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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.11.2001
Aktenzeichen: 5 Ss 776/01
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 56
StPO § 267
Zur ausreichenden Begründung der tatrichterlichen Entscheidung, mit der eine 2-jährige Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
URTEIL

Strafsache

gegen T.T.

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen das Urteil der XVII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 2. April 2001 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 07. 11. 2001, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht als Vorsitzende,

Richter am Oberlandesgericht und Richter am Oberlandesgericht als beisitzende Richter

Oberstaatsanwalt als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft,

Rechtsanwältin aus Unna als Verteidigerin,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1. Das Amtsgericht Unna - Schöffengericht II - hat den Angeklagten am 3. Januar 2001 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sechs Monaten verurteilt.

Auf die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Angeklagten hat die XVII. kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund das Schöffengerichtsurteil unter Verwerfung des - von ihr als nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt angesehenen - Rechtsmittels im Übrigen dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in fünf Fällen gemäß §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 52, 53 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wird, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

"1. Zum Lebensweg des Angeklagten:

Der heute 25 Jahre alte Angeklagte ist am 14.10.1975 in Oppeln/Polen geboren. Er ist deutscher Staatsangehöriger und mit seiner Mutter 1980 in die Bundesrepublik gekommen. Sein Vater hielt sich bereits ein Jahr länger in Deutschland auf, wo der Angeklagte fortan aufgewachsen ist. Er hat eine im Jahre 1984 geborene Schwester.

Der Angeklagte hat die Grund- und die Hauptschule besucht, die er 1991 ohne Abschluss verlassen hat. Den Hauptschulabschluss der 9. Klasse hat er in Kursen an der Volkshochschule 1992/1993 nachgeholt. In einer späteren Haftzeit hat er den Hauptschulabschluss der 10. Klasse erworben.

Eine 1994 aufgenommene Bäckerlehre musste der Angeklagte nach ca. zwei Monaten wegen einer Mehlstauballergie aufgeben. Daran schlossen sich bei ihm Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als Landschaftsgärtner und Tischler an, ehe er am 28.03.1996 in Haft kam, in der er knapp zwei Jahre bis zum 04.02.1998 verblieb.

Der Grund für die Straffälligkeit des Angeklagten ist in einem von ihm etwa seit seinem 15. Lebensjahr exzessiv betriebenen Haschischkonsum zu sehen, mit dem teilweise exzessiver Alkoholkonsum einherging. Andere Drogen haben in dem Leben des Angeklagten dagegen keine nennenswerte Rolle gespielt. Ecstasy und Amphetamin hat er ausprobiert, davon aber nach kurzer Zeit, weil er es nicht vertrug, die Finger gelassen.

Im Einzelnen ist der Angeklagte bislang wie folgt strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden:

a) Wegen eines am 20.10.1989 begangenen Diebstahls sah die Staatsanwaltschaft Dortmund - 53 Js 1715/89 - am 12.11.1989 von der Verfolgung ab.

b) Wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache, versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall sowie fortgesetzten unerlaubten (Handeltreiben mit) Betäubungsmitteln in Tateinheit mit fortgesetztem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln erlegte das Jugendschöffengericht Unna - 8 Ls 14 Js 1184/91 - ihm Arbeitsleistungen auf und erteilte ihm eine richterliche Weisung.

c) Am 18.08.1994 sprach das Jugendschöffengericht Unna - 8 Ls 14 Js 1109/93 - ihn der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb und in dem anderen Fall eine nicht geringe Menge eingeführt wurde, nach § 27 JGG schuldig und setzte die Bewährungszeit auf ein Jahr und sechs Monate fest. Die Dauer der Jugendstrafe wurde nachträglich auf acht Monate bestimmt und die Vollstreckung der Strafe bis zum 25.01.1998 zur Bewährung ausgesetzt.

d) Wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung in fünf Fällen verhängte das Jugendschöffengericht Unna - 8 Ls 36 Js 1507/95 - gegen den Angeklagten am 12.09.1996 unter Einbeziehung der vorgenannten Strafe eine 10-monatige Jugendstrafe.

e) Vier Tage später, am 16.09.1996, erkannte dasselbe Gericht - 8 Ls 85 Js 686/95 - gegen den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen unter Einbeziehung der beiden letztgenannten Verurteilungen auf eine einheitliche Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Es hat festgestellt, dass der Angeklagte in dem Zeitraum von Sommer 1994 bis zum 21.03.1996 mindestens 15 Mal Haschisch zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs und einem geringen Teil davon zum Eigenverbrauch erworben hat, und zwar 10 Mal mindestens 50 g, 2 Mal mindestens 250 g und 3 Mal mindestens 500 g.

In Haft befand sich der Angeklagte seit dem 28.03.1996 in der Justizvollzugsanstalt Iserlohn, in der er zunächst zum Hausarbeiter eingesetzt wurde und in dem Schuljahr 1996/1997 den Hauptschulabschluss der 10. Klasse nachholte. Danach wurde er wieder als Hausarbeiter eingesetzt. Seit November 1996 befand er sich im Wohngruppenvollzug, in den er sich gut einfügte. Die Teilnahme an dem Projekt "Land und Leute", die ihm im Frühjahr 1997 einen 14-tägigen Aufenthalt in der Türkei beschert hatte, wurde ihm gestrichen, weil er am 15.03.1997 versucht hatte, 37,6 g Haschisch und Marihuana in die JVA Iserlohn einzuschmuggeln.

f) Aufgrund der letztgenannten Tat wurde der Angeklagte am 20.11.1997 vom Amtsgericht Iserlohn - 8 Ls 85 Js 686/95 - wegen unerlaubten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung für drei Jahre bei Bewährungshelferunterstellung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den vom Amtsgericht Iserlohn getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte bei der Tat von einem Mitgefangenen unter Druck gesetzt worden, für den er das Rauschgift in die Haftanstalt einschmuggeln sollte. Die Erwartung künftig straffreier Führung des Angeklagten hat das Amtsgericht auf die ansonsten positive Entwicklung des Angeklagten im Jugendstrafvollzug gestützt.

Durch Beschluss vom 03.02.1998 setzte der Vollstreckungsleiter beim Amtsgericht Iserlohn den Rest der Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ebenfalls bei Bewährungshelferunterstellung für zwei Jahre zur Bewährung aus. Der Strafrest ist dem Angeklagten mittlerweile mit Wirkung vom 06.04.2000 erlassen worden. In dem Verfahren des Amtsgerichts Iserlohn ist die Bewährungszeit dagegen wegen der nachfolgenden Verurteilung des Angeklagten um ein Jahr bis zum 27.11.2001 verlängert worden.

g) Nachfolgend bestraft worden ist der Angeklagte wegen einer am 19.09.1998 fahrlässig begangenen Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad durch einen Strafbefehl des Amtsgerichts Unna vom 12.11.1998 - 10 Cs 42 Js 2655/98 - zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 20,00 DM.

Nach seiner Haftentlassung im Februar 1998 wurde der Angeklagte über das Bildungswerk Nordrhein-Westfalen in eine Arbeitsmaßnahme vermittelt, an die sich im August 1998 eine Ausbildung zum Tischler bei der Werkstatt Unna anschloss. Die Ausbildung wurde aufgrund Fehlzeiten des Angeklagten zum 16.12.1999 beendet und dieser mit einer 3-monatigen Sperre belegt. Am 15.04.1999 nahm er eine weitere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Landschaftsgärtner auf, die er am 16.07.2000 zu Gunsten einer - vom Arbeitsamt teilweise geförderten - Tätigkeit als Schreinerhelfer bei der Firm Innenausbau K., K. & Co. GmbH (ab 16.10.2000 Innenausbau K. & Co. GmbH) aufgab. Die bis zum 16.07.2001 befristete Arbeitsstelle ist ihm trotz der im vorliegenden Verfahren vom 16.11. bis 15.12.2000 erlittenen Untersuchungshaft erhalten geblieben, weil sein Arbeitgeber mit den von ihm erbrachten Leistungen zufrieden war.

Seit Januar 2001 steht der Angeklagte mit der Anonymen Drogenberatung in Unna in Kontakt und strebt an, bei dieser oder durch Vermittlung durch diese eine ambulante Drogentherapie zu durchlaufen. Bis vor einigen Wochen war er mit einer ca. 15 Jahre älteren Sozialarbeiterin intim befreundet, die bis vor kurzem eine Gaststätte in Unna betrieben hat und jetzt einer Arbeit mit körperbehinderten Kindern in Lippstadt nachgeht.

Die Beziehung beendet hat die Freundin des Angeklagten, welcher nach wie vor bei seinen Eltern wohnt.

2. Zu den Taten des Angeklagten:

In der Zeit zwischen Ende November 1999 bis Ende April 2000 erwarb der Angeklagte von dem anderweitig verfolgten G.S. an der Kirche im B. in Unna nach vorheriger telefonischer Bestellung bei mindestens fünf Gelegenheiten in etwa monatlichen Abständen jeweils 400 g Haschisch zum Grammpreis von 4,50 DM. Das vom Angeklagten erworbene Haschisch war sowohl zu seinem Eigenverbrauch als auch - zum größeren Teil - zum Weiterverkauf bestimmt. Mindestens 70 % des Haschischs veräußerte der Angeklagte jeweils mit einem Aufschlag von 1,00 DM bis 1,50 DM pro Gramm an Dritte, u. a. an den K.S. und R.M., weiter. Bis zu 30 % der Einzelmengen verbrauchte er selber. Er rauchte damals bis zu 3 g bis 4 g Haschisch am Tag. Das Haschisch wies einen Wirkstoffgehalt von mindestens 5 % THC auf." (UA 5 bis UA 10).

Zur Strafzumessung, der Verhängung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe sowie der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung heißt es in dem landgerichtlichen Urteil:

"Bei der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er sich - nach teilgeständiger erstinstanzlicher Einlassung - im Berufungsrechtszug umfassend geständig und unrechtseinsichtig gezeigt hat, was auch dadurch zum Ausdruck gekommen ist, dass er mit K:S. und R.M. zwei seiner Abnehmer benannt hat. Seine Taten haben sich mit Haschisch auf eine sog. weiche Droge bezogen. Der Angeklagte war selbst von diesem Rauschmittel abhängig und hat durch die von ihm getätigten Verkäufe im Wesentlichen nur seinen Eigenkonsum finanziert. Er hatte seinerzeit - allerdings durch eigenes Verschulden - seinen Arbeitsplatz verloren und war vom Arbeitsamt mit einer 3-monatigen Sperre belegt worden. Inzwischen hat der Angeklagte sich wieder gefestigt und geht seit knapp einem Jahr bei einer Privatfirma einer Arbeit als Tischler nach, die ihn - eine entsprechende Auftragslage vorausgesetzt - nach Ablauf seines 1-jährigen Zeitvertrages weiter beschäftigen will. Parallel dazu ist der Angeklagte, der nach eigenen Angaben Haschisch derzeit noch in Kleinstmengen raucht, bemüht, von seiner Sucht ganz loszukommen. Er steht seit Anfang dieses Jahres mit der Anonymen Drogenberatung in Unna in Kontakt und ist bestrebt, sich einer ambulanten Drogentherapie zu unterziehen.

Strafschärfend ist ins Gewicht gefallen, dass der Angeklagte sich von seinen Taten weder durch einschlägige Vorverurteilungen, eine vorausgegangene Jugendstrafhaft noch durch zwei parallel laufende Bewährungszeiten abhalten lassen hat. Er hat bei seinen Taten mit jeweils dem Doppelten einer nicht geringen Menge Handel betrieben.

Unter Abwägung aller vorgenannten Umstände hat die Kammer bei allen fünf Taten des Angeklagten einen minder schweren Fall im Sinne des § 29 a Abs. 2 BtMG für noch gegeben und für jede Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr für erforderlich erachtet. Aus den Einzelstrafen hat sie unter nochmaliger Abwägung aller tat- und täterbezogenen Umstände und der von einer Strafe für den Angeklagten ausgehenden Wirkungen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet, die ihr insgesamt tat- und schuldangemessen und zur Einwirkung auf den Angeklagten notwendig erschien.

Die Vollstreckung der 2-jährigen Gesamtfreiheitsstrafe konnte nach § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei dem nunmehr wieder im Arbeitsprozess befindlichen Angeklagten, der sich unrechts- und schuldeinsichtig und gewillt gezeigt hat, von seiner Drogensucht durch eine ambulante Therapie loszukommen, hält die Kammer die Erwartung für berechtigt, dass er künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzuges, den er durch die 1-monatige Untersuchungshaft im vorliegenden Verfahren nochmals zu spüren bekommen hat, keine Straftaten mehr begehen wird.

In der Summierung der voraufgeführten Strafmilderungsgründe sind auch besondere Umstände zu erblicken, die trotz des nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Taten, der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, eine Strafaussetzung als nicht unangebracht und den vom Strafrecht geschützten Interessen zuwiderlaufend erscheinen lassen. Den Ausschlag hat dabei die vom Angeklagten am Arbeitsplatz und bei seinen Suchtaufarbeitungsbemühungen zuletzt genommene Entwicklung gegeben, die nach Einschätzung seiner Bewährungshelferin, die ihn jetzt etwa drei Jahre begleitet hat und seine Gesamtentwicklung trotz mancher Rückschläge als insgesamt positiv beurteilt, nunmehr eine realistische Chance begründet, dass der Angeklagte sich aus seinem alten Umfeld löst und von seiner Sucht loskommt." (UA 12 bis UA 14).

2. Gegen dieses Urteil wendet sich die in zulässiger Weise eingelegte und begründete Revision der Staatsanwaltschaft Dortmund, welcher die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist. Sie wendet sich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts ausdrücklich nur gegen den Rechtsfolgenausspruch. Zur Begründung ihres Begehrens, das angefochtene Urteil insoweit mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückzuverweisen, macht sie zum einen Mängel bei der Festsetzung der Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafe(n), zum anderen Rechtsfehler bei der Entscheidung über die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung geltend.

Im wesentlichen vermisst die Revisionsführerin eine Auseinandersetzung mit den Strafzumessungserwägungen des Schöffengerichts und äußert die Befürchtung, dass "bei Findung des konkreten Strafmaßes ein zu großes Gewicht auf die Möglichkeit, die Strafe sodann zur Bewährung aussetzen zu können, gelegt" worden sei (Bl. 146 d.A.). Zur Aussetzungsfrage gemäß §56 StGB meint sie, schon die vom Berufungsgericht angenommene Erwartung künftig straffreier Führung sei angesichts fortdauernden Haschischkonsums nicht zu begründen. Bei der Bejahung der besonderen Umstände i.S.d. § 56 Abs. 2 StGB habe sich die Strafkammer strafmildernd auf bloße Hoffnungen auf späteres straffreies Verhalten gestützt und die gerade im vorliegenden Fall erhebliche Summierung von Strafschärfungsgründen nicht angeführt und abgewogen. Die Strafaussetzung gemäß § 56 Abs. 1 u. 2 StGB überschreite hier die Grenze des Vertretbaren. Schließlich stelle sich die Frage, welche negativen generalpräventiven Wirkungen (§ 56 Abs. 3 StGB) von einer Strafaussetzung bei einem derart vorbestraften Täter ausgingen.

Die Verteidigung hält das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft für unbegründet.

II.

Die Revision ist zulässig und hat auch - zumindest vorläufig - Erfolg. Der auf die Sachrüge vorzunehmenden Nachprüfung halten die Ausführungen des Landgerichts zum Rechtsfolgenausspruch nicht stand.

1. Der Senat teilt die von der Revisionsführerin geäußerten Bedenken bezüglich der Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe allerdings nicht.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und von der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist nur dann möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGH, Großer Senat für Strafsachen, BGHSt 34, 345, 349). Solche Mängel lassen die Urteilsgründe nicht erkennen. Das Berufungsgericht ist nicht gehalten, sich mit den Strafzumessungserwägungen des amtsgerichtlichen Urteils auseinander zu setzen; es muss vielmehr eine eigene Strafzumessung vornehmen. Seine Aufgabe ist es nicht, das erstinstanzliche Urteil nachzuprüfen. Es hat vielmehr auf der Grundlage des Eröffnungsbeschlusses über alle Tat- und Rechtsfragen nach dem Ergebnis der Berufungshauptverhandlung neu zu entscheiden (Kleinknecht/Meyer-Goßner, 45. Aufl. (2001), vor § 312 StPO Rdnr. 1 m.w.N.). Im Übrigen weist die Revisionsführerin zutreffend darauf hin, dass rechtlich zu beanstanden wäre, wenn die Strafkammer die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe mit zwei Jahren festgesetzt hätte, um eine Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 2 StGB zu ermöglichen (vgl. BGHSt 29, 319, 321). Dafür enthalten die Urteilsgründe indes keine Anhaltspunkte.

2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung begründet hat, halten der revisionsrechtlichen Überprüfung dagegen nicht stand.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass auch die Entscheidung über die Strafaussetzung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist. Das gilt sowohl für die Annahme einer günstigen Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB als auch für die Gesamtbeurteilung der in der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten liegenden Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB. Die hierauf bezogene Würdigung ist vom Revisionsgericht im Zweifel bis an die Grenze des Vertretbaren hinzunehmen. Die Überprüfung beschränkt sich auf Rechts- und Ermessensfehler (vgl. Tröndle/Fischer, 50. Aufl. (2001), § 56 StGB, Rdnr. 9 i m.w.N.). Allerdings enthebt das tatrichterliche Ermessen diesen nicht von der Verpflichtung, Ausführungen im Urteil niederzulegen, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung dahingehend ermöglichen, ob er bei seiner Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten sämtliche relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt hat (BGH NStZ 1994, 336; NJW 1995, 1038). Dazu gehören bei Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren neben einer positiven Sozialprognose besondere Umstände in der Tat und in der Persönlichkeit des Täters, welche die Aussetzung trotz des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts, der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, als nicht unangebracht und den allgemeinen, vom Strafrecht geschützten Interessen zuwider laufend erscheinen lassen (BGH NStZ 1987, 21). Dazu reicht das Zusammentreffen durchschnittlicher Milderungsgründe; solcher, die "den Stempel des Außergewöhnlichen" tragen, bedarf es für die besonderen Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB nicht mehr (BGH StV 1998, 260; Tröndle/Fischer, a.a.O., § 56 StGB Rdnr. 9 d m.w.N.). Jedoch sind umso höhere Anforderungen an diese Umstände zu stellen, je mehr sich die erkannte Strafe der Grenze von zwei Jahren annähert (vgl. OLG Hamm, DAR 1990, 308 f; Tröndle/Fischer, a.a.O., § 56 StGB Rdnr. 9 c). Auch die Erfordernisse an die Darlegung solcher Umstände im Urteil steigern sich entsprechend (BGH wistra 1985, 145 f).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zwar ist darin die Überzeugung der Kammer wiedergegeben, es sei die Erwartung berechtigt, dass der Angeklagte, der wieder im Arbeitsprozess sei und sich unrechts-, schuldeinsichtig und gewillt gezeigt habe, von seiner Drogensucht durch eine ambulante Therapie loszukommen, künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen werde. In der Summierung der von ihr aufgeführten Strafmilderungsgründe hat sie auch besondere Umstände erblickt, die trotz des nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Taten, der sich in der Strafhöhe widerspiegele, eine Strafaussetzung als nicht unangebracht und den vom Strafrecht geschützten Interessen zuwider laufend erscheinen ließen. Den Ausschlag habe dabei die vom Angeklagten am Arbeitsplatz und bei seinen Suchtaufarbeitungsbemühungen zuletzt genommene Entwicklung gegeben.

Die Revision weist aber zu Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht bei der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 1 u. 2 StGB außer Betracht gelassen hat, dass der Angeklagte angegeben hat, noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung Haschisch "in Kleinstmengen" zu rauchen. Mit dieser Einlassung hätte sich die Strafkammer sowohl bei der günstigen Prognose als auch bei der Bewertung der "besonderen Umstände" auseinandersetzen müssen (vgl. BGH StV 1990, 18), zumal sie (wohl) von deren Richtigkeit ausgegangen ist. Es ist zu besorgen, dass sie das Nachtatverhalten des Angeklagten rechtsfehlerhaft als nicht strafbar beurteilt hat.

Wenn auch der Drogenkonsum als eine Form der Selbstschädigung straflos ist, gilt dies nicht für den Besitz oder den Erwerb von Betäubungsmitteln. Die Tathandlungen, die mit dem Eigenverbrauch geringer Mengen im Zusammenhang stehen, sind gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar; das Absehen von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG ist das Ergebnis einer Abwägung von Strafzumessungsgesichtspunkten (vgl. OLG Hamm, StV 1987, 251/252). Zwar kann auch bei einem einschlägig vorbestraften Täter bezüglich des Konsumdelikts eine Strafe entbehrlich sein; ob dies bei regelmäßigem Konsum der Fall ist, erscheint indes zweifelhaft (vgl. Körner, 5. Aufl. (2001), § 29 BtMG Rdnr. 1672 ff.).

Müsste also davon ausgegangen werden, dass sich der Angeklagte durch das anhängige Strafverfahren von weiterem strafbaren Verhalten nicht hat abhalten lassen, wäre für die Erwartung künftig straffreien Lebens kaum noch Raum. Das Ergebnis der vom Berufungsgericht vorgenommenen Abwägung im Rahmen der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung beruht daher auf dem aufgezeigten Mangel.

3. Schließlich hätte sich die Strafkammer mit der Frage befassen müssen, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der zweijährigen Freiheitsstrafe erforderte (§ 56 Abs. 3 StGB). Ausführungen hierzu drängten sich auf, weil der Angeklagte erheblich, auch einschlägig vorbestraft und Bewährungsversager ist. Überdies hat er eingeräumt, selbst zur Zeit der Hauptverhandlung vor dem Landgericht noch Haschisch geraucht zu haben.

III. Die aufgezeigten Mängel zwingen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen. Da nicht auszuschließen ist, dass die neue tatrichterliche Verhandlung zu weiteren Erkenntnissen hinsichtlich der für die eigentliche Strafzumessung und die Frage der Strafaussetzung bedeutsamen Umstände führen kann, sieht sich der Senat nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. Um dem Tatgericht sowohl die Ergänzung der insoweit getroffenen Feststellungen als auch solche Feststellungen zu ermöglichen, die von den bisherigen abweichen, war das Urteil im Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben. Im Umfang der Aufhebung war die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Diese hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden, da der Erfolg des Rechtsmittels noch nicht feststeht.

Ende der Entscheidung

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