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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 5 Ss OWi 325/08
Rechtsgebiete: StPO, StVO
Vorschriften:
StPO § 267 | |
StVO § 3 |
Beschluss
Bußgeldsache
gegen I.E.
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 21. Februar 2008 gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 20. Februar 2008 hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 20. 05. 2008 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 20. Februar 2008 wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 57 km/h zu einer Geldbuße von 150,- € verurteilt und dem Betroffenen für die Dauer eines Monats verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Dabei hat das Amtsgericht dem Betroffenen die sogenannte 4-Monats-Frist gemäß § 25 Abs. 2 a StVG eingeräumt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die er mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts unter näheren Ausführungen begründet.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat auch in der Sache Erfolg.
Das angefochtene Urteil war auf die Sachrüge hin aufzuheben, weil die amtsgerichtlichen Feststellungen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht tragen.
Zwar hat das Amtsgericht festgestellt, dass eine bei dem Betroffenen am 14.08.2007 um 00.46 Uhr durchgeführte Geschwindigkeitsmessung bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h eine gefahrene Geschwindigkeit von 137 km/h ergeben habe, der Betroffene mithin die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 57 km/h überschritten habe, jedoch genügen diese Feststellungen nicht den Anforderungen an die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Hamm muss der Tatrichter, um die rechtliche Nachprüfung der Zuverlässigkeit der dem Verkehrsverstoß zugrunde gelegten Geschwindigkeitsmessung zu ermöglichen, in den Urteilsgründen zumindest das angewandte Messverfahren und den berücksichtigten Toleranzwert mitteilen und ggf. darlegen, dass mögliche Fehlerquellen ausreichend berücksichtigt worden sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.11.2007, 1 Ss OWi 756/07 m.w.N.). Zwar teilt der Amtsrichter das angewandte Messverfahren mit, bei dem es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 3 StVO Rdnr. 61 m.w.N.; OLG Karlsruhe, VRS 95, 419). Es fehlen jedoch jegliche Angaben zu dem vorgenommenen Toleranzabzug, insbesondere dazu, ob überhaupt ein Toleranzabzug vorgenommen worden ist. Dem Urteil lässt sich mithin nicht entnehmen, ob es sich bei der festgestellten Geschwindigkeit um die tatsächlich gefahrene oder um die bereits um den Toleranzwert bereinigte Geschwindigkeit handelt.
Bei einer Lasermessung der hier vorliegenden Art ist es, um möglichen Fehlern Rechnung zu tragen, ausreichend, wenn bei Fehlen besonderer Umstände ein Toleranzabzug von 3 % der ermittelten Geschwindigkeit bei Werten über 100 km/h berücksichtigt wird (vgl. Hentschel, a.a.O.). Ob dieser Toleranzwert berücksichtigt ist, kann der Senat nicht nachvollziehen. Die Angaben des Toleranzwertes und der Messmethode waren vorliegend auch nicht aus anderen Gründen - wie etwa eines Geständnisses des Betroffenen - entbehrlich. Bereits aus diesem Grunde unterliegt das Urteil der Aufhebung.
Im Übrigen bedürfen die Urteilsgründe dann, wenn wie vorliegend die Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasergerät während der Dunkelheit durchgeführt worden ist, einer nachvollziehbaren Darlegung des Tatrichters, warum trotz widriger Verhältnisse vernünftige Zweifel an der Zuordnung des Fahrzeugs nicht bestehen, jedenfalls dann, wenn der Betroffene wie vorliegend die richtige Zuordnung des Fahrzeugs in Zweifel zieht (vgl. OLG Hamm, NZV 1997, 187; OLG Hamm, DAR 2007, 217). Ungünstige Lichtverhältnisse wie auch eine hohe Verkehrsdichte können für die richtige Zuordnung der Messwerte Bedeutung haben. Da das Lasermessverfahren bisher nicht mit einer fotografischen Dokumentation verbunden ist, bedarf es deshalb unmittelbar nach Abschluss der Messung der Weitergabe der Messergebnisse und des Kennzeichens durch den Messenden an den Anhalteposten und der Aufnahme dieser Daten in das Messprotokoll. Insoweit ist das Messverfahren deshalb nicht als standardisiert anzusehen, weil in diesem Bereich menschliche Fehlerquellen, insbesondere Zuordnungsprobleme auftreten können (vgl. OLG Hamm, DAR 2007, 217). Zu diesen Umständen verhalten sich die amtsgerichtlichen Feststellungen nicht hinreichend. Es bleibt nämlich offen, aufgrund welcher Umstände Zuordnungsfehler trotz der Dunkelheit auszuschließen waren, zumal nur "Teile des Kennzeichens" von dem Protokollführer der Messung notiert und weitergegeben worden waren. Aufgrund dieser Umstände hätte es näherer Urteilsfeststellungen dazu bedurft, warum hier eine Fehlzuordnung der Messung zum PKW des Betroffenen ausgeschlossen werden konnte, etwa aufgrund guter Ausleuchtung der Örtlichkeiten oder anderer Gründe. Soweit der Tatrichter ausführt, dass die Einlassung des Betroffenen, in einer Kolonne mehrerer Fahrzeuge unterwegs gewesen zu sein, durch die Aussage des Zeugen Mieske als Protokollführer der Geschwindigkeitsmessung widerlegt sei, der angegeben habe, der Betroffene habe das letzte Fahrzeug, das sich auf eine fahrende Kolonne zubewegt habe, geführt, sind diese Umstände noch nicht geeignet, Zweifel an der richtigen Zuordnung des Fahrzeugs auszuräumen. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht nicht festgestellt hat, ob der Betroffene tatsächlich als letztes Fahrzeug der Kolonne angehalten worden war, denn dahingehende Feststellungen hat das Amtsgericht nicht getroffen; der vernommene Zeuge Mieske hat das Fahrzeug des Betroffenen offenbar nicht selbst angehalten. Ob eine zutreffende Zuordnung des Fahrzeugs des Betroffenen erfolgt ist, ist daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht nachvollziehbar, zumal es offenbar weitere Fahrzeuge an Ort und Stelle gab, die außer dem Fahrzeug des Betroffenen angehalten worden waren.
Das Urteil war daher mit den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG) aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Essen zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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