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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.08.1999
Aktenzeichen: 5 UF 113/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 628 Nr. 4
ZPO § 97 Abs. 1
BGB § 1365
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 UF 113/99 OLG Hamm 9 F 43/97 AG Rheda-Wiedenbrück

Verkündet am 4. August 1999

Müller, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In der Familiensache

der Frau ...

Antragsgegnerin und Berufungsklägerin,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Stockebrand, Horstkötter, Dr. Schoofs und Dr. Kamm in Hamm -

gegen

Herrn ...

Antragsteller und Berufungsbeklagten,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Nickol, Böhmer, Dr. Jerrentrup, Dr. Leinhäuser, Chr. Nickol, K. Nickol, Willeke, Sohn, Duppré, Dr. Baxhenrich, Dr. Werthmann und Dr. Buchmüller in Hamm -

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 4. August 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Klünemann, die Richterin am Oberlandesgericht Krippner und den Richter am Oberlandesgericht Jokisch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 10. März 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rheda-Wiedenbrück wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das Familiengericht hat im Ergebnis zu Recht über den Scheidungsantrag vorab entschieden, ohne gleichzeitig über die Folgesache Versorgungsausgleich zu befinden.

Daß ihm dabei zumindest ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, indem es die Abtrennung weder in dem Beschluß vom 10. Februar 1999 noch in dem angefochtenen Urteil begründet hat, und möglicherweise ein weiterer, falls letzteres, wie das Protokoll ausweist, am 10. März 1999 entgegen § 173 Abs. 1 GVG in nicht öffentlicher Sitzung verkündet worden ist, steht einer Entscheidung des Senats nicht entgegen, da beide Fehler durch dieses zweitinstanzliche Urteil behoben werden. Die von der Antragsgegnerin gemäß § 139 ZPO erstrebte Aufhebung und Zurückverweisung ist zu ihrer Korrektur nicht erforderlich, vielmehr ist es, da die Entscheidungsgrundlagen feststehen, gemäß § 540 ZPO sachdienlich, daß der Senat selbst entscheidet.

Die Voraussetzungen für die Abtrennung des Versorgungsausgleichs liegen gemäß § 628 Nr. 4 ZPO vor.

Eine außergewöhnliche Verzögerung liegt in der Überschreitung der Zweijahresfrist (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 21. Auflage, § 628 Rdzif. 5). Diese ist jedenfalls heute zu bejahen, da der Scheidungsantrag der Antragsgegnerin bereits am 18. Februar 1997, also vor knapp 2 1/2 Jahren zugestellt worden ist.

Ein Aufschub der Scheidung stellte für den Antragsteller eine unzumutbare Härte dar. Ob er den ernsthaften Wunsch hegt, erneut zu heiraten, wie er im Senatstermin vom 4. August 1999 erstmals angegeben hat, kann in diesem Zusammenhang ungeklärt bleiben. Auch ohne eine solche Absicht ist ihm nämlich nicht zuzumuten, weiter mit der Antragsgegnerin verheiratet zu sein. Sein Interesse an einer umgehenden Beendigung der Ehe folgt aus der konfrontativen, teilweise ohne wirtschaftlich nachvollziehbaren Grund geführten Auseinandersetzungspraxis der Antragsgegnerin, die auch denjenigen Rest an ehelicher Solidarität vermissen läßt, der trotz des Scheiterns einer Ehe bei ihrer Abwicklung von Eheleuten erwartet werden kann. Sie setzt sich mit dem Antragsteller bzw. mit der GmbH, deren Alleingesellschafter er ist, unwidersprochen in ca. 20 Rechtsstreitigkeiten auseinander, die weit überwiegend von ihr eingeleitet worden sind. In dem Verfahren 25 T 621/98 Landgericht Bielefeld = 15 W 82/99 OLG Hamm beansprucht sie bei der Eintragung von Grundschulden auf der Grundlage von § 1365 BGB ein Mitspracherecht, obwohl der Grundstückskauf und die Notwendigkeit, diesen zu finanzieren, auf ihre kompromißlose Haltung als Vermieterin der von den Firmen genutzten Grundstücke zurückzuführen ist. Die Befürchtung des Antragstellers - der geschäftlich nicht nur als Geschäftsführer der GmbH, sondern auch als Privatperson agiert, wie das genannte Verfahren zeigt -, bei Fortsetzung der Ehe werde die Antragsgegnerin auch auf weitere Geschäfte blockierend Einfluß nehmen wollen, ist vor diesem Hintergrund nicht grundlos. Auch hat der Antragsteller im Senatstermin gut nachvollziehbar und überzeugend geschildert, wie sehr ihn die Tatsache der permamenten Auseinandersetzung psychisch belastet, so daß ein echtes Bedürfnis, als ersten Schritt zur Erleichterung wenigstens die Ehe zu beenden, festgestellt werden kann.

Diesem wirtschaftlich und seelisch motivierten Wunsch des Antragstellers, schon jetzt geschieden zu werden, stehen keine vergleichbaren Interessen der Antragsgegnerin gegenüber, die Ehe bis zur Regelung des Versorgungsausgleichs aufrechtzuerhalten. Es mag dahinstehen, ob allein ihre Auskunftsverweigerung in der Folgesache ausreicht, um die durch eine solche verzögernde Handhabe verfolgten Interessen wegen Rechtsmißbrauchs unbeachtet zu lassen. Denn die Antragsgegnerin hat keine beachtlichen Motive für das Nichteinreichen der Formulare vorgebracht, so daß es auf die Frage, ob sie ihre Position im Wege des Hinhaltens durchsetzen darf, nicht ankommt. Daß sie Zeit gewinnen möchte, um von der GmbH eine Beitragsentrichtung aus ihrem Arbeitsverhältnis als Buchhalterin im Prozeßwege zu erreichen, steht mit dem Versorgungsausgleich in keinem Zusammenhang. Dieses Ziel brächte ihr im Hinblick auf den Versorgungsausgleich keinen Vorteil. Denn erstens hat die Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Ende der Ehezeit keinen Einfluß auf die während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 58. Auflage, § 1587 Rdzif. 40), und zweitens wären höhere Anwartschaften auf ihrer Seite ihr nur nachteilig, so daß sie kein wohlverstandenes Interesse haben kann, das Verfahren bis zu einer Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die GmbH hinauszuzögern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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