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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 6 U 157/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 249
BGB § 253 Abs. 2
BGB § 254
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 823
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 15.09.2008 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2008 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Mitverantwortung von 3/5 jedweden materiellen und künftigen immateriellen Schaden aufgrund des Unfalls vom 19.04.2007 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergangen sind oder übergehen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorprozessualen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 Euro, zahlbar an die klägerischen Prozessbevollmächtigten, freizustellen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 3/5 und der Beklagten 2/5 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der zum Zeitpunkt des Schadenseintritts 69 Jahre alte Kläger verlangt von der Beklagten aus einem Vorfall auf einem Spielplatz in N am 19.04.2007 immateriellen und materiellen Schadensersatz sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden.

Die Beklagte betreibt den Spielplatz am C2, M-Straße. Dieser ist über zwei Eingänge zugänglich. An diesen Eingängen sind jetzt Schilder "Spielplatz für Kleinkinder und Kinder im schulpflichtigen Alter" aufgestellt, ob dies am Schadenstag an allen Eingängen der Fall war, ist streitig. Auf diesem Spielplatz befindet sich eine Rutsche, die unter anderem über ein Steinpodest mit 4 Stufen erreicht werden kann. Die Rutschfläche ist im Bereich der Schräge mit einer geschlossenen Röhre versehen, diese öffnet sich erst im untersten Teil. Unterhalb des Auslaufs der Röhrenrutsche ist ein 40 x 40 cm großes Betonkiesfundament eingelassen, dessen Ende ragte über den Auslauf der Rutsche hinaus. Als Abdeckung des Fundamentes dient loser Sand.

Im März 2007 führte das von der Beklagten beauftragte Ingenieurbüro C die jährliche Hauptsicherheitskontrolle auf diesem Spielplatz durch. Der Prüfer nahm in den Bericht auf, dass die Höhe des Auslaufes der Rutsche über 40 cm betrage und dass Sand aufgefüllt werden müsse. Er ordnete den Mangel in die Kategorie 1 (Beanstandung ohne akute Unfallgefahr) ein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kontrollbogen Bl. 27, 28 d. A. verwiesen.

Einen Tag vor dem streitgegenständlichen Vorfall führte die Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin H, die wöchentliche Kontrolle auf dem Spielplatz durch.

Der Kläger begab sich am Schadenstag auf den Spielplatz und kam dort der Aufforderung seines 5 Jahre alten Enkels nach, ebenfalls die Röhrenrutsche zu benutzen.

Der Kläger hat behauptet, am Ende der Rutschfläche nicht in den Stand gekommen, sondern aus einer Höhe von etwa 60 cm mit dem Gesäß auf den Untergrund aufgeprallt zu sein und sich hierbei eine Fraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zugezogen zu haben. Er musste - was unstreitig ist - die ersten Wochen Bettruhe einhalten und in den Folgemonaten jede Belastung vermeiden und sich therapeutischen Maßnahmen unterziehen. Die Verletzung ist knöchern ausgeheilt.

Der Kläger hat aber - unter Vorlage eines Gutachtens des Dr. med. D vom 27.07.2008 (Bl. 53-57 d.A.) - vorgetragen, noch unter schmerzhaften Bewegungseinschränkungen, Muskelverspannungen und Beeinträchtigungen beim Spazierengehen und Radfahren zu leiden. Es liege ein Dauerschaden vor.

Die Beklagte hat den Schadensablauf mit Nichtwissen bestritten und ihre Verantwortlichkeit zurückgewiesen. Gleichwohl hat sie - was unstreitig ist - nach der Meldung des Schadensfalls das Spielgerät gesperrt, Ende April Sand aufgefüllt und geraume Zeit später die Kürzung des Fundamentes veranlasst. Der Spielplatz sei, wie die Beklagte die Aufassung vertreten hat, ausweislich der angebrachten Schilder, lediglich für Kleinkinder und Kinder im schulpflichtigen Alter zugelassen, der Kläger gehöre nicht zu dem geschützten Personenkreis, er habe den Unfall ausschließlich selbst zu verantworten. Sie hat behauptet, bei der zuletzt am 18.04.2007 durchgeführten Kontrolle hätte bei der Sandaufschüttung keine Mängel festgestellt werden können.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, Bl. 59-60 d. A., Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Kläger sowie einen Vertreter der Beklagten angehört und hat mit am 15.09.2008 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, den Kläger treffe - selbst wenn seine Schilderung vom Schadensfall zutreffe - ein überwiegendes Mitverschulden, dahinter trete eine etwaige Sicherungspflichtverletzung der Beklagten zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, Bl. 61 - 64 d. A., verwiesen.

Gegen dieses Urteil, welches ihm unter dem 02.10.2008 zugestellt wurde, hat der Kläger mit am 17.10.2008 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 24.11.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wendet sich gegen den Mitverschuldensvorwurf und verfolgt weiterhin sein Ersatzbegehren auf der Basis einer 100 %-igen Haftung der Beklagten. Tatsächlich sei streitig, ob auch an dem Eingang, welchen er benutzt habe, ein Schild angebracht gewesen sei. Die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit für Kinder ergäbe sich auch nicht aus dem Spielgerät an sich. Außerdem sei üblich, dass Begleitpersonen gemeinsam mit kleinen Kindern rutschen würden. Aus dem von ihm beobachteten Wegkippen des Enkelsohns könne auch nicht geschlossen werden, dass er die Gefahren hätte erkennen müssen.

Im Übrigen wiederholt und vertieft er seinen Vortrag zur vorgetragenen Verkehrssicherungspflichtverletzung und stützt sich neu auf die Vorgaben der EN 1176.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2008 zu zahlen;

2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden materiellen und künftigen immateriellen Schaden aufgrund des Unfalls vom 19.04.2007 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind,

3.

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorprozessualen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 Euro, zahlbar an die klägerischen Prozessbevollmächtigten, freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat den Kläger sowie zwei Vertreter der Beklagten persönlich angehört und hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin H.

Wegen des Inhaltes und des Ergebnisses der Parteianhörung und Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Berichterstattervermerk der Sitzung vom 19.03.2009, Bl. 116-118 d. A.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat nach dem Ergebnis der ergänzenden Parteianhörung und Beweisaufnahme teilweise Erfolg.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung immateriellen Schadensersatzes aus §§ 823, 253 Abs. 2, 254 BGB zu, den der Senat unter Berücksichtigung der eingetretenen Verletzung, deren Folgen und des Mitverschuldens des Klägers mit 2.000 Euro bemessen hat.

a) Der Kläger ist am 19.04.2007 bei der Benutzung der Röhrenrutsche auf dem Spielplatz am C2 an dem Ende der Rutsche nicht rechtzeitig in den Stand gekommen, sondern ist "durchgerutscht", mit dem Gesäß auf das nur wenig mit Sand bedeckte über das Ende der Rutsche hinausragende Betonkiesfundament aufgeprallt, hat sich hierbei eine Fraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zugezogen und hat damit sowohl eine Körperverletzung als auch eine Gesundheitsbeschädigung erlitten.

aa) Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte den geschilderten Vorfall zulässig mit Nichwissen bestritten. Sie hat insbesondere nicht mit dem an den Kläger gerichtenen Schreiben vom 26.04.2007, Bl. 35 d. A., die behaupteten Tatsachen unstreitig gestellt. Unabhängig davon, dass ein außgerichtliches Geständnis erst dann zum prozessualen wird, wenn der Gestehende - und nicht wie hier der Fall - der Gegner das Schriftstück in den Prozess einführt, gibt das Schreiben bei der gebotenen Auslegung nach § 133 BGB ein solches Geständnis schon nicht her. Vielmehr bringt die Beklagte darin nur allgemein ihr Bedauern über den Vorfall zum Ausdruck, stellt in Aussicht, mögliche Gefahrenstellen zu beseitigen und verweist im Übrigen wegen des eventuellen weiteren Schriftverkehrs auf das dortige Rechtsamt.

bb) Nach dem Ergebnis der ergänzenden Parteianhörung, dem Inhalt des vorgelegten Arztbriefes und der in Augenschein genommenen Lichtbilder, die den Zustand der Rutsche am Folgetag wiedergeben, steht aber fest, dass sich der Kläger bei der Benutzung der Rutsche in der vorstehenden Art und Weise verletzt hat.

(1) Der Kläger hat - übereinstimmend - sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Senat anschaulich, detalliert und nachvollziehbar den Rutschvorgang geschildert und insbesondere den unsanften Aufprall beschrieben. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf das Protokoll der Sitzung vom 15.09.2008, Bl. 46-47 d. A., und den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 19.03.2009, Bl. 116 d. A. Bezug genommen.

(2) Der Inhalt der Parteianhörung wird indiziell dadurch bestätigt, dass der Kläger bei der ärztlichen Erstbehandlung einen Sturz als Schadensursache angegeben hat. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief vom 20.04.2007, Bl. 15 d.A., dort ist als Indikation verzeichnet: "Sturz gestern nachmittag". Der Kläger hat sich - nach dem Inhalt dieses Briefes - mit einer frischen Deckplattenfraktur von LWK 1 in den ventralen zwei Dritteln ohne Hinterkantenbeteiligung in ärztliche Behandlung begeben.

(3) Auf dem am Folgetag aufgenommenen Foto, Bl. 14 d. A., ist die streitgegenständliche Röhrenrutsche abgebildet und erkennbar, dass sich unterhalb des Auslaufs mit nur wenig Sand bedeckt eine hellgraue offenbar mit Kiessteinen durchsetzte Fläche befindet.

b) Für diesen Vorfall ist die Beklagte verantwortlich, da sie als Betreiberin des Spielplatzes eine ihr zumindestens auch im Verhältnis zum Kläger obliegende Verkehrssicherungspflicht vorwerfbar verletzt hat und dies adäquat kausal zu dem Schaden geführt hat.

aa) Die Beklagte betreibt den öffentlich zugängigen Spielplatz am C2 in N, ihr obliegt daher eine Verkehrssicherungspflicht.

bb) Ein Spielplatz muss aus Gründen der Verkehrssicherung so gestaltet und erhalten werden, dass Benutzer vor solchen Gefahren geschützt werden, die über das übliche Risiko der Nutzung hinausgehen und für die Benutzer nicht ohne Weiteres erkenn- und beherrschbar sind. An die Sicherheit von aufgestellten Spielgeräten sind hierbei besonders hohe Anforderungen zu stellen, die gerade auch den Schutz vor Miss- und Fehlgebräuchen betreffen. Ungeschicklichkeiten, Leichtsinn und Unfähigkeit im Umgang mit dem Spielgerät dürfen im Normalfall keine schwerwiegenden Folgen haben. Insbesondere muss der Untergrund unter den Spielgeräten so gestaltet werden, dass bei allfälligen Stürzen keine schweren Verletzungen drohen (Wagner in Münchener-Kommentar, BGB, 4. Auflage, § 823 Rn. 473).

Röhrenrutschen sind so konstruiert, dass der Rutschvorgang im Bereich der geschlossenen Röhre in liegender, zumindest aber gebeugter Haltung erfolgen muss. Damit verbunden ist das Risiko, sich nach dem u. U. für den Nutzer plötzlichen Erreichen des Endes der Röhre nicht mehr rechtzeitig aufrichten und den Körperschwerpunkt so ausrichten zu können, dass ein sicher in den Stand Kommen nach Verlassen der Rutsche gesichert ist und der Nutzer stattdessen mit dem Körper auf den Boden aufprallt. Dieser Gefahrenlage muss durch Gestaltung des Untergrundes am Ende der Rutsche Rechnung getragen werden. Der Untergrund muss so gestaltet sein, dass ein nicht unwahrscheinlicher Aufprall mit dem Körper abgedämpft wird und nicht zu schweren Schäden führen kann.

cc) Bereits die Anlage eines mit nur losem Sand überdeckten harten und nicht dämpfenden Betonsockels unterhalb des Auslaufs der Röhrenrutsche begründet eine besondere Gefahrensituation. Hierbei kann offen bleiben, ob bereits nach der maßgeblichen ehemaligen DIN 1726 und der jetzt gültigen EN 1176 die Gestaltung nicht dem technischen Standard entsprach. Bei dieser Lage des Fundaments und der Art der Überdeckung mit losem Füllmaterial besteht von vornherein die Gefahr, dass der Sand weggetreten und seiner Dämpfungs- und Schutzfunktion nicht mehr gerecht wird. Dies gilt insbesondere wenn es sich - wie der Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen Erörterungen im Termin ausgeführt hat - um einen Spielplatz handelt, der wegen der örtlichen Nähe zu einem Jugendzentrum sehr stark frequentiert wird.

dd) Vor diesem Hintergrund reicht weder die von der Beklagten veranlasste jährliche Kontrolle, noch die wöchentliche Pflege in dem angeordneten Umfang aus, um ausreichenden Schutz vor der besonderen Gefahrensituation zu gewähren.

(1) Bereits bei der jährlichen Kontrolle wurde der zu niedrige Füllstand des Sandes beanstandet, diese Information gelangte aber nicht an die mit der wöchentlichen Pflege betraute Mitarbeiterin der Beklagten. Nach dem Ergebnis der uneidlichen Vernehmung der Zeugin H steht fest, dass dieser Mitarbeiterin, die für die wöchentlichen Pflege des Spielplatzes zuständig war, nicht bekannt gegeben worden war, dass der zu niedrige Füllstand des Sandes in dem jährlichen Prüfbericht beanstandet worden war. Auch wenn die Gefahrenstufe in dem Bericht nicht als hoch bewertet und der Sanierungsbedarf nicht als dringlich eingestuft wurde, musste die Beklagte der besonderen durch das mit Sand überdeckte Fundament im Auslaufbereich der Rutsche begründeten und durch die starke Nutzung verstärkten Gefahr dadurch Rechnung tragen, dass die Informationen unverzüglich weiter gegeben wird.

(2) Aber auch die Maßnahmen, die die Beklagte zur wöchentlichen Erhaltung und Pflege des Spielplatzes angeordnet hat, reichen nicht aus, um der durch die Anlage und den Betrieb der Röhrernrutsche begründeten Gefahr ausreichend zu begegnen. Nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugin H, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln der Senat keinerlei Anlass sieht, bestand ihre Aufgabe darin, etwaigen Sandaushub durch Harken und Aufschütten zu begradigen und Unrat vom Spielplatz zu entfernen. Ihr oblag es aber nicht, die aktuelle Füllhöhe des Sandes zu überprüfen.

ee) Die konkrete und sich im Schadensfall verwirklichte Gefahr war für den Kläger nicht erkennbar. Der Kläger, der den Spielplatz mit seinem Enkel erst wenige Male benutzt hatte, musste weder wissen, dass sich unterhalb der Röhrenrutsche ein nur unzureichend abgecktes Betonkiesfundament befindet, noch konnte er dies erkennen, da der Sockel geringfügig mit Sand überdeckt war.

ff) Die Verkehrssicherungspflichtverletzung ist vorwerfbar. Die Anlage der Rutsche stellt insgesamt einen gefahrbringenden Zustand dar, die Dienstanweisungen waren nicht darauf ausgerichtet, diesem Zustand durch besondere Maßnahmen zu begegnen.

gg) Ganz unabhängig von den Fragen, ob Eingangsschilder den Benutzerkreis auf Kinder im jungen Alter beschränken und am Schadenstag aufgehängt waren und ob ein Mitrutschen von Begleitpersonen bei dieser Art von Rutsche unüblich oder üblich ist, führt auch das unbefugte Nutzen des Gerätes nicht dazu, dass die Sicherungspflichten gegenüber dem Kläger nicht bestehen. Denn Verkehrssicherungspflichten bestehen soweit, wie der Verkehr eröffnet wird. Eine etwaige unbefugte Nutzung kann nur im Rahmen des Mitverschuldens berücksichtigt werden (Wagner a. a. O., § 823 Rdnr. 263).

c) Der Kläger muss sich jedoch gemäß § 254 BGB ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil er ein Spielgerät benutzt hat, das erkennbar für die Nutzung durch Kinder bestimmt ist.

Eine Nutzungsbeschränkung ausschließlich für Kleinstkinder liegt nach Art der Rutsche nicht vor. Die Röhrenrutsche stellt erhöhte Anforderungen an Gleichgewicht und Körperkontrolle, daher liegt - trotz des relativ kurzen Rutschenlaufs - auf der Hand, dass auch größere Kinder und ggf. auch Jugendliche von dem Spielgerät angesprochen werden sollen.

Allerdings musste sich dem Kläger aufdrängen, dass die verbleibende Zeit nach dem liegenden Rutschen im Bereich der Röhre zum Aufrichten und in den Stand kommen knapp bemessen ist, eine schnelle Reaktion erfordert und ggf. mit einem höheren Risiko behaftet ist, durchzurutschen, als dies bei offenen Rutschen der Fall ist. Dass Stürze in höherem Alter häufig zu schweren Verletzungen führen können, musste sich ihm ebenfalls aufdrängen.

Da der Kläger zudem genau diese Schwierigkeiten des in den Standkommens bei seinem Enkel beobachtet hat, ist ihm eine Eigenverantwortlichkeit bei der Herbeiführung des Unfalls anzulasten, die der Senat mit einer Quote von 3/5 angemessen bemessen hat.

d) Dem Kläger steht für die erlittenen Verletzungen und Verletzungsfolgen unter Berücksichtigung seiner Mitverantwortung ein Anspruch auf immateriellen Schaden zu, den der Senat mit 2.000,00 Euro bewertet und der mit vergleichbaren Fällen im Einklang steht.

aa) Der Kläger erlitt durch den Sturz eine Lendenwirbelkörperfraktur, die nach konservativen therapeuthischen Maßnahmen knöchern verheilt ist. Die Vorderkante des LWK 1 ist aber um 50% im Vergleich zur Hinterkante höhengemindert. Dies führt nach dem Inhalt des vom Kläger vorgelegten Gutachtens des Dr. med. D, Bl. 53-56 d. A., zu einer Aufhebung der phyisolgoischen Lordose und zu einer umschriebenen Gibbusbildung. Eine kräftige Knochenspange zum BWK 12 als Ausdruck der konsolidationsbedingten Abstützreaktion führt zu einer Bewegungsbehinderung in diesem Bereich. Diese - wie der Kläger nachvollziehbar geschildert hat - schmerzhaften Bewegungseinschränkungen beeinträchtigen ihn nachhaltig, weil er seinen sportlichen Ambitionen nicht mehr nachkommen kann und auch beim Spazierengehen und Radfahren Einschränkungen erfährt. Nach dem Inhalt des Gutachten beträgt die Minderung der Leistungsfähigkeit 20%.

bb) Soweit die Beklagte bestritten hat, dass der Kläger noch unter Dauerfolgen zu leiden hat, ist dieses Bestreiten unerheblich. Nachdem der Kläger das o. g. Gutachten vorgelegt hat, hätte es eines substantiierteren Angreifens der behaupteten Dauerfolgen bedurft.

2. Die Zinsforderung ist aus §§ 286, 288 BGB begründet. Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 01.04.2008 fruchtlos unter Fristsetzung zum 15.04.2008 zur Zahlung von 5.000,00 Euro immateriellen Schaden aufgefordert.

3. Die Feststellungsklage ist zulässig und - unter Berücksichtigung des Mitverschuldens (insoweit war der Tenor wegen offensichtlicher Unrichtigkeit nach § 319 ZPO zu berichtigen) - begründet.

Bei einer wenn auch knöchern verheilten Fraktur im Lendenwirbelkörper ist denkbar, dass sich die bereits vorliegenden und abgegolten Beschwerden zukünftig noch unerwartet verstärken oder unabsehbare Folgeerkrankungen auftreten.

4. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Freistellung der vorprozessualen Anwaltskosten aus den §§ 823, 249 BGB zu.

Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 2.200,00 Euro (2.000,00 Euro immaterieller Schaden, 200,00 Euro Feststellungsschaden, jeweils nach der Haftungsquote) betragen diese Kosten 272,87 Euro und berechnen sich wie folgt:

 161 x 1.3 = 209,30 Euro
zuzüglich 20 = 229,30 Euro
119 % = 272,87 Euro

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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