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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 5 Ss 126/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 344
StPO § 46
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen kann ausnahmsweise nur dann erfolgen kann, wenn dem Verteidiger des Beschwerdeführers trotz angemessener Bemühungen vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist keine Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensrügen nachgeschoben werden sollen, die ohne Aktenkenntnis nicht begründet werden können. In diesem Zusammenhang kann in dem einmalig mit Einlegung der Revision gestellten Akteneinsichtsantrag ein angemessenes Bemühen um die Gewährung von Akteneinsicht vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht gesehen werden.
5 Ss 126/08 OLG Hamm

Strafsache

gegen A.Ö.

wegen Diebstahls.

Auf den Antrag des Angeklagten vom 11. Oktober 2007 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die hinsichtlich der Erhebung der Verfahrensrüge erfolgte Versäumung der Revisionsbegründungsfrist und auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der X. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 08. August 2007 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. 04. 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seiner Verteidigerin einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird - unter Verwerfung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Gladbeck hat den Angeklagten durch Urteil vom 12. Januar 2007 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat die X. kleine Strafkammer des Landgerichts Essen durch das angefochtene Berufungsurteil vom 08. August 2007 gem. § 329 StPO verworfen.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte am 17. August 2007 beim Landgericht Essen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt und Revision eingelegt, wobei er diese - zunächst - lediglich mit der Verletzung materiellen Rechts begründet hat. Nachdem das Landgericht Essen den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Beschluss vom 11. September 2007 als unbegründet zurückgewiesen hatte, hat der Angeklagte sich gegen diesen Beschluss mit am 17. September 2007 bei dem Landgericht Essen eingegangenen Schriftsatz seiner Verteidigerin mit der sofortigen Beschwerde gewandt. Durch Beschluss des 3. Strafsenats des hiesigen Oberlandesgerichts vom 05. November 2007 ist diese sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen worden.

Nachdem der Verteidigerin des Angeklagten am 04. Oktober 2007 auf ihren am 17. August 2007 gestellten Antrag durch das Landgericht Essen Akteneinsicht gewährt worden war, hat sie mit am 11. Oktober 2007 bei dem Landgericht Essen eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage beantragt, dem Betroffenen wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Revision des weiteren mit der näher ausgeführten Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 StPO begründet.

II.

1. Die rechtzeitig eingelegte Revision ist mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge form- und fristgerecht begründet worden; allerdings ist die - mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 erhobene - Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 StPO nicht innerhalb der gem. § 345 Abs. 1 StPO maßgeblichen Frist begründet worden und damit unzulässig. Nach Zustellung des angefochtenen Urteils an die Verteidigerin am 17. August 2007 lief die Frist zur Einlegung der Revision mit Ablauf des 24. August 2007 und die Frist zur Begründung der Revision gem. § 345 Abs. 1 S. 1 StPO mit Ablauf des 25. September 2007 ab.

2. Der wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zur Erhebung der Verfahrensrüge gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 18. März 2008 hierzu folgendes ausgeführt:

"Zwar kann einem Angeklagten zur Nachholung von Verfahrensrügen ausnahmsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, sofern er durch äußere Umstände oder durch Maßnahmen des Gerichts an der rechtzeitigen Revisionsbegründung gehindert war (Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 44 StPO, Rdnr. 7 f), wobei der Revisionsführer - sofern der Wiedereinsetzungsantrag auf die Nichtgewährung von Akteneinsicht gestützt wird - für jede der erhobenen Verfahrensrügen ausreichend darzulegen hat, dass er durch die fehlende Akteneinsicht an einer ordnungsgemäßen Begründung gehindert war (BGH NStZ 1997, 45 f; BGH wistra 1993, 228; 1995, 347). In diesem Zusammenhang erscheint bereits zweifelhaft, ob die knappen Ausführungen der Rechtsmittelbegründung vom 11.10.2007 diesen Anforderungen genügen, da diesen im Ergebnis nicht entnommen werden kann, welche weitergehenden Erkenntnisse die Verteidigerin des Angeklagten mit der Beantragung von Akteneinsicht zu erzielen erhoffte. Ungeachtet dessen ist der Wiedereinsetzungsantrag jedoch unbegründet, da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen ausnahmsweise nur dann erfolgen kann, wenn dem Verteidiger des Beschwerdeführers trotz angemessener Bemühungen vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist keine Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensrügen nachgeschoben werden sollen, die ohne Aktenkenntnis nicht begründet werden können (BGH NStZ 1997, 45 f; BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 2, 4, 7, 8; BGH StV 1985, 353). In diesem Zusammenhang kann in dem einmalig gestellten Akteneinsichtsantrag mit Einlegung der Revision am 17.08.2007 ein angemessenes Bemühen um die Gewährung von Akteneinsicht vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht gesehen werden, so dass die Voraussetzung für eine Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an und weist ergänzend darauf hin, dass ein angemessenes Bemühen um die Gewährung von Akteneinsicht regelmäßig voraussetzt, dass sich der Verteidiger im Hinblick auf die drohende Fristversäumnis nach dem Verbleib der Akten bei Gericht erkundigt und die Übersendung der Akten anmahnt (vgl. BGH, Beschluss vom 06.10.2004 - 2 StR 372/04 = NStZ-RR 2006, S.2). Dafür hätte vorliegend umso mehr Veranlassung bestanden, als sich mit Zugang des Beschlusses des Landgerichts Essen vom 11. September 2007 am 13. September 2007 ergab, dass sich nach Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des Nichterscheinens im Berufungstermin die Chancen der Gewährung von Wiedereinsetzung verschlechtert hatten und es umso mehr auf die Revision ankam, zu deren umfassender Begründung die begehrte Akteneinsicht noch ausstand.

3.

Die zulässig erhobene Sachrüge ist nicht begründet. Die auf ein Verwerfungsurteil gem. § 329 StPO erhobene Sachrüge führt lediglich zur Prüfung des Vorliegens von Verfahrenshindernissen (vgl. BGHSt 46, 230 ff.). Solche sind vorliegend weder behauptet noch sind Anhaltspunkte für deren Vorliegen ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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