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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.08.2005
Aktenzeichen: 5 U 25/05
Rechtsgebiete: BGB, ZVG


Vorschriften:

BGB § 93
BGB § 94 Abs. 1
BGB § 94 Abs. 2
BGB § 97
BGB § 97 Abs. 1 Satz 2
BGB § 903
BGB § 926
BGB § 926 Abs. 1 Satz 1 a. E.
BGB § 929
BGB § 932
BGB § 935
BGB § 940
BGB § 985
BGB § 1011
BGB § 1120 2. Alt.
ZVG § 55 Abs. 2
ZVG § 90 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 04. Januar 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Verfahren insoweit in der Hauptsache erledigt ist, wie der Verfügungsbeklagten untersagt wurde, aus dem Haus I-Str. in C das Waschbecken im Gäste-WC zu entfernen. Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.

Der weitergehende Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden zu 7/8 dem Verfügungskläger und zu 1/8 der Verfügungsbeklagten auferlegt.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Verfügungskläger 3/4 und die Verfügungsbeklagte 1/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe: I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 04.01.2005 (Bl. 68 ff. GA). Die Verfügungsbeklagte wiederholt, vertieft und ergänzt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie wendet sich gegen die rechtliche Einschätzung des Landgerichts, bei der Einrichtung des Gäste-WC handele es sich um wesentliche Bestandteile des Gebäudes i.S.d. § 94 Abs. 2 BGB. Bei - ihrer Ansicht nach hier gebotener - entsprechender Heranziehung der Rechtsprechung zur fehlenden Bestandteilseigenschaft von Einbauküchen erweise sich vielmehr, dass das Waschbecken, der Unterschrank und der Spiegel im Gäste-WC keine wesentlichen Bestandteile des Gebäudes seien. Für den Spiegel gelte dies um so mehr, als er nicht speziell in den Raum "eingepasst", sondern schlicht dort aufgehängt worden sei; es handele sich bei ihm um einen "von der Stange weg" zu erwerbenden Einrichtungsgegenstand. Waschbecken und Unterschrank seien im Übrigen schadensfrei voneinander zu trennen: Der Unterschrank sei ein serienmäßig geformtes Stück, bei dem lediglich die Abdeck- durch eine Marmorplatte ersetzt worden sei; diese wiederum sei so ausgeschnitten worden, dass sie das Waschbecken umschließe. Die fehlende Bestandteilseigenschaft der genannten Sachen, so meint die Verfügungsbeklagte weiter, sei dem Verfügungskläger bewusst gewesen; anders lasse sich seine Bereitschaft, sie gesondert zu erwerben, nicht erklären. Dementsprechend sei es schon am 22.09.2004 zum Abschluss eines Kaufvertrages gekommen; das an sie gerichtete Schreiben des Verfügungsklägers vom folgenden Tag habe nur noch der Bestätigung gedient. Die Verfügungsbeklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend ihrem in der Schlussverhandlung der 1. Instanz gestellten Antrag zu entscheiden. Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das landgerichtliche Urteil. Die nunmehr noch in Rede stehenden Gegenstände seien wesentliche Bestandteile des Gebäudes i.S.d. § 94 Abs. 2 BGB. Auf ihre Ersetzbarkeit komme es nicht an. Zudem sei zumindest die Marmorplatte des Waschunterschranks nicht seriell gefertigt, sondern bilde mit Schrank und Waschecken eine Einheit. Die Rechtsprechung zur Bestandteilseigenschaft von Einbauküchen könne vorliegend nicht entsprechend herangezogen werden, da die Beteiligten davon ausgegangen seien, dass die fraglichen Gegenstände mitverkauft würden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die überreichten Schriftsätze und die zu den Akten gelangten Unterlagen Bezug genommen. II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. 1. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat sich durch Zurücklassen der streitbefangenen Gegenstände im Hause I-Straße in C bei Auszug der Verfügungsbeklagten insoweit nicht erledigt, als es um den im Gäste-WC befindlichen Waschunterschrank und den dortigen Spiegel ging; insoweit unterlag die landgerichtliche Entscheidung der Abänderung. Bezüglich dieser Gegenstände nämlich war der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass der begehrten Entfernungsuntersagung ursprünglich nicht begründet; der Verfügungskläger war nicht nach den §§ 903, 985 BGB dazu berechtigt, von der Verfügungsbeklagten zu verlangen, sie im Hause zurückzulassen. a) Der Verfügungskläger erwarb an diesen Gegenständen kein (Mit-) Eigentum infolge des Erwerb des Hausgrundstücks durch ihn und seine Ehefrau. aa) Dieser Eigentumserwerb erstreckte sich nicht gem. § 94 Abs. 1 und 2 BGB auf Waschunterschrank und Spiegel, da es sich hierbei nicht um wesentliche Bestandteile des Gebäudes handelte. Vielmehr wurden weder Unterschrank noch Spiegel zur Herstellung des Gebäudes in dieses eingefügt. Auf die zur Bestandteilseigenschaft von Einbauküchen ergangene Rechtsprechung kommt es insoweit nicht an; keinesfalls prägen nämlich Waschunterschrank und Spiegel im Gäste-WC nach der Verkehrsanschauung den Charakter eines Hauses als solches derart, dass dieses ohne sie nicht als fertiggestellt betrachtet werden könnte (vgl. Jickeli/Stieper in: von Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bearb. 2004, Rn. 25 zu § 94). Allein der Umstand, dass beide Gegenstände möglicherweise "passend" zu einem bestimmten einzelnen Raum dieses Gebäudes ausgesucht wurden, ändert hieran nichts. Jede andere, noch dazu weniger auf den Gesamtcharakter des Gebäudes als vielmehr eines einzelnen, seiner Funktion nach den Charakter des (Wohn-) Hauses nicht einmal besonders nachhaltig "kennzeichnenden" Raumes abhebende Betrachtung führte zu einer ausufernden, der gerade im Sachenrecht wichtigen Rechtsklarheit abträglichen Rechtsanwendung. Lediglich ergänzungshalber merkt der Senat daher noch an, dass auch der "Charakter" des hier betroffenen einzelnen Raumes (Gäste-WC) zu keiner anderen Beurteilung Anlass gibt; vor allem hinsichtlich des Waschunterschranks, auf dessen Stauraum die Gäste der Hausbewohner bei Nutzung des WC in aller Regel nicht angewiesen sein dürften, versteht sich dies von selbst. Soweit in vereinzelten obergerichtlichen Entscheidungen "Waschtische" und "Badeeinrichtungen" (nicht: Waschunterschränke) zu wesentlichen Bestandteilen von Hotels gezählt worden sind (RG JW 1901, 1298; WarnRspr. 1933, 36 f.), erscheint diese Rechtsprechung angesichts der unterschiedlichen Zweckwidmung von Hotelgebäuden und Wohnhäusern hier bereits im Ansatz nicht einschlägig. bb) Hinsichtlich des Waschunterschranks folgt auch aus der - im Einzelnen noch zu erörternden (nachfolgend, unter 2a)) - Bestandteilseigenschaft des Waschbeckens nichts anderes. Dass nämlich Becken und Unterschrank ihrerseits eine rechtlich untrennbare Einheit i.S.d. § 93 BGB wären (der Schrank also eine Bestandsteilseigenschaft des Beckens teilte), hat der insoweit darlegungsbelastete Verfügungskläger nicht vorgetragen. Dem anschaulichen Beklagtenvorbringen zur Anpassung des Schranks durch Montage einer Marmorabdeckplatte und deren auf die Ausmaße des im fraglichen Gäste-WC vorhandenen Beckens hin erfolgten Zu- bzw. Ausschnitts ist er vielmehr nicht substantiiert entgegengetreten. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei Trennung von Becken und Schrank der eine oder andere dann verbleibende Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert würde. cc) Der Verfügungskläger und seine Frau erwarben die genannten Gegenstände auch nicht nach § 926 BGB gemeinsam mit dem von Herrn M erworbenen Grundstück. Sie gehörten nämlich nicht, wie dies in § 926 Abs. 1 Satz 1 a. E. BGB vorausgesetzt ist, dem Veräußerer M. Dieser erwarb mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung am 12.05.2004 zwar das Grundstück selbst (§ 90 Abs. 1 ZVG); sein Erwerb erstreckte sich aber nicht gem. den §§ 90 Abs. 1, 55 Abs. 2 ZVG i.V.m. § 1120 2. Alt. BGB auch auf Waschunterschrank und Spiegel, da es sich hierbei nicht um Zubehörstücke i.S.d. § 97 BGB handelte. Auch insoweit nämlich kommt es entscheidend auf die Verkehrsauffassung an, § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. auch v. Staudinger a.a.O., Rn. 24 zu § 97). Trotz Vorliegens einer wirtschaftlichen Zweckbindung der fraglichen Sachen an das Gebäude als Hauptsache und eines entsprechenden räumlichen Verhältnisses (wie sie hier jeweils gegeben sein dürften) ist danach ein Zubehörscharakter zu verneinen, wenn die betreffenden Sachen nicht mit dem Grundstück, auf dem sie sich befinden, mitverkauft zu werden pflegen (v. Staudinger ebenda; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 1989, 333 f.). Eben dies ist hier der Fall. Spiegel und (ggf.) Waschunterschränke im Sanitärbereich von Wohnhäusern gehören zu denjenigen Einrichtungsgegenständen, mit denen der Erwerber eines Hausgrundstücks das Gebäude in eigener Freiheit und Verantwortung ausstattet; zu ihrer Übernahme kommt es in aller Regel nur aufgrund gesonderter Vereinbarung. b) Eine derartige gesonderte Vereinbarung lässt sich hier zugunsten des Verfügungsklägers nicht feststellen. Das Zustandekommen einer Abrede mit der Verfügungsbeklagten hat der Verfügungskläger in diesem Rechtsstreit vielmehr stets bestritten; auf den Gegenvortrag hat er sich nicht hilfsweise berufen, so dass eventuelle sachenrechtliche Wirkungen solch einer Einigung hier letztlich unerörtert bleiben können. - Ein gutgläubiger Erwerb von Waschunterschrank und Spiegel gem. den §§ 929, 932 BGB vom Grundstücksveräußerer M scheitert schon daran, dass der Verfügungskläger und seine Ehefrau bei Übergabe des Grundstücks und damit auch der Ergreifung des Besitzes an den streitbefangenen Einrichtungsgegenstände nicht mehr gutgläubig waren. 2. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat sich indes insoweit erledigt, als es um das im Gäste-WC befindliche Waschbecken ging; insoweit war die Berufung der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen. a) Bezüglich dieses Beckens nämlich war der Antrag des Klägers auf Erlass der begehrten Entfernungsuntersagung ursprünglich nicht nur zulässig, sondern auch begründet. Er war mit Erwerb des Grundstücks einschließlich der Eigentumsumschreibung im Grundbuch auch (Mit-) Eigentümer des Waschbeckens geworden, und damit nach den §§ 903, 985, 1011 BGB der Verfügungsbeklagten gegenüber dazu berechtigt, von ihr das Belassen dieses Beckens im Hause zu verlangen. Der Erwerb des Grundstücks erstreckte sich nämlich gem. § 94 Abs. 2 BGB auf das Waschbecken als wesentlichen Bestandteil des Gebäudes. Dass die Sanitärbereiche von Wohnhäusern und damit auch diese selbst nach der Verkehrsauffassung nicht fertiggestellt, diese also umgekehrt zu ihrer Herstellung eingefügt sind, entsprach bereits in den 50-iger Jahren des letzten Jahrhunderts der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Braunschweig ZMR 1956, 80) und gilt angesichts der seitdem erzielten erheblichen weiteren Verbesserungen des allgemeinen Wohnstandards heutzutage erst recht, ebenso wie die seinerzeit (a.a.O.) hierfür gegebene Begründung, Waschbecken dienten nicht nur der täglichen Körperpflege, sondern werde auch zur Reinigung der Hände von Hausbewohnern oder etwa eingeladenen Gästen (!) benötigt. b) Dem Verfügungskläger stand bzgl. des Waschbeckens nicht nur der vorbezeichnete Verfügungsanspruch, sondern auch ein Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 BGB zur Seite. Ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung drohte, aus Sicht eines objektiven Dritten in seiner Situation, eine Mitnahme des Waschbeckens seitens der Verfügungsbeklagten und damit eine erhebliche Erschwerung der Verwirklichung seiner diesbezüglichen Eigentümerbefugnisse. Angesichts des Schreibens der nachmaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 18.11.2004 an den Verfügungskläger, in dem diesem die Entfernung und Mitnahme u.a. des Spiegels und des "Waschschrankes" im Gäste-WC für den Fall angekündigt wurde, dass dieser den - nach Darstellung der Beklagten - vereinbarten Kaufpreis nicht binnen acht Tagen zahlte, musste der Verfügungskläger nicht den Auszug der Beklagten bzw. den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abwarten. Zwar wurde das Becken selbst in diesem Schreiben nicht ausdrücklich angesprochen. Diese Unklarheit aber stellte für den Verfügungskläger - auch mangels zuvor zwischen den Parteien getroffener (insoweit) eindeutiger Absprachen - einen hinreichenden Anlass dafür dar, das Waschbecken im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ausdrücklich aufzuführen. Dass das bis zu diesem Zeitpunkt an den Tag gelegte Verhalten der Verfügungsbeklagten insoweit tatsächlich indifferent war und die Befürchtung einer Mitnahme des Beckens als "Teil" des von ihr namentlich angesprochenen "Waschschrankes" objektiv begründete, belegt auch ihre wechselhafte Einlassung im weiteren gerichtlichen Verfahren selbst: Ihrer Behauptung im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigung vom 17.12.2004 (Bl. 32 ff. d. A.), von einer Mitnahme des Beckens sei "nie die Rede" gewesen, hat sie vielmehr noch in ihrer Berufungsbegründung (Bl. 103 ff. d. A.) die Feststellung folgen lassen, sie sei seinerzeit "um des lieben Frieden willen dazu bereit gewesen ..., für Ersatz zu sorgen", woraus zugleich ihr ursprüngliches Interesse hervorgeht, das vorhandene Becken weiter zu nutzen; dies wiederum lag - erkennbar - auch in ihrem Interesse, wäre damit doch ein Austausch der vorhandenen, auf dieses Becken zugeschnittenen Marmorplatte entbehrlich geworden. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nrn. 6, 10 ZPO.

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