Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.12.2000
Aktenzeichen: 4 Ws 501/00
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 56 f Abs. 2 S. 2
Leitsatz

Es entspricht nach wie vor der Rechtsprechung des Senats, dass es nach Maßgabe des § 56 f Abs. 2 S. 2 StGB und der darin enthaltenen Beschränkung möglich ist, die Bewährungszeit über das in § 56 a Abs. 1 StGB bestimmte Höchstmaß von fünf Jahren hinaus zu verlängern (gegen den 2. Strafsenat, Beschluss vom 14. Juni 2000 in 2 Ws 147 bis 149/00 und OLG Stuttgart, NStZ 2000, 478, 479) .


Beschluss Strafsache gegen D.K.,

wegen Unterschlagung,

hier: Verlängerung der Bewährungszeit.

Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum (ohne Datum, eingegangen beim Landgericht Münster am 18. September 2000) gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster vom 21. August 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19.12.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe:

Das Amtsgericht Witten hat durch Urteil vom 30. Juni 1993 gegen den Verurteilten wegen veruntreuender Unterschlagung eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung es für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt hat, verhängt. Durch Beschluss vom 22. September 1995 hat das Amtsgericht Witten die Strafaussetzung widerrufen.

Nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Strafe hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster durch Beschluss vom 13. Februar 1996 die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Bewährungszeit von drei Jahren bestimmt. Dieser Beschluss ist seit dem 27. Februar 1996 rechtskräftig.

Am 25. Dezember 1998 und 13. Januar 1999 ist der Verurteilte erneut straffällig geworden. Deswegen hat das Amtsgericht Gifhorn durch Urteil vom 9. Mai 2000 gegen ihn wegen Wohnungseinbruchs und Brandstiftung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Ferner sind gegen den Verurteilten durch Strafbefehle Geldstrafen verhängt worden und zwar wegen am 3. November 1998 und 15. März 1999 begangener Vergehen gemäß § 142 StGB und wegen am 27. Oktober 1998 begangenen Gebrauchs eines unversteuerten Kraftfahrzeuges.

Unter dem 3. Juli 2000 hat die Staatsanwaltschaft Bochum den Erlass der Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Witten vom 30. Juni 1993 beantragt, weil nach ihrer Ansicht die Bewährungszeit im Februar 1999 geendet hätte.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgericht Münster hat durch Beschluss vom 21. August 2000 die Bewährungszeit um drei Jahre (auf insgesamt nunmehr) sechs Jahre verlängert.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum. Sie vertritt die Auffassung, eine Verlängerung der Bewährungszeit über fünf Jahre hinaus sei hier nicht zulässig.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Beschwerde beigetreten. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Bewährungszeit (nur) um zwei Jahre auf insgesamt fünf Jahre verlängert wird.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Die Strafvollstreckungskammer hat im Ergebnis zu Recht die durch ihren Beschluss vom 13. Februar 1996 festgesetzte Bewährungszeit um drei Jahre auf nunmehr insgesamt sechs Jahre verlängert.

Es entspricht nach wie vor der Rechtsprechung des Senats, dass es nach Maßgabe des § 56 f Abs. 2 S. 2 StGB und der darin enthaltenen Beschränkung (Verlängerung der Bewährungszeit höchstens um die Hälfte ihrer zunächst festgesetzten Dauer) möglich ist, die Bewährungszeit über das in § 56 a Abs. 1 StGB bestimmte Höchstmaß von fünf Jahren hinaus zu verlängern (vergl. zuletzt Senatsbeschluss vom 12. September 2000 in 4 Ws 368/00 m.w.N. - gegen den hiesigen 2. Strafsenat, Beschluss vom 14. Juni 2000 in 2 Ws 147 bis 149/00 und OLG Stuttgart, NStZ 2000, 478, 479). Der Senat ist auch der Auffassung, dass die Überschreitung des Höchstmaßes von fünf Jahren nach § 56 f Abs. 2 StGB in einem Zug (also ohne zuvor - etwa durch vorhergehende Verlängerungen der Bewährungszeit - zunächst das Höchstmaß bereits erreicht zu haben) möglich ist. Denn Ausgangspunkt für die Frage, wie grobe Verstöße, die innerhalb der Bewährungszeit begangen worden sind, geahndet werden können, ist nach der Gesetzessystematik zunächst die Vorschrift des § 56 f Abs. 2 Satz 2 StGB. Danach kann die Bewährungszeit über die Höchstgrenze von fünf Jahren hinaus - wie in § 56 a Abs. 2 Satz 2 StGB bis zum Ablauf der Bewährungszeit vorgesehen - auch nach ihrem Ablauf bis um die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit zur Vermeidung eines Widerrufs verlängert werden. Diese Auffassung entspricht der gesetzgeberischen Intention, die in dem durch das 23. Strafrechtsänderungsgesetz in Kraft getretenen § 56 f Abs. 2 Satz 2 StGB zum Ausdruck gebracht ist, den Verurteilten vor dem drohenden Widerruf auch dann noch zu bewahren, wenn die (ursprüngliche )Höchstgrenze des § 56 a Abs. 2 StGB bereits erreicht ist. Ein Absehen von einem Widerruf trotz eines vorliegenden Widerrufsgrundes ohne Maßnahmen nach § 56 f Abs. 2 StGB wäre allerdings sachwidrig (vergl. Schönke-Schröder-Stree, StGB, 25. Auflage, § 56 f Rdn. 10; a.A. OLG Düsseldorf, NStZ 1994, 559, das der Auffassung ist, dass "im Lichte des Art. 2 GG" in solchen Fällen die Strafe zu erlassen sei).

Die Strafvollstreckungskammer hat daher in Anwendung des § 56 f Abs. 2 Satz 2 StGB angesichts der zweifellos vorliegenden Widerrufsvoraussetzungen - der Vertrauensschutz des Verurteilten ist im Hinblick auf die Anschreiben der Kammer vom 11. März 1999 und 5. November 1999 nicht betroffen - zutreffend innerhalb der gesetzlichen Grenzen (hier Höchstzeit 6 1/2 Jahre) die Bewährungszeit um drei Jahre auf insgesamt sechs Jahre verlängert.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 467, 473 Abs.1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück