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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.01.1999
Aktenzeichen: 5 UF 296/98
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 543 Abs. 1 | |
ZPO § 888 | |
ZPO § 732 | |
ZPO § 794 Nr. 3 | |
ZPO § 795 Satz 1 | |
ZPO § 794 | |
ZPO § 767 | |
ZPO § 91 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 | |
BGB § 767 |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
5 UF 296/98 OLG Hamm 96 F 16/98 AG Rheda-Wiedenbrück
Verkündet am 08. Januar 1999
Müller, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
In der Familiensache
...
Klägers und Berufungsklägers,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dres. Rinsche, Speckmann, Müller, Batereau, Schlüter, Apel, Terbille, Berninghaus, Deppen, Brocker, Wohlleben, Neumann, Born, Raming, Barbasch, Ockenfels und Rechtsanwältin Kloppenburg in Hamm -
gegen
Frau ...
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Schlünder, Dr. Stefener, Dr. Rasch, Dr. Micus, Dr. Schlewing, Gurges, Margraf, Dr. Müller, Deppenkemper und Scholz in Hamm -
hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 08. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Klünemann und die Richter am Oberlandesgericht Warmuth und Jokisch
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Juni 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rheda-Wiedenbrück abgeändert.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Rheda-Wiedenrück vom 28. August 1998 und aus dem Zwangsgeldbeschluß desselben Gerichts vom 15. September 1997 (Az. 9 F 34/96 AG Rheda-Wiedenbrück) wird für unzulässig erklärt.
Der vorgenannte Zwangsgeldbeschluß vom 15. September 1997 wird aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Seine Vollstreckungsgegenklage ist sowohl zulässig als auch in vollem Umfang begründet.
I.
1.
Soweit das Familiengericht die gegen den Auskunftstitel gerichtete Vollstreckungsgegenklage mit der Erwägung, eine weitere Zwangsvollstreckung drohe nicht, für unzulässig erachtet hat, ist ihm nicht zu folgen.
Zulässig ist die gegen ein Urteil gerichtete Vollstreckungsgegenklage solange, wie eine Vollstreckungsmöglichkeit besteht. Diese Möglichkeit besteht erst dann nicht mehr, wenn der Gläubiger auf die weitere Vollstreckung verzichtet und die vollstreckbare Urteilsausfertigung herausgibt. Beides ist bisher nicht geschehen.
Mit dem bislang ergangenen Zwangsgeldbeschluß ist die Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Urteil nicht erschöpft. Eine Zwangsgeldfestsetzung gemäß § 888 ZPO kann wiederholt erfolgen.
Darauf, ob gegenwärtig eine weitere Vollstreckung konkret beabsichtigt ist, kommt es nicht an. Ebenfalls nicht von Bedeutung ist, ob der Beklagten die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils abhanden gekommen ist. Ein solcher Verlust beseitigt nicht die Vollstreckungsmöglichkeit, da eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Urteils beantragt werden kann. Im Rahmen des Klauselerteilungsverfahrens kann der Kläger gemäß § 732 ZPO lediglich Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel, nicht aber sachliche Einwendungen gegen die titulierte Verpflichtung erheben. Einwendungen gegen den vollstreckbaren Anspruch, dessen die Beklagte sich weiterhin berühmt, können vom Schuldner nur mit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 BGB geltend gemacht werden.
2.
Zulässig ist auch die Vollstreckungsgegenklage gegen den Zwangsgeldbeschluß vom 15. September 1997. Es handelt sich bei diesem Beschluß um eine Entscheidung im Sinne des § 794 Nr. 3 ZPO. Gemäß § 795 Satz 1 ZPO gilt für die in § 794 ZPO erwähnten Schuldtitel § 767 ZPO entsprechend.
Das festgesetzte Zwangsgeld von 5.000,00 DM ist unstreitig noch nicht in voller Höhe beigetrieben worden. Es droht daher die weitere Vollstreckung.
Mit der Vollstreckungsgegenklage gegen den nach § 888 ZPO ergangenen Beschluß kann auch die Erfüllung der Verpflichtung zur Vornahme der unvertretbaren Handlung geltend gemacht werden (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 20. Aufl., § 888 Rn. 16).
II.
Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat die titulierte Auskunftspflicht erfüllt. Er hat eine hinreichend geordnete Aufstellung über sein Endvermögen vorgelegt, in welcher er die einzelnen Vermögensgegenstände aufgeschlüsselt und getrennt nach Aktiva und Passiva stichtagsbezogen mit Wertangaben versehen hat.
Der Auffassung der Beklagten, hinsichtlich der Eigentumswohnung Nr. 4, Bismarkstraße 69 in Gütersloh sowie der Lebensversicherungen des Klägers seien dessen Angaben unzureichend, ist nicht zu folgen.
1.
Hinsichtlich der Eigentumswohnung ist dem Beklagten im Auskunftsurteil aufgegeben worden, "den notariellen Kaufvertrag, durch den er diese Wohnung erworben hat, vorzulegen".
Einen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung als solche kann der Kläger nicht vorlegen, weil es einen solchen nicht gibt.
Die Eigentumswohnung ist im Rahmen eines sogenannten Bauherrenmodells errichtet worden. Die rechtliche Konzeption dieses Modells ergibt sich aus der von beiden Parteien errichteten notariellen Urkunde vom 13. November 1983 (UR-Nr. 418/83 des Notars W...). Danach sollten die Parteien - wie eine Vielzahl anderer Bauherren auch - einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück erwerben. Nach diesem Erwerb sollte dann von sämtlichen Erwerbern als Bauherrengemeinschaft ein Gebäude errichtet werden. Dieses sollte sodann durch Vereinbarung der Bauherren nach § 3 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt werden.
Daß entsprechend verfahren worden ist, ergibt sich aus dem notariellen Vertrag vom 02.12.1983 (UR-Nr. 1413/83 des Notars A...), mit welchem die Parteien einen Miteigentumsanteil an dem genannten Grundstück, nicht aber eine Eigentumswohnung erworben haben.
Versteht man den auf Vorlage des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung gerichteten Auskunftstitel wörtlich, so ist er auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Bei feststehender Unmöglichkeit der titulierten unvertretbaren Handlungen dürfen aber Zwangsmaßnahmen nicht verhängt werden (vgl. OLG Hamm NJW-RR 88, 1087 und Zöller/Stöber, ZPO, 20. Aufl., § 888 Rn. 11).
Versteht man den Titel sinngemäß dahin, daß der Erwerb der Immobilie zu dokumentieren ist, so hat der Kläger seine Auskunftspflicht mit der Vorlage des Grundstückskaufvertrages erfüllt.
In beiden Fällen ist für eine weitere Vollstreckung kein Raum.
Der Treuhandvertrag mit der Firma ...Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH ist nicht Gegenstand der titulierten Auskunftsverpflichtung. Daß insoweit nur die notarielle Annahmeerklärung, nicht aber das Angebot der Treuhandgesellschaft vorliegt, ist daher ohne Belang.
2.
Auch hinsichtlich der Lebensversicherungen hat der Kläger die titulierte Auskunftsverpflichtung erfüllt. Der Formulierung im Tenor des Urteils, wonach eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens "zum Wert (nicht nur zum Rückkaufswert) der dort bestehenden Lebensversicherungen" vorzulegen ist, hat der Kläger dadurch Rechnung getragen, daß er Bescheinigungen des Lebensversicherers vorgelegt hat, aus denen sich neben den Angaben zum Rückkaufswert auch solche zu Überschußanteilen ergeben.
Daß der Kläger weitergehende Angaben schuldet, ist dem Auskunftsurteil auch unter Heranziehung seiner Entscheidungsgründe nicht zu entnehmen.
Soweit die Beklagte unter Heranziehung der neueren BGH-Rechtsprechung zur Bewertung von Kapitallebensversicherungen beim Zugewinnausgleich Mutmaßungen darüber anstellt, welche zusätzlichen, über diejenige zum Rückkaufswert hinausgehenden Angaben das Familiengericht bei der genannten Tenorierung der Auskunftsverpflichtung gemeint haben könnte, erscheint dies im Ansatz verfehlt.
Abzustellen ist ausschließlich auf die titulierte Auskunftsverpflichtung, wobei bei einem ungenauen Urteilstenor zu dessen Auslegung zwar auf die Entscheidungsgründe des Urteils, nicht aber auf Mutmaßungen über das vermutlich Gewollte zurückgegriffen werden darf.
Da hier die Entscheidungsgründe keinerlei Anhaltspunkte dafür bieten, daß und ggfls. welche weitergehenden als die bisher erfolgten Angaben der Kläger zu machen hat, ist für eine weitere Vollstreckung kein Raum.
III.
Da die Vollstreckung aus dem Auskunftsurteil für unzulässig zu erklären ist, ist die dessen Vollstreckung dienende Zwangsgeldfestsetzung vom 15.09.1997 aufzuheben.
IV.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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