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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: 4 Ws 318/03
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 302 | |
StPO § 44 |
Beschluss
Strafsache
wegen Trunkenheit im Verkehr
Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 28. April 2003 gegen den Beschluss der 5. Strafkammer des Landgerichts Münster vom 15. April 2003 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. 05. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Coesfeld vom 9. Januar 2003 gewährt.
Gründe:
Das Amtsgericht Coesfeld hat den Angeklagten mit Urteil vom 9. Januar 2003 wegen "Trunkenheit im Verkehr" zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,- € verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen und den ihm erteilten Führerschein eingezogen und hat angeordnet, dass ihm vor Ablauf von noch acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass der Angeklagte wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig ist. Als angewendete Strafvorschriften sind "§§ 316 I, 69, 69 a StGB" verkündet worden.
Im Hauptverhandlungsprotokoll vom 9. Januar 2003, das bisher weder von dem Richter noch von dem Protokollführer unterzeichnet worden ist, wurde vermerkt:
"Das anliegende Urteil wurde verkündet.
Es wurde allseits Rechtsmittelverzicht erklärt."
Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten verkündete Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 10. Februar 2003, eingegangen beim Amtsgericht Coesfeld am 12. Februar 2003, Berufung eingelegt. Er hat weiterhin beantragt, das Urteil dahingehend zu berichtigen, dass er nicht wegen vorsätzlicher, sondern wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden ist. Ferner hat er "nötigenfalls" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10. März 2003 die Berichtigung des Urteils und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt sowie die Berufung des Angeklagten als unzulässig verworfen.
Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde des Angeklagten hat das Landgericht Münster durch Beschluss vom 15. April 2003 den Beschluss des Amtsgerichts Coesfeld vom 10. März 2003 aufgehoben, "soweit mit ihm der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Es hat die Berufung des Angeklagten sowie das Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sodann (selbst) verworfen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Beschlüsse Bezug genommen.
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Angeklagte gegen die Entscheidung des Landgerichts.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Dem Angeklagten wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt.
Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 9. Januar 2003 rechtswirksam auf Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts Coesfeld von diesem Tage verzichtet hat. Die Form des Verzichts richtet sich nach der Form für die Rechtsmitteleinlegung (vgl. BGHSt 18, 257; 260; KK-Ruß, 4. Aufl., StPO, § 302 Rdnr. 8 m.w.N.). Gemäß § 314 I StPO kann eine Berufung nur schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Diese Form ist vorliegend nicht eingehalten worden. Zwar kann der Verzicht auch in der Hauptverhandlung nach der Urteilsverkündung erklärt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 302 Rdnr. 19 m.w.N.). In einem solchen Fall muss aber dieser Vorgang nach Maßgabe des § 273 Abs. 3 StPO beurkundet werden: Der Richter muss die vollständige Niederschreibung des Verzichts und die Verlesung anordnen. Dies ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht erfolgt. Schon mangels Einhaltung dieser Förmlichkeit ist die im Protokoll niedergelegte Rechtsmittelverzichtserklärung formunwirksam.
Dem Angeklagten war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung zu gewähren, weil er die Säumnis nicht verschuldet hat. Die Versäumung der Rechtsmittelfrist ist gemäß § 44 S. 2 StPO als unverschuldet anzusehen, weil ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls eine Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist.
Eine Entscheidung über die Berichtigung des Urteils ist nicht veranlasst, da nunmehr eine Überprüfung der materiellen Rechtslage im Berufungsrechtszug erfolgen wird.
Die Rechtsmittelentscheidungen beruhen auf § 473 Abs. 7 StPO.
Ende der Entscheidung
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