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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.04.2008
Aktenzeichen: 4 U 184/07
Rechtsgebiete: UWG, LFGB, ZPO


Vorschriften:

UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 5 Abs. 1
UWG § 8
UWG § 8 Abs. 1
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2
UWG § 8 Abs. 4
UWG § 12 Abs. 1 S. 2
LFGB § 2
LFGB § 2 Abs. 2
LFGB § 11 Abs. 1
LFGB § 11 Abs. 1 Satz 1
LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 543 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. August 2007 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es am Ende des Verbotstenors heißt: "wie geschehen in dem Newsletter im Internet vom 13. August 2006 (Anlage K2 - Bl. 11 d. A.)."

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Sorge für die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Mitglieder des Klägers sind gerichtsbekannt auch Heilpraktiker, Hersteller von Kosmetika, Betreiber von Kurkliniken, Hersteller und Vertreiber von Naturheilmitteln und pharmazeutischer Produkte sowie sonstige Lebensmittelbetriebe.

Die Beklagte vertreibt Nahrungsergänzungsmittel. Am 13. August 2006 warb sie mit einem im Internet versandten Newsletter als Angebot der Woche für das Produkt "W" (Bl. 11) unter der Überschrift "Starke Venen für leichte Beine" unter Hinweis auf folgende Zusatzstoffe:

Asiatischem Wassernabel (unterstützt das Binde- und Stützgewebe der Venen)

Arionabeere (unterstützt die Fliessgeschwindigkeiten des Blutes und Geschmeidigkeit der Blutgefässwände)

Buchweizen (Pflanze des Jahres 1999 -unterstützt den Flüssigkeits- und Sauerstoffaustausch in den Venen).

Der Kläger hat gemeint, die Werbung der Beklagten sei irreführend, weil dem Mittel die beworbenen Wirkweisen, nämlich die Unterstützung des Binde- und Stützgewebes, der Fliessgeschwindigkeit des Blutes und der Geschmeidigkeit der Blutgefässwände und des Flüssigkeits- und Sauerstoffsausgleichs in den Venen, in der im Produkt enthaltenen Dosierung der genannten Stoffe sämtlich nicht zukämen. Jedenfalls seien solche Wirkungen nicht wissenschaftlich gesichert. Er hat bestritten, dass die Stoffe selbst bei einer höheren Dosierung die genannten Wirkungen hätten. Selbst wenn die Stoffe aber ab einer bestimmten hohen Dosierung entsprechend wirken sollten, wäre das Produkt als Arzneimittel anzusehen. Als solches sei es aber nicht zugelassen. Es komme hinzu, dass die Zusatzstoffe Asiatischer Wassernabel, Arionabeere und Buchweizenkraut als solche nicht geeignet seien, der Ernährung zu dienen, so dass es entweder der Zulassung als Zutat oder als Novel-Food im Sinne der entsprechenden EU-Verordnung bedürfe, damit das Produkt als Nahrungsergänzungsmittel beworben werden könnte. Da es an der entsprechenden Zulassung fehle, sei das beworbene Produkt in Deutschland nicht verkehrsfähig.

Der Kläger hat die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel auf Unterlassung der Werbung für "W" mit den genannten Hinweisen auf die Inhaltsstoffe und auf Erstattung der pauschalierten Abmahnkosten in Höhe von 162,40 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat zunächst auch in diesem Rechtsstreit geltend gemacht, der Kläger sei nicht klagebefugt, weil er rechtsmissbräuchlich handele. Dazu hat sie behauptet, seine Tätigkeit sei nach wie vor darauf ausgerichtet, das wirtschaftliche Interesse, insbesondere das Gebührenerzielungsinteresse seiner ihn ständig vertretenden und quasi beherrschenden Prozessbevollmächtigten auf Kosten von Wettbewerbern ihrer Mitglieder, insbesondere aber auch auf ihre Kosten zu fördern.

Das Produkt "W" sei als Nahrungsergänzungsmittel bekannt und bezeichnet, so dass der Durchschnittsverbraucher, insbesondere aber die mit dem Newsletter angesprochenen Verbraucher mit besonderem Interesse an den Produkten der Beklagten wüssten, dass dieses Produkt keine pharmakologischen Wirkungen wie ein Arzneimittel haben könne. Die Angaben bezögen sich deshalb gerade aus ihrer Sicht auf eine entsprechende Wirkung der Inhaltsstoffe der benannten Pflanzen, die diesen tatsächlich auch zukomme. Auf das Produkt selbst bezögen sie sich erkennbar nicht. Die den jeweiligen Inhaltsstoffen zugeschriebenen Wirkungsaussagen seien bei höherer Dosierung richtig und wissenschaftlich hinreichend gesichert. Soweit die Inhaltsstoffe im Produkt "W" verwendet worden seien, sei das in so geringer Konzentration geschehen, dass die Substanzen zwar keine pharmakologische, aber eine ernährungsphysiologische Wirkung hätten. Für die Zulässigkeit und Verkehrsfähigkeit des Produkts sei die deutsche Zusatzstoffregelung nicht anwendbar, da das Produkt in den Niederlanden vom dortigen Hersteller rechtmäßig hergestellt und dort in Verkehr gebracht worden sei. Alle drei Substanzen seien bereits vor Inkrafttreten der Novel-Food Verordnung in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten der EU in nennenswertem Umfang als Lebensmittelzutat in den Verkehr gebracht worden.

Das Landgericht hat die Klage zugesprochen. Es hat die Klagebefugnis des Klägers aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG hergeleitet und sich insoweit darauf bezogen, dass für den Kläger als alteingesessenem Wettbewerbsverband eine entspreche Vermutung streite, die die Beklagte nicht habe widerlegen können. Das Landgericht hat insoweit auf das Senatsurteil vom 24. Oktober 2006 in der Sache 4 U 8 / 06 Bezug genommen. Ein Missbrauch der Klagebefugnis im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG hat das Landgericht verneint, weil nicht festzustellen sei, dass der Kläger in Zusammenwirken mit einem Mitbewerber die Beklagte gezielt angreife, um ihr durch das Ausmaß der Angriffe wirtschaftlich zu schaden. Das Landgericht hat den Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB für begründet gehalten. Es hat dazu ausgeführt, dem Mittel "W" würden Wirkungen beigelegt, die nach den Erkenntnissen der Wissenschaft jedenfalls nicht hinreichend gesichert wären. So werde durch die beanstandete Werbung bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher der Eindruck erweckt, durch die Einnahme des Mittels werde der Zustand der Beinvenen positiv beeinflusst. Dem Verbraucher werde suggeriert, dass schon allein durch die in dem Produkt enthaltenen pflanzlichen Stoffe des Asiatischen Wassernabels, der Aroniabeere und des Buchweizenkrauts das Binde- und Stützgewebe der Venen, die Fliessgeschwindigkeit des Blutes, die Geschmeidigkeit der Blutgefässwände und der Flüssigkeits- und Sauerstoffaustausch in den Venen unterstützt werde. Das ergebe sich für ihn auch schon aus der Überschrift: "Starke Venen für leichte Beine". Der Verbraucher werde dagegen an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um allgemeine Informationen über die Wirkungen der entsprechenden Pflanzen handeln könnte. Deshalb könne er auch keinen solchen Eindruck bekommen, zumal er über die Wirkung der im Mittel enthaltenen Dosierung auch nicht gesondert informiert werde. Die angesprochene Unterstützung der Venen durch eine bestimmte Wirkweise sei aber auch nach dem Vortrag der Beklagten in der in dem Produkt enthaltenen Dosierung tatsächlich nicht zu erreichen. Darauf, ob die Stoffe in höherer Dosierung die beschriebene Wirkung entfalten könnten, komme es nicht an. Die so bewirkte Fehlvorstellung sei auch wettbewerbsrechtlich relevant. Der Verbraucher, der Probleme mit seinen Beinvenen habe oder solchen Problemen vorbeugen wolle, kaufe das Produkt nur, um einen positiven Effekt auf die Beinvenen zu erzielen und gehe dabei auch selbstverständlich davon aus, dass die im Mittel enthaltene Dosierung der Pflanzenbestandteile für die angegebene Wirkung auch ausreiche. Weil hier mit irreführenden Aussagen für das Mittel geworben werde, könne auch dahinstehen, ob die Inhaltsstoffe Asiatischer Wassernabel, Aroniabeere und Buchweizenkraut einer Zulassungspflicht nach der Novel-Food Verordnung unterliegen könnten, weil sie vor deren Inkrafttreten in einem nur unwesentlichen Umfang in Deutschland und anderen EU-Mitgliedsstaaten in den Verkehr gebracht worden seien. Den Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Abmahnkosten hat das Landgericht aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für begründet gehalten und auch gegen die Höhe der Abmahnkosten angesichts der vereinzelten Darlegungen des Klägers keine Bedenken gehabt, zumal die Beklagte der Berechnung der Kosten nicht substantiiert entgegen getreten sei. .

Die Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Unter Bezugnahme auf ihren umfangreichen erstinstanzlichen Vortrag macht sie zunächst noch einmal deutlich, dass sie weiterhin an ihrer Auffassung festhält, dass es an der Klagebefugnis des Klägers fehle und dass auch sein Vorgehen gegen sie, die Beklagte, rechtsmissbräuchlich sei. Die von ihr vorgetragenen Indizien und der zwischenzeitliche Umfang der Verfolgung ihrer Produkte ließen in ihrer Gesamtheit keinen anderen Schluss zu, als dass es dem Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten vordergründig darum gehe, sich selbst zu bereichern und die Beklagte in den Ruin zu treiben. Das Vorgehen gegen sie, die Beklagte, sei auch insofern willkürlich, da der Kläger Mitarbeiter beauftragt habe, sich als Kunde bei ihr registrieren zu lassen, um überhaupt Kenntnis von dem Newsletter mit der beanstandeten Werbung bekommen zu können. Das habe mit einem sachlichen Vorgehen eines Wettbewerbsverbandes nichts mehr zu tun.

In der Sache rügt die Beklagte, dass das Landgericht ihren Sachvortrag fehlerhaft gewürdigt habe. Sie habe zwar vorgetragen, dass sich die in Bezug auf ihre Wirkung beschriebenen Inhaltsstoffe in dem streitgegenständlichen Produkt nicht in einer derart hohen Konzentration wiederfänden, dass sie eine pharmakologische Wirkung entfalten könnten. Daraus habe das Landgericht aber zu Unrecht den Rückschluss gezogen, dass die Substanzen in der im Produkt enthaltenen Dosierung überhaupt keinerlei Wirkung hätten. Das habe sie so nicht vorgetragen. Sie habe vielmehr erklärt, dass die Inhaltsstoffe eine rein ernährungsphysiologische Wirkung entfalten würden. Die Wirkung könne dabei zwar nicht über das hinausgehen, was durch eine normale und ausgewogene Ernährung ohne das Ergänzungsmittel bewirkt werden könne. Gerade eine solche physiologische Wirkung sei aber auch eine Wirkung im Hinblick auf die positive Unterstützung des Binde- und Stützgewebes der Venen, der Fliessgeschwindigkeit des Blutes und der Geschmeidigkeit der Blutgefäße sowie im Hinblick auf den Flüssigkeits- und Sauerstoffaustausch in den Venen. Die Beklagte verweist insoweit auf ihren umfassenden Vortrag erster Instanz dazu, dass die Substanz Asiatischer Wassernabel wissenschaftlich hinreichend gesichert generell die Wirkung habe, das Binde- und Stützgewebe der Venen zu unterstützen. Die Aroniabeere habe ebenfalls wissenschaftlich hinreichend gesichert generell die Wirkung, die Fließgeschwindigkeit des Blutes und die Geschmeidigkeit der Blutgefäße zu unterstützen. Schließlich habe generell auch der Buchweizen wissenschaftlich hinreichend gesichert die Wirkung, den Flüssigkeits- und Sauerstoffaustausch in den Venen zu unterstützen. Im Hinblick auf die gesicherten Wirkweisen wiederholt die Beklagte ihre Beweisantritte aus erster Instanz.

Nach der Auffassung der Beklagten ist auch die Würdigung des Landgerichts, dass die Angaben über die fraglichen Inhaltsstoffe bei den angesprochenen Verbrauchern den irreführenden Eindruck erwecken würden, sie könnten durch den Verzehr des Produkts positiv auf ihre Beinvenen einwirken, in sich falsch. Das Landgericht habe dabei zum einen übersehen, dass die in dem Newsletter erteilten Informationen über Wirkweisen nicht dem Produkt selber, sondern nur den jeweils aufgeführten Inhaltsstoffen zugeschrieben worden seien. Es sei zunächst aufgeführt worden, welche einzelnen Substanzen unter anderem in dem Venenmittel enthalten seien, nämlich Asiatischer Wassernabel. Aroniabeere und Buchweizen. Sodann sei zu jeder der einzelnen Substanzen in einem Klammerzusatz in extra kleinerer Schrift ergänzend aufgeführt worden, was diese einzelnen Substanzen für sich gesehen für eine Funktion hätten. Sie, die Beklagte, habe bewusst nirgendwo erwähnt und damit offen gelassen, ob das Produkt selber die Wirkungen der einzelnen Inhaltsstoffe habe. Der qualifizierte Empfängerkreis des Newsletters wisse, dass es nur um die allgemein anerkannten Wirkungen der Inhaltssubstanzen gegangen sei. Wenn man in solchen zutreffenden Wirkungsaussagen über die Inhaltssubstanzen immer auch produktbezogene Aussagen sehen würde und im Hinblick auf das Produkt keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse vorlägen, könnte der Vertreiber solcher Erzeugnisse nie auf die gesicherten Wirkweisen der Inhaltsstoffe hinweisen. Bei einer solchen allgemeinen Information könne man -jedenfalls wenn wie hier ein Kreis von interessierten Kunden betroffen sei- auch nicht verlangen, klarstellend darauf hinzuweisen, dass sich die Aussage nicht auf das Produkt selber beziehe. Zum Zwecke der Rechtssicherheit habe der EU-Verordnungsgeber den Bewerbern von Lebensmitteln die Möglichkeit geben wollen, Angaben über die allgemein anerkannten gesundheitsbezogenen Wirkungen von Substanzen zu verwenden. In der Verordnung EG/1924/2006 sei die Erstellung einer entsprechenden Liste vorgesehen, in der solche zulässigen Angaben enthalten seien. Diese Liste sei bis zum 31. Januar 2010 in Form einer Gemeinschaftsliste zu verabschieden. Wenn dann die Wirkweisen des Asiatischen Wassernabels, der Aroniabeere und des Buchweizens in dieser Liste aufgeführt würden, könnten alle Bewerber von Lebensmittelprodukten ohne Nachweis der Richtigkeit auf diese Wirkung hinweisen. Nach der Einschätzung der Beklagten hat sie mit ihrer Werbung auch nicht darüber getäuscht, dass das Produkt positive Effekte auf die Beinvenen habe. Sie habe weder behauptet noch bestritten, dass das Produkt selber einen solchen Effekt habe. Der Hinweis "Starke Venen für leichte Beine" sei rein plakativ und lasse die Frage der Wirkung des Produkts ausdrücklich offen. Das Produkt habe -wie ausgeführt- eine entsprechende ernährungsphysiologische Wirkung; eine pharmakologische Wirkung werde nicht erwartet.

Die Beklagte wiederholt abschließend noch ihren Vortrag, bei dem Produkt "W" gehe es um ein in den Niederlanden hergestelltes und dort zulässig in den Verkehr gebrachtes Produkt, so dass der deutsche Zusatzstoffbegriff des § 2 LFGB nicht zu beachten sei. Insoweit verweist die Beklagte auf die Entscheidung Sportlernahrung II des BGH. Da der Kläger nicht vorgetragen habe, dass der Verzehr der Substanzen in der empfohlenen Menge eine konkrete Gefährdung der Gesundheit hervorrufen könne, gehe der Grundsatz der Verkehrsfreiheit in der EU vor. Die Beklagte bestreitet auch erneut, dass die Substanzen vor Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung nicht in nennenswertem Umfang im Bereich der EU in Verkehr gebracht worden seien. Hilfsweise, nämlich für den Fall, dass der Senat die Durchführung einer Beweisaufnahme für erforderlich halte, beantragt die Beklagte die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Der Kläger verteidigt mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil. Er meint, dass die Frage seiner Prozessführungsbefugnis in verschiedenen Verfahren vor dem Senat hinreichend geklärt worden sei. Für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen seinerseits fehle es an jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht habe auch zu Recht entscheidend darauf abgestellt, dass dem Produkt unstreitig keine pharmakologische Wirkung zukomme. Die Werbeaussagen, die gerade auch produktbezogen auf eine solche Wirkung hindeuteten, seien deshalb irreführend.

II.

Die Berufung ist unbegründet, weil dem Kläger im Hinblick auf die streitigen Werbeaussagen der Unterlassungsanspruch in der klargestellten Form zusteht, weil die Beklagte mit dieser Art der Werbung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat.

1) Die Klagebefugnis des Klägers ist von der Beklagten zwar erneut in Frage gestellt worden. Der Senat hat aber an der Klagebefugnis nach wie vor keine Bedenken. Im Verfahren 4 U 8/06 OLG Hamm, an dem beide Parteien beteiligt waren, ist zunächst im Urteil ausdrücklich festgestellt und schließlich auch nach einer Anhörungsrüge in einem ergänzenden Beschluss bestätigt worden, dass hinsichtlich der Klagebefugnis für den Kläger als alteingesessenem Wettbewerbsverband eine Vermutung spricht, die auch aufgrund des Vorbringens des Verletzers im dortigen Verfahren nicht widerlegt worden ist. Auch in danach verhandelten Verfahren hat der Senat -teilweise auch nach ergänzendem Vorbringen insoweit- keine Ansatzpunkte für eine davon abweichende Beurteilung gesehen. Es spricht hier auch nicht für einen Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG, dass der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten Mitarbeiter damit beauftragt haben soll, sich als Kunde bei der Beklagten registrieren zu lassen, um einen Newsletter erhalten zu können. Dabei würde es sich um einen im Wettbewerbsrecht nicht unüblichen Testfall handeln, mit dem gerade auch ein Wettbewerbsverband, der bestimmte Erfahrungen mit der Werbung eines bestimmten Unternehmens gemacht hat, klären kann und darf, ob dieser nicht in einem internen Kreis anders wirbt als öffentlich, wie beispielsweise in seinem Internetauftritt oder im Fernsehen.

2) Der Klageantrag ist jedenfalls nach der klarstellenden Einbeziehung der konkreten Verletzungshandlung in den Antrag bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Verbotsgegenstand ist die Werbung für das Produkt "W" mit den einzelnen Aussagen über die Inhaltsstoffe. Gerade weil es hier um eine irreführende Werbung geht, kommt es entscheidend auf den Gesamtzusammenhang an, in dem die Werbeaussagen dem angesprochenen Verbraucher begegnen. Die einzelnen Werbeaussagen über die Inhaltsstoffe sollen auch nicht für sich verboten werden, sondern als Teil einer Gesamtaussage über das beworbene Produkt.

3) Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die streitigen Werbeaussagen aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit einem Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFBG zu.

a) Die Werbung in dem Newsletter vom 13. August 2006 für das Mittel "W" diente der Förderung des Absatzes der Beklagten und stellte unzweifelhaft eine Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

b) Diese Wettbewerbshandlung ist nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter im Sinne des § 3 UWG, weil sie gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift ist § 11 Abs. 1 LFBG, die den Verbraucher in dem sensiblen Bereich der Gesundheitswerbung vor Täuschung schützen soll und damit in besonderer Weise dem Verbraucherschutz dient (Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht 26. Auflage, § 4 UWG Rdn. 11.136 m.w.N.).

c) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Angaben zu werben. Eine solche irreführende Werbung liegt nach § 11 Abs. 1 Satz Nr. 2 LFGB insbesondere dann vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Gegen dieses Verbot hat die Beklagte mit ihrer Werbung in dem streitgegenständlichen Newsletter verstoßen.

aa) Bei dem von der Beklagten beworbenen Produkt "W" handelt es sich um ein Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFBG. Zu den Lebensmitteln in diesem Sinne gehören nämlich gerade auch Nahrungsergänzungsmittel (vgl. Fezer/Meyer, UWG § 4-S4 Rdn. 45).

bb) Das Produkt "W" hat die Beklagte damit beworben, dass darin unter anderem Asiatischer Wassernabel, Aroniabeere und Buchweizen als Pflanze des Jahres 1999 enthalten sind. In Bezug auf die Inhaltsstoffe hat sie angegeben, dass der Asiatische Wassernabel das Binde- und Stützgewebe der Venen unterstützt, die Aroniabeere die Fliessgeschwindigkeit des Blutes und die Geschmeidigkeit der Blutgefässwände unterstützt und schließlich der Buchweizen den Flüssigkeits- und Sauerstoffaustausch in den Gefäßen unterstützt. Diese Angaben können jedenfalls von einem maßgeblichen Teil der angesprochenen Verbraucher, auf deren Vorstellung es ankommt, so verstanden werden, dass sich die den einzelnen Zusatzstoffen zugeschriebenen Wirkweisen jedenfalls auch auf das beworbene Produkt beziehen. Die Verbraucher nehmen dann an, dass die Inhaltsstoffe jeder für sich und insbesondere in ihrer Gesamtwirkung auch schon in der im Mittel enthaltenen Dosierung dafür sorgen können, dass bestimmten Schwachstellen im Bereich der Beinvenen entgegen gewirkt wird, indem sowohl das Binde- und Stützgewebe, als auch die Geschmeidigkeit der Blutgefässwände als auch der Flüssigkeits- und Sauerstoffaustausch in den Gefäßen in maßgeblicher Weise unterstützt werden. Von einer solchen konzertierten Unterstützung der physiologischen Gegebenheiten verspricht sich der Verbraucher, der schon Probleme mit den Beinvenen hat, eine Linderung. Derjenige, der die Probleme erst fürchtet, erwartet eine entsprechende Vorbeugung. Eine solche Wirkung kommt dem Mittel aber bei der empfohlenen Dosierung der genannten Inhaltsstoffe nach dem Erkenntnisstand der Wissenschaft gerade nicht zu.

(1) Angesprochene Verbraucher sind hier die durchschnittlich aufmerksamen, informierten und gebildeten Verbraucher, die ein besonderes Interesse an den Produkten der Beklagten dadurch bekundet haben, dass sie sich als Interessenten an den Newslettern bei der Beklagten haben registrieren lassen. Die Mitglieder des Senats können die Vorstellungen und Erwartungen auch solcher Verbraucher nach der Lebenserfahrung selbst beurteilen, zumal diese auch nicht in besonderer Weise von denen der allgemeinen Verbraucher abweichen. Um zu dem Empfängerkreis der Newsletter zu gehören, sind keine besonderen Kenntnisse oder Erfahrungen im Umgang mit Nahrungsergänzungsmitteln erforderlich. Von den registrierten Interessenten sind auch nicht generell Spezialkenntnisse in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel im Allgemeinen und auf die angebotenen Produkte im Besonderen zu erwarten, die ihnen eine eigene Sichtweise verschaffen könnte.

(2) Diese angesprochenen Verbraucher ordnen die in der Werbung genau beschriebenen Wirkweisen nicht allein den jeweiligen Inhaltsstoffen zu, wie die Beklagte behauptet. Zwar stehen die beschriebenen, völlig unterschiedlichen Wirkungen jeweils -in Klammern gesetzt- in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den jeweiligen Inhaltsstoffen Asiatischem Wassernabel, Aroniabeere und Buchweizen. Sowohl die groß neben den Inhaltsstoffen abgebildete Kapsel mit dem Mittel "W" als auch die Überschrift "Starke Venen für leichte Beine" machen aber deutlich, dass es bei sämtlichen Werbeaussagen in erster Linie um das beworbene Mittel geht, das auch noch als "Angebot der Woche" herausgestellt ist. Dem im Vordergrund stehenden Mittel werden dann auch sprachlich ("unter anderem mit") die Inhaltsstoffe zugeordnet und deren spezielle Wirkweisen beschrieben. Für die an dem Venenmittel interessierten Verbraucher kommt es dabei nicht entscheidend darauf an, darüber informiert zu werden, welche Wirkweise die beworbenen Inhaltsstoffe als solche haben. Für sie ist es im Rahmen der vorgesehenen Gesundheitsförderung entscheidend, wie sie als Inhalt des beworbenen Mittels wirken. Deshalb werden die Verbraucher die Wirkweisen der Inhaltsstoffe in der Weise auf das Mittel beziehen, dass dieses selbst im Rahmen des empfohlenen Verzehrs in der angegebenen Weise unterstützend auf die Beschaffenheit der Beinvenen wirkt. Sie werden darüber hinaus auch erwarten, dass sich durch das Zusammenwirken der einzelnen Wirkweisen die positive Gesamtwirkung für die Beinvenen sogar noch verstärkt.

(3) Die Vorstellung der maßgeblichen Verbraucher, das Produkt entfalte in der empfohlenen Dosierung die Wirkungen der einzelnen Inhaltsstoffe, ist unrichtig.

Der Kläger hat im einzelnen dargelegt, dass bei der Einnahme des Produkts angesichts der beim Asiatischen Wassernabel und beim Buchweizenkraut die in zwei Kapseln enthaltene Dosis von jeweils 100 mg und von 20 mg bei der Aroniabeere die beworbenen Wirkungen nicht eintreten können. Falls diese Inhaltsstoffe jeder für sich eine therapeutische Wirkung haben könnten, sei das nur bei einer wesentlich höheren Dosierung der Fall. So sei zu einer entsprechenden Wirksamkeit zum Beispiel beim Buchweizenkraut eine etwa 30 mal so hohe Dosierung erforderlich. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass das Produkt bei dieser Dosierung ihrer Inhaltsstoffe keine pharmakologische Wirkung entfalte. Zwar greift die Beklagte ausdrücklich an, dass das Landgericht daraus im Umkehrschluss gefolgert habe, dem Produkt und seinen Inhaltsstoffen komme überhaupt keine Wirkung zu. Die Substanzen sollen nach ihrem Vortrag vielmehr auch in der empfohlenen Menge jedenfalls ernährungsphysiologisch unterstützend auf den Zustand der Beinvenen wirken. Was damit insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Gesamtwirkung der Inhaltsstoffe gemeint ist und ob das so richtig ist, kann dahinstehen. Denn damit, dass es allein um eine solche ernährungsphysiologischen Unterstützung geht, also eine Unterstützung der Venen, die auch durch eine ausgewogene tägliche Ernährung mit Lebensmitteln ohne die Zuführung besonderer Substanzen möglich wäre, rechnet der angesprochene Verbraucher angesichts der hiesigen Werbung nicht. Auch wenn er keine klare Vorstellung von einer pharmakologischen Wirkung haben und sie deshalb nicht beim Namen nennen könnte, erwartet er eine positive Wirkung, die dem Mittel dank der herausgestellten Inhaltstoffe mit ihren Wirkweisen zuzuschreiben ist und die durch eine noch so ausgewogene Ernährung nicht möglich ist. Diese Erwartung wird in jedem Fall enttäuscht.

(4) Diese Fehlvorstellung ist auch für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verbraucher wesentlich und deshalb wettbewerbsrechtlich relevant. Gerade weil die Verbraucher die in Zusammenhang mit der Beschreibung der Inhaltsstoffe versprochenen Wirkungen auch auf das Mittel selbst beziehen und sich davon eine besondere Verbesserung des Zustandes ihrer Beinvenen versprochen haben, die sich rein ernährungsphysiologisch nicht erreichen ließe, sind sie bereit, die erheblichen Kosten für das neue Venenmittel aufzuwenden. Das hat das Landgericht auch schon zutreffend ausgeführt.

d) Die gesetzeswidrige Werbung ist auch geeignet, den Wettbewerb auf dem hier einschlägigen Markt der Gesundheitsmittel im Sinne des § 3 UWG nicht nur unwesentlich zu beeinträchtigen. Das ergibt sich allein schon aus der wettbewerbsrechtlichen Relevanz. Wesentlich ist die Beeinträchtigung des Wettbewerbs aber auch schon deshalb, weil nur die einheitliche Anwendung der gegen Täuschung der Verbraucher gerichteten Vorschriften die notwendige Garantie dafür ist, den beabsichtigten Schutz der Gesundheit der Verbraucher lückenlos zu gewährleisten. Gerade in einem Bereich, in dem es um Mittel zur Vermeidung oder Linderung der ständigen und dauerhaften Beeinträchtigungen durch Beinvenenleiden geht, ist eine genaue Aufklärung der Verbraucher über bestimmte Wirkweisen und die dazu erforderlichen Dosierungen von in einem Mittel enthaltenen Zusatzstoffen erforderlich, um der unnötigen oder unwirksamen Einnahme von Ergänzungsmitteln oder möglicherweise ungeeigneten Behandlungen vorzubeugen.

4) Für die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten Werbung und das ausgesprochene Verbot sind hier europarechtliche Gesichtspunkte, wie sie in der Entscheidung BGH GRUR 2004, 793 -Sportlernahrung II angesprochen worden sind, nicht maßgeblich. Auch wenn das Produkt in den Niederlanden hergestellt worden ist und dort auch zulässig in Verkehr gebracht worden sein sollte, könnte das für die Zulässigkeit des Vertriebs des Mittels im Hinblick auf seine Zusatzstoffe von Bedeutung sein, nicht aber dafür, ob durch die Werbung für das Mittel Abnehmer in Deutschland, an die sich die Werbung ausschließlich richtet, irregeführt werden oder nicht. Wie das Landgericht aber schon zutreffend ausgeführt hat, bedarf die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch auch deshalb besteht, weil das Mittel Zusatzstoffe enthält, die weder als Zutat noch nach der Novel-Food Verordnung zugelassen sind, hier keiner gesonderten Entscheidung.

5) Dem Kläger steht auch der Anspruch auf Erstattung der pauschalierten Abmahnkosten in Höhe von 162,40 € nebst Zinsen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Das wird von der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht mehr gesondert angegriffen.

Die sich aus § 543 Abs. 1 ZPO ergebenden Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind vorliegend nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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