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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.01.2009
Aktenzeichen: 4 Ws 10/09
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 67 Abs. 4
StGB § 67 d Abs. 6
Von der gesetzlichen Regelung in § 67 Abs. 4 StGB, wonach die Zeit der Unterbringung bis höchstens zwei Drittel der erkannten Freiheitsstrafe anzurechnen ist, kann nicht abgewichen werden.
Beschluss

Maßregelvollstreckungssache

wegen Vergewaltigung u.a.,

hier: Erledigung der Unterbringung.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 26. November 2008 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn vom 31. Oktober 2008 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:

Die Strafvollstreckungskammer Paderborn hat durch den angefochtenen Beschluss nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. K., Anhörung der Staatsanwaltschaft Bielefeld und des LWL Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt sowie des Untergebrachten die mit Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11. Februar 1999 angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt, die noch offene Reststrafe aus diesem Urteil nicht zur Bewährung ausgesetzt, die Führungsaufsicht auf fünf Jahre bestimmt und den Verurteilten der Aufsicht und Leitung der zuständigen Führungsaufsichtsstelle unterstellt. Die Beiordnung eines Bewährungshelfers und die Erteilung von Weisungen hat sie sich für die Zeit nach Haftentlassung des Verurteilten vorbehalten.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner fristgerecht erhobenen sofortigen Beschwerde insoweit, als er beantragt, festzustellen, dass die durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11.02.1999 angeordnete Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB wegen Fehleinweisung für erledigt erklärt wird; die noch verbleibende Rest Gesamtfreiheitsstrafe aus dem oben genannten Urteil unter geeigneten Auflagen zur Bewährung auszusetzen; die bei der Staatsanwaltschaft Essen (16 VRs 50/82) noch ausstehende Vollstreckung der seit dem 04.05.1999 rechtskräftig widerrufenen Rest Sicherungsverwahrung von 1.252 Tagen zur Bewährung auszusetzen.

Zu 1.: Dieser Antrag ist unzulässig. Im Verfahren nach § 67 d StGB kann u.a. festgestellt werden, dass die Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht mehr vorliegen. Das Begehren des Verurteilten ist jedoch auf eine Durchbrechung der Rechtskraft des zugrundeliegenden Urteils gerichtet. Das dafür vorgesehene Verfahren ist, soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen sollten, was der Senat derzeit nicht zu erkennen vermag, das Wiederaufnahmeverfahren.

Zu 2: Der zulässige Antrag ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, die durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumt werden, unbegründet. Das gilt auch, soweit der Verurteilte die gesamte Zeit der Unterbringung auf die zu verbüßende Strafe angerechnet wissen will. Das Gesetz (§ 67 Abs. 4 StGB) sieht die Anrechnung der Zeit der Unterbringung bis höchstens zwei Drittel der erkannten Freiheitsstrafe vor. Hiervon abzuweichen sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung keinen Anlass (vgl. OLG Frankfurt, StV 2007, 430 f. m.w.N.). Das BVerfG hat zu diesem Problemkreis ausgeführt (vgl. BVerfG, NJW 2405 (2406):

Aufgrund der Verfassungsbeschwerden ist weiter nicht zu entscheiden, ob die in § 67 IV 1 StGB bestimmte Beschränkung der Anrechnung auf zwei Drittel der Strafe auch für den Fall gelten kann, dass die Anordnungsvoraussetzungen der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus (§§ 20, 21 StGB) von vornherein nicht vorgelegen haben. Insoweit kann dahinstehen, ob sich bei unrechtmäßiger Freiheitsentziehung von Verfassungs wegen eine vollständige Anrechnung der Maßregelzeit gebietet. Eine Entscheidung darüber, ob die Maßregel rechtswidrig, auf tatsächlich fehlerhafter Grundlagen angeordnet wurden, ist nur in dem dafür vorgesehenen Wiederaufnahmeverfahren zu treffen. Darüber konnten die Gerichte im Vollstreckungsverfahren wegen der fortbestehenden Rechtskraft des erkennenden Urteils nicht befinden. Ob die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme der Verfahren nach §§ 359 ff. StPO als erfüllt anzusehen sind, ist allein der Auslegung durch die dazu berufenen Fachgerichte in dem vorgesehenen Verfahrensgang vorbehalten. Entsprechend unterliegt es auch zunächst ihrer Prüfung und Entscheidung, in welchem Umfang eine Anrechnung der Zeit des Maßregelvollzuges erfolgen muss, sollte festgestellt werden, dass die Maßregelanordnung zu Unrecht erfolgt ist.

Danach ist mangels erfolgreich durchgeführten Wiederaufnahmeverfahrens eine Anrechnung von mehr als zwei Drittel der erkannten Strafe nicht geboten.

Zu 3: Dieser Antrag ist schon deshalb unzulässig, weil die Strafvollstreckungskammer bisher über die Frage der Aussetzung der widerrufenen Rest Sicherungsverwahrung im Verfahren StA Essen 16 VRs 50/82 noch nicht entschieden hat. Es fehlt damit eine anfechtbare erstinstanzliche Entscheidung. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach Ablauf von zehn Jahren der Sicherungsverwahrung zwar eine Überprüfung vorzunehmen ist, ob gemäß § 67 d Abs. 3 StGB die Sicherungsverwahrung für erledigt zu erklären ist, um eine Höchstfrist handelt es sich dabei aber, anders als nach früherem Recht, nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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