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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 5 Ws 45/08
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 456a |
Beschluss
Strafvollstreckungssache
gegen W.G.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.,
(hier: a) sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Zulässigkeit der Nachholung der Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 5. Juni 2000,
b) Antrag des Verurteilten auf Bestellung eines Pflichtverteidigers)
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 16. Januar 2008 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 31. Dezember 2007 und auf den Antrag des Verurteilten vom 10. Februar 2008 auf Bestellung eines Pflichtverteidigers hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 14. 02. 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
2. Der Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers wird abgelehnt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last.
Gründe:
I.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 31. Januar 2008 zu der sofortigen Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 31.12.2007 Folgendes ausgeführt:
"I.
Der Verurteilte ist durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2000 wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden (zu vgl. Bl.1 ff VH). Bereits vor Verbüßung der Hälfte der erkannten Strafe, nämlich mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 29.06.2001 (zu vgl. Bl.63, 64 VH) wurde mit Wirkung zum 31.07.2001 im Hinblick auf die am 22.09.1995 bzw. am 31.05.2001 durch den damaligen Oberstadtdirektor der Stadt Dortmund bzw. den Landrat des Kreises Soest angeordnete - sofort vollziehbare - Ausweisung bzw. Abschiebung (Bl. 53 ff, 61 ff VH) des Verurteilten von der weiteren Strafvollstreckung gem. § 456 a Abs. 1 StPO abgesehen. Die Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug erfolgte am 03.08.2001 (Bl.73 VH). Zuvor war er durch den Leiter der JVA Werl (zu vgl. Belehrungsprotokoll Bl.74 VH) über die Absehensentscheidung und darüber belehrt worden, dass bei Rückkehr in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Vollstreckung nachgeholt werde. Am 22.01.2007 überschritt der Verurteilte - aus Polen kommend - die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland und wurde wegen der bestehenden Ausschreibung zur Festnahme für den Fall der Rückkehr in das Bundesgebiet festgenommen.
Mit am 16.01.2008 beim Landgericht Arnsberg eingegangener (Bl. 144 VH) sofortiger Beschwerde vom selben Tage wendet sich der Verurteilte gegen den seinem Verteidiger am 09.01.2008 (Bl. 143 VH) zugestellten Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg (Bl. 140 VH), durch welchen die Nachholung der Vollstreckung der erkannten Strafe für zulässig erachtet worden ist.
II.
Die gem. § 462 Abs. 3 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 458 Abs. 2 StPO statthafte sofortige Beschwerde erweist sich aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses als unbegründet.
Die Strafvollstreckungskammer hat die erneute Vollstreckbarkeit der mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2000 verhängten Strafe zu Recht bejaht. Es fehlt an dem Vollstreckungshindernis eines fortdauernden Absehens von der Vollstreckung nach § 456a Abs.1 StPO bzw. eines Anspruchs hierauf. Der Beschwerdeführer ist am 22.10.2007 nach Deutschland zurückgekehrt. In der Folge hat die Staatsanwaltschaft ermessensfehlerfrei die Nachholung der Strafvollstreckung angeordnet. Der Verurteilte ist im Sinne des § 456a Abs. 2 StPO zurückgekehrt, als er von Polen kommend die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland überquerte und sich - wie sich aus den dienstlichen Äußerungen der seinerzeit mit der Festnahme an der Landesgrenze befasst gewesenen deutschen Beamten ergibt - auf deutschem Staatsgebiet aufhielt.
Subjektive Vorstellungen des Verurteilten stehen der Verwertung seiner Rückkehr als Voraussetzung für die Nachholung der Vollstreckung nicht entgegen. Die Vollstreckung darf nicht nachgeholt werden, wenn ein Verurteilter nicht gem. § 456 a Abs. 2 4 StPO über die Folgen einer Rückkehr belehrt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe, NStZ 1994, NStZ 1994, 254). Eine solche Belehrung ist hier vor der Entlassung aus dem Strafvollzug erfolgt. Die Belehrung stellte ausdrücklich auf eine Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland ab. Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten sind auszuschließen; ausweislich seiner Eingaben beherrscht der Verurteilte - worauf die Strafvollstreckungskammer zu Recht hinweist - die deutsche Sprache.
Eine Rückkehr i.S. des § 456a Abs. 2 Satz 1 StPO ist eine tatsächliche Bedingung für die Nachholung der Vollstreckung, die kein Verschulden an ihrer Verwirklichung voraussetzt (vgl. KG, JR 1995, 77 78 ). Erforderlich ist jedoch die Freiwilligkeit der Rückkehr (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1991, 889; OLG Frankfurt a.M., NStZ-RR 1996, 93). Hier hat sich der Verurteilte freiwillig auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begeben. Es besteht Grund zu der Annahme, dass er die Grenzübergangsstelle passiert hat, um im deutschen Hoheitsgebiet weiterreisen. Dafür spricht bereits der Umstand, dass der Verurteilte - wie in den dienstlichen Äußerungen der damaligen Grenzbeamten angeführt - sich nicht nach der Zulässigkeit der Wiedereinreise erkundigt hatte. Seine Einlassung zu abweichenden Gründen seines Aufenthaltes auf deutschem Hoheitsgebiet ist nicht glaubhaft, sondern vielmehr als lebensfremd zu erachten. Der Umstand, dass der Verurteilte die Grenzstelle zu Fuß passiert hat, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, zumal - was nahe liegt - geplant gewesen sein könnte, die Weiterreise gegebenenfalls mit Hilfe erwarteter Dritter fortzuführen. Ohne Bedeutung bleibt, ob der Verurteilte sein Verhalten als Rückkehr im Sinne des § 456a StPO Abs. 2 S. 1 StPO bewertet hat. Selbst wenn man trotz des Rechtscharakters der Rückkehr als einer tatsächlichen Bedingung der Vollstreckungsnachholung ein entsprechendes Bewusstsein verlangen wollte, bliebe ein Irrtum des Verurteilten, durch sein ihm bewusstes und von ihm gewolltes Verhalten das Merkmal der Rückkehr im Sinne des § 456a Abs.2 S. 1 StPO zu erfüllen, ein hier unbeachtlicher und vermeidbarer sog. Subsumtionsirrtum.
Die Rückkehr eines Verurteilten in den Geltungsbereich der Strafprozessordnung führt indes nicht ohne Weiteres zur Nachholung der Vollstreckung, sondern erfordert eine Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft (§ 456a StPO Abs. 2 Satz 1 StPO: "so kann die Vollstreckung nachgeholt werden"; vgl. OLG Karlsruhe, NStZ 1994, 254). Ebenso hat die Staatsanwaltschaft Ermessen dahin auszuüben, ob sie eine solche Anordnung der Nachholung schon mit ihrer Verfügung über das Absehen von der Vollstreckung nach § 456a Abs.1 StPO verbinden will (§ 456a Abs.2 S. 3 StPO. "kann zugleich ... anordnen,"; vgl.KG, JR 1995, 77 78 ; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. § 456a Rdnr. 7). Die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 29.06.2001 (Bl. 63, 64 VH), mit der seinerzeit von der weiteren Vollstreckung abgesehen worden war, verhält sich zwar nicht ausdrücklich zu der Frage der Nachholung der Vollstreckung für den Fall der Rückkehr. Eine solche Entscheidung hat sie durch den Erlass eines Haftbefehls für den Fall der Wiedereinreise (Zu vgl. Bl. 91 VH) sowie nachträglich dadurch getroffen, dass sie ein Absehen von der weiteren Vollstreckung mit Bescheid vom 03.12.2007 (Bl. 124 VH) abgelehnt hat. Die Einwendungen des Verurteilten gegen den ein Absehen von der Vollstreckung gem. § 456 a Abs. 1 StPO ablehnenden Bescheid der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 03.12.2007 habe ich nach Prüfung des Sachverhalts sowie unter Berücksichtigung der Einwendungen des Verurteilten mit Bescheid vom 28.01.2008 (2 Zs 243/08) zurückgewiesen, da ich keinen Anlass gesehen habe, entgegen der angefochtenen Entscheidung von der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2000 gem. § 456 a Abs. 1 StPO i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 der Strafvollstreckungsordnung bereits nach Verbüßung der Hälfte der erkannten Strafe oder sonst zu einem früheren Zeitpunkt abzusehen. Zur Begründung habe ich Folgendes ausgeführt:
"...Kehrt ein verurteilter Straftäter entgegen der ihm erteilten Belehrung dennoch nach Deutschland zurück, so lebt dass der Vollstreckungsbehörde zugewiesene Recht auf Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches wieder auf und verdichtet sich im Regelfall zu einer Vollstreckungspflicht. Nur besonders gewichtige Abwägungskriterien der privaten und sozialen Situation des Betroffenen sind geeignet, der grundsätzlich angezeigten Durchsetzung des Vollstreckungsanspruchs entgegen zu stehen. Unter Berücksichtigung dieser in der obergerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsätze (zu vgl. Beschluss des OLG Frankfurt/Main vom 01.11.2000 - 3 VAs 45/00 -, NStZ-RR 2001 S. 93 ff.; Beschluss des OLG Hamm vom 05.01.2006 - 1 VAs 70/05 -) ist die ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft Dortmund nicht zu beanstanden, sie steht im Einklang mit der Vollstreckungspraxis. Die besonderen Belastungen Ihres Mandanten durch Verbüßung einer bereits vor längerer Zeit verhängten - und dem gemäß als zusätzliche Härte empfundenen - Strafe, fehlende Vollzugslockerungen auf Grund der - soweit ersichtlich - weiterhin bestandskräftigen Ausweisungsverfügung sowie Einschränkungen bei Besuchen und Resozialisierungsmaßnahmen müssen vorliegend, und zwar auch mit Blick auf die von Ihrem Mandanten angeführte familiäre Situation bzw. sein gesundheitliches Befinden, zurücktreten, da bei der gegebenen Sachlage, nämlich mit Blick auf die freiwillige Rückkehr Ihres Mandanten, bei der gebotenen Gesamtablehnung das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Strafvollstreckung als vorrangig zu erachten ist. Umstände, die geeignet sind, die hier grundsätzlich angezeigte Durchsetzung des Vollstreckungsanspruchs (zu vgl. dazu OLG Düsseldorf, NStZ Nr. 4 zu § 456 a StPO; OLG Karlsruhe, ZfStrVo 1997, 369 370 ; OLG Hamburg, NStZ-RR 1999, 123) als unangebracht erscheinen lassen, vermag ich - in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft - nicht zu erkennen. Die hinsichtlich der Anordnung der Nachholung der Vollstreckung nach erfolgter Wiedereinreise in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beanspruchen auch bei der vorliegend in Rede stehenden Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, ob von einer gem. § 456 a Abs. 2 StPO angeordneten und später nachgeholten Vollstreckung erneut gem. § 456 a StPO abgesehen werden soll, Geltung, so dass neben dem vorrangigen Vollstreckungsinteresse grundsätzlich auch die Art des/der begangenen Delikts(e), die Umstände der Tat(en), der Umfang der im Urteil festgestellten Schuld, die Gefährlichkeit des Verurteilten, die Höhe des Strafrestes und schließlich auch die zwischen der Entlassung aus dem Vollzug und der Rückkehr in die Bundesrepublik verstrichenen Zeitspanne, einzustellen sind. Nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass der Erkrankung und familiären Situation Ihres Mandanten bei der bereits seinerzeit getroffenen Absehensentscheidung Rechnung getragen worden ist. Ungeachtet dessen hat sich Ihr Mandant trotz umfassender Belehrung nicht davon abhalten lassen, sich in Kenntnis der Gefahr der Nachholung der Vollstreckung freiwillig in das Bundesgebiet zu begeben. Mit diesem Verhalten hat er sich uneingeschränkt der innerstaatlichen Rechtsordnung unterworfen und ist dem gemäß allen anderen abgeurteilten Straftätern gleichzustellen. Die im öffentlichen Interesse liegende Durchbrechung des auch im Strafvollstreckungsrechts grundsätzlich geltenden Legalitätsprinzips durch § 456 a Abs. 1 StPO verliert unter den gegebenen Umständen ihren tatsächlichen Ansatz mit der Folge, dass damit das der Vollstreckungsbehörde zugewiesene Recht auf Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs wieder auflebt und die an den vorstehend dargestellten Maßstäben ausgerichtete Gesamtabwägung, und zwar unter vernehmlicher Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer nachhaltigen Strafvollstreckung, die weitere Vollstreckung gebietet. Die Ihrem Mandanten anzulastende Tatschuld, die zu seiner Verurteilung geführt hat, ist von besonderem Gewicht. Nicht unberücksichtigt bleiben konnte, dass die Identität Ihres Mandanten - was sich eindrucksvoll aus den Gründen des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2000 ergibt zu vgl. I. Ziff.2 - nicht geklärt ist, er nach den im Strafverfahren getroffenen Feststellungen in früheren Jahren unter verschiedenen ldentitäten und mit gefälschten Personalpapieren in Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern aufgetaucht ist und er bereits durch das Urteil des Landgerichts Münster vom 03.02.2000 (8 KLs 42 Js 172/99) u.a. wegen unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet verurteilt worden war, so dass vor dem Hintergrund der erneuten Rückkehr zu besorgen ist, dass er sich mangels hinreichender Beeindruckung durch den bisherigen Vollzug von Haftstrafe im Falle eines erneuten Absehens von der weiteren Vollstreckung gem. § 456 a StPO erneut in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begeben und Straftaten verüben könnte. Der von Ihnen angeführte Aspekt des Verstoßes gegen Europäisches Recht auf Grund eines "lebenslangen Wiedereinreiseverbots" greift nicht und rechtfertigt eine abweichende Bewertung unter keinem Gesichtspunkt, zumal es bei der Frage des Nachholens der Vollstreckung unbeachtlich ist, ob ein ausgewiesener Straftäter, bei dem § 456 a StPO zur Anwendung gelangt ist, illegal bzw. legal nach Deutschland wieder einreist. Die Nachholung der Strafvollstreckung ist nämlich auch dann zulässig, wenn der ausländische Verurteilte legal nach Deutschland zurückkehrt (zu vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1991, 889). Vor diesem Hintergrund sowie mit Blick auf die durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg mit Beschluss vom 31.12.2007 für zulässig erachtete Nachholung der Vollstreckung braucht der Frage, wie und unter welchen Umständen der Grenzübertritt durch Ihren Mandanten erfolgt ist, nicht näher nachgegangen zu werden. Außergewöhnliche Belastungen, die über das hinausgehen, was üblicherweise mit dem Strafvollzug eines ausländischen Gefangenen verknüpft ist, liegen ersichtlich nicht vor. Die persönlichen und sozialen Belange Ihres Mandanten müssen - zumindest derzeit - hinter dem öffentlichen Interesse an einer weiteren nachhaltigen Strafvollstreckung zurücktreten, zumal der Halbstrafenzeitpunkt erst für den 18.05.2008 notiert ist...".
Der sofortigen Beschwerde des Verurteilten ist folglich der Erfolg zu versagen."
Diesen im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Soweit die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer vorgenannten Stellungnahme irrtümlich davon ausgeht, dass sich die Verfügung der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 29. Juni 2001 nicht ausdrücklich zur Frage der Nachholung der Vollstreckung für den Fall der Rückkehr verhalte - in der Tat ist in dieser Verfügung die Nachholung der Vollstreckung für den Fall der freiwilligen Rückkehr bereits ausdrücklich angeordnet (Bl. 68 VH) - führt dies in der Sache zu keiner anderen Beurteilung. Die Staatsanwaltschaft hat mit dieser Entscheidung über die Nachholung der Vollstreckung ihr Ermessen frühest möglich ausgeübt. Hiergegen und gegen die Aufrechterhaltung dieser Entscheidung im Folgenden ist aus den Gründen der vorgenannten Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft und aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses nichts zu erinnern. Die Staatsanwaltschaft ist bei ihrer Entscheidung weder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen, noch hat sie von ihrem Ermessen in rechtlich zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., Rdnr. 8 zu § 456 a).
Das (nachgereichte) Beschwerdevorbringen im Schreiben vom 13. Februar 2008 rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, ist aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses widerlegt; auch der Senat geht davon aus, dass der Verurteilte ausweislich der von ihm verfassten Schreiben hinreichend der deutschen Sprache mächtig ist und in diesen Schreiben im Übrigen deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er selbst von einem bestehenden Einreiseverbot ausging und sich insoweit keineswegs in einem Irrtum befunden hat.
Soweit geltend gemacht wird, der Verurteilte sei nicht freiwillig in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, sondern hierbei liege allenfalls ein Versuch vor, geht diese Beurteilung fehl, zumal es nach dem Inhalt der dienstlichen Stellungnahme des seinerzeit Dienst habenden Grenzbeamten POM Stubbe eindeutig erscheint, dass sich der Verurteilte von sich aus auf deutschem Boden den Einreiseformalitäten unterzog. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die Anordnung und Durchführung der Nachholung der Vollstreckung ist auch insoweit nicht ersichtlich. Der Erhebung irgendwelcher weiterer Beweise zu dieser Frage bedurfte es nicht.
Die Frage der Haftfähigkeit des Verurteilten berührt die hier zu treffende Entscheidung über die Anordnung der Nachholung der Vollstreckung nicht unmittelbar. Soweit die Haftfähigkeit im Hinblick auf die von dem Verurteilten vorgetragenen lebensbedrohlichen Herzattacken in Frage stehen könnte, haben die Vollzugsanstalt und die Vollzugsbehörde dem vorrangig im Rahmen des Vollzuges in einem gesonderten Verfahren in geeigneter Weise Rechnung zu tragen; ob der Verurteilte insoweit ein gesondertes Verfahren betreibt, ist vorliegend weder ersichtlich noch maßgeblich.
Dass die Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung über die Anordnung der Nachholung der Vollstreckung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen ist, kann nicht festgestellt werden, zumal der Verurteilte sich unmittelbar nach seiner Festnahme in ärztlicher Behandlung und in einem stationären Aufenthalt in einem Justizvollzugskrankenhaus befunden hat, aus dem er alsbald wieder in den Justizvollzug entlassen worden ist. Der Erhebung der von der Beschwerde angeregten Beweisermittlungen zum Gesundheitszustand des Verurteilten bedurfte es für die hier zu treffende Entscheidung nicht.
Auch war die mündliche Anhörung bei der gegebenen Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren weder erforderlich noch geboten.
II.
Der Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers für das Vollstreckungsverfahren war zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen entsprechend § 140 Abs. 2 StPO im Vollstreckungsverfahren nicht vorliegen. Zu beachten ist, dass der im Erkenntnisverfahren für die Bestellung eines Verteidigers maßgebende Gesichtspunkt der Schwere der Tat und des Gewichts der zu erwartenden Rechtsfolgen im Vollstreckungsverfahren nicht mehr gilt. Tatschwere und Rechtsfolgen stehen bereits fest. Die hier zu entscheidende Frage der Zulässigkeit der Anordnung der Nachholung der Vollstreckung gemäß § 456 Abs. 2 StPO ist weder hinsichtlich der Sach- oder Rechtslage besonders schwierig noch besteht eine besondere Schwere des Vollstreckungsfalles im Hinblick auf den Verurteilten. Auch bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Verurteilte unfähig wäre, seine Rechte sachgemäß und angemessen wahrzunehmen. Seine eigenen schriftlichen Stellungnahmen im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens zeigen vielmehr, dass er durchaus in der Lage ist, die prozessuale Situation und die relevanten tatsächlichen Umstände des Falles zutreffend und sachgerecht aufzufassen und seine Position angemessen zu vertreten. Eine Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist bei der gegebenen Sachlage nicht geboten.
Dabei kann es dahinstehen, ob eine Beiordnung schon deshalb nicht in Betracht gekommen wäre, weil durch die vorstehende Entscheidung in der Sache die Frage der Zulässigkeit der Nachholung der Vollstreckung abschließend entschieden und erledigt ist und eine nachträgliche Beiordnung ohnehin nicht in Betracht kommt (vgl. u. a. Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 15. Oktober 2007 in 2 Ws 311-313/07).
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine solche des Stellvertretenden Vorsitzenden des Senates Richter am Oberlandesgericht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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