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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.06.2005
Aktenzeichen: 5 UF 731/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 242
BGB § 313
BGB § 1359
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 19. November 2004 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rheda-Wiedenbrück wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens trägt der Antragsgegner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe: (gem. § 540 Abs. 1 ZPO): I. Die Antragstellerin, geboren 1960, und der Antragsgegner, geboren 1959, haben als Studenten am xx.xx.19xx die Ehe geschlossen. Am 12.09.1980 haben sie einen notariellen Ehevertrag geschlossen, in dem Gütertrennung vereinbart und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin im 4. Monat schwanger. Die Tochter C kam am xx.xx.19xx zur Welt. Die Antragstellerin hat ihr Studium der Pädagogik und ihr Referendariat mit dem zweiten Staatsexamen 1986 abgeschlossen. Tatsächlich hat sie allerdings nie in ihrem erlernten Beruf als Lehrerin gearbeitet. Statt dessen kümmerte sie sich um die Kindererziehung der inzwischen 6 gemeinsamen Kinder (C, geb. xx.xx.19xx, A, geb. xx.xx.19xx, M, geb. xx.xx.19xx, B, geb. xx.xx.19xx und die Zwillinge T und M, geb. am xx.xx.xx) sowie den Haushalt. Der Antragsgegner eröffnete 1989 seine Augenarztpraxis, in der die Klägerin bis Ende des Jahres 2000 für Aushilfsarbeiten angestellt war. Im März 2003 kam es zur endgültigen Trennung der Parteien. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens hat die Antragstellerin im Scheidungsverbund im Wege der Stufenklage Auskunft über das Endvermögen des Antragsgegners verlangt, da sie die Ansicht vertreten hat, dass der Antragsgegner sich nicht auf den vertraglichen Ausschluss des Zugewinns berufen könne. (Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs hat sich der Antragsgegner mit der Durchführung einverstanden erklärt.) Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Teilurteil der Klage in der Auskunftsstufe stattgegeben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Auskunft über sein gesamtes Endvermögen zum 24.03.2004 zu erteilen. Zur Begründung hat es angeführt, dass ein Auskunftsanspruch nur dann zu verneinen sei, wenn ein Anspruch auf Zugewinnausgleich in jedem Falle ausgeschlossen werden könne. Dies sei hier indes nicht der Fall. Vieles spreche bereits dafür, dass der Vertrag nach § 138 BGB sittenwidrig sei. Jedenfalls würde die Ausübungskontrolle voraussichtlich dazu führen, dass eine Berufung des Antragsgegners auf den vertraglichen Ausschluss des Zugewinns treuwidrig sei. Eine endgültige Beurteilung sei dies bezüglich im Übrigen erst dann möglich, wenn die Auskunft erteilt sei, da erst dann ersichtlich sei, wie groß der Nachteil tatsächlich für die Antragstellerin sei. Mit der Berufung begehrt der Antragsgegner die Abweisung der Stufenklage, da er den Vertrag nicht für sittenwidrig hält. Die Regelung über den Zugewinnausgleich berühre nicht den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass beide Parteien ihre Ausbildung beenden und im Beruf arbeiten und man sich die Kindererziehung teilt. Der Antragsgegner habe sich auch während des Studiums an Kindererziehung und Haushaltsführung beteiligt. Er habe die Antragstellerin auch immer wieder ermuntert, doch zu arbeiten. Auch im Nachhinein sei die Berufung auf den Ausschluss des Zugewinns insbesondere im Hinblick auf das, was die Antragstellerin während der Ehe an Einkommen und Vermögenswerten erhalten habe, nicht treuwidrig. Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bestätigt den Vortrag zur ursprünglichen Lebensplanung der Parteien. Im Hinblick auf die Entfernung zur Arbeitsstelle, das jeweilige Alter der Kinder und die berufliche Einspannung des Antragsgegners sei es ihr jedoch nicht möglich gewesen, die angebotenen Stellen als Lehrerin anzutreten. II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Ein Auskunftsanspruch der Antragstellerin aus § 1359 BGB ist gegeben, da jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Berufung des Antragsgegners auf den ehevertraglichen Ausschluss des Zugewinns der Ausübungskontrolle nicht standhalten wird. Zwar ist zutreffend, dass nach der Entscheidung des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen vom 11.02.2004 in FamRZ 2004, S. 601, der Zugewinnausgleich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich ist. Danach spricht viel dafür, dass der Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhalten wird, da es unstreitig ist, dass die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgingen, dass beide in ihrem angestrebten Beruf arbeiten würden und man sich Kindererziehung und Haushaltsführung teilen würde. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass im Wege der Ausübungskontrolle eine Anpassung des Vertrages nach § 242 BGB, § 313 BGB in Betracht zu ziehen ist. Im Hinblick darauf, dass der Zugewinnausgleich nicht wie Unterhalt und Versorgungsausgleich vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts umfasst wird, ist zwar die Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung nur unter engsten Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Hierfür genügt es alleine noch nicht, dass sich die Ehefrau während der Ehe der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hat. Eine Berufung auf die vereinbarte Gütertrennung kann jedoch ausnahmsweise treuwidrig sein, wenn wie im vorliegenden Fall die Ehegatten bei ihrer vertraglichen Abrede von beiderseitiger Berufstätigkeit ausgegangen sind, diese Planung sich aber später nicht verwirklichen lässt (BGH a.a.O.). Hier hat die Klägerin tatsächlich nie als Lehrerin gearbeitet und ihre Aushilfstätigkeit in der Praxis des Beklagten ist einer derartigen Tätigkeit nicht vergleichbar. Statt dessen hat sie die 6 gemeinsamen Kinder großgezogen bzw. zieht sie immer noch groß und so dem Beklagten den Weg in die Selbständigkeit trotz Großfamilie erst ermöglicht, d.h. die Parteien haben letztendlich die klassische Rollenverteilung in der Ehe verwirklicht, wie sie der Gesetzgeber bei der Schaffung des gesetzlichen Güterstandes vor Augen hatte. Ob und inwieweit sich hieraus tatsächlich die Notwendigkeit einer Anpassung der ehevertraglichen Regelung ergibt, kann abschließend erst beurteilt werden, wenn der Antragsgegner die Auskunft über sein Endvermögen erteilt hat, da erst dann festzustellen ist, ob der Nachteil, den die Antragstellerin dadurch erlitten hat, dass sie nicht durch eigene Erwerbstätigkeit ihr Vermögen entscheidend vermehren konnte, durch sonstige Einkünfte oder Vermögenswerte, die sie während der Ehe erworben hat, kompensiert wird. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung des Senats nicht von den Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen abweicht. Soweit der Antragsgegner sich auf eine Entscheidung des 4. Familiensenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.06.2005 (4 UF 187/04) beruft, steht auch diese Entscheidung nicht im Widerspruch zu der vorliegenden, da sie eine grundlegend andere Fallkonstellation betrifft. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

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