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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: 4 Ws 41/05
Rechtsgebiete: UVollzO


Vorschriften:

UVollzO § 89
Zur Frage der Rechtmäßigekeit der Anordnung der Vorführung eines vorläufig Untergebrachten zu Hauptverhandlung im Wege des Sammeltransports.
Beschluss

Sicherungsverfahren

gegen B.F.

wegen im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen versuchten Mordes,

hier: Rechtmäßigkeit von Anordnungen des Vorsitzenden der Strafkammer im Zusammenhang mit der Vorführung des Beschuldigten zur Hauptverhandlung.

Auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 10. Januar 2005 gegen die Anordnung des Vorsitzenden der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 14. Dezember 2004 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 03. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Es wird festgestellt, daß die Anordnung des Vorsitzenden der 2. großen Strafkammer, den Beschuldigten zu den Hauptverhandlungsterminen im Wege des Sammeltransportes vorzuführen, und deren Durchführung rechtswidrig waren.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Der Beschuldigte hat sich ursprünglich mit seiner Beschwerde gegen die Anordnung des Vorsitzenden der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Münster gewandt, durch die seine Vorführung zu den Hauptverhandlungsterminen im Wege des Sammeltransportes angeordnet worden ist. Nachdem gegen ihn am 28. Januar 2005 ein Urteil ergangen ist, begehrt er nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Anordnung.

Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:

Der Beschuldigte ist am 17. Mai 2004 wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts vorläufig festgenommen und nach Erlaß eines Haftbefehls durch das Amtsgerichts Coesfeld vom 18. Mai 2004 - 3 b GS 172/04 - in Untersuchungshaft genommen worden. Der Sachverständige Dr. R., der die Begutachtung des Beschuldigten auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit vorzunehmen hatte, ist in seinem vorläufigen Gutachten vom 7. Juni 2004 zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat wahrscheinlich im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen habe. Bei ihm liege ein gemischt epileptisches Anfallsleiden vor mit generalisierten und komplex-fokalen Anfällen. Trotz einer seit 1998 erfolgenden auch medikamentösen Behandlung sei der Beschuldigte nicht anfallsfrei. Der Beschuldigte habe ihm gegenüber über mehrstündige Abwesenheitszustände berichtet, die als komplex-fokale Anfälle zu deuten seien. Im übrigen liege bei ihm eine epileptische Wesensänderung vor, die in erster Linie durch erhebliche Merkfähigkeitsstörungen, Ratlosigkeit und auch einen gewissen Initiativverlust geprägt sei. Es sei davon auszugehen, daß der Beschuldigte schon häufiger im Rahmen seiner Erkrankung und der diesbezüglichen komplex-fokalen Anfälle, die auch als Dämmerattacken bezeichnet würden, in aggressive Auseinandersetzungen geraten sei. Es sei davon auszugehen, daß die Unrechtseinsichtsfähigkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlung aufgehoben gewesen sei. Allerdings bestehe insoweit eine deutliche Rückfallgefahr, die medikamentös nicht ausreichend begrenzt werden könne. Deshalb schlage er die vorläufige Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus vor.

Das Amtsgericht hat daraufhin am 24. Juni 2004 den Haftbefehl in einen Unterbringungsbefehl nach § 126 a StPO umgewandelt. Die Aufnahme des Beschuldigten im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn ist am 25. Juni 2004 erfolgt.

Mit der Antragsschrift im Sicherungsverfahren der Staatsanwaltschaft Münster vom 29. Juni 2004 ist dem Beschuldigten zur Last gelegt worden, am 17. Mai 2004 im Zustand der Schuldunfähigkeit tateinheitlich versucht zu haben, einen anderen Mensch heimtückisch zu töten und eine andere Person mittels eines gefährlichen Werkzeugs sowie mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich mißhandelt und an der Gesundheit beschädigt zu haben.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26. November 2004 hat der Beschuldigte beantragt, ihn im Wege des Einzeltransportes zu den geplanten Hauptverhandlungsterminen vorführen zu lassen. Der Beschuldigte habe Rückenprobleme, ausreichender Schlaf sei bei Verwendung der in der Justizvollzugsanstalt Münster üblicherweise verwendeten Betten, wie der Beschuldigte aus der Zeit der dort vollzogenen Untersuchungshaft wisse, nicht gewährleistet.

Der Vorsitzende des Schwurgerichts Münster hat unter dem 3. Dezember 2004 Hauptverhandlungstermin auf den 12. Januar 2005, 9.00 Uhr, mit Fortsetzungen am 14., 21., 26. und 28. Januar 2005 jeweils 9.00 Uhr festgesetzt. Er hat die Übersendung einer Terminsnachricht an die Westfälische Klinik für Forensische Psychiatrie verfügt und ein Vorführersuchen - Einzeltransport - an die Justizvollzugsanstalt Hamm gerichtet.

Am 14. Dezember 2004 hat die Justizvollzugsanstalt Hamm dem Vorsitzenden des Schwurgerichts mitgeteilt, ein Einzeltransport sei aus Personalgründen nicht durchführbar. Es ist seitens der Justizvollzugsanstalt eine Vorführung im Wege des Sammeltransportes vorgeschlagen worden, bei dem der Beschuldigte zwischen den Terminen wieder nach Eickelborn zurückgebracht werde. Der Vorsitzende des Schwurgerichts hat sich mit dieser Vorgehensweise vorbehaltlich der Notwendigkeit eines Einzeltransportes aus medizinischen Gründen einverstanden erklärt. Auf eine entsprechende Anfrage des Vorsitzenden des Schwurgerichts hat das Westfälische Zentrum für Forensische Psychiatrie mit Schreiben vom 22. Dezember 2004 mitgeteilt, aus medizinischer Sicht sei ein Einzeltransport nicht erforderlich. Die Rückenprobleme des Beschuldigten ließen sich auf näher ausgeführte Weise hinreichend begrenzen. Zugleich ist aus dem Schreiben hervorgegangen, daß bei dieser Vorgehensweise Übernachtungen des Beschuldigten in der Justizvollzugsanstalt Münster erforderlich würden. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 hat der Vorsitzende des Schwurgerichts dem Verteidiger mitgeteilt, in Hinblick auf die Stellungnahme des Westfälischen Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt sei ihm die Anordnung eines Einzeltransportes nicht möglich.

Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2005 hat der Verteidiger - nach Rückkehr aus dem Urlaub - mit näherer Begründung Beschwerde gegen die zwischenzeitlich erfolgte Verlegung des Beschuldigten in die Justizvollzugsanstalt Münster eingelegt und beantragt, die Verfügung des Vorsitzenden der 2. Strafkammer des Landgerichts Münster aufzuheben und das Westfälische Zentrum für Forensische Psychiatrie Lippstadt anzuweisen, den Beschuldigten zu den jeweiligen Hauptverhandlungsterminen im Landgericht Münster im Wege des Einzeltransportes vorzuführen. Dieser Beschwerde, der der Vorsitzende des Schwurgerichts am 10. Januar 2005 nicht abgeholfen hat und die am folgenden Tag über die örtliche Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht übersandt worden ist, ist am 27. Januar 2005 bei dem Oberlandesgericht eingegangen.

Nachdem gegen den Beschuldigten am 28. Januar 2005 in der vorliegenden Sache ein Urteil ergangen ist, hat der Verteidiger unter näherer Darlegung ein fortbestehendes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verlegung des Beschuldigten in die Justizvollzugsanstalt Münster geltend gemacht und unter Vorlage von zwei Bescheinigungen der Justizvollzugsanstalt Münster nachgewiesen, daß sich der Beschuldigte jeweils ununterbrochen vom 10. Januar 2005 um 12.45 Uhr bis zum 17. Januar 2005 um 9.00 Uhr sowie vom 19. Januar 2005 um 13.15 Uhr bis zum 31. Januar 2005 um 9.00 Uhr in der Justizvollzugsanstalt Münster aufgehalten hat.

II.

1. Der Senat teilt zunächst die Auffassung der Verteidigung, daß sich vorliegend durch das nicht rechtskräftige Urteil vom 28. Januar 2005 die ursprünglich zulässige Beschwerde des Beschuldigten nicht erledigt hat. Das BVerfG hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 18. Dezember 2002 - 2 BvR 1660/02 - (NJW 2003, 1514 f.) insoweit ausgeführt, daß trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung fortbestehen kann, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist. Neben den Fällen der Wiederholungsgefahr und der fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff kommt ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozeßordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Effektiver Grundrechtsschutz gebiete es dann, daß der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen.

Diese Voraussetzungen sieht der Senat hier als gegeben. Vorliegend hat die Anordnung des Vorsitzenden des Schwurgerichts, den Beschuldigten im Wege des Sammeltransportes zu den Verhandlungsterminen vorführen zu lassen, erkennbar dazu geführt, daß der Beschuldigte längere Zeit in der Justizvollzugsanstalt Münster untergebracht war, und zwar in den beiden oben genannten Zeiträumen während zusammenhängender sieben bzw. zwölf Tage. Dies ist geeignet, den Betroffenen nicht nur in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), sondern auch in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) zu beeinträchtigen. Der Beschuldigte konnte während dieser Zeit nicht der erforderlichen medizinischen Betreuung und auch - jedenfalls im Falle seines Einverständnisses - Behandlung zugeführt werden. Diese Grundrechtsbeeinträchtigung hat ganz erhebliches Gewicht. Deutlich wird dies, wenn man bedenkt, daß der Beschuldigte für die von ihm begangene Handlung wahrscheinlich strafrechtlich nicht verantwortlich ist und lediglich im Schutzinteresse der Allgemeinheit erdulden muß, sich in Unfreiheit zu befinden.

2. In der Sache hat der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Beschuldigten auch im wesentlichen Erfolg. Die Anordnung des Vorsitzenden des Schwurgerichts Münster, ihn im Wege des Sammeltransportes zu den Verhandlungstagen vorzuführen und die daraus folgende Konsequenz der vorübergehenden Verlegung des Beschuldigten in die Justizvollzugsanstalt Münster, wie sie in der Beschwerdeschrift konkret dargelegt und angegriffen worden ist, waren rechtswidrig.

Ausgangspunkt für die Überlegung, ob insbesondere wie hier ein wahrscheinlich schuldunfähiger Beschuldigter im Wege eines Sammeltransportes mit der Notwendigkeit einer vorübergehenden Verlegung in eine gerichtsnahe Justizvollzugsanstalt verlegt werden darf, muß sein, daß die vorläufige Unterbringung dem Schutz der Allgemeinheit vor gemeingefährlichen Tätern dient (vgl. nur Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 126 a Rdnr. 1). Dieser Schutzzweck darf aber nicht isoliert gesehen werden, da andernfalls die vorläufige Unterbringung in jeder besonders gesicherten Justizvollzugsanstalt vollzogen werden könnte. Das ist aber nicht der Fall, wie sich unmittelbar aus Nr. 89 UVollzO ergibt. Danach ist die in Hinblick auf § 63 StGB angeordnete einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu vollziehen. Die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ist lediglich für die Dauer von 24 Stunden und nur dann zulässig, wenn eine sofortige Überführung in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus nicht möglich ist. Wenn auch diese Vorschrift in erster Linie den Fall der Aufnahme nach Erlaß einer einstweiligen Unterbringung im Auge haben mag, läßt sich aus ihr ableiten, daß die einstweilige Unterbringung grundsätzlich nur in den genannten speziellen öffentlichen Einrichtungen vollzogen werden darf. Nr. 89 Abs. 1 UVollzO will nämlich auch sicherstellen, daß die Unterbringung in einer Anstalt vollzogen wird, die die notwendige ärztliche Beobachtung und Behandlung des Untergebrachten ermöglicht, wie sie sich aus seiner Krankheit notwendig macht (AK-StPO-Krause, StPO (1992), § 126 a Rdnr. 5; KMR-Müller, StPO, § 126 a Rdnr. 7). Insoweit ist sogar streitig, ob die einstweilige Unterbringung auch in einer Untersuchungshaftvollzugsanstalt mit psychiatrischer Abteilung vollzogen werden darf oder nicht (bejahend: LR-Wendisch, StPO, 24. Auflage, § 126 a Rdnr. 12; verneinend: KK-Boujong, StPO, 5. Auflage, § 126 a Rdnr. 6; Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 126 a Rdnr. 9). Weiter ist zu berücksichtigen, daß hier für den Beschuldigten - anders als bei der Frage der ersten Aufnahme - ein Platz in der Westfälischen Klinik für Forensische Psychiatrie in Lippstadt bereits vorhanden war. Es stellt sich also nicht die Frage, seine Aufnahme kurzfristig zu organisieren, sondern lediglich die wesentlich einfacher zu regelnde und konkret zu planende Frage der Transportdurchführung. Wird gegen den Beschuldigten jedoch im Interesse der öffentlichen Sicherheit quasi als "Sonderopfer" die einstweilige Unterbringung angeordnet, ist als grundsätzlich unverzichtbares Korrektiv und Recht des Beschuldigten zu sehen, daß damit zugleich die Möglichkeit einer fachärztlichen Behandlung (Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 126 a Rdnr. 2 m.w.N.) eröffnet wird. Zugleich ist in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus gewährleistet, daß auf krankheitsbedingtes Entgleisen eines Beschuldigten ärztlich und pflegerisch kompetent reagiert wird. Insbesondere im vorliegenden Fall wird diese Notwendigkeit deutlich: Erfolgt während der Zeit der einstweiligen Unterbringung des Beschuldigten ein krankheitsbedingter und vom Beschuldigten nicht steuerbarer Aggressionsausbruch, dürfte aller Voraussicht nach das Personal in einer Justizvollzugsanstalt mit der sachgerechten Handhabung dieser Situation überfordert sein, sondern ein fachärztliches Eingreifen erforderlich machen.

Das bedeutet aber nicht, daß nicht im Ausnahmefall aus besonderem Grund Abweichungen vom Regelvollzug in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus angeordnet werden dürften. Zu denken ist einerseits an die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung, die in dem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus nicht durchgeführt werden kann. In einem solchen Fall ist die Verlegung in ein Justizvollzugskrankenhaus oder ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges möglich (vgl. Nr. 57 UVollzO). Aber auch die Notwendigkeit der ordnungsgemäßen Durchführung einer Hauptverhandlung kann im Ausnahmefall die kurzzeitige Überstellung eines vorläufig Untergebrachten in eine Justizvollzugsanstalt erfordern. Dabei sind jedoch die Wertung des Verordnungsgebers, wie sie sich aus Nr. 89 UVollzO ergibt, und die oben angesprochenen Grundsätze zu beachten.

Für die Anordnung der Vorführung zu einer Hauptverhandlung sind demgemäß nach Ansicht des Senats folgende Anforderungen zu beachten:

a) Die Vorführung zu einem Hauptverhandlungstermin hat grundsätzlich am Terminstag zu erfolgen. Im Rahmen der Terminierung sollte insbesondere dann auf die Dauer der Fahrtzeit Rücksicht genommen werden, wenn durch eine geringe Verschiebung des Beginns der Hauptverhandlung die Vorführung am Terminstag ermöglicht wird. Die Vorführung darf allenfalls am Tag vor der Hauptverhandlung erfolgen, wenn ein Transport von dem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus zum Gericht auch als Einzeltransport aufgrund der Entfernung am Terminstag selbst nicht möglich ist.

b) Eröffnet die Terminierung einer mehrtägigen Hauptverhandlung die Möglichkeit, daß der einstweilen Untergebrachte volle 24 Stunden oder länger in der für ihn zuständigen oder einer anderen zulässigen Anstalt, zum Beispiel einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus, verweilen kann, ist sein Transport zum Termin und sein Rücktransport in jedem Falle unter Ausnutzung aller denkbaren Mittel sicherzustellen. Eine Ausnahme von der Verpflichtung zum Rücktransport besteht in der Regel dann, wenn die Hauptverhandlung an unmittelbar aufeinanderfolgenden Tagen stattfindet.

c) Generelle Gründe, den Transport eines einstweilen Untergebrachten im Wege des Sammeltransportes zu untersagen, sieht der Senat nicht. Auch vermag der Senat nicht zu erkennen, warum ein Transport durch Bedienstete einer Justizvollzugsanstalt oder durch die Polizei im Wege der Amtshilfe unzulässig sein sollte. Zu beachten ist jedoch, daß der Transport jedenfalls dann als Einzeltransport auszugestalten ist, wenn sich aufgrund der Nutzung eines Sammeltransportes die Notwendigkeit einer Übernachtung in einer Justizvollzugsanstalt ergäbe.

d) Diese Rechte stehen nach Ansicht des Senats zur Disposition des Beschuldigten. Insbesondere steht es ihm frei, auf eine jeweilige Vorführung zu den Gerichtsterminen vom öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus zu verzichten und sich stattdessen mit einer vorübergehenden Überstellung in eine nahegelegene Justizvollzugsanstalt einverstanden zu erklären.

Für den konkreten Fall bedeutet das, daß die Anordnung des Sammeltransportes mit der Folge der Überstellung des Beschuldigten in die Justizvollzugsanstalt Münster in der Zeit vom 10. bis zum 17. Januar und vom 21. bis zum 31. Januar 2005 rechtswidrig war. Nicht hinzunehmen war insbesondere, daß der Beschuldigte bereits Montag, den 10. Januar bzw. Montag, den 19. Januar 2005 in die JVA Münster überstellt worden ist, obwohl die Hauptverhandlung erst am Mittwoch, den 12. Januar begann, bzw. am Mittwoch, den 21. Januar 2005 fortgesetzt worden ist. Hier hätte, angesichts eines Verhandlungsbeginns von jeweils 9.00 Uhr, der Transport zur JVA Münster frühestens erst am folgenden Dienstag erfolgen dürfen, falls eine Vorführung im Wege des Einzeltransportes am jeweiligen Mittwoch aufgrund der Fahrtzeiten nicht möglich gewesen sein sollte, was allerdings bei Verwendung eines Einzeltransportes konkret kaum vorstellbar ist.

Ebenfalls unzulässig war, daß der Beschuldigte jeweils am Freitag nicht unmittelbar - im Falle außergewöhnlich langer Verhandlungsdauer spätestens am folgenden Samstag - nach Eickelborn zurückgebracht worden ist.

Ob dasselbe auch für die Verhandlungstage 12. auf den 14. Januar bzw. 26. auf dem 28. Januar 2005 gilt, läßt der Senat vorliegend offen. Die Notwendigkeit eines jeweiligen Rücktransportes hätte davon abhängig gemacht werden müssen, ob der Termin außergewöhnlich lange - z.B. bis in die Abendstunden - gedauert hat oder - insbesondere vorhersehbar - nur kürzere Zeit in Anspruch genommen hat. Auch stellt sich die Frage, ob ein Einzeltransport am 14. bzw. 28. Januar 2005 unter Berücksichtigung der notwendigen Fahrtzeiten durchführbar war. In jedem Fall ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Notwendigkeit des (Einzel-)Transportes grundsätzlich planbar und demgemäß vorzunehmen ist.

Die Kostenentscheidung trägt dem Umstand Rechnung, daß das Rechtsmittel Erfolg hat.

Ende der Entscheidung

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