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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 4 U 102/06
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 263
ZPO § 268
ZPO § 308
ZPO § 308 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 538
ZPO § 543 Abs. 2
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1
UWG § 3
UWG § 6 Abs. 2 Nr. 4
UWG § 8 Abs. 1
UWG § 9 S. 1
UWG § 11 Abs. 2
UWG § 12 Abs. 1 Satz 2
BGB § 259 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. April 2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in den Urteilsaussprüchen zu 1 a) und 5 b) jeweils die Worte "und Kosmetikprodukte als Nachahmungen" wegfallen und stattdessen "als Vergleichsprodukte" eingefügt wird und dass es am Ende der Urteilsaussprüche zu 2 b) und 3 b) jeweils heißt: "seit dem 5. November 2004".

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 160.000,- EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Tatbestand:

Beide Klägerinnen vertreiben Markenparfüms, und zwar die Klägerin zu 1) Produkte der Marken H und N3 und die Klägerin zu 2) Produkte der Marke N. Bei diesen Produkten handelt es sich um Duftwässer mit einem Preis zwischen 58 und 505 € pro 100 ml. Mit ihnen erzielen die Klägerinnen im Jahr Umsätze in Millionenhöhe. Der Beklagte ist für ein Vertriebsbüro der W in N tätig, die Duftwässer im Niedrigpreissegment vertreibt. Diese Duftwässer werden in einheitlichen Flakons zu einem Einheitspreis angeboten und unterscheiden sich äußerlich nur durch eine Nummer. Für den Vertrieb werden Berater gewonnen, die für den Weiterverkauf der Duftwässer von der W Informationsmaterial in Mappen erhalten.

Der Zeuge C bot am 10. Dezember 2004 im Internet über F unter dem Stichwort "Clever Einkaufen" Informationen über "mehr als 50 Original-Düfte verschiedener Hersteller" mit bis zu 80 % Rabatt an (Bl.42 f.). Die Klägervertreter kauften die Informationen und erhielten vom Zeugen C am 13. Dezember 2004 eine Duftliste (Bl. 45 f.) mit Bestellangebot und weitere Informationen über die Produkte der Firma W, die sämtlich 22 € pro 100 ml kosten sollten. Die Produkte waren dabei unter ihren laufenden Nummern mit dem Zusatz D für Damen, H für Herren und U für Unisex aufgeführt. Es folgte sodann eine generelle und eine detaillierte Auflistung der Ausprägung des bestimmten Duftes und in der nächsten Spalte die Benennung eines vergleichbaren Markenparfüms und ihres Herstellers. Den Düften D1 und H1 war jeweils der Markenduft M von N3, dem Duft D2 G von H, dem Duft D3 der gleichnamige Duft von H und dem Duft H2 der Markenduft N2 von H zugeordnet. Dem Duft D4 war das Markenparfüm J, dem Duft D46 der Markenduft B und dem Duft H 47 der Markenduft A, sämtlich von N zugeordnet.

Nachdem der Zeuge C den Klägerinnen mit Anwaltsschreiben vom 5. Juli 2005 (Bl. 50) mitgeteilt hatte, dass ihm die Duftliste vom Beklagten übersandt worden sei, mahnten die Klägerinnen den Beklagten mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 wegen der wettbewerbswidrigen Verwendung dieser 1:1 Duftvergleichsliste erfolglos ab. Der Beklagte hat lediglich eingeräumt, dass in den Mappen der W, die er dem Zeugen übergeben habe, eine andere, mit Duftboutique bezeichnete Liste (Bl. 174 ff) enthalten gewesen sei. Diese Liste unterscheidet sich von der vom Zeugen C übersandten Liste dadurch, dass dem jeweiligen W2-Duft jeweils drei Markenparfums gegenübergestellt werden. Außerdem enthält diese "Duftboutique" auf jeder Seite am unteren Rand den Vermerk "Internes Schulungsmittel".

Die Klägerinnen haben den Beklagten zunächst auf Unterlassung des Anbietens und Vertriebs von Duftwässern unter Verwendung der vom Zeugen C in Verkehr gebrachten 1:1 Duftvergleichsliste ebenso in Anspruch genommen wie auf Auskunft über die Herkunft dieser Liste und Auskunft über den im Rahmen der Verwendung dieser Liste erzielten Umsatz und Gewinn. Ferner haben sie Aufwendungsersatz in Zusammenhang mit den Abmahnungen des Beklagten und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Weitergabe der Liste verlangt.

Nach der Klageerwiderung und einem Hinweis des Gerichts im Termin vom 25. Januar 2006 haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 26. Januar 2006 ihre Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geändert und in erster Linie auf die unstreitige Übergabe der 1:3 Liste an den Zeugen C gestützt und nur hilfsweise die ursprünglichen, auf die Weitergabe der vom Zeugen C verwendeten 1:1 Duftvergleichsliste gestützten Anträge weiter verfolgt. Nur im Hinblick auf den Aufwendungsersatzanspruch in Zusammenhang mit den ihnen entstandenen Abmahnkosten haben sie weiterhin und ausschließlich geltend gemacht, der Beklagte hafte dafür wegen der Übergabe der 1:1 Liste an den Zeugen C.

Wegen der zuletzt gestellten Anträge der Klägerinnen im einzelnen wird auf die Seiten 5 bis 14 des angefochtenen Urteils (Bl. 277 ff.) Bezug genommen.

Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Er hat zunächst der Klageänderung widersprochen. Sodann hat er die Einrede der Verjährung erhoben und dazu vorgetragen, die Klägerinnen hätten schon seit Ende 2004 davon gewusst, dass er im Rahmen des Vertriebs der Produkte der W die 1:3 Liste verwende. Der Beklagte hat dagegen die Erstellung und Weitergabe der später vom Zeugen C verwendeten 1:1 Duftvergleichsliste bestritten. Eine solche Liste, die ihm vor dem Prozess nicht zu Gesicht gekommen sei, sei auch nicht in den Beratermappen der W enthalten gewesen. Es komme häufig vor, dass sich Berater innerhalb ihrer eigenen Vertriebsstrukturen solche Vergleichslisten selbst erstellten und dann ohne seine Kenntnis weitergäben. Im Hinblick auf die von ihm als Bestandteil der Mappen übergebene 1:3 Liste hat der Beklagte die Ansicht vertreten, die Verwendung einer solchen Duftgenealogie sei nicht wettbewerbswidrig. Eine Rufausbeutung scheide schon deshalb aus, weil er als Verwender der Liste nicht den Ruf aller drei einem Duft gegenüber gestellten Markenparfüms ausgenutzt haben könnte. Vorsorglich hat der Beklagte auch gemeint, die Abmahnschreiben seien zu unbestimmt gewesen, um einen Aufwendungsersatzanspruch rechtfertigen zu können.

Das Gericht hat die Zeugen C und Q vernommen und sodann der Klage nach dem Hauptbegehren im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat es zunächst ausgeführt, dass die Klage zulässig sei, weil die Klägerinnen ihren konkret erlittenen Schaden noch nicht beziffern könnten und somit ein Interesse an der Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten hätten. Es hat die Klageänderung mit näheren Ausführungen für sachdienlich und damit nach § 263 ZPO für zulässig gehalten. Nach der Auffassung des Landgerichts ist der geänderte Hauptantrag in weiten Teilen begründet. Den Klägerinnen stünden die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit der Weitergabe der 1:3 Duftvergleichsliste in vollem Umfang zu. Die Werbung mit der unstreitig vom Beklagten an den Zeugen C weitergegebenen Liste verstoße gegen § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG und damit gegen § 3 UWG. Dazu hat das Landgericht ausgeführt: Die Verwendung der 1:3 Liste diene der Absatzförderung und sei auch schon dann Werbung, wenn sie nur an Weiterverkäufer übergeben werde. Es handele sich um vergleichende Werbung, weil die von der W damit bezweckte Übersicht über die Produktpalette unmittelbar oder mittelbar die jeweiligen Mitbewerber erkennbar mache, indem jeweils drei Produkte von ihnen einem W2-Duft gegenübergestellt würden. Bei dieser vergleichenden Werbung werde schon durch die Form der Gegenüberstellung im Wege des sogenannten Imagetransfers der Ruf der drei Markenprodukte ausgenutzt. Die 1:3 Liste erwecke nämlich bei unbefangener Betrachtung den Eindruck, der W2-Duft in der ersten Spalte sei genauso gut wie die ihm gegenüber gestellten Markenprodukte. Der Rufausnutzung stehe auch nicht entgegen, dass sich der Duftvergleich hier auf eine Mehrzahl von Produkten beziehe. Auch wenn die Markenprodukte nicht exklusiv als zu vergleichendes Produkt aufgeführt worden seien, werde vielmehr in Bezug auf jedes einzelne dieser Markenprodukte deren guter Ruf ausgenutzt. Die Rufausnutzung erfolge auch in unlauterer Weise. Selbst wenn man der 1:3 Liste nicht entnehmen könne, dass es in Wirklichkeit nur auf das zuerst genannte Vergleichsprodukt ankomme, reiche der Vergleich des beworbenen Produktes mit den jeweils drei Markenparfüms aus, um eine Unterlauterkeit anzunehmen. Es handele sich hier bei der Aufzählung der Vergleichsprodukte nicht um eine Duftgenealogie, sondern um eine Bestellliste für die einzelnen W2-Düfte, die den Duftvergleich mit mehreren Markendüften als Kaufanreiz anbiete. Dadurch erlange der Beklagte einen Anpreisungsvorteil, der in keinem Vergleich zu den damit verbundenen Eingriffen in die klägerischen Markenrechte stehe. An diesem Ergebnis der Abwägung ändere es auch nichts, dass die Liste an sich nur für Weiterverkäufer im Rahmen des Vertriebs der W bestimmt sei und Weiterverkäufer generell weniger empfänglich für eine solche Rufausnutzung seien. Die Struktur des Vertriebes bringe nämlich die Gefahr mit sich, dass solche Duftlisten in ursprünglicher oder abgewandelter Form an den Endverbraucher gelangten, wie das Anbieten der 1:1 Liste durch den Zeugen C über das Internet zeige. Die Gefahr sei sogar besonders groß, wenn das Vertriebssystem wie hier aus sehr vielen Vertretern bestehe. Sei die Gefahr aber besonders groß und strukturbedingt, so sei der Wettbewerbsverstoß bereits in der Weitergabe der 1:3 Liste auch innerhalb des Vertriebes an juristisch ungeschulte Weiterverkäufer ohne genügende Vorsichtsmaßnahmen zu sehen. Insoweit habe hier auch nicht ausgereicht, dass die 1:3 Liste am Ende jeder Seite zum "internen Schulungsmaterial" erklärt worden sei.

Das Landgericht hat dem Grunde nach die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 9 S. 1 UWG bejaht und deshalb die Pflicht des Beklagten festgestellt, allen Schaden zu ersetzen, der den Klägerinnen aus der Weitergabe der 1:3 Liste schon entstanden ist oder noch entsteht. Der Beklagte habe bei der Weitergabe der Liste die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet und somit fahrlässig gehandelt.

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, lediglich bei den Auskunftsansprüchen seien gewisse Einschränkungen zu machen. Zwar könnten die Klägerinnen im Rahmen eines selbständigen Auskunftsanspruchs zur Benennung eines Drittstörers Auskunft über die Herkunft der 1:3 Liste verlangen. Denn auch der Dritte hätte durch die Weitergabe der Liste an den Beklagten einen Verstoß gegen die §§ 3, 6 Abs. 2 Nr.4 UWG begangen. Die Klägerinnen könnten sich das Wissen über die Herkunft der beanstandeten Liste auch in zumutbarer Weise nicht selbst beschaffen. Die Klägerinnen könnten neben dem selbständigen Auskunftsanspruch auch zur Berechnung ihres Schadens und Bezifferung ihres Schadensersatzanspruchs Auskunft über Umsatz und Gewinn des Beklagten mit denjenigen W2-Düften verlangen, die in der 1:3 Liste den von den Klägerinnen produzierten Duftwässern gegenüber gestellt worden seien. Diese Auskunftserteilung sei für die Klägerinnen geeignet, um eine fiktive Lizenzgebühr abzurechnen oder den Verletzergewinn abzuschöpfen. Sie sei zugleich erforderlich, weil sie anders diese Betriebsinterna des Beklagten nicht in Erfahrung bringen könne. Höherrangige Belange des Beklagten, die dieser Auskunft entgegenstehen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Rahmen der Auskunft könnten die Klägerinnen auch Belege betreffend den Umsatz und Gewinn verlangen, jedoch abweichend vom Klageantrag nur mit der Maßgabe, dass die Kunden- und Abnehmernamen geschwärzt werden dürften. Der unselbständige Auskunftsanspruch beziehe sich nämlich auch auf sogenannte Kontrolltatsachen. Dies folge aus § 259 Abs. 2 BGB in Zusammenhang mit einem Erst-Recht-Schluss. Nicht erforderlich sei allerdings die Preisgabe der Namen und Anschriften der Kunden.

Das Landgericht hat schließlich auch den Anspruch der Klägerinnen auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von je 689,90 € nebst Zinsen für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt, dass die Abmahnung berechtigt gewesen sei, weil die Klägerinnen vom Beklagten auch verlangen könnten, dass er die Weitergabe der wettbewerbsrechtlich unzulässigen 1:1-Duftvergleichsliste, die der Zeuge C seinen Kunden zugesandt habe, unterlässt. Die Klägerinnen hätten nachgewiesen, dass der Beklagte auch diese Liste an den Zeugen C weitergegeben habe. Das habe der Zeuge C unter Mitteilung von Einzelheiten bestätigt, während sich aus der Aussage des Zeugen Q keine Anhaltspunkte für das Gegenteil ergeben hätten. Mit näheren Ausführungen hat das Landgericht deutlich gemacht, warum es die Aussage des Zeugen C für glaubhaft hält.

Abschließend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Ansprüche nicht verjährt seien. Nach § 11 Abs. 2 UWG beginne die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden sei und der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schädigers Kenntnis erhalten habe. Selbst wenn also die Klägerinnen von der Existenz der 1:3 Liste schon seit längerer Zeit Kenntnis gehabt haben sollten, hätten sie erst am 5. Juli 2005 von den Rechtsanwälten des Zeugen C erfahren, dass der Beklagte die 1:1 Liste weitergegeben habe. Durch Klageerhebung am 16. November 2005 vor Ablauf der Sechsmonatsfrist sei die Verjährung gehemmt worden.

Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht dem Beklagten auferlegt.

Der Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Er beanstandet zunächst, dass das Landgericht gegen die §§ 139, 308 ZPO verstoßen und den Klägerinnen mehr zugesprochen habe, als sie ursprünglich beantragt hätten. Weder im Verhältnis zum Beklagten noch zu einem anderen Berater der W hätten die Klägerinnen zuvor begehrt, die Weitergabe der 1:3 Liste zu unterlassen. Erst auf den Hinweis des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung, auch die unstreitig verwendete 1:3 Liste könne wohl schon als unlauter qualifiziert werden, hätten die Klägerinnen ihre Klageanträge erweitert. Dieser Hinweis habe die sich aus § 139 ZPO ergebende Hinweispflicht überschritten. In Zusammenhang mit dem angekündigten Termin zur Beweisaufnahme hätte es sich bei der Verurteilung zur Unterlassung der Weitergabe der 1:3 Liste auch noch um eine echte Überraschungsentscheidung gehandelt, weil die Parteien angenommen hätten, das Landgericht sei von seinem früheren Rechtstandpunkt abgerückt und kläre durch Vernehmung der Zeugen, ob es zur Weitergabe der 1:1 Liste gekommen sei. Nach Auffassung des Beklagten ist diese Entscheidung auch in der Sache unrichtig. Die von ihm weitergegebene Duftgenealogie stelle nämlich keine Ausnutzung der Wertschätzung der Marken der Klägerinnen in unlauterer Weise und damit keine unzulässige vergleichende Werbung dar. Mit näheren Ausführungen hebt der Beklagte insoweit besonders hervor, dass das Landgericht nicht festgestellt habe, ob und wie mit der 1:3 Liste gegenüber Endverbrauchern geworben worden sei. Darauf komme es aber entscheidend an, weil zu berücksichtigen sei, an welche Verkehrskreise sich die Werbung richte. Hier gehe es um die zulässige Weitergabe der 1:3 Liste an Wiederverkäufer, weil sie für diese von hohem Informationswert seien. Der Beklagte bezieht sich insoweit auf das BGH-Urteil "Genealogie der Düfte" und das Urteil des Senats vom 5. Februar 2004. Nicht entscheidend sei, dass der Strukturvertrieb der W aus sehr vielen Vertretern bestehe und deshalb die Gefahr bestehe, dass die intern weitergereichte Liste auch an Endverbraucher gelange. Außerdem sei es logisch nicht nachvollziehbar, wieso durch die Duftboutique ausgerechnet der Ruf der klägerischen Markenprodukte ausgenutzt werden solle, obwohl jeweils drei Marken verschiedener Hersteller in Bezug genommen worden seien und die anderen Hersteller ihren Ruf offenbar nicht für ausgebeutet hielten. Hilfsweise macht der Beklagte geltend, dass die Auskunftsansprüche vom Landgericht nicht auf die Zeit nach der ersten Verletzungshandlung eingeschränkt worden seien. Im Übrigen greift der Beklagte auch die Tatsachenfeststellung durch das Landgericht an und beanstandet insoweit vor allem, dass das Landgericht bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt habe, dass der Zeuge C ein nicht unerhebliches Interesse daran gehabt habe, den Klägervortrag zu bestätigen. Der Zeuge sei selbst von den Klägerinnen auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Kostenerstattung in Anspruch genommen worden. Er habe sich diesen Ansprüchen nur dadurch entziehen können, dass er den Klägerinnen mit dem Beklagten einen Berater der W als Lieferanten der Liste benannt habe, der in der Organisationsstruktur dieser Firma über ihm gestanden habe. Er, der Beklagte, habe ausdrücklich erklärt, dem Zeugen C bei der Anwerbung die Duftboutique 1:3 übergeben zu haben, zu keiner Zeit aber eine 1:1 Liste. Das Landgericht habe seine entsprechende Erklärung auf Befragen des Vorsitzenden unberücksichtigt gelassen. Der Zeuge C habe außerdem mit der W einen Beratervertrag geschlossen, ohne sich dessen nach seiner Aussage bewusst gewesen zu sein. Der Beklagte legt nunmehr den vom Zeugen C unterzeichneten Beratervertrag vom 19. März 2004 (Bl. 352) vor und verweist darauf, dass der Beklagte sich offensichtlich über seine Vertragspflichten hinweggesetzt habe. Es falle zudem auf, dass der Zeuge C als einziger der direkt unter ihm stehenden Berater eine solche 1:1 Liste verwandt und mit ihrer Hilfe unzulässigerweise Parfums über die Internet- Handelsplattform F verkauft habe. Zweifel bestünden auch daran, ob der Zeuge C, der auf eine entsprechende Frage des Gerichts innerhalb von Sekunden geantwortet habe, überhaupt die richtige Liste wiedererkannt habe. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung will der Beklagte zusätzlich in Erfahrung gebracht haben, dass der Bekannte, der dem Zeugen C die Kontaktaufnahme zum Beklagten empfohlen habe und den der Zeuge angeblich nur mit Spitznamen kannte, der ihm lange und gut bekannte Herr T aus B gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung mit der sich aus dem Urteilstenor ergebenden

Maßgabe zurückzuweisen, hilfsweise, nach den Hilfsanträgen zu entscheiden.

Die Klägerinnen verteidigen das angefochtene Urteil. Sie weisen zunächst darauf hin, dass das Landgericht nur ihren zuletzt gestellten Anträgen entsprochen habe. Auch ein Verstoß gegen § 139 ZPO im Sinne einer Überraschungsentscheidung sei nicht gegeben, nachdem im Termin am 25. Januar 2006 ausführlich über die Zulässigkeit einer 1:3 Liste gesprochen worden sei. Die Klägerinnen nehmen im Hinblick auf den Inhalt und die Wettbewerbswidrigkeit der 1:3 Liste als rufausbeutende, vergleichende Werbung zunächst Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meinen weiterhin, das jeweilige Produkt der W werde nicht mit seiner Einzigartigkeit und seinen besonderen Qualitäten beworben, sondern in offener Anlehnung an besonders erfolgreiche Produkte von Mitbewerbern. Es werde jeweils ein konkreter Bezug zu einem einzigen Produkt der W hergestellt. Somit handele es sich gerade nicht um eine vom BGH für zulässig erachtete Genealogie. Außerdem käme bei dieser 1:3 Liste erschwerend hinzu, dass es sich um eine mühsam getarnte 1:1 Liste handele. Das ergebe sich schon aus einer vergleichenden Betrachtung der Listen. Die Klägerinnen verweisen dazu auch auf die Aussage des Organisationsleiters I der W und die eidesstattlichen Versicherungen der gleichfalls als Organisationsleiter tätigen Eheleute L. Die Klägerinnen können auch keine Anhaltspunkte erkennen, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellung in Bezug auf die zusätzliche Weitergabe der 1:1 Liste durch den Beklagten begründen könnten. Der Zeuge C sei ausführlich befragt worden und habe detailliert ausgesagt, dass ihm beide Listen zugeleitet worden seien. Es handele sich dabei offenbar auch um ein immer gleiches Muster im Vertrieb der W wie die Fälle der genannten anderen Organisationsleiter zeigten, die gleichfalls 1:1 Listen weitergegeben hätten. Die Klägerinnen verweisen schließlich noch auf ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 10. Oktober 2006, in dem die BGH-Entscheidung "Genealogie der Düfte" so interpretiert worden sei, dass nur die Weitergabe von echten Genealogien an Berater zulässig sein könne.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat nach der angeregten Änderung der Klageanträge keinen weiteren Erfolg. Den Klägerinnen stehen die zuletzt geltend gemachten Unterlassungsansprüche ebenso zu wie die Auskunftsansprüche. Sie können auch beanspruchen, dass im geltend gemachten Umfang die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt wird. Schließlich können die Klägerin auch die geltend gemachten Anwaltskosten erstattet verlangen. Der Ausspruch im Tenor, dass im übrigen die Klage abgewiesen wird, bezieht sich allein auf die zeitliche Einschränkung der geschuldeten Auskunft.

I. Es liegen zunächst keine Verfahrensverstöße vor, die eine Aufhebung des Urteils rechtfertigen und zu einer Zurückverweisung der Sache nach § 538 ZPO Anlass geben.

1) Es liegt hier kein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO vor. Das Landgericht hat den Klägerinnen das zugesprochen, was diese beantragt haben. Die zuletzt gestellten Anträge sind eindeutig. Die Beweiserhebung durch das Landgericht hat den Inhalt der Anträge nicht verändert. Das Landgericht sah sich im Hinblick auf den Aufwendungsersatzanspruch auch zu Recht veranlaßt, die Beweisaufnahme über die Übergabe der 1:1 Liste durch den Beklagten an den Zeugen C durchzuführen.

2) Die Klage ist zwar in erster Instanz von den Klägerinnen geändert worden. Das Landgericht hat die Klageänderung aber in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausdrücklich als sachdienlich zugelassen. Daran sieht sich der Senat aus Rechtsgründen gebunden, denn nach § 268 ZPO ist diese Entscheidung nicht anfechtbar.

3) Es ist zweifelhaft, ob hier ein Verstoß des Landgerichts gegen § 139 ZPO vorgelegen hat. Die Frage kann aber letztlich dahinstehen, weil auch ein solcher Verstoß hier nicht zu einer Zurückverweisung nach § 538 ZPO führen könnte.

a) Zu der Antragsänderung ist es dadurch gekommen, dass das Landgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2006 darauf hingewiesen hat, dass auch die Weitergabe der unstreitig vom Beklagten an den Zeugen C übergebene 1:3 Liste aus seiner Sicht wettbewerbsrechtlich nicht zulässig sei und man im Falle einer entsprechenden Klageänderung auch ohne Beweisaufnahme entscheiden könne. Der Hinweis kam aber nicht ohne jeden Anlass. Der Beklagte selbst hatte die Weitergabe der 1:3 Liste eingeräumt und mit näheren Ausführungen dazu vorgetragen, dass und warum diese Liste, die damals noch nicht Streitgegenstand war, keine unzulässige vergleichende Werbung darstelle. Die Klägerinnen hatten darauf mit Schriftsatz vom 2. Januar 2006 (Bl. 168) die unstreitig verwendete 1:3 Liste (Duftboutique) in den Rechtsstreit eingeführt, dazu ausgeführt, diese Liste werde in einer bestimmten Hinsicht innerhalb des Vertriebs der W als 1:1 Liste gelesen. Die Klägerinnen waren schließlich auch schon der Rechtsauffassung des Beklagten zu dieser noch nicht streitgegenständlichen Liste entgegengetreten. Die Klägerinnen hatten sich zudem ausdrücklich eine Klageerweiterung im Hinblick auf die Weitergabe der 1:3 Liste durch den Beklagten vorbehalten (Bl. 171). Nachdem das Problem der Zulässigkeit der 1:3 Liste somit von beiden Parteien schon schriftsätzlich erörtert worden war, durfte das Landgericht dieses Problem auch im Rahmen der vorgeschriebenen Erörterung der Sach- und Rechtslage ansprechen, zumal die Frage ja in Zusammenhang mit dem ursprünglichen Klagebegehren stand. Fraglich bleibt allerdings, ob das Landgericht den Hinweis auf eine mögliche Änderung des Unterlassungsbegehrens aus Gründen einer -so doch nicht möglichen- Verfahrensvereinfachung erteilen durfte. Denn die Beweisaufnahme war ohnehin erforderlich, um die Berechtigung der Erstattung der Abmahnkosten beurteilen zu können. Diese Frage braucht der Senat aber nicht abschließend zu entscheidend und lässt sie deshalb ausdrücklich offen.

b) Denn selbst wenn man insoweit einen Verstoß gegen § 139 ZPO annehmen sollte, kommt eine Zurückverweisung nach § 538 ZPO hier nicht in Betracht. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor. Es fehlt zum einen schon an einem entsprechenden Antrag der Beklagten. Zum anderen müsste aufgrund des Verfahrensmangels eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig sein. Auch dafür bestehen keine Anhaltspunkte, wie die Ausführungen zur materiellen Rechtslage zeigen werden.

II. Die Unterlassungsbegehren der Klägerinnen sind zulässig und begründet.

1) Jedenfalls nach der Änderung der Unterlassungsanträge und insbesondere dem Verzicht auf die Verwendung des Begriffes "Nachahmungen" in ihnen sind diese bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie nehmen auf die vom Beklagten an den Zeugen C übergebene 1:3 Duftvergleichsliste und damit auf die konkrete Verletzungshandlung Bezug.

2) Den Klägerinnen steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG zu. Danach handelt derjenige unlauter, der im Rahmen einer Wettbewerbshandlung vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Wertschätzung des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt.

a) Bei der Weitergabe der Liste an angeworbene Weiterverkäufer durch den Beklagten handelt es um eine Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Darunter ist in einem weiten Sinne jede Handlung einer Person zu verstehen, die das Ziel verfolgt, zugunsten des eigenen Unternehmens den Absatz von Waren zu fördern. Ein solches Ziel verfolgte auch der Beklagte, als er den Zeugen C als Berater beim Vertrieb von Parfumprodukten der W anwarb und ihm in diesem Zusammenhang die 1:3 Liste zur Verfügung stellte. Die Anwerbung von zusätzlichen Beratern hatte auch aus der Sicht des Beklagten gerade den Zweck, auch in seinem Interesse den Absatz der Produkte der W zu erweitern und damit zu fördern. Diesem Zweck diente gerade auch die Übergabe der 1:3 Liste an solche neu geworbenen Berater. Die namenlosen Parfüms der W mussten den Kunden von Beratern erläutert werden, um sie verkaufen zu können. Der Hinweis auf die Verwandtschaft der Düfte der Parfüms zu denen von bekannten Markenparfüms erleichterte den Beratern ihre Werbetätigkeit ganz erheblich, und zwar selbst dann, wenn sie die ihnen vermittelten Vergleichsmöglichkeiten mit den Markenparfüms nicht unmittelbar weitergeben durften. In diesem Zusammenhang -also bei der Frage der Wettbewerbshandlung- kommt es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf an, ob der Adressat der Liste Weiterverkäufer oder Endverbraucher ist. Das haben schon das Landgericht und auch das OLG Düsseldorf in der von den Klägerinnen vorgelegten Entscheidung zutreffend ausgeführt. Das entspricht auch der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. GRUR 2004, 607, 611 -Genealogie der Düfte). Auch die Übermittlung absatzfördernder Hilfsmittel an Wiederverkäufer ist nach dem BGH-Urteil Absatzförderung und damit als Werbung eine Wettbewerbshandlung.

b) Bei der absatzfördernden Werbung des Beklagten handelt es sich auch um vergleichende Werbung. Dieser Begriff ist in einem weiten Sinn zu verstehen (vgl. EuGH GRUR 2002, 354, 355 -Toshiba/Katun). Vergleichende Werbung liegt immer dann vor, wenn eine Äußerung auf einen Mitbewerber oder die von ihm angebotenen Waren Bezug nimmt. Dabei ist es ohne Belang, welche Form die Äußerung aufweist (vgl. BGH -Genealogie der Düfte, a.a.O. S. 611). Hier geht es um Werbeaussagen in der 1:3 Liste, in der ganz bestimmte Produkte der W in unmittelbare Beziehung zu namentlich genannten Herstellern und deren Markenparfums gebracht werden. Es kommt hier auch nicht darauf an, dass der Vergleich jeweils nicht nur auf ein Markenprodukt, sondern auf drei davon bezogen ist.

c) Die entscheidende Frage ist aber, ob mit dieser vergleichenden Werbung die Wertschätzung der Kennzeichen der Klägerinnen in unlauterer Weise ausgenutzt wird. Eine solche Rufausbeutung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG setzt voraus, dass der angesprochene Verkehr mit dem Vergleich der eigenen Produkte und der Markenprodukte des fremden Herstellers die Vorstellung verbindet, deren guter Ruf werde auf die beworbenen Produkte übertragen. Dafür müssen über die bloße Nennung der Marke oder des Handelsnamens eines Mitbewerbers hinausreichende Umstände hinzutreten, um den Vorwurf wettbewerbswidriger Rufausnutzung begründen zu können (BGH -Genealogie der Düfte, a.a.O.; BGH GRUR 1999, 501, 503 -Vergleichen Sie). Dabei ist zu berücksichtigen, wie die Werbung präsentiert wird und an welche Verkehrskreise sie sich richtet.

aa) Im vorliegenden Fall werden die nur mit einer Ziffer bezeichneten Produkte der W wie D5 nicht nur zunächst stichwortartig und sodann etwas ausführlicher beschrieben, sondern dann drei untereinanderstehenden Markenparfums und deren Herstellern kommentarlos gegenübergestellt (vgl. Bl. 174). Damit handelt es sich bei der Präsentation der Werbung um eine an den konkreten Produkten der W wie dem Parfum D5 orientierte Duftvergleichsliste mit der Besonderheit, dass dem namenlosen Produkt nicht nur ein Markenparfüm gegenübergestellt wird, sondern dass drei Produkte wie bei D5 H3, M2 und L2 gegenübergestellt werden. Damit unterscheidet sich dieser Fall eines Duftvergleichs konkreter Produkte von dem der BGH-Entscheidung "Genealogie der Düfte" zugrundeliegenden Fall, bei dem in einer Genealogie einzelne namenlose Parfums in dieselbe Duftkategorie eingeordnet wurden wie verschiedene Parfums bekannter Marken. Dabei konnte der Adressat der Liste keinen konkreten Vergleich einzelner Parfums zu einzelnen Markenprodukten ziehen. Es kommt hinzu, dass sich die so präsentierte Werbung im vorliegenden Fall nach den Gesamtumständen auch an Endverbraucher richtete, die für einen Imagetransfer ihnen geläufiger Duftmarken auf unbekannte Parfums ohne Handelsnamen auch bei Einreihung in eine Reihe aus drei bekannten Markenparfums weitaus empfänglicher sind als Berater und Wiederverkäufer. Die angesprochenen Endverbraucher entnehmen der Liste, dass die Duftwässer der W von der Ausrichtung und Qualität her diesen Markenparfüms vergleichbar sind und dass sie wegen erheblich geringerer Werbeaufwendungen und einer anderen Vertriebsstruktur erheblich kostengünstiger sind. Der Verbraucher denkt somit an die aufwendige Werbung für das Markenparfüm und lässt sich davon beeinflussen, weil die namenlosen Produkte entsprechend sein sollen. Insofern findet ein unlauterer Imagetransfer statt, auf den die Produkte, die der Beklagte beworben hat, keinen Anspruch haben.

bb) Dabei kann dahinstehen, ob von einer solchen Richtung der Werbung auch dann auszugehen wäre, wenn die Liste auch aus Sicht des Beklagten ausschließlich für interne Schulungszwecke bestimmt gewesen wäre und der Beklagte dies dem Zeugen C ausreichend deutlich gemacht hätte. Auch dann könnte allein die Vertriebsstruktur der W mit ihren zahlreichen -teilweise eben erst angeworbenen- Beratern die Gefahr einer vereinbarungswidrigen Verwendung der Liste mit sich bringen. Jedenfalls nach den hier vorliegenden besonderen tatsächlichen Umständen kann sich der Beklagte aber ohnehin im Hinblick auf die Übergabe der 1:3 Liste an den Zeugen C nicht darauf berufen, dass diese Liste der Vertriebsstruktur entsprechend nur betriebsintern zu Schulungszwecken verwandt werden und deshalb Endverbraucher nicht zugänglich gemacht werden sollte. Denn der Beklagte hat dem Zeugen C zusammen mit einer Informationsmappe auch noch die bereinigte 1:1 Liste der zu vergleichenden Markenparfums übergeben, in der das jeweils erste Markenparfum ausschließlich aufgeführt ist. Bei dieser Duftvergleichsliste 1:1 ging es ersichtlich nicht um Schulungszwecke, sondern um ein Bestellformular für Verbraucher. Den Verbrauchern wurde damit zugleich mitgeteilt, dass die Düfte der Markenparfüms frei von Schutzrechten waren und unter anderer Verpackung deshalb vollkommen legal vermarktet werden konnten. Mit der gleichzeitigen Übergabe beider Listen machte der Beklagte dem Zeugen C deutlich, dass es ihm gerade nicht darauf ankam, dass der Zeuge die Listen nur für sich verwenden und Verbrauchern nicht zugänglich machen sollte. Vielmehr waren gerade die beiden Vergleichslisten dafür gedacht, dem mit den Parfümprodukten nicht vertrauten Zeugen etwas an die Hand zu geben, was er zum Zwecke des Verkaufs den Endverbrauchern zugänglich machen konnte.

cc) Der Beklagte hat zwar von Anfang an in Abrede gestellt, dem Zeugen C die von ihm an Internetkunden versandte 1:1 Liste übergeben zu haben. Das Landgericht hat aber nach Durchführung einer Beweisaufnahme festgestellt, dass der Beklagte auch diese 1:1 Liste dem Zeugen C übergeben hat. An diese Tatsachenfeststellung ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr.1 ZPO gebunden, weil ungeachtet der gegenteiligen Ausführungen in der Berufungsbegründung keine konkreten Anhaltspunkte vorhanden sind, die ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen durch das Landgericht begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

(1) Die für das Landgericht entscheidende Aussage des Zeugen C ist positiv ergiebig. In detaillierter Form hat der Zeuge bestätigt, dass er die Unterlagen und insbesondere die 1:1 Liste, die er den anfragenden Internetkunden und dabei auch den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen zugesandt hat, von dem Beklagten erhalten hat, an den er sich wegen der Teilnahme am Verkauf der Parfüms der W gewandt hatte. Für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen spricht außerdem, dass er eine Quittung vorgelegt hat, mit der ihm der Beklagte bescheinigt hat, vom Zeugen 15 € für die Überlassung von zwei Beratermappen erhalten zu haben. Dieser ergiebigen Aussage steht auch die Aussage des Zeugen Q nicht in entscheidender Weise entgegen. Das sieht auch der Beklagte so. Die bloße gegenteilige Parteierklärung des Beklagten hinderte das Landgericht gleichfalls nicht, die Behauptung der Klägerinnen aufgrund dieser Aussage als bewiesen anzusehen.

(2) Die Beweiswürdigung lässt auch nicht deshalb Zweifel aufkommen, weil das Landgericht im Rahmen der Prüfung der Glaubwürdigkeit nicht ausdrücklich berücksichtigt hat, dass der Zeuge C ein erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben könnte. Das Interesse ist nicht so groß, wie es der Beklagte darstellt und weckt im Rahmen der Gesamtwürdigung nach Auffassung des Senats keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen C. Dem Zeugen wurde von den Klägerinnen die Gelegenheit gegeben, sich gleichsam dadurch "freizukaufen", dass er seinen Informanten im Betrieb der W benennen sollte. Das hat der Zeuge C wie viele andere ertappte Berater dann zwar nicht auf Anhieb, aber nach einer gewissen Zeit getan. Dabei hat er aber nicht etwa einen Unbeteiligten angegeben, sondern tatsächlich denjenigen, der ihn eingeführt und ihm die Beratermappen verkauft hatte. Er hat dann später als Zeuge das bestätigt, was er den Klägerinnen schon vorher mitgeteilt hatte, nämlich die Tatsache, dass er alle Unterlagen und somit auch die Internetkunden zugesandte 1:1 Liste vom Beklagten erhalten hatte.

(3) Es begründet auch keine Zweifel, dass es allein der Zeuge C gewesen sein soll, der im Umkreis des Beklagten über eine solche 1:1 Liste verfügt haben soll. Dabei handelt es sich um eine bloße Behauptung des Beklagten, die er genauso gut zu seinem Schutz aufgestellt haben kann. Im Übrigen würde es auch nichts besagen, wenn der Beklagte aus nicht bekannten Gründen ausschließlich dem Zeugen C eine solche Liste übergeben haben sollte. Ein gewichtiges Indiz dafür ist die Tatsache, dass der Zeuge C tatsächlich über eine solche Liste verfügt hat und weder vorgetragen noch ersichtlich ist, woher er sie bekommen haben sollte, wenn nicht vom Beklagten, der ihm die 1:3 Liste gegeben hatte. Es ist lediglich theoretisch denkbar, dass sich der Zeuge C diese Liste ohne weitere Informationen selbst erstellt haben könnte. Selbst wenn das so gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, warum er das dann den Klägerinnen nicht auch so mitgeteilt haben sollte.

(4) Gleichfalls erscheint nicht zweifelhaft, dass der Zeuge C die richtige Liste erkannt hat. Selbst wenn zum Zeitpunkt der Vernehmung viel Zeit vergangen sein mag, ist es nicht außergewöhnlich, dass der Zeuge gerade die 1:1 Liste sogleich wiedererkannt hat, deren Versendung ihm soviel Probleme bereitet hatte. Außerdem ist eine Verwechslung auch deshalb unwahrscheinlich, weil der Zeuge C beide Listen in seiner Aussage erwähnt hat und beide Listen vom Beklagten erhalten haben will. Es geht also nicht darum, dass er nur eine Liste erhalten hat und es der Klärung bedurfte, welche es war. Die Tatsache, dass der Zeuge die Unterlagen heute nicht mehr besitzt, ist angesichts des Geschehensablaufs durchaus nachvollziehbar.

(5) Letztlich musste das Landgericht auch nicht wegen Erinnerungslücken in Nebenpunkten die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen C in Frage stellen.

Es kann gut sein, dass dem Zeugen C die Tatsache, dass er einmal einen Beratervertrag mit der W unterschrieben haben sollte, bei seiner Zeugenvernehmung nicht mehr präsent war. Dies gilt umso mehr, als die Unterzeichnung wohl nicht in Zusammenhang mit der Übergabe der Beratermappen erfolgte, sondern schon am 19. März 2004, also Monate vorher. Selbst wenn der Zeuge C in Wirklichkeit den Informanten über die Gelegenheit, Berater zu werden, gut gekannt haben sollte, lässt die Tatsache, dass er dessen Namen nicht preisgab, nicht darauf schließen, dass seine Aussage im Kern nicht richtig sein könnte. Dafür kann er verschiedene Gründe gehabt haben, wie insbesondere den Schutz des Bekannten vor einer Abmahnung durch die Klägerinnen.

3) Es ist auch antragsgemäß festzustellen, dass der Beklagte den Klägerinnen nach § 9 Satz 1 UWG allen Schaden zu ersetzen hat, der ihnen aus der Verwendung der streitgegenständlichen Duftvergleiche entstanden ist und noch entsteht.

a) Den Klägerinnen steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Der Beklagte handelte jedenfalls fahrlässig, als er die 1:3 Liste an den Zeugen C weitergab. Das Landgericht hat schon zutreffend ausgeführt, dass fahrlässig derjenige handelt, der die Wettbewerbswidrigkeit seines Handelns mit zumutbaren Anstrengungen hätte erkennen können. Dem Beklagten waren die insoweit entscheidenden Umstände bekannt. Er hat die bei seinem Handeln aus wettbewerbsrechtlicher Sicht erforderliche Sorgfalt nicht beachtet. Er kann sich auch nicht auf einen erheblichen Rechtsirrtum berufen. Wer sich wie er im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, muss damit rechnen, dass das Gericht sein Verhalten gegebenenfalls anders als sein Anwalt- als wettbewerbswidrig bewertet.

b) Die Schadenswahrscheinlichkeit, an die keine großen Anforderungen zu stellen sind, ist hier gegeben. Es genügt, dass nach der Lebenserfahrung durch die Weitergabe der Liste ein Schadenseintritt mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Allein die Verwendung der unveränderten Duftvergleichsliste gegenüber Endverbrauchern und als Grundlage der im Internet präsentierten 1:1 Liste kann völlig unabhängig davon, ob und welche Verkäufe stattgefunden haben, zu einer Marktverwirrung geführt haben. Interessenten können auf die günstigeren Produkte aufmerksam geworden sein. Insbesondere auch Käufer von Markenparfümen können bei einer Verwendung der Liste in Verkaufsgesprächen dazu veranlasst werden, die benannten ähnlichen Parfüms des Beklagten wenigstens auszuprobieren. Außerdem kann es auch im Hinblick auf die unzulässige vergleichende Werbung möglich sein, dass die Klägerinnen im Hinblick auf ihre Markenrechte Schadenersatz nach der Lizenzanalogie oder im Wege der Gewinnabschöpfung verlangen können.

c) Die Klägerinnen können ihren Schaden deshalb noch nicht beziffern, weil sie unter anderem nicht wissen, welcher Umsatz und welcher Gewinn mit Hilfe der vergleichenden Werbung des Beklagten erzielt worden ist.

4) Den Klägerinnen steht auch der Auskunftsanspruch, den das Landgericht ihnen zugesprochen hat, im Wesentlichen zu. Angesichts des durch die Weitergabe der 1:3 Liste an den Zeugen C begangenen Wettbewerbsverstoßes ist der Umfang der begehrten Auskunft nur insoweit zu beschneiden, als Auskunft über die erzielten Umsätze und den erzielten Gewinn erst ab der ersten Verletzungshandlung am 5. November 2004 verlangt werden kann (vgl. BGH GRUR 1988, 306 f - Gaby). Ansonsten kann aber sowohl die Drittauskunft als auch die Umsatzauskunft im zugesprochenen Umfang begehrt werden. Dagegen hat sich der Beklagte auch nicht gewandt. Soweit er im Rahmen der Erörterung im Senatstermin Bedenken dahin geäußert hat, ob die isolierte Übergabe der 1:3 Liste Grundlage des Auskunftsbegehrens sein kann, ist diesen Bedenken nicht Rechnung zu tragen. Verbotsgegenstand ist entsprechend dem gestellten Hauptantrag und der Begründung die Übergabe der 1:3 Liste durch den Beklagten an den Zeugen C, die aus den oben genannten Gründen wettbewerbswidrig ist, insbesondere auch deshalb, weil sie zur Weitergabe an Verbraucher bestimmt ist. Nur insoweit ist für den Senat von Bedeutung, dass der Beklagte hier zusätzlich noch die 1:1-Liste übergeben hat. An diesem Verbotsgegenstand orientiert sich auch der Umfang des Auskunftsanspruchs.

5) Da vom Landgericht in nicht zu beanstandender Weise festgestellt worden ist, dass der Beklagte dem Zeugen C auch die 1:1 Liste übergeben hat, war die allein darauf gestützte Abmahnung berechtigt. Die erforderlichen und nicht anrechenbaren Abmahnkosten in Höhe von 689,90 € pro Klägerin, die das Landgericht zutreffend und insoweit auch unbeanstandet vom Beklagten auf der Basis eines Streitwerts von 50.000 € für den jeweiligen Unterlassungsanspruch errechnet hat, muss der Beklagte nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG den Klägerinnen nebst Zinsen erstatten.

6) Die Ausführungen des Landgerichts zur Einrede der Verjährung werden mit der Berufung zu Recht nicht angegriffen. Das Landgericht hat nämlich zutreffend dargelegt, dass hier eine Verjährung der Ansprüche mangels zeitgemäßer Kenntnis von der Person des Beklagten als Störer nicht in Betracht kommt.

Die in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Sache betrifft einen Einzelfall und hat als solche keine besondere rechtliche Bedeutung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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