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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: 5 U 39/06
Rechtsgebiete: EGZPO, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 8
ZPO § 319
ZPO § 321 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Anträge der Beklagten auf Ergänzung und auf Berichtigung des Urteils des Senats vom 25. September 2006 werden zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

540 ZPO)

A)

Mit Urteil vom 19.01.2006 hat das Landgericht die Beklagten zur Herausgabe einer Ausfertigung einer bestimmten General- und einer Vorsorgevollmacht, eines PKW VW Golf und eines Haustürschlüssels verurteilt. Die weitergehende, auf Herausgabe einer privatschriftlichen Vollmacht gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat die Klage mit Urteil vom 25.09.2006 abgewiesen, soweit der Beklagte zu 1) verurteilt worden war, den PKW VW Golf herauszugeben. Die weitergehende Berufung hat der Senat zurückgewiesen. Den Streitwert hat der Senat insgesamt auf 203.834 € festgesetzt, wobei der Senat für die auf Herausgabe der General- und Vorsorgevollmacht gegen beide Beklagte gerichteten Klageanträge jeweils einen Streitwert von 100.000 € festgesetzt hat. Die Kostenentscheidung entsprach dieser Streitwertfestsetzung.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt, die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 16.07.2007 als unzulässig verworfen hat, weil die Beklagten nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eine die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO übersteigende Beschwer nicht glaubhaft gemacht hatten. Den Streitwert hat der Bundesgerichtshof auf 10.334 € festgesetzt, wobei auf die auf Herausgabe der Vollmacht gerichteten Anträge jeweils ein Betrag von 5.000 € entfällt.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat seinen Streitwertbeschluss vom 21.09.2007 teilweise geändert und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 13.834 € festgesetzt.

Die Beklagten begehren eine Urteilsergänzung, weil auf der Grundlage des geänderten Streitwertbeschlusses die vom Senat in seiner Entscheidung vorgenommene Kostenverteilung nicht mehr gerechtfertigt sei. Hilfsweise verlangen sie eine Urteilsberichtigung.

Die Beklagten beantragen,

1. die Kostenentscheidung des Urteils vom 25.09.2006 abzuändern und die außergerichtlichen Kosten sowie die Gerichtskosten zwischen den Parteien neu zu verteilen;

2. ihnen vorsorglich für den Antrag auf Urteilsergänzung Wiedereinsetzung in der vorigen Stand zu gewähren;

3. hilfsweise, die Kostenentscheidung im Urteil des Senats vom 25.09.2006 zu berichtigen.

Die Klägerin beantragt,

die Anträge der Beklagten zurückzuweisen.

B)

Die Anträge haben in der Sache keinen Erfolg.

I. Nach § 321 I ZPO ist das Urteil auf Antrag durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen, wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- bzw. Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar mag die im Urteil des Senats vom 25.09.2006 vorgenommene Kostenverteilung auf der Grundlage der mit Beschluss des Senats vom 08.10.2007 erfolgten Streitwertherabsetzung nunmehr unrichtig geworden sein. Eine Entscheidung über den Kostenpunkt ist aber nicht deshalb übergangen, wenn über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zwar vollständig, aber sachlich falsch entschieden worden ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 321 Rz. 4).

II. Eine Urteilsberichtigung in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO scheidet jedenfalls in dem hier anhängigen Verfahren aus.

Der Senat folgt nicht der in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassung, eine Streitwertänderung sei auch in einem solchen Falle generell möglich, weil die dadurch herbeigeführte Unrichtigkeit der Kostenentscheidung in entsprechender Auslegung des § 319 ZPO berichtigt werden könne (so aber OLG Hamm, 7. Familiensenat, MDR 2001, 1186; OLG Düsseldorf FamRZ 2002, 677; OLG Hamm (21. ZS) MDR 1986, 594; OLG Düsseldorf (19. ZS) OLGR 1992, 187, 188; Vollkommer, a.a.O., § 319 Tz. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 319 Rz. 5; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, 21. Auflage, § 319 Rz. 9). Ebenso wenig ist der Senat der Ansicht, dass § 319 ZPO auf derartige Fälle gar nicht anwendbar ist (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2002, 6799; OLG Köln NJOZ 2006, 3390, 3391; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 28. Auflage, § 319 Rz. 3; Mü-Ko-Musielak, ZPO, 3. Auflage, § 319 Rz. 10; Musielak, ZPO, 5. Auflage, § 319 Rz. 8).

Vielmehr ist der Senat der Auffassung, dass § 319 ZPO nur ausnahmsweise entsprechend angewendet werden kann. Grundsätzlich ist als unrichtig im Sinne des § 319 ZPO nur die versehentliche Abweichung der gerichtlichen Willenserklärung von der Willensbildung anzusehen. Ein solcher Fall ist nicht gegeben, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des von ihm festgesetzten Streitwertes die Kosten anteilig entsprechend dem Unterliegen und Obsiegen zwischen den Parteien verteilt hat. Diese Entscheidung entspricht dem Willensentschluss des Gerichtes, denn sie stimmt mit dem von ihm angenommenen Streitwert überein. Dass die Streitwertfestsetzung nachträglich abgeändert wird, hat zwar zur Folge, dass die Kostenentscheidung sachlich unrichtig wird. Die durch den Senat ursprünglich erfolgte Streitwertfestsetzung bildete aber die Grundlage für die Willensbildung des Senats hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten. Es kann daher - grundsätzlich - nicht gesagt werden, die Kostenentscheidung sei "offenbar" unrichtig, weil sie nicht dem unter Zugrundelegung der richtigen Rechtsnorm ermittelten Streitwert entspricht.

Nach Auffassung des Senats ist allerdings auch zu beachten, dass durch eine Anpassung der Kostenentscheidung an das sich durch eine nachträgliche Berichtigung des Streitwertes ergebende Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens unbefriedigende Ergebnisse vermieden werden können. Dieser Gedanke lässt es im Hinblick darauf, dass eine nachträgliche Abänderung der rechtskräftigen Kostenentscheidung zu einer Durchbrechung der Rechtskraft führt, als gerechtfertigt erscheinen, § 319 ZPO in Ausnahmefällen analog und zwar dann anzuwenden, wenn die Beibehaltung der ursprünglichen Kostenverteilung zu ein schlechthin nicht mehr vertretbares Ergebnis zur Folge hätte.

Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Denn die Reduzierung des Streitwerts führt im Ergebnis - absolut betrachtet - zu einer Verminderung der Kostenbelastung für jede der Prozessparteien, mag sich auch das der Kostenentscheidung zugrunde gelegte Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens dadurch mit der Folge eines relativen Nachteils für eine der Prozessparteien verschoben haben (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf (9. ZS) NJW-RR 1992, 1532).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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