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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 4 UF 272/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 323 Abs. 1
ZPO § 323 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26. 9. 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 10. 2. 2003 (Aktenzeichen: 178 F 4745/02) verurteilt, an die Klägerin ab 22. 3. 2005 nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.232,55 € zu zahlen.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil vom 26. 9. 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die Parteien nehmen sich wechselseitig auf Abänderung eines Unterhaltstitels in Anspruch.

Die am 6. 9. 1944 geborene Klägerin und der am 26. 4. 1935 geborene Beklagte waren vom 11. 12. 1980 bis zur Scheidung durch Urteil des AG Unna vom 2. 7. 1986, rechtskräftig seit dem 9. 8. 1986, miteinander verheiratet. Aus der Ehe ist eine am 27. 2. 1981 geborene Tochter hervorgegangen, die nach der im Mai 1984 erfolgten Trennung der Parteien bei der Mutter lebte und seit Anfang 2001 über eigenes Einkommen verfügt. Der Beklagte ist Pensionär bei der Post und wieder verheiratet; seine Ehefrau hat eine behinderte Tochter in die Ehe gebracht. Kinder sind aus der zweiten Ehe des Beklagten nicht hervorgegangen.

Die Klägerin war teilschichtig als Raumpflegerin tätig; seit dem 1. 5. 2004 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Dem vorliegenden Rechtsstreit gingen mehrere Unterhaltsprozesse voraus. Am 27. 1. 1999 schlossen die Parteien vor dem Oberlandesgericht Hamm (5. Familiensenat) einen Vergleich, worin sich der Beklagte in Abänderung eines Urteils aus 1993 mit Wirkung ab Februar 1999 zur Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe von 850 DM (900 DM abzüglich 50 DM für eine zu verrechnende Überzahlung) verpflichtete. Grundlage dieses Vergleichs waren die Versorgungsbezüge des Beklagten in Höhe von (bereinigt) 3.600 DM, ein Wohnwert von 1.160 DM, Mieteinnahmen aus dem bei der Ehescheidung vorhandenen Grundbesitz in Höhe von 464 DM, Kindesunterhalt in Höhe von 630 DM und ein fiktives Einkommen der Klägerin in Höhe von 1.700 DM (6/7 davon = 1.460 DM). Durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 10. 2. 2003 wurde der Beklagte sodann unter Abänderung des vorgenannten Vergleichs für die Zeit ab August 2001 verurteilt, an die Klägerin Nachscheidungsunterhalt in Höhe von monatlich 992,37 € zu zahlen. Hierbei legte das Amtsgericht ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 2.061,30 €, fortgeschriebene Mieteinnahmen von 500 DM = 255,65 €, einen fortgeschriebenen Wohnwertvorteil des Beklagten in Höhe von 1.200 DM = 613,55 € sowie auf Seiten der Klägerin ein fortgeschriebenes fiktives Einkommen von 1.750 DM (894,76 €) zugrunde. Von der Hälfte der Einkommensdifferenz brachte das Amtsgericht wegen der weiterhin zu verrechnenden Überzahlung 50 DM = 25,50 € in Abzug, so dass sich ein Betrag von 992,37 € errechnete. Der Beklagte legte gegen das Urteil vom 10. 2. 2003 Berufung ein, die er im Senatstermin vom 18. 9. 2003 zurücknahm.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten für die Zeit ab September 2004 auf Erhöhung des titulierten Unterhalts auf 1.335 € in Anspruch genommen mit der Begründung, sie beziehe nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherung lediglich ein Renteneinkommen in Höhe von 330,58 €; eine Erwerbstätigkeit könne sie nicht mehr ausüben.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten; im Wege der Widerklage hat er eine Reduzierung des Unterhalts auf 480 € geltend gemacht. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass der im Vorprozess noch in die Unterhaltsberechnung eingeflossene Splittingvorteil nur der neuen Ehe zugute kommen dürfe, weshalb sich seine Pension rechnerisch auf netto 19.354,62 € im Jahr reduziere. Aus dem eheprägenden Mietobjekt sei in 2004 nur noch ein Überschuss in Höhe von brutto 9.840,02 € erzielt worden; infolge von Leerständen und Beschädigungen sei es zu erheblichen Mietausfällen und Instandsetzungskosten gekommen. Er habe deshalb seinen Kreditrahmen erhöhen, sein Wertpapierdepot verpfänden und zur Absicherung der Darlehen eine Lebensversicherung abschließen müssen, für die er jährlich 7.827,70 € aufbringen müsse. Zudem müsse er das genannte Darlehen mit 2.527,68 € tilgen, so dass er im Ergebnis keine positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung habe. Der Klägerin sei zusätzlich ein fiktives Renteneinkommen von rund 120 € zuzurechnen, weil sie ihre Obliegenheit zu vollschichtiger Erwerbstätigkeit fortlaufend verletzt habe und infolgedessen jetzt weniger Rente beziehe. Ein Wohnwertvorteil sei ihm nicht zuzurechnen, denn der Wohnvorteil sei ersatzlos weggefallen.

Das Amtsgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Es hat aus monatlichen Pensionseinkünften - bereinigt um den Zuschlag für die behinderte Stieftochter sowie den Splittingvorteil - in Höhe von netto 1.613,81 €, bereinigten Mieteinkünften in Höhe von monatlich 500 € und einem Wohnwertvorteil von 613,55 € ein Einkommen des Beklagten in Höhe von 2.742,00 € errechnet. Dass der Beklagte nicht mehr in der Ehewohnung lebe, könne zur Stützung eines Abänderungsbegehrens nicht berücksichtigt werden, weil diese Einwendung schon im Vorprozess habe geltend gemacht werden können. Dem Einkommen des Beklagten stehe ein Renteneinkommen der Klägerin von 575 € gegenüber, das wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit der Klägerin um 130 € zu erhöhen und um Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 247,00 € zu reduzieren sei. Bei einem bereinigten Einkommen der Klägerin von 458 € errechne sich ein Unterhaltsanspruch von 1.134,50 €; hiervon sei im Wege des Direktabzugs der der Klägerin im Wege des Versorgungsausgleichs zugeflossene Betrag abzusetzen; dies seien rund 120 €. Der sich danach errechnende Betrag weiche nur geringfügig vom titulierten Unterhalt ab, so dass eine Abänderung nicht gerechtfertigt sei.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin rügt zunächst, dass das Amtsgericht ihren Unterhaltsanspruch wegen des Versorgungsausgleichs gekürzt habe; ihre Rente sei bereits unter Berücksichtgung des Versorgungsausgleichs errechnet worden. Auch in den Ruhegehaltsbezügen des Beklagten sei diese Kürzung bereits enthalten. Dem Beklagten sei ein um rund 1.200 € jährlich erhöhtes Pensionseinkommen zuzurechnen, weil der Beklagte unter Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit 6 Jahre lang nur teilschichtig gearbeitet habe. Der im Pensionseinkommen enthaltene Zuschlag für die behinderte Stieftochter dürfe nur mit dem Nettobetrag herausgerechnet werden. Zu berücksichtigen sei das begrenzte Realsplitting, das zu einem Steuervorteil des Beklagten in Höhe von 180 € führe. Hinzuzusetzen seien der Wohnwertvorteil sowie das Mieteinkommen von 500 €, wobei dieser Betrag nur mit Bedenken akzeptiert werden könne, weil die Einnahmen durch Gebäudeabschreibungen gemindert worden seien. Ein eheprägender Wohnwert sei dem Beklagten schon im Urteil vom 30. 5. 1988 zugerechnet worden, obwohl das Objekt schon damals verkauft gewesen sei. Dies habe der Beklagte in den Vorprozessen wiederholt vorgetragen; schon im Rahmen der damaligen Erörterungen vor dem OLG sei der Beklagte darauf hingewiesen worden, dass der Wohnwert fortzuschreiben sei. Da die Parteien bereits im Vorfeld Verhandlungen über die Neuberechnung des Unterhaltes geführt hätten und sich einig gewesen seien, dass der Unterhalt zum 1. 9. 2004 neu zu berechnen sei, könne sie den erhöhten Unterhalt ab 1. 9. 2004 verlangen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 10. 2. 2003 zu verurteilen, an sie ab 22. 3. 2005 nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.232,55 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

1.

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

2.

unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht - Dortmund vom 10. 2. 2003 dahin abzuändern, dass er ab Zustellung der Widerklage nur noch zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 480 € verpflichtet sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte meint, die Berufung auf den Wegfall des Wohnvorteils dürfe ihm auch im Rahmen der Widerklage nicht versagt bleiben. Schon bei Abschluss des Vergleichs im Jahre 1999 sei die Hinzurechnung des Wohnvorteils materiell-rechtlich unrichtig gewesen. Wenn es dann aus anderen Gründen zu einer Änderung komme, könne die seinerzeit zu Unrecht angesetzte Position im Wege der Annexkorrektur ebenfalls korrigiert werden. Es sei ihm auch unter Berücksichtigung seines Alters nicht mehr zuzumuten, eine weitere Perpetuierung des Fehlers hinzunehmen. Zu bedenken sei auch, dass der abzuändernde Titel seine Grundlage in einem Vergleich habe, der unstreitig schon damals unrichtig gewesen sei und der an die veränderten Verhältnisse unter Wahrung der dem Parteiwillen entsprechenden Grundlagen anzupassen sei. Hilfsweise berufe er sich zur Verteidigung gegen die Abänderungsklage der Klägerin auf den Wegfall des Wohnwertvorteils. Zu prüfen sei auch die Frage der zeitlichen Beschränkung des Unterhalts. Zu Unrecht habe das Amtsgericht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 500 € einbezogen. Es seien lediglich die Einkünfte aus dem Objekt L-Straße zu berücksichtigen, weil er alle anderen Objekte erst nach der Scheidung der Parteien von den Eltern übernommen bzw. geerbt habe. Bei der Ermittlung der Einkünfte seien erhebliche Leerstände und Belastungen zu berücksichtigen, so dass im Ergebnis keine Mieteinkünfte zu verzeichnen seien.

Im Senatstermin vom 29. 5. 2006 hat die Klägerin erklärt, es handele sich bei ihrer Abänderungsklage um eine Teilklage; sie behalte sich eine Nachforderungsklage vor.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet, während das gleichfalls zulässige Rechtsmittel des Beklagten unbegründet ist.

I.

Die Abänderungsklagen der Parteien sind gem. § 323 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zulässig, denn beide Parteien berufen sich auf eine nachträglich eingetretene wesentliche Änderung der dem abzuändernden Titel zugrunde liegenden Verhältnisse. Auf Seiten der Klägerin entfällt mit der eingetretenen - durch Rentenbezug dokumentierten - Erwerbsunfähigkeit die Zurechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens, während als Abänderungsgrund auf Seiten des Beklagten die geänderte Rechtsprechung zum Splittingvorteil (BVerfG FamRZ 2003, 1821 ff) zu berücksichtigen ist. Ob seitens des Beklagten weitere Abänderungsgründe - etwa in Bezug auf den Wohnwertvorteil - mit Substanz dargetan sind, kann an dieser Stelle offen bleiben.

II.

Die Abänderungsklage der Klägerin ist begründet, denn aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen beträgt ihr Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gegen den Beklagten ab Rechtshängigkeit der Abänderungsklage (22. 3. 2005) mindestens 1.232,55 €. Die Widerklage ist dagegen nicht begründet.

1.

Die Klägerin verfügt im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum über ein Renteneinkommen in Höhe von netto 458,16 €, das sich wie folgt zusammen setzt:

Tatsächliche Rente lt. Bescheid zum 1. 7. 2005: 575,18 €

Dieser Betrag ist um 130,00 € zu erhöhen, weil die Klägerin eine entsprechend höhere Rente bezöge, wenn sie ihrer Erwerbsobliegenheit nachgekommen wäre; die zutreffenden Ausführungen hierzu im angefochtenen Urteil werden nicht angegriffen.

Vom Bruttobetrag der Rente in Abzug zu bringen sind die Krankenversicherungskosten mit 247,02 €.

Das bereinigte Einkommen beträgt daher 458,16 €.

Über Erwerbseinkünfte verfügt die Klägerin, wie sie im Senatstermin glaubhaft bestätigt hat, seit Beginn des Rentenbezugs nicht mehr.

2.

Das Einkommen des Beklagten errechnet sich wie folgt:

a)

In 2005 hat der Beklagte nach der vorliegenden Steuerbescheinigung Versorgungsbezüge in Höhe von brutto 29.356,48 € bezogen; die Minderung infolge des Versorgungsausgleichs ist dabei bereits berücksichtigt. Als nicht eheprägend in Abzug zu bringen ist die Zulage für das behinderte Kind der Ehefrau des Beklagten in Höhe von (90,05 x 12 =) 1.080,60 € brutto, so dass 28.275,88 € brutto verbleiben.

b)

Weitere - fiktive - Pensionseinkünfte sind dem Beklagten nicht zuzurechnen. Zwar war auch der Beklagte rund 6 Jahre lang nur teilschichtig tätig, und er ist bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Pension gegangen; hätte er bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres vollschichtig gearbeitet, wären seine Pensionseinkünfte nach der vorliegenden Auskunft um monatlich 105,56 € höher. Grundsätzlich kommt eine Zurechnung fiktiver Einkünfte deshalb durchaus in Betracht.

Allerdings ist dieser Gesichtspunkt weder im Vergleich vom 27. 1. 1999 noch in dem danach geführten Vorprozess berücksichtigt worden, obwohl es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, sich auch hierauf zu berufen; vielmehr ist jeweils das tatsächliche Pensionseinkommen des Beklagten in die Unterhaltsberechnung eingestellt worden. Deshalb kann die Klägerin diesen Gesichtspunkt nach der Präklusionsregel des § 323 Abs. 2 ZPO zur Stützung ihres Abänderungsverlangens nicht mehr geltend machen.

c)

Neben den oben ermittelten Pensionseinkünften sind Mieteinkünfte des Beklagten aus dem - allein eheprägenden - Objekt L-Straße in E in Höhe von brutto 14.442,33 € zu berücksichtigen.

Der Senat hat die Höhe der Mieteinkünfte anhand der vorliegenden Steuererklärungen und -bescheide ermittelt, die wesentlich aussagekräftiger sind als die zahlreichen vom Beklagten vorgelegten Einzelbelege, denn es ist davon auszugehen, dass der Beklagte alle Aufwendungen für das Mietobjekt steuerlich geltend gemacht hat.

Die zur Tilgung der Darlehen aufgewandten Beträge (2.527,68 €) können ebenso wie die Beiträge zur Kapitallebensversicherung (7.827,70 €) nicht in Abzug gebracht werden, denn die Leistungen dienen der Vermögensbildung. Dass der Beklagte angesichts seiner bereits laufenden Versorgungsbezüge und Immobilien noch eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben müsste, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Auch die nach Darstellung des Beklagten zunehmenden Leerstände in den Wohnungen rechtfertigen es nicht, von den anhand der Steuerunterlagen ermittelten Werte abzuweichen. Dass es bei der Belegung von Mietwohnungen Schwankungen gibt, liegt in der Natur der Sache; dem kann in der Regel durch Bildung eines Mehrjahresdurchschnitts Rechnung getragen werden (vgl. Wendl/Staudigl-Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Auflage, § 1 Rn. 295). Im übrigen wird durch das nachfolgende Rechenwerk dokumentiert, dass der Beklagte trotz des nach seiner Behauptung zunehmenden Leerstands aus der Vermietung des Objektes ein beträchtliches Einkommen erzielt hat; die Schwankungen beruhen vor allem auf der unterschiedlichen Höhe der Erhaltungsaufwendungen (2002: 12.591 €; 2003: 27.655 €; 2004: 14.136 €).

Die in den Steuerbelegen enthaltenen Abschreibungen können unterhaltsrechtlich nicht akzeptiert werden (a. a. O. Rn. 300 m. w. N.), weshalb die in den Steuerunterlagen ausgewiesenen Mieteinkünfte um die Abschreibungen zu erhöhen sind.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben errechnen sich die Mieteinkünfte des Beklagten für das Objekt L-Straße (21 Wohnungen, 1.189 qm) anhand der eingereichten Belege wie folgt:

 2002: Gesamteinnahmen: 96.338 €
Werbungskosten: - 78.595 €
Davon Abschreibung: + 4.222 €
Bereinigte Einkünfte brutto 21.965 €

 2003: Gesamteinnahmen:100.323 €
Werbungskosten: - 95.600 €
Davon Abschreibung: + 4.222 €
Bereinigte Einkünfte brutto: 8.945 €

 2004: Gesamteinnahmen: 94.005 €
Werbungskosten: - 85.810 €
Davon Abschreibung: + 4.222 €
 12.417 €

Es errechnen sich Mieteinkünfte (brutto) in den genannten Jahren in Höhe von insgesamt 43.327 € bzw. 14.442,33 € im Jahr (1.203,53 € monatlich).

d)

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist sein Einkommen weiterhin um einen eheprägenden Wohnwertvorteil in Höhe von 613,55 € zu erhöhen. Der Streit um die Berücksichtigungsfähigkeit eines Wohnwertvorteils war bereits Gegenstand der beiden erwähnten Vorprozesse. Mithin haben die Parteien den Wohnwert im damals geschlossenen Vergleich in Kenntnis der damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Probleme festgeschrieben und der früheren Streitfrage, ob der Wohnvorteil sich (nur) an dem um Verbindlichkeiten bereinigten Verkaufserlös oder aber an dem (möglicherweise teilweise damit finanzierten) jetzigen Haus des Beklagten fortsetzt, die Grundlage entzogen. Unstreitig hat der Beklagte die frühere Ehewohnung verkauft, und bei lebensnaher Betrachtungsweise liegt auf der Hand, dass der Erlös von wohl 180.000 DM in irgendeiner Weise im Vermögen des Beklagten gewinnbringend angelegt worden ist, so dass im Ergebnis ein - konkret nicht mehr feststellbares - Surrogat für den Wohnwertvorteil im Vermögen des Beklagten verblieben ist. Gerade deshalb lag es aus damaliger Sicht nahe, den Streit um Wohnwert und Surrogat zu beenden und den eheprägenden Wohnwert unabhängig von der konkreten Verwendung des Verkaufserlöses festzuschreiben. Von einer unter Missachtung der materiellen Rechtslage nur irrtümlich erfolgten Festschreibung eines Wohnwertvorteils im Vergleich (und folgerichtig im Urteil vom 10. 2. 2003) kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Ein Abänderungsgrund lässt sich deshalb ebenso wenig feststellen wie eine materiellrechtliche Unrichtigkeit der Festlegung, so dass der Beklagte an die im Vergleich getroffene und durch Urteil vom 10. 2. 2003 modifizierte Regelung gebunden ist. Dies gilt auch für die im Vorprozess festgesetzte Höhe von 613,55 €.

e)

Vom so ermittelten Jahreseinkommen des Beklagten in Höhe von (28.275,88 + 14.442,33 =) 42.718,21 € (zuzüglich Wohnwert) ist eine Steuerlast in Höhe von insgesamt 1.988,66 € in Abzug zu bringen, so dass die Pensions- und Mieteinkünfte des Beklagten mit netto 40.729,55 € in die Berechnung einzustellen sind.

aa)

Hierbei ist nicht auf die tatsächlich entrichteten Steuern abzustellen, denn der Splittingvorteil des Beklagten aus dessen neuer Ehe ist herauszurechnen (vgl. BVerfG a. a. O.) Die vom Beklagten zu zahlende Steuerlast ist deshalb fiktiv unter Zugrundelegung der Grundtabelle zu ermitteln. Dabei kann die Einkommensteuer - anders als in den Vorprozessen - nicht separat für die einzelnen Einkommensarten, sondern nur anhand des Gesamteinkommens ermittelt werden; nur so kann die Einkommensentwicklung überhaupt nachvollzogen werden.

bb)

Der Splittingvorteil soll der Klägerin - wie erwähnt - nicht zugute kommen, so dass die Einkommensteuer nach der Grundtabelle zu ermitteln ist. Einkommenserhöhend ist demgegenüber allerdings der sogenannte Realsplittingvorteil in Ansatz zu bringen. Dieser ist zwar im abzuändernden Titel - soweit ersichtlich - nicht berücksichtigt worden, doch stattdessen kam der Klägerin bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Splittingvorteil zugute. Dessen Wegfall rechtfertigt eine Einbeziehung des Realsplittingvorteils auch dann, wenn dieser im Ausgangstitel keine Berücksichtigung gefunden hat.

Infolge des Realsplittings reduziert sich das zu versteuernde Einkommen des Beklagten jährlich um mindestens 8.834,22 €, wobei der Senat den vom Beklagten geschuldeten Unterhalt lediglich mit den unstreitigen "Sockelbeträgen" für 2005 in Abzug gebracht hat. Da der Beklagte den Ausgangstitel erst für die Zeit ab Zustellung der Widerklage (15. 6. 2005) angegriffen hat, sind für das erste Halbjahr 2005 monatlich 992,37 € und für das zweite Halbjahr 2005 monatlich 480 € zu berücksichtigen, insgesamt also 8.834,22 €. Auch für 2006 setzt der Senat zugunsten des Beklagten lediglich den vorgenannten Betrag an, obwohl es nahe liegt, dass der Beklagte in diesem Jahr deutlich höhere Unterhaltszahlungen leisten wird; für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es auf die genaue Höhe des Realsplittingvorteils jedoch nicht an, so dass diese Frage offen gelassen wird.

cc)

Die Einkommensteuer des Beklagten kann dann wie folgt ermittelt werden:

Versorgungsbezüge brutto| 28.275,88 €| 28.275,88 € Mieteinkünfte durchschnittlich| 14.442,33| € 14.442,33 € Davon nicht zu versteuern:|| Abschreibung: Der aus der Abschreibung resultierende Steuervorteil hat die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt|- 4.222,00 €| Realsplitting:| - 8.834,22 €| Altersentlastungsbetrag:| - 1.900,00 €| Versorgungsfreibetrag:| - 3.000,00 €| Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag:| - 900,00 €| Versicherungsbeiträge: Der Senat hat im Steuerbescheid des Beklagten und seiner Ehefrau für 2004 berücksichtigten Versicherungsbeiträge hälftig auf die Ehegatten aufgeteilt; Einwendungen hiergegen sind im Senatstermin nicht erhoben worden.|- 5.069,00 €| Zu versteuerndes Einkommen:| 18.792,99 €| Lohnsteuer:| - 1.737,00 €| - 1.737,00 € Solidaritätszuschlag: - 95,33 € - 95,33 € Kirchensteuer:| - 156,33 €| - 156,33 € Nettoeinkommen aus Miete und Pension||40.729,55 €

Nach Abzug der Steuern errechnet sich (ohne Wohnwert) mithin ein Monatseinkommen von 3.394,13 €.

f)

Der Senat schreibt das so ermittelte Einkommen für 2006 fort; die zu erwartenden Veränderungen (höherer Realsplittingvorteil, Reduzierung des Versorgungs- und des Altersentlastungsfreibetrages) haben auf die zu treffende Entscheidung keinen Einfluss.

g)

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich das Einkommen des Beklagten (ohne Wohnwert) unter Abzug der von der Klägerin erstinstanzlich (unzutreffend) ermittelten Steuerlast in Höhe von 5.654,35 € auf (42.718,21 - 5.654,35 =) 37.036,86 € jährlich bzw. 3.088,66 € im Monat beläuft. Auch bei dieser Berechnung wäre die Abänderungsklage der Klägerin, wie durch die nachfolgende Unterhaltsberechnung (vgl. unten S. 15) dokumentiert wird, begründet.

h)

Vom Einkommen in Abzug zu bringen sind die Krankenversicherungskosten; diese betrugen in 2005 (einschließlich Pflegeversicherung) monatlich 308,39 € und in 2006 monatlich (275,56 € + 41,54 € =)317,10 €.

i)

Einkommensmindernd sind auch die Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von monatlich (146,03 : 12 = ) 12,17 € zu berücksichtigen.

j)

Da der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die steuerlichen Nachteile aus dem Realsplitting zu ersetzen, sind schließlich auch die diesbezüglichen Kosten vom Einkommen abzuziehen. In 2005 waren nach den vorliegenden Belegen Vorauszahlungen in Höhe von (212 x 4 =) 848 € sowie eine Nachzahlung für 2004 in Höhe von 470,11 € zu leisten. Der Senat unterstellt zugunsten des Beklagten, dass der Gesamtbetrag von 1.318,11 € auch in 2006 erreicht wird, so dass monatlich 109,84 € in Abzug gebracht werden.

k.

Das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten stellt sich dann wie folgt dar:

2005:

 Pension und Miete: 3.394,13 €
Wohnwert: 613,55 €
KV/PV: - 308,39 €
Gewerkschaft: - 12,17 €
Ausgleich Steuernachteil: - 109,84 €
 3.577,28 €

2006:

 Pension und Miete: 3.394,13 €
Wohnwert: 613,55 €
KV/PV: - 317,10 €
Gewerkschaft: - 12,17 €
Ausgleich Steuernachteil: - 109,84 €
 3.568,57 €

3.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin errechnet sich danach wie folgt:

2005:

 Einkommen des Beklagten: 3.577,28 €
Einkommen der Klägerin: 458,16 €
Differenz: 3.119,12 €

Die Klägerin kann grundsätzlich die Hälfte der Einkommensdifferenz als Unterhalt beanspruchen; das sind 1.559,56 € und damit mehr als beantragt.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Abänderungsklage der Klägerin selbst dann Erfolg hätte, wenn anstelle der vom Senat errechneten Steuerlast die von der Klägerin erstinstanzlich dargelegten Steuern vom Einkommen des Beklagten in Abzug gebracht würden. Das Einkommen des Beklagten wäre dann mit [(42.718,21 - 5.654,35) : 12 + 613,55 - 308,39 - 12,17 - 109,84 =] 3.271,81 € in die Differenzberechnung einzustellen; nach Abzug des Einkommens der Klägerin von 458,16 € verbliebe eine Einkommensdifferenz von 2.813,65 € und ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.406,82 €. Auch dann würde der geltend gemachte Unterhaltsbetrag von 1.232,55 € noch deutlich überschritten.

2006:

Die geringe Erhöhung der Krankenversicherungskosten um 8,71 € auf Seiten des Beklagten führt zu einer marginalen Reduzierung des rechnerischen Unterhaltsanspruchs der Klägerin (um 4,36 €); für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es hierauf nicht an.

4.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist nicht - wie erstinstanzlich geschehen - um den im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Betrag zu kürzen, denn auf beiden Seiten sind die Einkünfte unter Einbeziehung des durchgeführten Versorgungsausgleichs ermittelt worden.

5.

Eine Befristung des Unterhaltsanspruches kommt nicht in Betracht; eine hierauf gestützte Abänderungsklage wäre wegen § 323 Abs. 2 ZPO bereits unzulässig, weil der Beklagte dies schon im Vorprozess hätte geltend machen können (vgl. BGH FamRZ 2004, 1357).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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