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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.03.2009
Aktenzeichen: 4 U 156/08
Rechtsgebiete: UWG, BauKAG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 5
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 8
BauKAG § 2
BauKAG § 4
BauKAG § 4 Ziff. 11
BauKAG § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 26. Juni 2008 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Dem Beklagten wurde unter dem 25.07.1980 von der Fachhochschule für Technik in T das Diplom als Diplom-Ingenieur (Fachhochschule) in der Fachrichtung Architektur verliehen, nachdem er eine entsprechende Diplomprüfung abgelegt hatte (vgl. Fotokopien der entsprechenden Urkunden Bl. 23 ff d.A.). Nach seinem Studium ließ sich der Beklagte in die Architektenliste des Landes Baden-Württemberg eintragen. Die Eintragung endete, als der Beklagte Ende 1999 nach Gran Canaria zog.

Am 24. März 2003 ließ sich der Beklagte in Gran Canaria in die Architektenliste eintragen (vgl. Fotokopien der Eintragungsbelege Bl. 29 ff d.A.). Nach einem längeren Aufenthalt in Neuseeland entschloss sich der Beklagte Ende 2006 nach Deutschland zu ziehen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Münster erklärte der Beklagte, er wohne seit August 2007 in U. Dabei handele es sich um seinen Zweitwohnsitz. Sein Erstwohnsitz befinde sich in Spanien. Seit er in U wohne, sei er nicht mehr in Spanien gewesen.

Der Beklagte versandte am 24. Juni 2007 eine E-Mail an einen potentiellen Bauherrn. Er verwendete dabei die Bezeichnung "freier Architekt", nachdem er eine freie Architektentätigkeit in Deutschland gerade begonnen hatte (vgl. einerseits die Fotokopien der E-Mail Bl. 33 ff, 37 ff, von der Klägerin eingereicht, sowie die Fotokopien Bl. 42 ff, vom Beklagten eingereicht).

Die Klägerin hat die Bezeichnung des Beklagten als freier Architekt als wettbewerbswidrig gerügt und den Beklagten abgemahnt, da der Beklagte unstreitig nicht in die amtliche Architektenliste eines deutschen Bundeslandes eingetragen ist. Die Klägerin hat bestritten, dass der Beklagte seinen Erstwohnsitz in Spanien habe und behauptet, der korrekte Inhalt der E-Mail des Beklagten vom 24. Juni 2007 ergebe sich aus der von ihr vorgelegten Ablichtung.

Die Klägerin hat beantragt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd mit der Bezeichnung "freier Architekt" und/oder "Architekt" zu werben, sofern nicht seine Eintragung in die Architektenliste der zuständigen Architektenkammer vorliegt;

2. Für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziff. 1. wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht;

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 189,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (18.03.2008) zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, der korrekte Inhalt seiner E-Mail vom 24. Juni 2007 ergebe sich aus der von ihm eingereichten Kopie. Seine Eintragung in die spanische Architektenliste berechtige ihn, auch in Deutschland die entsprechenden Bezeichnungen zu führen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 26. Juni 2008 gegen den Beklagten wie folgt für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd mit der Bezeichnung "freier Architekt" und/oder "Architekt" zu werben, sofern nicht seine Eintragung in die Architektenliste der zuständigen Architektenkammer vorliegt.

Für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gem. Ziff. 1 wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 189,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 18.03.2008 zu zahlen.

Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 53 ff der Akten verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.

Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages rügt der Beklagte eine unzutreffende Sachverhaltserfassung seitens des Landgerichts. So habe er sich keineswegs nur als freier Architekt bezeichnet, sondern daneben auch als ARQUITECTO samt Eintragungsnummer der spanischen Architektenliste, wie die dem Gericht vorgelegte E-Mail zeige. Dass er seine Tätigkeit im Juni 2006 begonnen habe, sei zwar im Urteil des Landgerichts erwähnt, aber rechtlich nicht gewürdigt worden. Er sei auch nicht nach U, sondern nach N gezogen. Ob er sich endgültig in Deutschland habe niederlassen wollen, habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der angeblichen Verletzungshandlung noch nicht festgestanden. Deshalb sei auf ihn die Wanderrichtlinie und die Richtlinie 2005/36/EG anzuwenden. Es handele sich nämlich nicht um einen rein nationalen Sachverhalt. Der Sachverhalt weise vielmehr einen europäischen Bezug auf. Auch das habe das Landgericht nicht berücksichtigt. Das Landgericht habe vielmehr verkannt, dass er sich auf Art. 49 ff EG-Vertrag habe stützen können, mit denen eine Inländerbenachteiligung vermieden werden solle. Er könne sich auf das Gemeinschaftsrecht berufen, weil er zwar in Deutschland studiert und gearbeitet habe, er aber dann in eine spanische Architektenliste eingetragen worden sei und er von Spanien nach Deutschland gekommen sei.

Der Kläger beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Münster abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Klägerin der Ansicht, dass der vorliegende Sachverhalt keinen Auslandsbezug aufweise. Als der Beklagte die beanstandete E-Mail versandt habe, habe er seine Architektentätigkeit im Geltungsbereich des Baukammerngesetzes NW begonnen, so dass § 2 dieses Gesetzes für ihn einschlägig gewesen sei. Dafür sei unerheblich, aber auch bestritten, dass noch nicht festgestanden habe, ob der Beklagte sich endgültig in Deutschland habe niederlassen wollen.

Wolle man den Beklagten als auswärtigen Architekten ansehen, wäre er gleichwohl nicht berechtigt gewesen, die Bezeichnung freier Architekt zu führen. Es fehle die erforderliche Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen durch den Eintragungsausschuss.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat dem Beklagten zu Recht die in Rede stehenden Bezeichnungen "freier Architekt" und/oder "Architekt" zu führen verboten, sowie ihm die Erstattung der Abmahnungskosten aufgegeben.

Es geht im vorliegenden Fall nur um ein Werbeverbot, dass sich der Beklagte nicht als Architekt oder freier Architekt bezeichnen darf. Ob der Beklagte in Deutschland Architektenleistungen als solche erbringen darf und ob er dabei seine spanische Berufsbezeichnung benutzen darf, ist vorliegend nicht im Streit.

Eine Verletzungshandlung ist auch nach der eigenen Einlassung des Beklagten gegeben. Auch wenn man die vom Beklagten vorgelegte E-Mail (Bl. 42 ff d.A.) nimmt, hat er sich dort, wie von der Klägerin vorgeworfen, als "freier Architekt" bezeichnet. Die Unterzeichnung erscheint nicht, wie der Beklagte einwenden will, als bloße Übersetzung der entsprechenden spanischen Bezeichnung. Es liegt vorliegend nicht der Fall vor wie etwa bei Ärzten, die ihrem "Doktor" einen Zusatz hinzufügen, der anzeigt, welche Universität des Auslandes ihnen den Doktorgrad verliehen hat. Vielmehr bedient sich der Beklagte hier der deutschen Bezeichnung "Architekt" als eigenständiger Bezeichnung und nicht nur als Übersetzung der entsprechenden spanischen Bezeichnung.

Möglicherweise ist diese Verwendung der Bezeichnung dem Beklagten schon unter Irreführungsgesichtspunkten nach §§ 8, 3, 5 UWG zu verbieten. Denn der Beklagte ist unstreitig eben nicht in die Architektenliste eingetragen. Zumindest beim fachkundigen Publikum erweckt der Beklagte aber diesen Eindruck durch die Verwendung der fraglichen Berufsbezeichnung (vgl. Fezer/Peifer UWG § 5 Rz. 362). Mit einem solchen auf bloße Irreführung gestützten Verbot würde man dem Verbotsbegehren der Klägerin aber nicht ausreichend Rechnung tragen. Denn ein solches Verbot würde nur die konkrete Verwendungsart erfassen. Der Beklagte könnte dann unter Umständen durch bloße erläuternde Zusätze aus dem Verbot herauskommen. Die Klägerin erstrebt aber vorliegend ein Schlechthinverbot, dass sich nämlich der Beklagte generell nicht als Architekt bezeichnen darf, in welchem Zusammenhang auch immer, solange er nicht in die hiesige Architektenliste eingetragen ist.

Ein solches Schlechthinverbot ist hier nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2 BauKAG begründet.

§ 2 BauKAG stellt als Verbraucherschutznorm eine Marktregel i.S.d. § 4 Ziff. 11 UWG dar (Senatsurteil vom 13. Mai 2004 - Az. 4 U 140/03; Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG § 4 Rz. 11.49; § 5 Rz. 5.151).

§ 2 BauKAG bestimmt aber ganz strikt, dass die Berufsbezeichnung Architekt nur führen darf, wer in die Architektenliste eingetragen ist. Das ist der Beklagte unstreitig nicht.

Ausnahmsweise darf sich auch Architekt nennen, wer die Voraussetzungen des § 7 BauKAG erfüllt. Diese Norm stellt eine Ausnahme für auswärtige Architekten dar. Die Vorschrift will der EU-Dienstleistungsfreiheit Rechnung tragen. Jemand, der sich in seinem Heimatland als Architekt bezeichnen darf, darf es auch in Deutschland tun, wenn er vorübergehend hier tätig ist. Der Anwendungsbereich des § 7 BauKAG deckt sich mit dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36. Art. 2 dieser Richtlinie legt als Anwendungsbereich den Umstand fest, dass jemand einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat ausüben will als in dem, in dem er seine Berufsqualifikation erworben hat.

Die Richtlinie war also im Falle des Beklagten einschlägig, als er in Spanien als "Arquitecto" zugelassen werden wollte. Nunmehr fehlt der Auseinanderfall von Qualifikationserwerb und Tätigkeitsaufnahme, so dass wie die Berufungserwiderung zu Recht bemerkt der Auslandsbezug gerade nicht mehr da ist. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Prüfungskompetenz über die Eintragung in die Architektenliste nach § 4 BauKAG nicht dadurch verloren, dass Spanien aufgrund der EU-Bestimmungen schon bereits einmal prüfen musste, ob die deutschen Berufsqualifikationen für die Eintragung des Beklagten in die spanische Architektenliste ausreichten. Es gibt aber keinen EU-weit gültigen Erwerb einer bestimmten Berufsbezeichnung, wie etwa bei einer Gemeinschaftsmarke.

Es liegt auch keine Inländer-Diskriminierung vor. Der Beklagte wird wie alle anderen Inländer auch behandelt. Es steht ihm nach wie vor offen, sich um die Eintragung in die Architektenliste des zuständigen deutschen Bundeslandes zu bemühen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er gegenüber den übrigen Inländern bevorzugt werden soll, nur weil er sich in Spanien als "Arquitecto" bezeichnen darf. Entweder erfüllt er die Voraussetzungen für die Eintragung in eine deutsche Architektenliste. Dann sind alle Fragen der Ungleichbehandlung ohnehin obsolet. Erfüllt er solche Voraussetzungen nicht, gibt es keinen Grund, dass er sich als Architekt auch ohne Eintragung bezeichnen darf, nur weil Spanien seine deutsche Ausbildung für ausreichend erachtet hat, um ihn dort in die Architektenliste einzutragen. Die Beurteilung, ob die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind, obliegt für den deutschen Raum allein den hiesigen zuständigen Stellen.

Auch im Verhältnis zu Spanien liegt keine Diskriminierung des Beklagten vor. Entscheidend sind die Berufsqualifikationen für die Eintragung. Die Bewertung dieser erworbenen Qualifikationen soll das Land vornehmen können, in dem sie erworben worden sind. Ein Spanier, der eine Berufsqualifikation in Spanien erworben hat, die dort für ausreichend erachtet wird, soll in Deutschland nicht abgewiesen werden dürfen. Der Beklagte hat aber keine spanische Berufsqualifikation, sondern eine deutsche. Angesichts dieser unterschiedlichen Sachverhalte fehlt es an der für eine Diskriminierung erforderlichen ungerechtfertigten Ungleichbehandlung. Es liegt schon kein vergleichbarer Sachverhalt vor, an den die Ungleichbehandlung anknüpft.

Die Argumentation des Beklagten läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass jeder Bürger der EU, der in einem Mitgliedsstaat eine reglementierte Berufsbezeichnung zugestanden bekommen hat, diese EU-weit führen darf, unabhängig vom Wohnsitz und der Ausbildungsstelle, wo er die Voraussetzungen für die Erlangung der Berufsbezeichnung erworben hat. Eine solche EU-weite Gültigkeit für reglementierte Berufsbezeichnungen gibt es nicht. Die Frage der zulässigen Führung reglementierter Berufsbezeichnungen regeln die Mitgliedsstaaten nach wie vor in eigener Kompetenz. Für die Bezeichnung "Architekt" ist dies für Nordrhein-Westfalen im Baukammerngesetz geschehen. Dessen Voraussetzungen erfüllt der Beklagte eben nicht.

Es besteht auch keine Veranlassung, über eine richtlinienkonforme Auslegung die Rechtsstellung des Beklagten zu verbessern. Wie schon das Landgericht zu Recht festgestellt hat, liegt der vorliegende Fall eben nicht im Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36. Art. 1 dieser Richtlinie legt als Gegenstand fest, wann der Aufnahmemitgliedsstaat anderweitig erworbene Berufsqualifikationen anerkennen muss. Art. 2 legt als Anwendungsbereich der Richtlinie den Umstand fest, dass jemand einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat ausüben will als in dem, in dem er seine Berufsqualifikation erworben hat. Wie bereits anfangs dargelegt, geht es im vorliegenden Fall um solche Fragen der Ausübung einer bestimmten reglementierten Berufstätigkeit nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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