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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 4 U 169/07
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 195 n.F.
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 6
BGB § 204 Abs. 2
BGB § 209
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
ZPO § 167
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. August 2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Ansprüche aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Zeugen E, geltend.

Die Klägerin war bei einer Sparkasse beschäftigt. Im Jahr 1993 vermittelte der Beklagte, der zu diesem Zeitpunkt für das Unternehmen B beschäftigt war, der Klägerin und ihrem Ehemann eine Kapitalbeteiligung an dem sog. Dreiländerfonds DLF 93/14. Die Geldanlage erfolgte in erster Linie zu Steuersparzwecken.

Ende des Jahres 1996 hatten die Klägerin und ihr Ehemann erneut Interesse an einer Geldanlage. Es kam zu mehreren Gesprächen mit dem Beklagten, bei denen es auch um eine erneute Beteiligung an einem Dreiländerfonds ging. Dabei wurde der Klägerin und ihrem Ehemann der Emissionsprospekt der G KG für den DLF 97/22 übergeben (Anlage ZA 3). In diesem Prospekt wurde die Art der Beteiligung beschrieben. Danach sollte der Abschluss eines Treuhandvertrages mit der B mbH erfolgen, die ihrerseits treuhänderisch für die Anleger Kommanditanteile an der "Dreiländer Beteiligung Objekt - X DLF 97/22 - G - KG" erwerben sollte. Der Prospekt enthielt eine Risikobeschreibung. Das Vermögen der Beteiligungs KG sollte in Immobilien in den USA und Deutschland sowie in Wertpapierfonds in der Schweiz angelegt werden. Die Anlageobjekte sind im Prospekt näher beschrieben. Eine der in Deutschland befindlichen Immobilien war langfristig an die später in Insolvenz gefallene T AG vermietet. Der Beklagte fertigte eine Beispielberechnung für eine Einlage über 150.000,- DM und überreichte sie den Eheleuten. Diese entschieden sich, am 27.02.1997 Anteile an der KG zum Nennbetrag von 75.000,- DM zu zeichnen (Bl. 19). Die Einlage wurde über 2 Darlehen der T AG finanziert, welche die Klägerin und ihr Ehemann gemeinsam aufnahmen. Die Zinsen auf die Darlehen sollten aus den Ausschüttungen der Fonds gezahlt werden, die mit 7% pro Jahr bei vierteljährlicher Auszahlung kalkuliert wurden. Zugleich sollten die Rückzahlungen der Tilgung der Darlehen dienen, so dass am Ende der Kreditlaufzeit ein teilweise bereits zurückgeführter Darlehensbetrag der im Wert gestiegenen Beteiligung an dem Fonds gegenüberstehen sollte. Auch dieses Finanzierungsmodell war Gegenstand des Gesprächs zwischen den Beteiligten. Der Beklagte vermittelte zudem die Kredite der T AG, mit der die Kläger und ihr Ehemann zuvor keinen Kontakt hatten.

Zum vierten Quartal 1999 wurde erstmals die über drei Jahre gezahlte Ausschüttung von 7% jährlich, d.h. 1.312,50 DM pro Quartal, auf 750,- DM gekürzt (Bl. 23). Ab dem Jahr 2000 wurden nur noch 4% der Anlagesumme jährlich ausgeschüttet. Ein Grund für diese Entwicklung lag in der Insolvenz der T AG. Die Klägerin und ihr Ehemann wandten sich darauf mit Schreiben vom 15.05.2000 an die Initiatorengesellschaft des Fonds, die L GmbH in T1, und äußerten Bedenken wegen der Ertragsschwankungen des Fonds (Anlage ZA 1). Erwähnt wird in dem Schreiben auch das Insolvenzverfahren der T AG. Die L GmbH antwortete mit Schreiben vom 22.05.2000 (Anlage ZA 2) und wies auf Kurs- und Mieteinnahmeschwankungen hin, sowie auf die diesbezügliche Darstellung im Emissionsprospekt.

Die Kläger nahmen zunächst den B wegen fehlerhafter Beratung in Anspruch. In dem diesbezüglichen Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Hannover (Bl. 77 d.A.) verkündeten sie dem Beklagten mit Schriftsatz vom 30.12.2004, bei Gericht am selben Tage eingegangen, den Streit. Das Verfahren wurde durch einen Widerrufsvergleich beendet. Die Widerrufsfrist lief am 02.06.2005 ab, ohne dass ein Widerruf erfolgt wäre.

Der Ehemann der Klägerin trat dieser am 30.09.2006 sämtliche ihm gegen den Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung ab. Die Klägerin errechnet den ihr und ihrem Mann entstandenen Schaden, indem sie ihre bisherigen Aufwendungen für die Rückführung der Darlehen addiert und diese um die erhaltenen Ausschüttungen und Steuervorteile wegen der Beteiligung kürzt, wie auf Bl. 7 - 12 angegeben.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klägerin hat behauptet, erklärtes Ziel der Kapitalanlage im Jahr 1997 sei es gewesen, die Altersvorsorge der Eheleute E zu verbessern. Dem Beklagten sei mitgeteilt worden, dass sie und ihr Mann nach einer risikoarmen, seriösen und zeitlich überschaubaren Anlage suchten, die sie in finanzieller Sicht so wenig wie möglich einschränken würde. Sie und ihr Mann seien über die Risiken der Anlage vom Beklagten nicht aufgeklärt worden, insbesondere nicht darüber, dass die Ausschüttungen bei mangelnden Mieteinnahmen zurückgehen könnten. Vielmehr sei ihnen eine sichere Rendite von 7% versprochen worden. Es sei zudem durch den Beklagten kein Hinweis auf das Risiko des Totalverlustes und darauf erfolgt, dass die Beteiligung nur über einen Zweitmarkt schwer veräußerbar sei. Den Emissionsprospekt hätten sie erst bei Zeichnung des Fonds übergeben bekommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie nicht genügend Zeit gehabt, den Prospekt ausreichend zu studieren. Bei der Übergabe der Beispielsrechnungen habe der Beklagte erklärt, dass es sich um realistische Zahlen handele. Hätten ihr Mann und sie von den Risiken gewusst, so hätten sie sich an dem Fonds nicht beteiligt und die Darlehen zur Finanzierung nicht aufgenommen. Seit dem Jahr 2004 sei es zu keinerlei Ausschüttungen mehr gekommen.

Über mögliche Ansprüche gegen den Beklagten seien sie erstmals durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten am 23.12.2004 aufgeklärt worden. Zuvor sei ihnen zwar bekannt geworden, dass die Renditen nicht, wie erwartet, in Höhe von 7% ausgezahlt wurden, sie hätten dies indes auf eine vorübergehende Verschlechterung zurückgeführt. Das Risiko des Totalverlustes und der Umstand der schweren Veräußerlichkeit der Anteile sei ihnen indes nicht bewusst gewesen.

Die Klägerin hat gemeint, dass zwischen ihr und ihrem Mann einerseits und dem Beklagten andererseits ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei. Eine Pflichtverletzung durch den Beklagten bestehe bereits darin, dass er eine Unternehmensbeteiligung empfohlen habe, die für Zwecke der Altersvorsorge ungeeignet sei. Zudem habe sich der Beklagte nicht ausreichend über die Anlage informiert. Die Klägerin hat dazu behauptet, dass die Insolvenz der T AG bereits abzusehen gewesen sei. Hätten sie und ihr Ehemann gewusst, dass der Erfolg des Fonds wesentlich von der T AG abhänge, so hätten sie die Anteile nicht gezeichnet.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 20.275,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Mai 2006 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Dreiländer Beteiligung Objekt X DLF 97/22-G KG mit der Beteiligungsnummer #####61;

2. den Beklagten zu verurteilen, sie und Herrn E von den Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen bei der T AG mit den Darlehensnummern #####01 und ######02 hinsichtlich des noch zu zahlenden Gesamtbetrages in Höhe von 20.563,36 Euro freizustellen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie nicht anrechenbaren Kosten für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.260,75 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, das Hauptziel der gewünschten Anlage sei die Steuerersparnis gewesen. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten konkretes Interesse an einer erneuten Dreiländerfonds-Beteiligung geäußert. Diesbezüglich habe der Beklagte unter Bezugnahme auf die Vermittlung im Jahr 1993 erneut erläutert, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung mit entsprechenden Verlustrisiken und Gewinnchancen gehandelt habe, dass der Fonds in Immobilien und Wertpapiere investieren würde und Ausschüttungen nicht garantiert werden könnten. Die in Aussicht genommene 7%ige Ausschüttung habe auf einer Prognose beruht. Der Beklagte habe weiter erklärt, dass die Kapitalanlage frühestens nach 15 Jahren mittels eines Sonderkündigungsrechts beendet werden könne, womit sich die Eheleute E ausdrücklich einverstanden erklärt hätten. Eine Darlehensfinanzierung sei wegen der Möglichkeit, Darlehenszinsen steuerlich geltend zu machen, von den Eheleuten ausdrücklich gewünscht worden. Die Eheleute seien auch darüber informiert gewesen, dass sie die Darlehenszinsen unabhängig von ungewissen Renditen in jedem Fall hätten tragen müssen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil etwaige Ansprüche aus einer fehlerhaften Beratung jedenfalls verjährt seien. Die erst im Jahr 2007 anhängig gemachte Klage sei nur nicht verjährt, wenn es an der nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen Kenntnis oder einer grob fahrlässigen Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung fehlte. Das sei aber nicht der Fall. Die unterlassenen bzw. gekürzten Ausschüttungen in den Jahren 1999 und 2000 hätten bereits Kenntnis davon verschafft, dass die Angaben zu einer garantierten oder sicheren Rendite unrichtig waren. Die Insolvenz der T AG sei den Eheleuten auch bereits 2000 bekannt gewesen, wie deren Schreiben an die L GmbH zeige (Anlage ZA 1). Im Hinblick auf die weiter geltend gemachten Aufklärungsfehler bezüglich der schlechten Veräußerungsmöglichkeiten und des Risikos eines Totalverlustes liege grob fahrlässige Unkenntnis von dem behaupteten Beratungsfehler vor. Aus den Ereignissen der Jahre 1999 und 2000 sowie bei sorgfältiger Lektüre des Prospektes seien diese Risiken erkennbar gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wendet sich gegen die Ansicht des Landgerichts, wonach der Anspruch der Klägerin verjährt sei und eine Prüfung etwaiger Aufklärungspflichten dahingestellt bleiben könne. Das Landgericht habe weder die positive Kenntnis noch die fahrlässige Unkenntnis der Klägerin über die den Klageanspruch tragenden Umstände ausreichend festgestellt. Grob fahrlässige Unkenntnis dieser Umstände könne nur vorliegen, wenn sich die Klägerin die nötige Kenntnis durch eine einfache Anfrage oder ein Telefongespräch hätte verschaffen können. Eine Wissenslücke, die dagegen nur durch intensivere Informationsbeschaffung geschlossen werden könne, stehe dem nicht gleich. Positive Kenntnis von den klagebegründenden Umständen könne frühestens nach Aufsuchen eines Rechtsanwalts angenommen werden.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das Urteil des Landgerichts Bochum vom 29. August 2007 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin € 20.275,45 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10. Mai 2006 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Dreiländerbeteiligung Objekt-X DLF 97/22 - G - KG mit der Beteiligungsnummer #####61;

2. die Klägerin und Herrn E von den Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen bei der T AG mit den Darlehensnummern #####01 und #####02 hinsichtlich des noch zu zahlenden Gesamtbetrages in Höhe von € 20.563,36 freizustellen,

3. der Klägerin die nicht anrechenbaren Kosten für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von € 1.260,75 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Beratungspflichten ist verjährt.

Ein Schadensersatzanspruch kann sich nur aus positiver Forderungsverletzung im Zusammenhang mit einem Anlageberatungs- oder einem Anlagevermittlungsvertrag ergeben. Weitergehende Ansprüche aus einer vom Beklagten übernommen Garantie für die Werthaltigkeit oder eine bestimmte zu erwartende Rendite sind nicht ersichtlich.

I. Der im Jahr 1997 entstandene Anspruch unterlag nach früherem Recht einer 30jährigen Verjährungsfrist. Diese lange Frist wurde für Altansprüche durch die Schuldrechtsreform 2001 modifiziert. Nach der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der durch die Schuldrechtsnovelle modernisierten Fassung auf den zum 1.1.2002 vorliegend noch unverjährten Anspruch mit der Maßgabe Anwendung, dass ab diesem Zeitpunkt gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB die kürzere dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. anzuwenden ist. Zutreffend hat das Landgericht befunden, dass die danach zu berechnende dreijährige Verjährungsfrist am 31.12.2004 abgelaufen wäre, dieser Ablauf mit der am 30.12.2004 beim LG Hannover eingegangenen und anschließend dem Beklagten zugestellten Streitverkündungsschrift gem. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB, § 167 ZPO allerdings zunächst gehemmt wurde. Gem. § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens. Im vorliegenden Fall endete das Verfahren mit Ablauf der Vergleichswiderrufsfrist am 2.6.2005. Die in § 204 Abs. 2 BGB vorgesehene 6-Monats-Frist wäre somit am 2.12.2005 abgelaufen. Nach § 209 BGB bewirkt die Hemmung allerdings nur, dass die Verjährungsfrist während ihrer Dauer ruht, nach Ende der Hemmung also weiterläuft. Danach ist vorliegend die am 30.12.2004 ursprünglich noch unverjährte Dauer von noch einem Tag dem 2.12.2005 anzuhängen, so dass die Verjährung bei objektiver Berechnung mit Ablauf des 3.12.2005 eingetreten wäre.

II. Doch gilt dieser objektive Ablauf der Verjährungsfrist nur, wenn bis zum 1.1.2002 auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns des § 199 BGB n.F. vorgelegen haben (Senat, Urt. v. 07.11.2006 - 4 U 89/06 und mittlerweile auch BGH Urt. v. 23.1.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 = NJW 2007, 1584 = ZIP 2007, 624 m. An. Krepold). Der Fristbeginn hängt damit auch bei sog. Altansprüchen von der subjektiven Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners ab. Diese Kenntnis von den einen Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen liegt hier vor, weil die Klägerin die Umstände kannte, die einen solchen Anspruch begründen. Dagegen war nicht erforderlich, dass sie diese Umstände auch zum Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnis bereits rechtlich zutreffend bewertete. Es reichte aus, dass sie eine Schadensersatzklage mit hinreichender Aussicht auf Erfolg erheben konnte (Palandt, § 199 Rz 27). Das war hier bereits am 1.1.2002 der Fall.

1. Die Person des Schuldners war der Klägerin bereits lange vor 2004 bekannt.

2. Der Klägerin war bereits im Jahr 2000 bekannt, dass sie im Kern falsch beraten worden ist, sofern man zu ihren Gunsten als richtig unterstellt, dass sie eine risikoarme und für die Zwecke der Altersvorsorge geeignet Anlage gesucht hat, die eine sichere Ausschüttungsquote von 7% erbringt.

Über die verminderte Ausschüttungsquote hatte die Klägerin bereits im vierten Quartal 1999 Kenntnis, als erstmals die Ausschüttungsquote auf 4% gesunken war.

Ausweislich des von ihr verfassten Schreibens vom 15.5.2000 hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis davon, dass die Ausschüttungen maßgeblich von der Vermietbarkeit und der Solvenz der gefundenen Mieter abhing. Auch die Insolvenz des Ankermieters T AG war ihr zu diesem Zeitpunkt bekannt, wie aus dem betreffenden Schreiben folgt. Damit hatte sie hinreichende Kenntnis derjenigen Umstände, die bei unterlassener Beratung diejenigen Tatsachen liefern, deren Mitteilung die Klägerin sich im Rahmen der Anlageberatung erhoffte. Daraus konnte und hat die Klägerin auch gefolgert, dass die angekündigte Rendite nicht konstant und zuverlässig zu erreichen war, ferner dass das Risiko verminderter Mieteinnahmen und damit verminderter Ausschüttungen und entsprechend geminderter Möglichkeiten zur Refinanzierung der Darlehensverpflichtungen bestand.

Damit hatte die Klägerin auch Kenntnis gerade davon, dass die vom Beklagten in Aussicht gestellte Möglichkeit, die aufgenommenen Darlehen über die Fonds-Ausschüttungen zu refinanzieren, gescheitert war. Mithin hatte die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt alle Veranlassung und auch alle Möglichkeiten, den Beklagten seinerseits wegen seiner Falschberatung für das misslungene Anlagemodell in Regress zu nehmen.

3. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch bereits Kenntnis davon hatte oder haben musste, dass die Verschaffung einer nicht ohne weiteres kündbaren Kommanditbeteiligung nicht ihrem Wunsch nach einer zeitlich überschaubaren Anlage entsprach, die allenfalls auf Sekundärmärkten weiterverkäuflich ist und die zudem das Risiko des Totalverlustes mit sich bringt, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Die Klägerin hatte jedenfalls im Jahr 2000 Kenntnis davon, dass die Beratung in ihrem wesentlichen Kern fehlerhaft war. Der Umstand, dass eine fehlerhafte Beratung auf weitere Pflichtverletzungen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt werden, gestützt werden kann, kann nicht dazu führen, dass die Verjährungsfrist hierdurch erneut zu laufen beginnt. Wäre dies der Fall, so könnte die Entdeckung zusätzlicher Pflichtverletzungen dazu führen, dass ein einheitlicher Lebenssachverhalt verjährungsrechtlich sukzessive in neue Streitgegenstände aufgespalten würde, deren Existenz insgesamt zu faktisch weitgehenden unverjährbaren Ansprüchen führen könnte. Verschiedene Pflichtverletzungen begründen nur dann verjährungsrechtlich einen unterschiedlichen Streitgegenstand, wenn ein Schaden im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützt wird (BGH NJW 2000, 2678, 2679; NJW 1999, 2118, 2119; NJW 1993, 3323, 3326). Ein solch zusätzlicher Lebenssachverhalt lag hier nicht vor. Es handelte sich um ein einheitliches Beratungsgespräch, in dem über ein einheitliches Finanzierungskonzept gesprochen wurde. Bereits durch den Umstand, dass die möglicherweise als sicher dargestellte Ausschüttungsquote von 7% sich im Jahr 1999 als unrichtig herausstellte, war der Kern dieser Beratungsleistung betroffen. Die zusätzlich Kenntnis von dem Verlust eines Ankermieters als Ursache für die Erschütterung des Finanzierungskonzepts hätte der Klägerin bereits im Jahr 2000 die Möglichkeit gegeben, den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

B. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 709, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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