bestehen (OLG Hamburg, Urt. v. 06.12.2006; Az. 5 U 67/06). Es wäre für den den Anspruchsteller vertretenden Anwalt geradezu pflichtwidrig, nicht im Hinblick auf den sichersten Weg das Gericht auszuwählen, bei dem eben die besten Erfolgsaussichten bestehen. Insofern hat die Vertreterin des Antragstellers im Termin beim Landgericht durchaus nachvollziehbar angegeben, dass dem Mandanten geraten werde, dort zu klagen, wo er im einstweiligen Verfügungsverfahren schnell zum Ergebnis komme. Ihre Erfahrung sei, dass es in Hannover länger dauere, bis man dort eine einstweilige Verfügung erstreite. Dies jedenfalls ist nicht ausgeräumt. Gegenteiliges ist in keiner Weise dargetan und ersichtlich. Die Inanspruchnahme eines etwaigen "Rechtssprechungsgefälles" ist durchaus zulässig. Es liegt demgegenüber - wie beim KG (in der Sache 5 W 371/07; Beschl. v. 25.01.2008) - noch kein Fall derart vor, in dem ein "Massenabmahner" den Gerichtsstand nicht nach den ihm vorteilhaften Präferenzen, sondern allein so auswählt, dass dieses vom Sitz des Gegners weit entfernt liegt und möglichst auch hohe Kosten verursacht werden, ohne dass hierfür sachliche Gründe erkennbar sind.

Insofern verfängt auch das Argument der Antragsgegnerin nicht, dass der Antragsteller die Hauptsache nunmehr beim Landgericht Berlin anhängig gemacht hat, um vermeintlich den getätigten Rechtsmissbrauch nicht weiter evident zu machen. Zum einen ist die dortige Geltendmachung unter den Parteien bekannt, eine Verschleierung wäre von vornherein untauglich. Zum anderen war der Antragsteller in erster Instanz unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs in Dortmund unterlegen, so dass es bei Wahrung seiner Interessen auch nachvollziehbar erscheint, dort nicht wiederum aufzutreten, wo absehbar war, dass er voraussichtlich aus gleichen Gründen wieder scheitern würde.

Auch der Gesichtspunkt, dass die Vollmacht vom gleichen Tage datiert wie die Abmahnung, besagt schließlich nichts. Dass Blankovollmachten zugrunde gelegen haben, was ersichtlich schädlich sein könnte, ist nicht feststellbar, zumal der Antragsteller in seiner Anhörung erklärt hat, dass er dann, wenn ihm etwas auffalle, die Rechtsanwälte G2 pp. anrufe. Er mahne selbst nicht ab, sondern nur über die Rechtsanwälte G2 pp. Eine Vordatierung von Blankovollmachten und ein anschließend eigenverantwortliches Vorgehen der Anwälte im Gebührenerzielungsinteresse sind jedenfalls nicht belegt.

Weder nach den dargestellten Einzelkriterien noch in der Gesamtschau kann danach im vorliegenden Verfahren ein Rechtsmissbrauch im Sinne von § 8 IV UWG bejaht werden.

IV.

Die Verfügungsansprüche in Form der geforderten Unterlassungen sind nach §§ 8 I, III Nr. 1; 3; 4 Nr. 11 i.V.m. §§ 312 c, 312 d, 355, 126 b BGB und § 309 Nr. 7 BGB begründet.

1.

Bei den §§ 312 c ff. BGB wie auch bei den §§ 307 ff. BGB handelt es sich nach der Rechtsprechung des Senats um Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG (z.B. Urteile v. 06.03.2008, jeweils in den Sachen 4 U 206/07 und 4 U 4/08; und v. 13.03.2008, Az. 4 U 3/08). Denn gegen diese Vorschrift verstößt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer, hier der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln. Die Vorschriften über den gesetzlich geforderten Widerruf bei Fernabsatzgeschäften und über die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in diesem Zusammenhang Regelungen des Marktverhaltens im Interesse der Verbraucher als Marktteilnehmer. Dabei kann nicht entscheidend darauf abgestellt werden, dass diese Regelungen zunächst darauf gerichtet sind, das individuelle Vertragsverhältnis unter den Vertragsparteien zu regeln, und dass diese mitunter dem Leistungsstörungsrecht und nicht dem Wettbewerbsrecht zuzuordnen sind. Denn die Geschäftsbedingungen sind in immer gleicher Anwendung für eine Vielzahl von Verträgen mit Verbrauchern im Fernabsatz vorformuliert. Sie beeinflussen deren Kaufverhalten schon durch ihre ständige Verwendung im Rahmen des Internet-Angebotes. Der Verbraucher wird diese Regelungen zu einem gewichtigen Teil auch für wirksam halten und sich von ihnen möglicherweise davon abhalten lassen, seine Rechte wahrzunehmen. Liegt ein Verstoß gegen diese Vorschriften vor, ist der Marktbezug des Verstoßes deshalb immer gegeben, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die Verwendung einer einzelnen unwirksamen Bestimmung bereits im Vorfeld des Vertragsabschlusses auswirkt oder erst im Rahmen der Vertragsabwicklung. Dafür spricht nunmehr entscheidend auch, dass eine richtliniengemäße Auslegung der zugleich betroffenen europarechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat, weil die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im Rahmen der Vollharmonisierung nunmehr auch in Deutschland Rechtswirkung entfaltet. § 4 Nr. 11 UWG ist angesichts des erweiterten Begriffs der Wettbewerbshandlung so auszulegen, dass darunter alle Vorschriften fallen, die das Verhalten eines Unternehmens gegenüber Verbrauchern regeln, auch soweit sie den Abschluss und die Durchführung von Verträgen über Waren betreffen. Weil solche Regelungen wie §§ 307 ff. BGB die Verbraucher als Vertragspartner des Verwenders schützen sollen, sind sie Marktverhaltensregelungen (s.a. Köhler NJW 2008, 177, 181). 2.

Die hier beanstandeten Bedingungen sind verbotswidrig.

a)

Die Widerrufsbelehrung von 2 Wochen in der Internetpräsentation, wobei auf den "Fließtext" Bl. 13 Bezug genommen wird, ist auch nach der Rechtsprechung des Senats unzulässig. Bei Verkäufen über die Internetplattform Y ist dem Verbraucher, soweit die Widerrufsbelehrung nur in der Bildschirmansicht des Online-Angebots mitgeteilt ist, eine Widerrufsfrist von einem Monat einzuräumen, da eine Mitteilung in Textform noch nicht erteilt war (§ 355 II 2 BGB). b)

Entsprechendes gilt für die Verpflichtung, die Waren nur unbeschädigt, originalverpackt versichert, freigemacht und nur nach vorheriger Absprache zurückzugeben. Der Verbraucher ist schon nicht verpflichtet, die Ware in der Originalverpackung und auf seine Kosten zurückzuschicken. Vielmehr steht ihm ein an keine Voraussetzungen bzw. Bedingungen gebundenes Widerrufsrecht zu (vgl. § 357 II BGB; ferner OLG Hamm, 11. Zs., NJW-RR 2005, 1582; OLG Frankfurt CR 2006, 195). Die Widerrufsfrist beginnt auch nicht mit der Auslieferung der Ware, da überdies jedenfalls noch eine textformmäßige Widerrufsbelehrung erforderlich ist. c)

Der umfassende Haftungsausschluss in Ziff. 7, 8 der AGB der Antragsgegnerin verstößt schließlich ersichtlich gegen § 309 Nr. 7, 8 BGB.

3.

Es liegt kein Bagatellfall im Sinne von § 3 UWG vor, nämlich schon deshalb, weil es sich um eine Vielzahl von relevanten Verstößen gegen zwingendes Verbraucherschutzrecht geht. Auch im Allgemeinen liegt bei der Verwendung unwirksamer Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern kein geringfügiger Verstoß vor. Im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung der UGP-Richtlinie kommt es im Hinblick auf die Bagatellgrenze des § 3 UWG darauf an, ob die Handlung nach Art. 5 II lit. a i.V. mit Art. 2 lit. e und k der Richtlinie geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Das ist im Fall der Verwendung unzulässiger Geschäftsbedingungen regelmäßig zu bejahen sein (vgl. Senatsurteile v. 06.03.2008, Az. 4 U 206/07 und 4 U 4/08; Köhler, NJW 2008, a.a.O, S.181). Denn schon die Verwendung solcher Klauseln kann einen entsprechenden Einfluss haben, weil der Verbraucher allein durch die Lektüre der (fehlerhaften) Bedingungen davon abgehalten werden kann, ihm gesetzlich zustehende Rechte geltend zu machen. Gegen die Annahme einer Bagatelle spricht überdies, dass auch ein an sich geringerer Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift ausreichen kann, wenn wie hier bei der Verwendung unzulässiger Widerrufshinweise und AGB eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist und ferner eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr und eine Tendenz zur Verunsicherung der Verbraucher besteht.

4.

Die Wiederholungsgefahr wird vermutet. Sie ist nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt.

V.

Der Verfügungsgrund ist zu bejahen. Die Eilbedürftigkeit wird nach § 12 II UWG vermutet. Die Vermutung ist nicht widerlegt. Der streitgegenständliche Verfügungsantrag ist auch innerhalb der vom Senat geforderten "Monatsfrist" nach dem Verstoß vom 24.09.2007 und der Abmahnung vom 26.09.2007 am 16.10.2007 bei Gericht eingegangen.

VII.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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