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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.11.2006
Aktenzeichen: 4 U 151/06
Rechtsgebiete: FahrlG, UWG, ZPO, BGB


Vorschriften:

FahrlG § 19
FahrlG § 19 Abs. 1
FahrlG § 19 Abs. 1 S. 3
FahrlG § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1
FahrlG § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 4 Ziff. 11
UWG § 8 Abs. 1
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2
UWG § 8 Abs. 3 Ziff. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Ziff. 2
BGB § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. Juli 2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Beklagte warb unter der Firmierung "G GmbH" für einen Ausbildungsvertrag zur Pkw-Führerschein-7 Tage-Intensivausbildung. Das Leistungspaket war dabei wie folgt aufgeschlüsselt:

Grundbetrag 220,00 €

18 Fahrstunden (6 normal, 12 Sonder.) à 45 Min. 716,40 €

28 Theoriestunden à 45 Min. 462,00 €

1 Lehrbuch, 1 x 52 Übungsbögen, 1 x amtl. Fragenkatalog, 1 x 50 Themenbögen 61,60 €

Paketpreis 1.450,00 €

Wiederholung des Theorieunterrichts (bei Vor- und Nachschulung) gratis Zusatzfahrstunde à 45 Min. 39,80 €

zzgl. Vorstellung zur theoretischen Prüfung 50,00 €

zzgl. Vorstellung zur praktischen Prüfung (45 Min. Fahrt) 80,00 €

Zusatzleistungen

BE-Anhängerschein über 750 kg, 6 Fahrst./à 45 €

+ prakt. Prüfung 88 € 388,00 €

Kurs-Rücktrittsversicherung (80 % Übernahme der Stornogebühren) 34,50 €

Ausbildungszuschuss: Stipendium, Bonus, ...

Wegen des Vertragsformulars im Einzelnen wird auf die Fotokopie Blatt 63 der Akten verwiesen.

Der Kläger, dem nach seiner Satzung die Wahrung und Förderung der Berufs- und Standesinteressen sowie auch die gewissenhafte Überwachung der für die Fahrschulen maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen obliegt, mahnte den Beklagten u.a. auch wegen der Preisgestaltung des Ausbildungsvertrages ab. Diese Preisgestaltung sei irreführend und verstoße zudem gegen § 19 des Fahrlehrergesetzes.

Hinsichtlich der ebenfalls gerügten Firmierung des Beklagten haben die Parteien den Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem sich der Beklagte entsprechend unterworfen hatte.

Ein weiteres Verbotsbegehren, das eine Anzahlungsverpflichtung des Fahrschülers betraf, hat der Kläger bereits in erster Instanz zurückgenommen.

Das Landgericht hat sodann durch Urteil vom 25. Juli 2006 dem Beklagten antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, Ausbildungsverträge mit dem oben wiedergegebenen Leistungspaket abzuschließen.

Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 64 ff der Akten verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages leugnet der Beklagte weiterhin einen Verstoß gegen § 19 Fahrlehrergesetz. Denn er habe die Kosten detailliert aufgeschlüsselt. Auch von anderen Fahrschulen werde mit entsprechenden Preisgestaltungen geworben. Letztlich falle ein evtl. Verstoß gegen § 19 Fahrlehrergesetz unter die Bagatellgrenze des § 3 UWG. Der Fahrschüler sei nämlich durch die detaillierte Aufschlüsselung der Kosten für die einzelnen Leistungen durchaus in der Lage, einen zuverlässigen Preisvergleich mit den Angeboten anderer Fahrschulen vorzunehmen.

Weiterhin sei zu beachten, dass seiner Preisliste ein von dem üblichen Fahrschulbild abweichendes Ausbildungskonzept zugrunde liege. Denn er biete zeitlich gestraffte Intensivkurse an. Die Preisliste orientiere sich an den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der praktischen und theoretischen Übungseinheit. Über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehend gebe er insbesondere auch Informationen zu den zu leistenden Sonderfahrstunden. Gerade das angebotene Gesamtpaket verpflichte ihn zur Angabe eines Gesamtpreises. Weil seine Preise transparent seien und die Abweichung vom Gesetz marginal sei, liege eine gerichtliche Verfolgung auch nicht im Interesse der Allgemeinheit. Denn es sei auch keine Wettbewerbsverzerrung zu befürchten.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Bochum aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Es geht in der Berufungsinstanz nur noch um das vom Landgericht ausgeurteilte Verbot, die Ausbildungsverträge mit den Fahrschülern nicht mit der im Tenor näher aufgeschlüsselten Preisgestaltung abzuschließen.

Diese Verbotsfassung ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO. Es wird dem Beklagten eine im Einzelnen umrissene konkrete Preisgestaltung für den angebotenen Fahrschulunterricht verboten.

Das Landgericht hat dieses Verbot auch zu Recht verhängt. Das Verbot folgt aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2; 3; 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 19 FahrlG.

Nach § 19 Abs. 1 FahrlG kann zwar jeder Inhaber der Fahrschulerlaubnis seine Entgelte frei bilden. Die Fahrschule ist also nicht an bestimmte Preise der Höhe nach gebunden. § 19 Abs. 1 S. 3 FahrlG schränkt diese Freiheit in der Preisfestsetzung aber insoweit ein, als die Fahrschule in der Darstellung ihrer Preise gebunden ist. Nach § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 FahrlG müssen die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebes einschließlich des gesamten theoretischen Unterrichts pauschaliert angegeben werden. Dagegen müssen nach § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 FahrlG die Entgelte für eine Fahrstunde im praktischen Unterricht stundenbezogen zu jeweils 45 Minuten angegeben werden. Ziel dieser Vorschriften über die Preisausgestaltung ist der Schutz des Fahrschülers vor irreführender Werbung. Er soll in die Lage versetzt werden, die Ausbildungskosten zu überschlagen und zu vergleichen, damit er nicht durch günstig erscheinende Werbeangebote, die lediglich Einzelposten wie die bloßen Fahrstundenkosten betreffen, über die Gesamtkosten im Unklaren gelassen wird (Eckhardt, FahrlG, 6. Aufl., § 19, Rz. 1).

Gegen diese Vorschrift über die Preisausgestaltung für den Fahrschulunterricht verstößt der Beklagte mit dem ihm verbotenen Inhalt der Ausbildungsverträge. Denn der Beklagte gibt weder die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebes einschließlich des theoretischen Unterrichts pauschaliert an, wie es § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 FahrlG erfordert; noch weist er die Kosten für die einzelne Fahrstunde stundenbezogen aus, wie es § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 FahrlG erfordert.

Dieser Verstoß des Beklagten gegen § 19 FahrlG stellt sich zugleich auch als unlautere Wettbewerbshandlung i.S.d. § 3 UWG dar. Denn nach § 4 Ziff. 11 UWG handelt unlauter i.S.d. § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Ziff. 11 UWG stellt auch § 19 FahrlG dar (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. § 4 UWG Rz. 11.81; Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. § 4 Rz. 11/292). § 19 FahrlG stellt sich nämlich als eine besondere Form der Preisangabenverordnung dar, die dem Fahrschüler als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB die Marktübersicht erleichtern soll.

Da die Wiederholungsgefahr hier durch den begangenen Verstoß des Beklagten indiziert wird, kann der Beklagte als Störer nach § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, und zwar nach § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG auch vom Kläger als rechtsfähigem Verband zur Förderung der Interessen der ihm angeschlossenen Fahrschulen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kann hier auch nicht von einem bloßen Bagatellverstoß ausgegangen werden, der die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG noch nicht überschreitet. Danach können nämlich nur solche unlauteren Wettbewerbshandlungen verfolgt werden, die den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher nicht nur unerheblich beeinträchtigen. Von einer solchen nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs kann hier nicht ausgegangen werden. Der Beklagte macht in diesem Zusammenhang vergeblich geltend, dass der Fahrschüler durch die von ihm gewählte Art der Preisdarstellung besser informiert werde, als bei einer Darstellung gem. § 19 FahrlG. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber nun einmal die in § 19 FahrlG gewählte Art der Preisdarstellung für richtig befunden hat. Diese Wertung des Gesetzgebers kann der Beklagte nicht für sich außer Kraft setzen. § 19 FahrlG gibt dem Beklagten insoweit keinen Spielraum. Vielmehr sieht die Norm die Aufspaltung der Ausbildungskosten in einen Pauschalbetrag und eine stundenbezogene Angabe zwingend vor.

Es ist dem Beklagten auch nicht darin zu folgen, dass sich der Fahrschüler die Pflichtangaben nach § 19 FahrlG bei der verbotenen Preisausgestaltung unschwer errechnen könne und deshalb lediglich ein Bagatellverstoß vorliege (BGH GRUR 2001, 258 - Immobilienpreisangaben). Um eine solche Bagatelle mag es sich in Fällen handeln, in denen der Verbraucher durch bloße Addition oder Subtraktion zu den an sich vom Gesetz vorgeschriebenen Preisangaben kommen kann. Ein solcher Fall liegt hier entgegen der Ansicht des Beklagten aber nicht vor. Denn die Preisausweisung des Beklagten ist schon ihrer Struktur nach eine andere als die, die § 19 FahrlG fordert. Der von § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 FahrlG geforderte Pauschalbetrag für allgemeine Aufwendungen einschließlich des theoretischen Unterrichts lässt sich hier nicht durch eine bloße Addition des Grundbetrages und des Betrages für die Theoriestunden errechnen. Denn die Theoriestunden werden nur mit einer bestimmten Anzahl ausgewiesen. Von daher bleibt für den Fahrschüler unklar, ob sich der Preis für den theoretischen Unterricht erhöht, wenn er mit der angegebenen Zahl der Theoriestunden nicht auskommt. Damit gibt der Beklagte gerade keinen Pauschalbetrag für allgemeine Aufwendungen einschließlich des theoretischen Unterrichtes an, so dass dem Fahrschüler mit einer bloßen Addition der beiden genannten Positionen noch nicht geholfen ist.

Gleiches gilt für die Entgeltangabe hinsichtlich der Fahrstunden. Nach § 19 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 FahrlG muss der Preis für die Fahrstunde stundenbezogen angegeben werden. Es muss also zwischen den verschiedenen Fahrstunden differenziert werden, wenn z.B. für eine Nachtfahrt ein höheres Entgelt gefordert wird als für eine Stadtfahrt. Diese Angabe ist für den Fahrschüler auch besonders wichtig, weil sich die Kosten für den Führerschein wesentlich aus der Anzahl der erforderlichen Fahrstunden zusammensetzen. Diese erforderliche Anzahl ist bei jedem Fahrschüler anders und lässt sich im Vorhinein kaum sicher prognostizieren. Von daher kann die Fahrschule dem einzelnen Fahrschüler als seriöse Berechnungsgrundlage auch nur den Preis für die einzelnen Fahrstunden nennen.

Auch dieser Preis für die einzelne Fahrstunde läßt sich nicht ohne weiteres errechnen. Bei der Angabe des Beklagten zu den Gesamtkosten der Fahrstunden ist es nicht damit getan, den angegebenen Gesamtpreis durch die Anzahl der angegebenen Fahrstunden zu dividieren, um zu der vorbeschriebenen stundenbezogenen Angabe zu kommen. Denn man kommt durch diesen Rechenvorgang nur zu einem Mittelwert, hier von einem Stundensatz von 38,80 €. Für den Fahrschüler bleibt aber unklar, was eine Normalfahrt und was eine Sonderfahrt kostet. Der Beklagte selbst differenziert in der beanstandeten Preisangabe aber zwischen diesen unterschiedlichen Fahrstunden. Ein konkreter Vergleich der Kosten für die jeweilige Fahrstunde zwischen der Fahrschule des Beklagten und anderen Fahrschulen ist damit dem Fahrschüler nicht möglich. Der allein errechenbare Mittelwert der Kosten einer Fahrstunde ist für ihn ohne Aussagekraft.

Demgegenüber kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass er einen besonderen Unterricht, nämlich einen Crash-Kursus anbietet. Dieses Angebot befreit ihn nicht von der Pflicht, bei seinen Preisangaben § 19 FahrlG einzuhalten. Auch ein Crash-Kurs bleibt ein üblicher Fahrschulunterricht. Er ist lediglich zeitlich komprimiert. Es bleibt dem Beklagten unbenommen, die Vorteile eines solchen Crash-Kurses zu bewerben, nur muss er dabei eben § 19 FahrlG bei der Preisausgestaltung beachten.

Zu Unrecht erweckt der Beklagte mit seiner Paketpreiswerbung den Eindruck, als bekäme man zu diesem Preis den Führerschein, obwohl dies keineswegs sicher ist. Es steht eben nicht im Vorhinein fest, ob die beworbene Anzahl der Fahrstunden im Einzelfall tatsächlich ausreicht. Von daher bleibt für den Fahrschüler es wichtig, auch die Preise des Beklagten mit denen des herkömmlichen Fahrschulunterrichtes vergleichen zu können. Diese Vergleichsgrundlage wird eben durch § 19 FahrlG sichergestellt.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass dem Beklagten die Preisgestaltung als solche verboten worden ist und nicht nur deren Bewerbung. Denn die Preisgestaltung, wie sie § 19 FahrlG regelt, betrifft nicht nur das werbemäßige Auftreten, sondern regelt die Entgeltvereinbarung selbst, wie sie die einzelne Fahrschule mit ihren Fahrschülern zu treffen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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