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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.09.2009
Aktenzeichen: 4 U 117/09
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, UWG, StGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 824
BGB § 1004
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 935
ZPO § 938
ZPO § 940
UWG § 12 Abs. 2
StGB § 186
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 07. Mai 2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Beschlussverfügung vom 02. April 2009 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Antragstellerin vertreibt u.a. in China hergestellte Motorroller unter der Bezeichnung "S".

Mit Schreiben vom 23.03.2009 wandte sich der Antragsgegner an die N & E2 GmbH, die J mbH & Co. KG sowie die E GmbH & Co. KG. Die Adressaten der Schreiben sind Kunden der Antragstellerin, die an sie auch Motorroller vertreibt.

In dem Schreiben heißt es wie folgt:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesen Unterlagen informieren wir Sie über die von Ihnen beworbenen oder verkauften Produkte.

In China hergestellte Motorroller deren Probleme Sie treffen könnte.

Wir empfehlen eine genaue Studie der mit größten Kosten und Aufwand erstellten Dokumente.

Eine weitere Information erhalten Sie jederzeit über mein Büro.

Mit freundlichen Grüßen

H. M".

Dem Schreiben waren ein weiteres Schreiben des Antragsgegners - gerichtet an "Super- und Verbrauchermärkte-Information der Geschäftsleitung" sowie drei Gutachten beigefügt, die sich auch auf Motorroller mit der Bezeichnung "S" bezogen, die die Antragstellerin jedenfalls in der Vergangenheit vertrieben hat. In diesen Unterlagen werden sicherheitstechnische Bedenken gegenüber den fraglichen Motorrollern aus China erhoben.

Wegen des Inhaltes dieser Unterlagen im Einzelnen wird auf die Anlagen zur Antragsschrift Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Beschlussverfügung vom 02.04.2009 dem Antragsgegner antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt,

an Wiederverkäufer, insbesonder an Betreiber von Baumärkten und Verbrauchermärkten eigene Begutachtungen oder Gutachten sog. "Gutachter" über chinesische motorisierte Rollerfahrzeuge weiterzugeben, sofern in den damit verbundenen gutachterlichen Äußerungen Bezugnahmen auf Produkte der Antragstellerin erfolgen insbesondere unter Namensnennung des Markennamens "S".

Der Antragsgegner hat gegen diese Beschlussverfügung Widerspruch eingelegt. Er hat die Unbestimmtheit des Verfügungsantrages im Hinblick auf den Adressatenkreis gerügt und gemeint, die Antragstellerin könne die Kunden nicht allein für sich reklamieren, zumal er in der Vergangenheit bereits Kontakte zu den Kunden gehabt habe.

Der Antragsgegner hat zudem die Aktivlegitimation der Antragstellerin sowie auch seine eigene Passivlegitimation in Abrede gestellt und in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die seinem Schreiben beigefügten Gutachten nicht von ihm stammten. Er selbst habe keine Erklärungen zu Motorrollern mit der Bezeichnung "S" abgegeben. Zudem sei es sein gutes Recht und sogar seine Pflicht, die streitgegenständlichen Schreiben zu versenden, um so ein allgemeines öffentliches Informationsinteresse am Sicherheitsstand der fraglichen Motorroller zu befriedigen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 07.05.2009 die Beschlussverfügung mit folgender Maßgabe bestätigt:

Dem Antragsgegner wird untersagt, an Wiederverkäufer, insbesondere an Betreiber von Baumärkten und Verbrauchermärkten, eigene Begutachtungen oder Gutachten anderer Personen über chinesische motorisierte Rollerfahrzeuge weiter zu geben, sofern in den damit verbundenen gutachterlichen Äußerungen Bezugnahmen auf Produkte der Antragstellerin erfolgen, insbesondere unter Namensnennung des Markennamens "S"; es sei denn, dass der Antragsgegner - ohne dass er zuvor auf etwaige Mängel oder Bedenken hinsichtlich der von der Antragstellerin vertriebenen Motorroller hingewiesen hätte - von den jeweiligen Wiederverkäufern mit der Erstattung von Gutachten für diese Roller beauftragt wird.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungsbeklagte.

Die Zurückweisung des weitergehenden Antrages hat das Landgericht damit begründet, dass dem Antragsgegner die Ausübung seiner eigenen beruflichen Tätigkeit als Sachverständiger nicht untersagt werden könne. Wegen des Inhaltes des Urteils im Übrigen wird auf Bl. 113 f. d. A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Antragsgegner form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages beanstandet der Antragsgegner, dass sich das Landgericht nicht mit seiner Rüge der fehlenden Aktivlegitimation der Antragstellerin auseinandergesetzt habe. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin zur Gruppe der Fa. Q gehöre, belege nicht, dass sie die Rechte der Fa. Q geltend machen könne. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen der §§ 823, 1004 BGB erfüllt seien. Nicht zu teilen sie die Unterstellung des Landgerichts, dass es ihm um eine gezielte Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Antragstellerin gegangen sei. Es fehle bereits an einem betriebsbezogenen Eingriff. Denn es mangele an einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Antragstellerin durch die vom Antragsgegner an Dritte versandte Schreiben. Verfehlt habe das Landgericht gemeint, es komme nicht darauf an, ob das in den Gutachten angesprochene Produkt mit der Bezeichnung "S" noch weiterhin von der Antragstellerin vertrieben werde. Falls der Vertrieb eingestellt worden sei, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte einstweilige Verfügung. Jedenfalls sei ein - unterstellter - Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin nicht rechtswidrig. Denn die anzustellende Interessenabwägung müsse zu seinen Gunsten ausfallen. Hinter seinem Recht auf freie Meinungsäußerung müssten die Interessen der Antragstellerin zurücktreten. Es müsse erlaubt sein, Wiederverkäufer auf Sicherheitsbedenken und bekannt gewordene Mängel an Motorrollern hinzuweisen. Er habe damit nicht aufgrund anderer rechtlicher Differenzen zwischen den Parteien Verwirrung stiften und die wirtschaftlichen Belange der Antragstellerin beeinträchtigen wollen.

Der Antragsgegner beantragt,

das am 07.05.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld (Az. 2 O 123/09) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages verteidigt die Antragstellerin ihre Anspruchsberechtigung. Sie mache eigene Ansprüche wegen des Eingriffs in ihren eigenen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend. Zu Unrecht leugne der Antragsgegner eine unmittelbare Beeinträchtigung. Denn die Schreiben des Antragsgegners seien durchaus geeignet, ihre Geschäftsbeziehung zu ihren Kunden empfindlich zu stören. So sei in diesen Schreiben unzutreffend behauptet worden, die Fahrzeuge hätten eine "formal ungeprüfte EG-Zulassung einer holländischen Institution". Damit sei der Eindruck erweckt worden, die Fahrzeuge seien im deutschen Straßenverkehr nicht zugelassen. Zudem seien ihre Kunden auf die Produkthaftung hingewiesen worden. Zu Unrecht leugne der Antragsgegner ein Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin, weil diese die im Gutachten genannten Motorroller nicht mehr produzieren lasse. Entscheidend sei, dass sie 11 Motorroller unter der Bezeichnung "S" vertreibe und der Antragsgegner mit seinen Schreiben generell chinesische Motorroller anspreche. Der Antragsgegner könne sich auch nicht mit Erfolg von den Gutachten distanzieren. Denn er habe sie sich zu eigen gemacht, indem er sie als Anlage zu seiner Korrespondenz genommen habe. Dieses beanstandete Verhalten des Antragsgegners sei auch rechtswidrig. Denn der Antragsgegner verfolge kein öffentliches Informationsinteresse, sondern versuche, die Antragstellerin zur Befriedigung nicht bestehender Provisionsansprüche zu veranlassen. Dies zeige die gezielte Auswahl der angeschriebenen Kunden der Antragstellerin. Der Antragsgegner habe sich gerade nicht an die Öffentlichkeit und die Verbraucher gewandt.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Antragsgegners ist begründet. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf das begehrte Äußerungsverbot gegenüber dem Antragsgegner, auch nicht in der Verbotsfassung, die das angefochtene Urteil dem Verbotsbegehren gegeben hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die vom Landgericht vorgenommene Antragskorrektur noch von dem Gestaltungsermessen nach § 938 ZPO gedeckt ist (vgl. dazu Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. Kapitel 52 Rd. 32 f. m.w.N.). Denn die Antragstellerin hat sich diese Verbotsfassung zu eigen gemacht, indem sie die Zurückweisung der Berufung beantragt hat (Ahrens, a.a.O., Kap. 29, Rdziff. 9 m.w.N.). Damit geht es in der Berufungsinstanz nur noch um die einstweilige Verfügung in der Fassung des angefochtenen Urteils.

Diese Verbotsfassung ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es wird dem Antragsgegner nämlich schlechthin verboten, Gutachten über chinesische motorisierte Rollerfahrzeuge an Wiederverkäufer zu versenden. Es ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch hinreichend deutlich, was unter dem Begriff eines Wiederverkäufers zu verstehen ist. Es handelt sich nämlich um alle Zwischenhändler. Der insbesondere Zusatz dient dabei nur der Illustration, was mit dem Begriff des Wiederverkäufers gemeint ist, ohne diesen Adressatenkreis näher einschränken zu wollen.

Es ist auch hinreichend deutlich, welche Gutachten nach dem ausgeurteilten Verbot gemeint sein sollen. Es wird nämlich - unabhängig vom speziellen Inhalt - jedes Gutachten erfasst, das sich über Produkte verhält, die die Antragstellerin vertreibt.

Schließlich macht auch die Ausnahme, die das Landgericht am Ende des Verbotes formuliert hat, den Antrag nicht unbestimmt. Denn es werden nur Auftragsgutachten vom Verbot ausgenommen. Da nach allgemeinem Sprachgebrauch hinreichend deutlich ist, was unter einem solchen Auftragsgutachten zu verstehen ist, ist auch diese Verbotsausnahme hinreichend klar umrissen.

Der Antragstellerin steht auch ein Verfügungsgrund für ihr Verbotsbegehren zur Seite. Zwar kommt hier mangels eines Wettbewerbsverhältnisses der Antragstellerin die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht zugute. Denn die Antragstellerin macht ausdrücklich keine Ansprüche aus dem Recht des unlauteren Wettbewerbs geltend. Sie hat die Dringlichkeit aber positiv dargetan. Denn geschäftsschädigende Äußerungen können eine Rufschädigung verursachen, die später auch nicht durch Geld wieder auszugleichen ist, §§ 935, 940 ZPO.

Es fehlt aber am Verfügungsanspruch. Als Anspruchsgrundlage kommt hier allein § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht. Es handelt sich dabei zwar nur um einen Auffangtatbestand. Der wird hier aber nicht durch andere, vorrangig zu prüfende Anspruchsgrundlagen verdrängt.

Wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche der Antragstellerin scheitern hier von vornherein am fehlenden Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Denn der Antragsgegner ist für die Antragstellerin in der Vergangenheit nur als deren Handelsvertreter im weiteren Sinne aufgetreten. Auch die Antragstellerin wirft dem Antragsgegner nur vor, seinen Provisionsforderungen gegen sie durch das beanstandete Rundschreiben Nachdruck verleihen zu wollen. Damit zugleich eine Konkurrenztätigkeit des Antragsgegners zu Lasten der Antragstellerin fördern zu wollen, wirft auch die Antragstellerin dem Antragsgegner nicht vor. Infolgedessen kommen nur allgemeine deliktische Anspruchsgrundlagen in Betracht.

Im Rahmen des deliktischen Schutzes der Geschäftsehre tritt der Anspruch aus dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zwar gegenüber § 824 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB zurück, soweit es um die Abwehr unwahrer Tatsachenbehauptungen geht (BGH NJW 2006, 830 - Kirch). Im vorliegenden Fall geht es aber der Antragstellerin nicht um die Abwehr unwahrer Tatsachenbehauptungen. Inhaltlich wird das Rundschreiben wie auch die Gutachten in tatsächlicher Hinsicht nicht angegriffen, jedenfalls ist dies nicht in erster Instanz geschehen. Ob die einzelnen Aussagen falsch oder richtig sind, darum geht es in dem Parallelverfahren zwischen den Parteien vor dem Landgericht Bielefeld unter dem Az. 12 O 99/08 (vgl. Anlagenhefter am Ende). Vorliegend hat die Antragstellerin zunächst allein beanstandet, dass der Antragsgegner überhaupt solche kritischen Gutachten nebst entsprechenden Begleitschreiben versandt hat. Insoweit greift der Auffangtatbestand des Schutzes des Gewerbebetriebes ein gem. § 823 Abs. 1 BGB.

Erstmals in der Berufungsinstanz hat die Antragstellerin in der Berufungserwiderung zwar die Behauptung über die EG-Zulassung als falsch dargestellt angegriffen. Damit kann die Antragstellerin aber in zweiter Instanz nicht mehr gehört werden, nachdem es in erster Instanz nur um die Versendung der Gutachten als solche gegangen ist. Es handelt sich damit um einen Streitgegenstand, für dessen Entscheidung dem Senat die funktionelle Zuständigkeit fehlt (vgl. Ahrens, a.a.O. Kapitel 53 Rdziff. 9 f. m.w.N.).

Es bleibt damit dabei, dass der Senat vorliegend allein darüber zu entscheiden hat, ob dem Antragsgegner die Versendung kritischer Unterlagen, wie begehrt, schlechthin verboten werden kann.

Ein solches Schlechthin-Verbot schießt aber von vornherein über ein mögliches Verbotsziel hinaus. Denn bei der Frage des Äußerungsverbotes gegenüber Leistungen und Einrichtungen eines Gewerbebetriebes kommt es entscheidend auf den Inhalt dieser Äußerungen an. Das Auftragsgutachten, das schon das Landgericht von dem Verbot ausgenommen hat, ist dabei nicht die einzige mögliche Ausnahme. Gerade das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG erlaubt unter Umständen auch kritische Äußerungen, so dass der Hersteller nicht jedes Gutachten, das ihm nicht genehm ist, unterbinden kann, worauf das begehrte Verbot hier aber hinausläuft.

Das Verbotsbegehren der Antragstellerin hat aber auch dann keinen Erfolg, wenn es sich lediglich auf die konkret versandten Rundschreiben und Gutachten bezieht.

Tatbestandsmäßig liegt dann zwar ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin gem. § 823 Abs. 1 BGB vor. Denn auch der Kundenstamm fällt unter den Schutz des Gewerbebetriebes (Palandt, BGB, § 823 Rdziff. 127). Es liegt auch ein betriebsbezogener Eingriff vor. Das könnte allenfalls dann zweifelhaft sein, wenn der Antragsgegner chinesische Roller nur allgemein kritisieren würde, wenn also ein sogenannter Systemvergleich vorläge (Palandt, a.a.O., § 823 Rdziff. 129). Hier werden aber gerade die von der Antragstellerin vertriebenen Roller in die Kritik einbezogen, so dass die Antragstellerin unmittelbar von der Kritik betroffen ist.

Vergeblich leugnet der Antragsgegner auch seine Passivlegitimation. Zwar hat er die Gutachten nicht selbst verfasst. Er hat sie aber an die Adressaten mit einem eigenen Anschreiben versandt und sich auch auf diese Gutachten gestützt und sie empfohlen. Damit hat er sich den Inhalt zu eigen gemacht und muss damit auch dafür einstehen.

Unerheblich ist auch, dass die Antragstellerin die in den Gutachten genannten Fahrzeuge "S" nicht mehr vertreibt. Entscheidend ist, dass die Angeschriebenen wissen, dass sie "S"-Fahrzeuge von der Antragstellerin beziehen. Damit strahlt die negative Kritik der Gutachten und Anschreiben auf die Antragstellerin aus, die solche Produkte in den Verkehr gebracht hatte.

Es fehlt aber vorliegend für einen Verbotsanspruch der Antragstellerin an der Rechtswidrigkeit dieses Eingriffs in den Gewerbebetrieb der Antragstellerin. Diese Rechtswidrigkeit wird bei den sog. Rahmenrechten wie dem Gewerbebetrieb durch die Tatbestandsmäßigkeit des Eingriffs noch nicht indiziert. Vielmehr muss sie gesondert festgestellt werden (Palandt, a.a.O., § 823 Rdziff. 95, 126). Dabei spielt auf Seiten des Verletzers vor allem die Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG eine entscheidende Rolle. Der Schutz der Meinungsfreiheit gebietet es, dass der Unternehmer Kritik an seiner Geschäftstätigkeit hinnehmen muss, solange sie sachlich bleibt und die Öffentlichkeit berührende Fragen betrifft (BGH NJW 2006, 830, 839 f. - Kirch; BGHZ 138, 311, 320; BGH NJW 2008, 2110, 2115 - Gehn-Milch; Palandt a.a.O., § 823 Rdziff. 129). Wie bereits ausgeführt, greift die Antragstellerin das Rundschreiben wie auch die Gutachten inhaltlich selbst nicht an, soweit sie mit ihrem Vortrag in zweiter Instanz gehört werden kann. Sie beanstandet insoweit keine einzelnen Passagen als falsch. Insoweit könnte sie ohnehin nur Schutz über §§ 824, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB erreichen.

Die Antragstellerin rügt auch nicht, dass es sich bei den Rundschreiben um unzulässige Schmähkritik handeln würde (vgl. dazu Palandt, a.a.O., § 823 Rdziff. 102 m.w.N.). Auch überspitzte Äußerungen sind hinzunehmen. Dass die Gutachten und die Rundschreiben die Antragstellerin nur an den Pranger stellen wollten, lässt sich nicht feststellen. Insoweit ist allein das äußere Erscheinungsbild der versandten Papiere maßgebend. Unerheblich ist der Vorwurf der Antragstellerin, der Antragsgegner habe mit den Papieren nur seinen Provisionsforderungen gegenüber der Antragstellerin Nachdruck verleihen wollen. Davon findet sich in den Papieren nichts. Dem Antragsgegner kann auch nicht abgesprochen werden, dass die Frage der Sicherheit bei Billigimporten aus China ein die Öffentlichkeit interessierendes Thema ist. Nach der Rechtsprechung vor allem des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2003, 1109; vgl. auch Palandt, § 823 Rdziff. 99 f. m.w.N.) darf aber jedermann bei solchen Themen seiner Meinung freien Lauf lassen. Der Streit des Antragsgegners mit der Antragstellerin um seine Provisionsforderungen schimmert in den Papieren wie dargelegt in keiner Weise durch. Auch die Antragstellerin hat nicht geltend machen können, dass der Antragsgegner die Versendung der Papiere in erpresserisscher Weise mit seiner Provisionsforderung verknüpft hätte. Irgendwelche nachvertraglichen Pflichtverletzungen des Antragsgegners werden von der Antragstellerin ebenfalls nicht geltend gemacht. Mithin ist der Antragsgegner wie ein beliebiger Dritter zu behandeln, dem die Billigimporte aus China bedenklich erscheinen. Ein solcher Dritter darf aber seinem Unmut so Luft machen, wie es der Antragsgegner hier getan hat. Dabei gehört zur Meinungsfreiheit auch die Wahl des Mitteilungsmediums (BVerfG NJW 2003, 1109). Denn der Schutz der Meinungsfreiheit gebietet es auch, dem Äußernden die Wahl zu überlassen, wie er seine Meinung am Wirkungsvollsten kundtun kann. Er darf nicht in eine Ecke gedrängt werden, wo ihn keiner hört. Deshalb durfte sich der Antragsgegner auch an die Kunden der Antragstellerin wenden. Denn dort konnte er hoffen, dass die sich des Themas mit besonderer Sorgfalt annehmen würden, weil ihre Verkaufspolitik unmittelbar berührt ist. Wenn das Bundesverfassungsgericht die Meinungsfreiheit besonders in Fragen von öffentlichem Interesse schützt, bedeutet das nicht, dass es den Verletzer in solchen Fragen auf das Verfassen von Leserbriefen beschränken wollte. Mithin muss vorliegend der Schutz des Gewerbebetriebes der Antragstellerin vor kritischen Äußerungen hinter dem Recht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG des Antragsgegners zurückstehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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