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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 4 U 183/04
Rechtsgebiete: WpHG, HGB, BGB


Vorschriften:

WpHG § 37 a
HGB § 84
HGB § 92
BGB §§ 195 ff
BGB § 254
BGB § 278
BGB § 826
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 13. Oktober 2004 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 46.014,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31. Mai 2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der im Depot E-Investment-Konto Nr. #1 bei der E mbH in I noch vorhandenen Aktienfondsanteile.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 55.000,- EUR abzuwenden, falls nicht der Kläger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand: Die Beklagte zu 2) ist eine Gesellschaft für Vermögensanlagen. Sie vermittelt und vertreibt als rechtlich verselbständigte Vertriebsorganisation des B Versicherungskonzerns Vermögensanlagen aller Art, u.a. auch solche des E mbH. Der Beklagte zu 1) war seit 1999 für die Beklagte zu 2) tätig. Im März 2000 kam es zu insgesamt drei Treffen zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1), bei denen es um eine mögliche Geldanlage des Klägers ging. Im Ergebnis zeichnete der Kläger am 20. März 2000 Anteile an drei Aktienfonds in Höhe eines Gesamtbetrages von 100.000,00 DM (vgl. Fotokopie des Kontoeröffnungsantrages Bl. 79 d.A. sowie des Kaufauftrages Bl. 80 d.A.). Dem war eine Vermögensanalyse über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vorausgegangen, die vom Beklagten zu 1) zusammen mit dem Kläger erstellt und vom Kläger am 4. März 2000 unterschrieben worden ist (vgl. Fotokopie der Vermögensanalyse Bl. 111 ff d.A.). Aufbauend auf dieser Vermögensanalyse erstellte die Beklagte zu 2), datiert auf den 18. März 2000, eine Vermögensplanung für den Kläger. In dieser Vermögensplanung wurden auch auf jeweils einer Seite die drei Aktienfonds vorgestellt, die der Kläger zeichnete (vgl. Fotokopie der Vermögensplanung Bl. 121 ff d.A. mit der Vorstellung der drei Aktienfonds Bl. 135 ff d.A.). Am 31.12.2000 erhielt der Kläger einen Kontoauszug des E, aus dem hervorging, daß der Gegenwert der Fonds mittlerweile nur noch 58.097,66 DM betrug. Im Sommer 2001 wandte sich der Kläger an den Beklagten zu 1), weil er 10.000,00 DM für die Ausrichtung seiner Hochzeit benötigte. Er erteilte dem Beklagten zu 1) einen Verkaufsauftrag. Der Beklagte zu 1) verkaufte daraufhin Anteile der Fonds im Gegenwert von 10.000,00 DM. Anschließend erhielt der Kläger entsprechende Kontoauszüge des E. Dies veranlaßte den Kläger, sich an einen Versicherungsagenten zu wenden, der ermittelte, daß der Gegenwert der Aktienfonds mittlerweile um 55,38 % gefallen war. Aufgrund dieses Wertverlustes verlangt der Kläger von den Beklagten Schadensersatz wegen schuldhafter Schlechtberatung. Der Beklagte zu 1) habe im Auftrag der Beklagten zu 2) als sein Vermögensberater gehandelt. Dies gehe auch aus den überreichten Unterlagen, insbesondere auch der Visitenkarte des Beklagten zu 1) hervor. Er habe den Beklagten zu 1) stets darauf hingewiesen, daß er in ein oder zwei Jahren heiraten und ein Haus bauen wolle. Der Beklagte zu 1) habe auf Nachfragen stets eine Rendite von mindestens 6 % garantiert. Er habe erklärt, daß die Anlage auch im Vergleich zum Sparbuch kein Risiko darstelle, da es sich um einen Aktienfond handele. Er habe empfohlen, das Geld für mindestens 12 Monate anzulegen. Der Beklagte zu 1) habe erklärt, daß zwei der drei Fonds ganz sicher seien und nur bei einem Fond Schwankungen auftreten könnten, die aber aufgefangen würden. Die Vermögensplanung sei ihm erst im Nachhinein übersandt worden, nachdem er bereits die Fondsanteile gezeichnet habe. Schließlich habe der Beklagte zu 1) auch erklärt, daß der Kläger die kurzfristig benötigten 10.000,00 DM jederzeit aus dem Fonds nehmen könne, ohne daß damit ein Verlust verbunden sei. Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 51.129,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.03.2000, Zug - um - Zug gegen Rückübertragung der in dem Depot E-Investmentkonto Nr. #1 bei der E mbH in I noch vorhandenen Aktienfondsanteile und Zahlung von 5.115,19 EUR Veräußerungserlös aus den Teilverkäufen von Aktienfondsanteilen am 22.06.2001 zu zahlen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte zu 1) behauptet, nicht Vermögensberater sondern lediglich Vermittler gewesen zu sein. Bei dem ersten Treffen habe er, der Beklagte zu 1), eine "Vermögensanalyse" vorgenommen, die er an den zuständigen Mitarbeiter der Beklagten zu 2), Herrn C, weitergegeben habe. Es sei von ihm dargestellt worden, daß die Auswertung der Analyse nicht seine Sache sei. Das zweite und dritte Treffen habe nur mit dem Kläger allein in der Wohnung seiner damaligen Freundin stattgefunden. Es sei was zwischen den Parteien unstreitig ist über den Erwerb eines Eigenheims gesprochen worden. Der Kläger habe aber gesagt, daß er nicht wisse, wann er bauen wolle. Es sei über eine langfristige Anlage gesprochen worden. Bei der Vorstellung der Aktienfonds habe er, der Beklagte zu 1), darauf hingewiesen, daß Schwankungen auftreten könnten. Anhand der vorgelegten Expertisen seien die Aktienfonds dem Kläger im einzelnen erläutert worden. Der Kläger habe eine hohe Rendite gewünscht und dabei Verlustrisiken in Kauf genommen. Als der Kläger Mitte 2001 Geld benötigte, habe er, der Beklagte zu 1), darauf hingewiesen, daß sich die Fonds "im Minus" befänden. Er habe von einem Verkauf abgeraten und auf einen bestehenden Bausparvertrag hingewiesen. Der Kläger habe aber auf dem Verkauf der Anteile bestanden. Der Beklagte zu 1) erhebt unter Hinweis auf § 37 a WpHG die Einrede der Verjährung. Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, sie sei nicht passivlegitimiert, da sie lediglich als Vertreterin i.S.d. §§ 84, 92 HGB für den E tätig geworden sei. Insoweit bestünden keine vertragliche Beziehungen zum Kläger. Ferner meint die Beklagte zu 2), es läge auch kein Ausnahmefall vor, nach dem eine eigene Haftung des Vertreters bestünde. Ein selbständiger Beratungsvertrag sei mangels Rechtsbindungswillens nicht zustande gekommen. Letztlich scheitere aber auch ihre Haftung daran, daß der Beklagte zu 1) die Vermögensplanung, den Übungen entsprechend, im einzelnen mit dem Kläger durchgesprochen habe. Der W habe nach Erhalt des Kaufauftrages auch ein Informationsblatt über die Zuordnung der gezeichneten Fonds zu den jeweiligen Risikoprofilen übersandt, wodurch der Kläger nochmals zusätzlich über die Risiken der getroffenen Geldanlage informiert worden sei. Das Landgericht hat über den Inhalt der Gespräche zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B und L. Wegen des Inhaltes ihrer Aussagen im einzelnen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 13. Oktober 2004 (Bl. 448 ff d.A.) verwiesen. Sodann hat das Landgericht durch Urteil vom 13. Oktober 2004 die Klage als unbegründet abgewiesen. Wegen des Inhaltes des Urteiles im einzelnen wird auf Blatt 460 ff der Akten verwiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein Schadensersatzbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt. Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages behauptet der Kläger, daß er erst im Juli 2001 realisiert habe, was er für ein Verlustgeschäft wegen der falschen Beratung durch den Beklagten zu 1) gemacht habe. Anschließend habe er sogleich konsequent Verlustbegrenzung betrieben (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 16. Februar 2005 Bl. 643 ff d.A.). Die Vermögensplanung habe er seinerzeit erst etwa ein bis zwei Wochen nach der Zeichnung erhalten. Am 18. März 2000 seien ihm die gezeichneten Fonds nur mündlich erläutert worden, ohne daß er auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen worden sei. Der Beklagte zu 1) habe auch nicht darauf hingewiesen, daß bereits im Januar 2000 es allgemein auf dem Aktienmarkt Kursrückgänge gegeben habe. Zu Unrecht habe das Landgericht auch nicht aufgeklärt, wie es dazu gekommen ist, daß die "Kundenangaben gemäß des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG)" auf dem Kaufauftrag unterschiedlich angekreuzt sind. Unstreitig ist auf dem dem Kläger verbliebenen Exemplar des Kaufauftrages insoweit lediglich unter der Rubrik "Welche Wertpapiergeschäfte haben Sie bisher getätigt?" die Angabe "keine" angekreuzt (vgl. Fotokopie des entsprechenden Kaufauftrages Bl. 80 d.A.). Dagegen sind bei dem von den Beklagten vorgelegten Exemplar des Kaufauftrages zusätzlich bei den Kundenangaben noch folgende Rubriken angekreuzt: "Über welches für Anlagezwecke frei verfügbare Vermögen verfügen Sie? bis Euro 25.000,00/DEM 50.000,00;" bei der Rubrik "Welcher Anlegetyp entspricht Ihrem Anlageverhalten? risikobewußt (4)" Ferner ist die Klausel über die überreichten Unterlagen im Gegensatz zum Kaufauftragsexemplar des Klägers mit "den Verkaufsprospekt (Stand 99 [Jahr]) und den aktuellen Rechenschaftsbericht per 6.99. [Jahr] ..." zusätzlich ausgefüllt (vgl. Fotokopie des Kaufauftrages Bl. 156 d.A.). Des weiteren habe das Landgericht zu Unrecht auch nicht aufgeklärt, wie es auf Seite 5 der Vermögensanalyse (vgl. Bl. 113 d.A.) in der Rubrik Kauf/Bauwunsch zur Einfügung der zusätzlichen Bemerkung "weiß nicht" gekommen sei. Diese Angabe stamme jedenfalls nicht vom Kläger. Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichtes Münster vom 13. Oktober 2004 zu Az.: 10 O 609/03 wird abgeändert. Es wird nach den Schlußanträgen des Klägers in der ersten Instanz erkannt.

Die Beklagten beantragen, die gegnerische Berufung zurückzuweisen. Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behaupten die Beklagten, daß die Vermögensplanung zwei Tage vor der Zeichnung bereits vorgelegen habe. Der Beklagte zu 1) habe die Fonds auch im einzelnen vorgestellt und dabei darauf hingewiesen, daß sie nicht für Sparer geeignet seien, die kein Risiko eingehen wollten. Wie es zu den unterschiedlichen Kundenangaben in den jeweiligen Kaufauftragsformularen habe kommen können, könnten sich die Beklagten nicht erklären. Jedenfalls seien diese Angaben ohne Wissen des Beklagten zu 1) ergänzt worden. Der Kläger habe aber jedenfalls unmittelbar nach Zeichnung der Anteile erkennen können, als welcher Anlegertyp er eingeschätzt worden sei. Denn es sei ihm ein Kundenstammblatt mit der entsprechenden Anlegertypangabe zugesandt worden (vgl. Schriftsatz des Beklagten zu 1) vom 25. Januar 2005 Bl. 598 ff d.A.). Was die Vermögensanalyse angehe, habe der Beklagte zu 1) nichts selbständig ergänzt, auch nicht die vom Kläger gerügte Zusatzbemerkung "weiß nicht" bei der Angabe über den geplanten Hausbau. Die Beklagte zu 2) hat zusätzlich noch darauf hingewiesen (vgl. Schriftsatz vom 21. Februar 2005, Bl. 653 ff d.A.), daß der Kläger entsprechend der damaligen Fassung des Kapitalanlagegesetzes ein Widerrufsrecht zugestanden habe, nachdem er aufgrund der Angaben des Kundenstammblattes (vgl. Fotokopie Bl. 599 d.A.) habe erkennen können, daß die gezeichneten Anlageformen nicht seinen Vorstellungen entsprochen hätten. Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Entscheidungsgründe: Die Berufung des Klägers ist im wesentlichen begründet. Der Antrag ist hinsichtlich der angebotenen Zug-um-Zug-Leistung hinreichend bestimmt. Die zu übertragenden Fondsanteile sind durch die Kontobezeichnung hinreichend identifizierbar. Der vom Kläger in 2002 erzielte Veräußerungserlös in Höhe von umgerechnet 5.115,19 € ist allerdings nicht nur Zug um Zug gegen die Schadenserstattung anzubieten. Er ist vielmehr im Wege der Verrechnung von vornherein von der geschuldeten Schadensersatzsumme abzuziehen. Dem hat der Senat mit dem ausgeurteilten Betrag Rechnung getragen. Deshalb bleibt es in Höhe dieser Summe bei der Abweisung der Klageforderung. Unbegründet ist ebenfalls noch der Anspruch des Klägers auf Verzinsung bereits seit dem 20. März 2000. Verzugszinsen kann der Kläger vielmehr erst ab dem Zeitpunkt verlangen, zu dem er die Beklagten durch Mahnung in Verzug gesetzt hat, indem er die Beklagten durch Schreiben vom 8. März 2003 unter Fristsetzung bis zum 31. Mai 2003 zur Zahlung aufgefordert hat (vgl. Fotokopie der Mahnschreiben vom 8. Mai 2003 Bl. 85 ff d.A.). Im Übrigen folgt der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) aus pVV eines stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrages, wobei sich die Beklagte zu 2) das Verschulden des Beklagten zu 1) nach § 278 BGB als ihres Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muß. Vorliegend ist das BGB noch in seiner alten Fassung anzuwenden, weil der hier in Rede stehende Vertragsschluß bereits im März 2000 erfolgt ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Der Anlageberatung liegt regelmäßig ein entsprechender Vertrag zugrunde. Mangels ausdrücklicher Vereinbarung kommt er wie hier stillschweigend zustande. Ein solch stillschweigend geschlossener Beratungsvertrag ist dann anzunehmen, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und diesem als Grundlage für Vermögensdispositionen dient, der Auftraggeber sich als sachkundig bezeichnet. Die Beklagte zu 2), die sich als "E2" bezeichnet, hat mit Hilfe der Vermögensanalyse (vgl. Bl. 111 ff d.A.) das Anlageprofil des Klägers ermittelt und die daraus ermittelte Vermögensplanung dem Kläger vorgestellt. Dem entspricht auch die Selbstdarstellung der Beklagten zu 2) im Übrigen, indem sie in der Vermögensplanung den Beklagten zu 1) ausdrücklich als Vermögensberater des Klägers bezeichnet. Ferner hat sie kurz vor Prozeßbeginn mit Schreiben vom 30. September 2003 unter dem Stichwort "Kundenbetreuung" dem Kläger noch angezeigt, daß "in der Person seines Vermögensberaters" ein Wechsel eingetreten sei (vgl. Fotokopie des Schreibens vom 30. September 2003 Bl. 307 d.A.). Im Rahmen dieser Tätigkeiten der Beklagten zu 2) ist der von ihr damit beauftragte selbständige Handelsvertreter, der Beklagte zu 1), an den Kläger herangetreten, um ihn über die Anlagen zu beraten. Dieser Vertrag beinhaltet die Verpflichtung zu einer umfassenden Beratung und Aufklärung des Klägers über die wesentlichen Umstände, die mit der angebotenen Anlage zusammenhängen. Diese beratungsmäßigen Zusammenhänge verkennt die Beklagte zu 2), wenn sie sich lediglich als Vertreterin des Unternehmens sieht, das die gezeichneten Fonds aufgelegt hat. Auch wenn sie, was den Erwerb der Fondsanteile durch den Kläger angeht, nicht dessen Vertragspartner geworden ist, so ist davon der Beratungsvorgang zu trennen, der zu diesem Anteilserwerb geführt hat. Insoweit ist allein die Beklagte zu 2) Vertragspartner des Klägers geworden, weil sie es gewesen ist, die den Kläger über den Beklagten zu 1) als ihren Erfüllungsgehilfen die Fonds vorgestellt und ihm deren Erwerb, gestützt auf ihre eigenen Kenntnisse über die Eignung des Fonds für das finanzielle Engagement des Klägers, empfohlen hat. Es liegt insoweit auch nicht nur ein Vermittlungsgeschäft vor, das die Beklagte zu 2) nur zur zutreffenden Darstellung der Fonds verpflichtet hätte. Vielmehr hat die Beklagte zu 2) selbst über die Vermögensanalyse ermittelt, welche Anlagen für den Kläger in Betracht kamen. Der Kläger vertraute gerade darauf, daß die Beklagte zu 2) das für ihn passende Engagement finden würde. Diese Erwartung wollte die Beklagte gerade mit der vorgelegten Vermögensplanung erfüllen. Dieser Beratungsvertrag verpflichtete die Beklagte zu 2) zu einer umfassenden anleger- und anlagegerechten Beratung. Anlegergerecht bedeutet dabei, daß vor allem zu berücksichtigen ist, welchen Wissensstand der Anleger über Anlagegeschäfte der vorliegenden Art hat und welche Risikobereitschaft besteht, ferner welches Anlageziel er verfolgt. Anlagegerecht ist die Beratung, wenn richtig und vollständig über alle Umstände und Risiken, die für die Anlageentscheidung Bedeutung haben, informiert wird, damit auch über allgemeine (Konjunkturlage, Ermittlung des Börsenmarktes) und spezielle Risiken des Anlageobjekts (z.B. Kursrisiko). Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Beratung gehört es dabei, daß die Beklagte zu 2) als Beraterin die Behauptung des Klägers, eine ordnungsgemäße Beratung sei nicht erfolgt, substantiiert zu bestreiten und im einzelnen konkret darzulegen hat, wo und wie sie die gebotene Aufklärung vorgenommen bzw. veranlaßt hat (OLG Düsseldorf WM 1996, 1082 m.w.N.). Diese Pflicht zur anlegergerechten und anlagegerechten Beratung des Klägers hat die Beklagte hier verletzt, wobei sie sich das Beratungsverhalten des Beklagten zu 1) als ihres Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zurechnen lassen muß. Denn der Beklagte zu 1) ist von der Beklagten zu 2) gerade zur Beratung des Klägers eingesetzt worden. Die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) besteht dabei hier darin, daß er dem Kläger die drei fraglichen Fonds überhaupt von sich aus zur Zeichnung vorgeschlagen hat. Gerade eine anlegergerechte Beratung hätte es hier gefordert, daß dem Kläger von der Zeichnung solcher Fonds abgeraten werden mußte, daß sie ihm also erst recht nicht zur Zeichnung vorgeschlagen werden durften. Zugunsten der Beklagten muß hier von drei Besprechungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) ausgegangen werden. Wie sich auch aus dem Datum und der Unterschrift unter der Vermögensanalyse ergibt (vgl. Bl. 120 d.A.), hat das erste Gespräch am 4. März stattgefunden. Bei dieser Gelegenheit ist die sog. "Vermögensanalyse" erstellt worden (vgl. Bl. 111 ff d.A.). Der Senat hat die Parteien darauf hingewiesen, daß die vorgelegte Fotokopie dieser Vermögensanalyse erst mit der Seite 3 beginnt. Die Parteien habe aber keine Veranlassung gesehen, diese Vermögensanalyse um die ersten beiden Seiten zu ergänzen, so daß der Senat davon ausgeht, daß auf diesen ersten beiden Seiten nichts entscheidungserhebliches steht. Unstreitig ist bei diesem ersten Gespräch am 4. März 2000 über die hier in Rede stehenden Fonds noch nicht geredet worden. Insoweit geht der Streit der Parteien lediglich darum, ob das "weiß nicht" im Zusammenhang mit dem Bauwunsch des Klägers (vgl. S. 5 der Vermögensanalyse Bl. 113 d.A.) vom Beklagten zu 1) nachträglich eigenmächtig hinzugefügt worden ist. Auch wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, daß dieses "weiß nicht" vom Kläger selbst bei der Aufstellung der Vermögensanalyse geäußert worden ist, so ergab sich doch schon aus den übrigen Angaben des Klägers in dieser Vermögensanalyse für den Beklagten zu 1) mit hinreichender Deutlichkeit, daß der Kläger ein Eigenheim zu erwerben wünschte. Dabei war der Wert dieses Eigenheimes schon in dieser Analyse mit ca. 450.000,00 DM angegeben. Selbst wenn der Erwerbszeitpunkt noch unbestimmt gewesen sein sollte ("weiß nicht"), so ergab sich aus dem Gesamtzusammenhang der Erklärungen des Klägers, daß dieser Erwerbswunsch doch schon greifbare Gestalt gewonnen hatte. Der Kläger stand in sicheren Einkommensverhältnissen. Auch wenn er dem Beklagten zu 1) nichts von seiner bevorstehenden Hochzeit gesagt haben sollte, wie die Beklagten behaupten, so zeigt doch schon das Alter des Klägers von ca. 30 Jahren, daß dieser Erwerbswunsch nicht in so ferner Zukunft liegen sollte, daß bei der Planung der Geldanlage dieser Wunsch nicht zu berücksichtigen war. Aus der Vermögensanalyse ergab sich des weiteren, daß der Kläger außer dem später eingesetzten Betrag von 100.000,00 DM kein weiteres Barvermögen besaß. Schon diese vermögensmäßige Ausgangssituation schloß es aus, dem Kläger zu raten, sein gesamtes verfügbares Vermögen in drei Aktienfonds zu stecken, die nach der eigenen Darstellung der Beklagten in der Vermögensplanung nicht für Anleger geeignet waren, die eine risikoarme Kapitalanlage mit garantierter Rückzahlung anstrebten (vgl. Fotokopie Bl. 135, 136, 137 d.A.). Denn damit lief der Kläger Gefahr, das eingesparte Kapital für das gewünschte Haus vollständig zu verlieren, daß also sein Traum vom Haus platzen konnte. Es stellt von vornherein keine anlegergerechte Beratung dar, risikoreiche Beteiligungen zu empfehlen, wenn das anzulegende Geld nicht zur freien Verfügung steht, sondern schon für einen bestimmten Ausgabezweck vorgesehen ist und nur eine zwischenzeitliche günstige Anlagemöglichkeit gesucht wird. Das gilt insbesondere dann, wenn der Aktienmarkt wie hier bereits kriselte, worauf der Beklagte zu 1) ebenfalls pflichtwidrig nicht hingewiesen hat (vgl. Schriftsatz der Beklagten zu 2) vom 20. Januar 2004 Bl. 250 d.A.; Berufungsbegründung des Klägers Bl. 547 d.A.). Darüber hinaus stellt sich die empfohlene Beteiligung auch insgesamt nicht als anlegergerechte Beratung dar. Dabei kann offenbleiben, welche Aufklärung der Beklagte zu 1) dem Kläger gegeben hat, so daß es auf die Aussage der vom Landgericht vernommenen Zeugen über den Inhalt der Beratungsgespräche nicht ankommt. Zugunsten der Beklagten kann vielmehr unterstellt werden, daß die Vermögensplanung (vgl. Fotokopie Bl. 121 ff d.A.) bei dem zweiten Beratungsgespräch vom 18. März 2000 vorgelegen hat und vom Beklagten zu 1) erläutert worden ist, wie die Beklagten behaupten. Es kann also davon ausgegangen werden, daß die handschriftlichen Ergänzungen auf Seite 6 der Vermögensplanung (vgl. Fotokopie Bl. 138 d.A.) vom Beklagten zu 1) bei der Erläuterung der Vermögensplanung gemacht worden sind. Allerdings muß zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, daß sich diese Erläuterung des Beklagten zu 1) auf die Darstellung der Fonds entsprechend der Vermögensplanung beschränkt hat. Der Kläger hat bestritten, daß ihm weitere schriftliche Unterlagen überlassen worden seien. Demgegenüber haben die Beklagten nicht konkret vorgetragen welche Unterlagen sie dem Kläger vor Zeichnung sonst noch überlassen haben, geschweige denn daß sie solche Unterlagen im Prozeß vorgelegt haben. Auf die Empfangsklausel im Kaufauftrag können sich die Beklagten dabei nicht berufen. Denn diese Klausel ist in dem vom Kläger vorgelegten Exemplar (vgl. Fotokopie Bl. 80 d.A.) gerade nicht ausgefüllt, ohne daß die Beklagten den Widerspruch haben erklären können, daß in dem von ihnen vorgelegten Kaufauftrag diese Empfangsklausel ausgefüllt ist (vgl. Fotokopie Bl. 150 d.A.). Danach kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daß der Beklagte zu 1) den Kläger so, wie auf Seite 3 ff der Vermögensplanung (Bl. 135 ff d.A.) beschrieben, darüber belehrt hat, daß die beiden Fonds Osteuropa Euro- und Software nur für spekulativ und risikofreudig eingestellte Anleger mit Börsenkenntnissen geeignet sind und auch der dritte Fonds "Wachstum Europa" nur für Anleger geeignet ist, die Verlustrisiken und negative Entwicklungen aus Wechselkursrisiken hinzunehmen bereit sind. Eine solche Belehrung hat die Beklagte zu 2) aber nicht aus ihrer Haftung befreien können. Abgesehen davon, daß solche vorformulierten allgemeinen Risikohinweise dem speziellen Anlegerbedürfnis für sachgerechte Aufklärung nicht genügen (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2004, 387), ist es gerade nicht erst die fehlende Risikoaufklärung, die die Beklagte zu 2) haften läßt. Haftungsbegründend ist vielmehr bereits der Umstand, daß die Beklagte zu 2) dem Kläger diese Geldanlagen überhaupt empfohlen hat. Dabei kann wiederum zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daß der Kläger, wie auch seine Eltern als Zeugen eingeräumt haben, an einer günstigen Geldanlage durchaus interessiert war. Sonst hätte er sich ja auch nicht an die Beklagten gewandt, um sich nach Geldanlagemöglichkeiten zu erkundigen. Gerade dieses Hilfeersuchen des Klägers verpflichtete die Beklagte zu 2) aber gerade auch zu einer anlegergerechten Beratung. Unstreitig hatte der Kläger keine Erfahrungen in Anlegergeschäften. Dementsprechend ist auch unstreitig im Kaufvertragsformular angekreuzt worden, daß der Kläger bislang keine Wertpapiergeschäfte getätigt hat. Es ist aber von vornherein mit den Pflichten eines Vermögensberaters nicht zu vereinbaren, einem solchen Anleger Fondsanteile zu empfehlen, die zur Anlageklasse "risikobewußt" gehören, also zur höchsten Risikoklasse. Dabei braucht nicht aufgeklärt zu werden, wie es zur angekreuzten Selbsteinschätzung des Klägers als "risikobewußt" (Klasse 4) im Kaufvertragsformular der Beklagten gekommen ist, obwohl dies im Exemplar des Klägers offengeblieben ist. Zugunsten des Klägers muß jedenfalls davon ausgegangen werden, daß diese Rubrik nicht auf seine Veranlassung hin angekreuzt worden ist. Auch die Beklagten haben keine plausible Erklärung dafür geben können, wie es zu dieser ergänzenden Ankreuzung auf dem von ihnen überreichten Exemplar des Kaufauftrages gekommen ist.

Dann stellt es aber eine weitere Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) dar, nicht für eine sorgfältige Ausfüllung der Rubriken über die Kundenangaben gem. des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) vor Unterzeichnung des Klägers gesorgt zu haben. Wie sich auch aus dem Kaufauftragsformular selbst ergibt, dienen diese Angaben auch gewissermaßen als Notbremse, wenn Anleger keine für sie passenden Anlagen gezeichnet haben. Der Kläger hat insoweit auch unwidersprochen vorgetragen, daß der Beklagte zu 1) ihn auf diese "Notbremse" hingewiesen habe. Diese Notbremse konnte hier aber nicht funktionieren, wenn nachträglich die Risikoklasse angekreuzt worden ist, zu der allein die gezeichneten Fonds passen, ohne daß dies mit dem Anlegerprofil übereinstimmte. Die Beklagten haben auch nicht erklären können, wie es zur Angabe von frei verfügbarem Vermögen in Höhe von 25.000,00 €/ 50.000,00 DM kommen konnte, obwohl der Kläger hier 100.000,00 DM angelegt hat. Hätte der Beklagte zu 1) dafür gesorgt, daß, wie es angesichts der Unerfahrenheit des Klägers mit Wertpapiergeschäften zutreffend gewesen wäre, der Kläger allenfalls als konservativer Anlegertyp (Klasse 2) eingestuft worden wäre, hätte die Chance bestanden, daß bei der Prüfung durch den E die Ungeeignetheit der gezeichneten Anteile für den Kläger aufgefallen wäre. Diese Aufklärungschance wurde aber dadurch vereitelt, daß nachträglich die Klasse des Anlegertyps mit der Risikoklasse der gezeichneten Fonds in Übereinstimmung gebracht worden ist. Auch diese Vorsichtsmaßnahme der zutreffenden Ausfüllung der Kundenangaben ist vom Beklagten zu 1) nicht ergriffen worden. Es stellt im Falle des Klägers dann aber keine anlegergerechte Beratung dar, ihn nur vor den Risiken der gezeichneten Fonds entsprechend den Angaben in der Vermögensplanung zu warnen. Eine anlegergerechte Beratung erforderte es vielmehr, den Kläger auch vor einer eigenen übergroßen Risikofreudigkeit zu warnen angesichts seiner Unerfahrenheit mit Wertpapiergeschäften, ihm also solche Fonds wie hier wegen fehlender Anlegergerechtheit erst gar nicht zu empfehlen. Diese Beratungsfehler werden auch durch die nachträglichen Ereignisse nicht relativiert. Die Einstufung der Fonds gem. der Zuordnung (vgl. Fotokopie Bl. 304 d.A.) hilft nicht weiter, da es gerade die Pflicht der Beklagten war, dem Kläger die Fonds wegen der Risiken erst gar nicht zu empfehlen. Das Kundenstammblatt (vgl. das Musterexemplar Bl. 599 d.A.) würde auch dann der Beklagten zu 2) nicht weiterhelfen, wenn der Kläger es tatsächlich erhalten haben sollte. Denn selbst ein warnender Hinweis, der nach dem Erstgeschäft erteilt wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil der Anleger diesem Hinweis unter dem Eindruck des Erstgeschäftes nicht mehr unvoreingenommen gegenübersteht (BGH NJW 2004, 2967). Der Kläger durfte gerade auf die sachgerechte Beratung durch den Beklagten zu 1) vertrauen. Der Anspruch ist auch nicht verjährt, da der Kläger erst im Juli 2001 die Falschberatung bemerkt hat, wie sich der Kläger unwiderlegt eingelassen hat. Die Klage ist dann bereits am 30. Oktober 2003 erhoben worden, so daß die Verjährung vertraglicher und deliktsrechtlicher Ansprüche rechtzeitig unterbrochen bzw. gehemmt worden ist, §§ 195 ff BGB. Auf die besondere Verjährungsregelung nach dem Wertpapierhandelsgesetz können sich die Beklagten nicht berufen, weil das Beratungsgeschäft der Beklagten zu 2) von diesem Gesetz nicht erfaßt wird. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 16. Februar 2005 (Bl. 645 ff d.A.) auch detailliert dargetan, was er alles gleich nach Kenntnis des Beratungsfehlers unternommen hat. Auch die Beklagten werfen dem Kläger nicht vor, im Nachhinein schadensmindernde Maßnahmen unterlassen zu haben, so daß eine Anspruchsminderung nach § 254 BGB hier nicht in Betracht kommt. Zu Unrecht rügen sie die Schadensberechnungsmethode des Klägers. Es ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, daß er bei anlegergerechter Beratung die Fonds nicht gezeichnet hätte (BGH WM 2002, 1442), mithin sein Barvermögen in Höhe von 100.000,00 DM auch nicht für diese Fonds ausgegeben hätte. Mehr als diesen Kapitalbetrag als negatives Interesse verlangt der Kläger hier nicht erstattet. Der Beklagte zu 1) selbst haftet hier nach § 826 BGB dem Kläger auf Erstattung des Anlagebetrages wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Der Beklagte zu 1) wußte, daß er dem Kläger eine hochspekulative Anlage empfahl, die für diesen ungeeignet war. Der Beklagte zu 1) nahm dabei zumindest billigend in Kauf, daß der Kläger erhebliche Verluste erlitt, da er wissen mußte, daß der Aktienmarkt seit 1999 kriselte. Das Vorgehen des Beklagten zu 1) findet seine Erklärung allein in seinem Provisionsinteresse, dem er den Vorrang vor dem Interesse des Klägers gab, sein Vermögen nicht durch für ihn ungeeignete Anlagen zu verlieren. Eigene Vermögensinteressen bewußt zum Schaden anderer zu verfolgen, reicht aus, um das Merkmal der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung i.S.d. § 826 BGB als erfüllt anzusehen (Palandt BGB 64. Aufl. § 826 Rz. 25). Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Der Senat hat entgegen der Anregung der Beklagten die Revision nicht zugelassen, weil es lediglich um die Frage der Erfüllung der Beratungspflichten durch einen Anlageberater in einem Einzelfall geht, mithin die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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