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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.11.2007
Aktenzeichen: 4 U 23/07
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91 a
UWG § 3
UWG § 7 Abs. 1
UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2
UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Altern.
UWG § 7 Abs. 2 Ziff. 2
UWG § 7 Abs. 2 Ziff. 2 2. Altern.
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3
BGB § 305
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Gründe:

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gem. § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Das nach dieser Vorschrift maßgebliche billige Ermessen gebietet es hier, der Beklagten als mutmaßlich unterlegener Partei die Kosten des Rechtsstreits insgesamt aufzuerlegen.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts leidet der Klageantrag, den die Klägerin in der Berufungsinstanz weiterverfolgt hat, nicht an einer fehlenden hinreichenden Bestimmtheit. Auch in der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihr Verbotsbegehren so gefasst, dass der Beklagten untersagt werden sollte, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher unter deren privaten Telefonanschlüssen anzurufen oder anrufen zu lassen, um diesen Lose für eine Klassenlotterie anzubieten, sofern eine vorherige Einwilligung des angerufenen Verbrauchers zu einem derartigen Werbeanruf der Beklagten nicht vorlag.

Das Ausgangsverbot ist hier in jedem Falle klar und eindeutig formuliert. Denn es geht nämlich generell um das Verbot, telefonisch für die Klassenlotterie zu werben.

Wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, kann sich die Unbestimmtheit eines Verbotsantrages nicht nur aus dem Verbotsgegenstand, sondern auch aus seinen Ausnahmen ergeben. Diese Ausnahme wird hier in der vorherigen Einwilligung gesehen. Der Begriff der Einwilligung ist aber durchaus schillernd, so dass der Schuldner unter Umständen nicht hinreichend erkennen mögen kann, wann er anrufen darf und wann nicht. Das folgt auch daraus, dass es nicht nur darum geht, ob überhaupt eine Einwilligung vorliegt. Die Frage ist auch, ob eine wirksame Einwilligung gegeben ist. Von daher könnte man die Auffassung vertreten, dass die Prüfung der Wirksamkeit der Einwilligung in das Vollstreckungsverfahren verlegt würde, wohin eine solche Prüfung eigentlich nicht gehören würde.

Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof im Fall der verbotenen Telefonwerbung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative UWG entschieden, dass bei einem Verbot einer Telefonwerbung gegenüber sonstigen Marktteilnehmern keine hinreichende Bestimmtheit des Verbotsantrages gegeben ist, wenn die Verbotsausnahme dahingehend bestimmt wird, dass Umstände vorliegen, aufgrund deren das Einverständnis vermutet werden könne (BGH der Betrieb 2007, 1190 - Telefonwerbung für Individualverträge).

Damit ist der vorliegende Fall, bei dem es um Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern geht aber nicht vergleichbar. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 15.08.2006 (Az. 4 U 78/06) ein Verbot als hinreichend bestimmt gebilligt, durch das der Beklagten verboten worden war, Verbraucher ohne deren vorheriges Einverständnis zu Werbezwecken anzurufen. Der Bundesgerichtshof hat die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof in der oben erwähnten Entscheidung ("Telefonwerbung für Individualverträge") dieses Senatsurteil zitiert und ausgeführt, dass bei der Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern, also der ersten Alternative des § 7 Abs. 2 Ziff. 2 UWG etwas anderes zu gelten habe, als bei der Telefonwerbung gegenüber sonstigen Marktteilnehmern nach § 7 Abs. 2 Ziff. 2 2. Altern. UWG.

Es muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass eine auslegungsbedürftige Verbotsformulierung dann noch hinzunehmen sein kann, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Werbemethode erforderlich erscheint (BGH a.a.O. - Telefonwerbung für Individualverträge). Solche Ausnahmefälle hat der Bundesgerichtshof auch schon in seiner früheren Rechtsprechung angenommen. In der Entscheidung "Ansprechen in der Öffentlichkeit II (GRUR 2005, 445) hat der Bundesgerichtshof im Rahmen des § 7 Abs. 1 UWG eine Beschränkung des Verbots, Passanten anzusprechen, hingenommen, wenn der Werbende als solcher erkennbar ist. In der Entscheidung "Direktansprache am Arbeitsplatz" (GRUR 2004, 696) hat der Bundesgerichtshof die Einschränkung "Telefonat, das über eine erste Kontaktaufnahme nicht hinausgeht" ebenfalls noch hingenommen.

Ein vergleichbarer Ausnahmefall ist auch hier gegeben, in dem letztlich dem Vollstreckungsgericht die Prüfung der Wirksamkeit der Einwilligung überlassen bleiben muss. Dafür spricht, dass der Bedeutungskern klar ist. Die Wirksamkeit individuell erklärter Einwilligungen lässt sich in der Regel zudem leicht feststellen. Problematisch sind nur die Einwilligungen, die der Telefonwerber aus allgemeinen Geschäftsbedingungen herleiten will. Hier würde man den Rechtsschutz der Klägerin aber unzulässig verkürzen, wenn sie jeweils die konkrete Art und Weise der Erteilung der Einwilligung in ihren Verbotsantrag aufnehmen müsste. Angesichts der Fülle der möglichen Formulierungen allgemeiner Geschäftsbedingungen liefe die Klägerin ihnen mit ihren Verbotsbegehren immer nur hinterher. Diesem berechtigten Schutzbegehren der Klägerin kann nur Rechnung getragen werden, wenn man die Verbotsausnahme allgemein mit der fehlenden Einwilligung umschreibt.

Auch in der Sache wäre der geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet gewesen, §§ 8 Abs. 3 Nr. 3; 3; 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Altern. UWG. Die Klagebefugnis der Klägerin ist nicht im Streit gewesen. Die Telefonanrufe sind auch unstreitig erfolgt.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Herr S mit den Erklärungen, wie sie dem Senat als Anlagen B 2 und B 3 vorliegen, wirksam in die Telefonate eingewilligt hat. Denn diese Einwilligungen sind unwirksam. Als vorformulierte allgemeine Erklärungen sind sie allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB, die der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhalten. Die Beklagte möchte hier nämlich von dem Adressenhandel profitieren, den eine dritte Firma eröffnen wollte. Die Preisgabe des Schutzes nach § 7 Abs. 2 Nr. 2

UWG als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel verknüpft aber zwei Leistungen, die nichts miteinander zu tun haben.

Ende der Entscheidung

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