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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: 4 Ws 9/08
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 48
Gegen die Ablehnung der Erklärung der Erstreckung ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben.
Beschluss

Strafsache

gegen F.M.

wegen Vergewaltigung u. a., (hier: Ablehnung der Erstreckung gem. § 48 Abs. 5 S. 3 RVG).

Auf die Beschwerde der Vertreterin der Nebenklägerin vom 29. November 2007 gegen den Beschluss der I. großen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 19. Oktober 2007 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29. 01. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Wirkungen der Beiordnung als Vertreterin der Nebenklägerin werden auf das hinzuverbundene Verfahren 1 KLs 63 Js 1652/05 (31/05) LG Münster erstreckt.

Gründe:

I.

Gegen den nunmehrigen Verurteilten M. ist in dem Verfahren 63 Js 911/04 StA Münster mit Datum vom 10. Dezember 2004 und in dem Verfahren 63 Js 1652/05 StA Münster mit Datum vom 05. Dezember 2005 jeweils Anklage wegen Vergewaltigung u. a. zum Nachteil der Nebenklägerin S. erhoben worden.

Mit Beschluss der Strafkammer vom 23. Dezember 2005 sind die Verfahren unter dem führenden Aktenzeichen 1 KLs 63 Js 911/04 (2/05) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Der damalige Angeklagte M. ist durch rechtskräftiges Urteil der Strafkammer vom 22. August 2006 wegen Vergewaltigung u. a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Ferner ist seine Unterbringung gem. § 63 StGB angeordnet worden.

Mit Beschluss der Kammer vom 10. Mai 2005 war der Geschädigten S. im Verfahren 1 KLs 63 Js 911/04 (2/05) unter Zulassung der Nebenklage Rechtsanwältin A. beigeordnet worden.

Mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2007 beantragte Rechtsanwältin A. neben den Gebühren für ihre Tätigkeit in dem Verfahren 1 KLs 63 Js 911/04 (2/05) auch Gebühren (Grundgebühr und Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren) für ihre Tätigkeit in dem Verfahren 1 KLs 63 Js 1652/05 (31/05), und zwar insoweit 132,00 € und 112,00 € jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 hat die Strafkammer festgestellt, dass im Verfahren 63 Js 1652/05 StA Münster bis zur Verbindung mit dem Hauptverfahren keine Tätigkeit der Nebenklägervertreterin erfolgt und kein Beistand bestellt worden ist. Die Wirkungen gem. § 48 Abs. 5 S. 3 RVG erstreckten sich nicht auf das o. g. Verfahren, so dass die beanspruchten Gebühren nicht geltend gemacht werden könnten. Auf dieser Grundlage erging ein entsprechender Gebührenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts Münster vom 23. November 2007.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2007 hat Rechtsanwältin A. gegen den Beschluss der Kammer vom 19. Oktober 2007 Beschwerde eingelegt unter Hinweis auf einen Schriftsatz vom 03. Mai 2005. Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen mit der Begründung, das Schreiben vom 03. Mai 2005 habe sich auf das Verfahren 63 Js 911/04 und nicht auf das Verfahren 63 Js 1652/05 StA Münster bezogen.

II.

Die Beschwerde ist gem. § 304 Abs. 1 StPO zulässig (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. April 2007 - 3 Ws 94/07 - unter Hinweis auf Burhoff, RVGreport 2004, 411).

Der Nebenklägervertreterin steht ein eigenes Beschwerderecht zu (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).

Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Rechtsanwältin A. hat mit Schriftsatz vom 03. Mai 2005 - nach Anklageerhebung im Verfahren 63 Js 911/04 StA Münster - ein von der Geschädigten S. gefertigtes Schreiben, aus dem sich weitere Tatvorwürfe gegen den damaligen Angeklagten M. ergaben, vorgelegt. Dass dieser Schriftsatz zum ursprünglichen Aktenzeichen 63 Js 911/04 StA Münster eingereicht worden ist, erklärt sich schlicht daraus, dass zu diesem Zeitpunkt das weitere Ermittlungsverfahren mit dem neu angezeigten Vorfällen unter dem Aktenzeichen 63 Js 1652/05 StA Münster naturgemäß noch nicht eingeleitet worden war. Dies ist dann aufgrund des Schriftsatzes vom 03. Mai 2005 durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Münster vom 10. Mai 2005 geschehen. Mit Verfügung vom 01. Juni 2005 hat die Staatsanwaltschaft sodann die Polizei um ergänzende Vernehmung der Geschädigten S. und um Durchführung der weiteren Ermittlungen ersucht, verbunden mit der Bitte, den Vernehmungstermin mit Rechtsanwältin A. abzustimmen, in deren Beisein die Vernehmung der Geschädigten am 12. Juli 2005 erfolgt ist. Nach Abschluss weiterer Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft sodann am 05. Dezember 2005 unter dem Aktenzeichen 63 Js 1652/05 Anklage erhoben.

Aus alledem ergibt sich eindeutig, dass Rechtsanwältin A. im Verfahren 63 Js 1652/05 StA Münster = 1 KLs 63 Js 1652/05 (31/05) LG Münster durch die ergänzende Anzeigeerstattung und die Teilnahme an der zeugenschaftlichen Vernehmung der Geschädigten S. tätig geworden ist.

Gem. § 48 Abs. 5 S. 3 RVG kann das Gericht bei Verbindung von Verfahren die Wirkungen des Satzes 1 dieser Norm auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung - wie hier im vorliegenden Fall - keine Beiordnung erfolgt war. Hier sind jedoch keine Gesichtspunkte erkennbar, die es rechtfertigen könnten, von dieser Möglichkeit abzusehen. Der Senat hat daher von einer Zurückverweisung Abstand genommen und als Beschwerdegericht gem. § 309 Abs. 2 StPO in der Sache selbst entschieden.

Danach ist unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Kammer vom 19. Oktober 2007 festzustellen, dass die Wirkungen der Beiordnung der Rechtsanwältin A. als Vertreterin der Nebenklägerin S. auf das hinzuverbundene Verfahren 1 KLs 63 Js 1652/05 (31/05) LG Münster = 63 Js 1652/05 StA Münster erstreckt werden.

Ende der Entscheidung

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