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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: 5 Ss OWi 63/08
Rechtsgebiete: FPersG


Vorschriften:

FPersG § 8 Abs. 3
Die Übergangsregelung des § 8 Abs. 3 FPersG verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot des Art. 103 GG. Auch konnte § 4 Abs. 3 OWiG durch die einfach gesetzliche Norm des § 8 Abs. 3 FPersG ausgeschlossen werden.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen M.S.

wegen Verstoßes gegen das Fahrpersonalgesetz.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 25. Oktober 2007 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Soest vom 25. Oktober 2007 hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 18. 03. 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

1. Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Taten vom 17.07., 18.07., 24.07., 01.08. und vom 02.08.2006 zugelassen.

2. Die Sache wird dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Betroffene wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Tageslenkzeit in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit fahrlässigen Überschreitens der zulässigen ununterbrochenen Lenkzeit, wegen fahrlässigen Unterschreitens der Tagesruhezeit und wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen ununterbrochenen Lenkzeit verurteilt wird.

4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

I.

Der Betroffene ist durch das angefochtene Urteil wegen "fahrlässigen Verstoßes gegen § 8 FPersG i.V.m. § 22 Abs. 2 Nr. 3 FPersV in sieben Fällen zu Geldbußen in Höhe von 82,50 €, 37,50 €, 500,- €, 15,- €, 60,- €, 45,- € und 60,- €, insgesamt also zu einer Gesamtgeldbuße von 800,- €," verurteilt worden. Nach den vom Amtsgericht aufgrund der geständigen Einlassung des Betroffenen getroffenen Feststellungen wurde der Betroffene am 3. August 2006 um 14.30 Uhr in Duisburg auf der Mannesmannstraße als Führer der Sattelzugmaschine mit Anhänger mit den amtlichen Kennzeichen SO-WN 28 und SO-NR 151 kontrolliert. Hierbei wurden die vom Betroffenen mitgeführten Schaublätter kontrolliert. Hieraus ergaben sich für die Tattage 17. Juli, 18. Juli, 19. Juli, 24. Juli, 2 x 1. August und 2. August 2006 Verstöße gegen die zulässigen Tageslenkzeiten, die zulässigen ununterbrochenen Lenkzeiten und Verstöße wegen Unterschreitens der Tagesruhezeiten.

Das Amtsgericht hat damit in insgesamt sieben Fällen den Tatbestand der §§ 8 FPersG i.V.m. § 22 Abs. 2 Nr. 3 FPersV i.V.m. Artikeln 6 Abs. 1, 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 VO (EWG) 3820/85 als erfüllt angesehen. Das Amtsgericht hat mit näherer detaillierter Begründung die Verordnung (EWG) 3820/85 im vorliegenden Fall weiterhin für anwendbar gehalten, obwohl die Verordnung durch Art. 28 VO (EG) Nr. 561/2006 vom 15. März 2006 mit Wirkung zum 11. April 2007 aufgehoben worden ist. Da der nationale deutsche Gesetzgeber nicht rechtzeitig die eigenen Regelungen an die europäischen Regelungen angepasst hatte, entstand in der Zeit vom 11. April 2007 bis zum 14. Juli 2007 eine Ahndungslücke. Nach Erkennen dieses Versäumnisses ist § 8 Abs. 3 FPersG - in Kraft seit dem 14. Juli 2007 - eingefügt worden, wonach Ordnungswidrigkeiten gemäß § 8 des Fahrpersonalgesetzes, die bis zum 10. April 2007 unter Geltung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 begangen wurden, abweichend von § 4 Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten nach den zum Zeitpunkt der Tat geltenden Bestimmungen geahndet werden können. Eine Berufung auf das Meistbegünstigungsprinzip des § 4 Abs. 3 OWiG war daher nicht mehr möglich. Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil detailliert dargelegt, dass § 8 Abs. 3 FPersG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt und dass § 4 Abs. 3 OWiG durch einfach gesetzliche Regelung ausgeschlossen werden konnte.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, welche als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Taten vom 17. Juli, 18. Juli, 24. Juli, 1. August und 2. August 2007 auszulegen ist. Hinsichtlich der Tat vom 19. Juli 2007, für die eine Geldbuße in Höhe von 500,- € festgesetzt worden ist, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG das statthafte Rechtsmittel.

II.

In der Sache war es geboten, die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG zuzulassen, um die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen und die Sache gemäß § 80 a Abs. 3 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen. Soweit ersichtlich ist, ist die hier im Raume stehende Rechtsfrage im Bezirk des hiesigen Oberlandesgerichts noch nicht entschieden und bedarf einer Klärung.

Insoweit handelt es sich um die Entscheidung der Einzelrichterin des Senats gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG.

III.

Die somit zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht unbegründet.

Die auf die erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Überprüfung des Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Tageslenkzeit in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit fahrlässigen Überschreitens der zulässigen ununterbrochenen Lenkzeit, wegen fahrlässigen Unterschreitens der Tagesruhezeit und wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen ununterbrochenen Lenkzeit.

Die noch unter Geltung der zum 11. April 2007 aufgehobenen Verordnung (EWG) 3820/85 begangenen Verstöße konnten nach Inkrafttreten des § 8 Abs. 3 FPersG am 14. Juli 2007 (wieder) geahndet werden. Die Übergangsregelung des § 8 Abs. 3 FPersG verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot des Art. 103 GG. Auch konnte § 4 Abs. 3 OWiG durch die einfach gesetzliche Norm des § 8 Abs. 3 FPersG ausgeschlossen werden.

Dies haben das OLG Bamberg bei einer ähnlichen Fallgestaltung in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 2 Ss OWi 1265/07 - (DAR 2008, 99) und das OLG Düsseldorf bei einer identischen Fallgestaltung in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2007 - 2 Ss OWi 83/07 - jeweils mit ausführlicher und überzeugender Begründung ausgeführt. Auch der Senat teilt diese Auffassung und schließt sich ihr einschließlich ihrer Begründung an.

Soweit der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde auf die Entscheidung des OLG Hamburg vom 24. April 2007 - 3 Ss OWi 34/07 - (NZV 2007, 372) verweist, war diese Rechtsprechung nicht mehr einschlägig, da sie während der Zeit der Ahndungslücke und noch vor Inkrafttreten des § 8 Abs. 3 FPersG entstanden ist; gleiches gilt auch für die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 27. Juni 2007 - 2 Ss OWi 43/07 - (DAR 2007, 473).

Der Rechtsbeschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.

Entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war lediglich die Urteilsformel klarstellend zu korrigieren (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 71 Rdnr. 41 m. w. N.).

Ende der Entscheidung

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