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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.06.1999
Aktenzeichen: 6 U 16/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 251 II
BGB § 249
BGB § 249 Satz 1
BGB § 249 S. 2
BGB § 254 II 1
BGB § 284
BGB § 288
ZPO § 92
ZPO § 100
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 16/99 OLG Hamm 6 O 324/98 LG Essen

Verkündet am 23. Juni 1999

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lemcke und die Richter am Oberlandesgericht van Beeck und Sapp

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 29. Oktober 1998 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 5.500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Juni 1998 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Parteien: 10.000,00 DM.

Entscheidungsgründe:

I.

Der etwa 2 Jahre alte Pkw Mercedes C 180 Classic des Klägers wurde am 14.05.1998 dadurch erheblich beschädigt, daß er durch einen bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug auf ein weiteres Fahrzeug aufgeschoben wurde.

Die Parteien streiten in dieser Instanz noch darüber, ob der Kläger Ersatz des Fahrzeugschadens auf der Grundlage der mit 31.312,14 DM ermittelten Reparaturkosten und der Wertminderung von 2.300,00 DM beanspruchen kann oder sich mit der Abrechnung auf der Grundlage der Wiederbeschaffungskosten zufrieden geben muß, die unstreitig 38.700,00 DM betrugen, und über die Höhle des dabei ggf. anzurechnenden Restwertes, der vom Kläger entsprechend der Bewertung des von ihm eingeschalteten Schadensgutachters mit 13.000,00 DM, von der Beklagten dagegen mit 18.500,00 DM angesetzt wird.

Mit Schreiben vom 03.06.1998 rechnete die Beklagte den Schaden vorläufig auf der Basis des Wiederbeschaffungsaufwandes (= Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) ab. Sie legte dabei einen Restwert von 18.500,00 DM zugrunde und teilte dem Kläger mit, ihr liege ein Restwertangebot in dieser Höhe vor von einer Firma , deren Telefonnummer in dem Schreiben angegeben wurde. Gleichzeitig bat sie für den Fall der Reparatur um Übersendung der Reparaturkostenrechnung.

Diese Abrechnungsweise lehnte der Kläger ab und beharrte auf der Erstattung der fiktiven Reparaturkosten gemäß Gutachten. Er ließ das beschädigte Fahrzeug nicht reparieren, sondern ersetzte es durch ein Neufahrzeug, das Ende Juli 1998 ausgeliefert wurde. Er gab das beschädigte Fahrzeug in Zahlung, und zwar nach seiner Darstellung für 13.000,00 DM. In der ihm erteilten Gutschrift vom 09.07.1998 sind 15.000,00 DM ausgewiesen. Bei der Differenz handelt es sich nach seiner Behauptung um einen versteckten Rabatt.

Mit der Klage hat der Kläger - neben weiteren inzwischen erledigten Schadenspositionen - Ersatzes restlichen Fahrzeugschadens verlangt und diesen wie folgt berechnet:

Reparaturkosten (unstr.) 31.312,14 DM Wertminderung 2.300,00 DM Fahrzeugschaden 33.612,14 DM.

Abgesetzt worden sind die 20.200,00 DM, die die Beklagte auf den Fahrzeugschaden als Differenz zwischen dem unstreitigen Wiederbeschaffungswert von 38.700,00 DM und dem von ihr angesetzten Restwert von 18.500,00 DM gemäß Schreiben vom 03.06.1998 gezahlt hat.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es ist der Abrechnung des Klägers gefolgt und hat zur Begründung ausgeführt, die Reparaturwürdigkeit und damit auch die Verhältnismäßigkeit i.S.d. § 251 II BGB sei zu bejahen, solange die voraussichtlichen Reparaturkosten zuzüglich Wertminderung nicht den Wiederbeschaffungswert überschritten; dann sei es auch unerheblich, ob, wann und in welcher Weise der Geschädigte sein Fahrzeug repariere.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage und macht geltend, mangels Reparatur könne der ersatzfähige Fahrzeugschaden nur auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwands (= Wiederbeschaffungskosten abzüglich Restwert) und nicht nach den höheren Reparaturkosten errechnet werden; der anzurechnende Restwert sei anhand des dem Kläger rechtzeitig mitgeteilten Restwertangebotes zu bestimmen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet.

Für den Fahrzeugschaden sind im vorliegenden Fall nicht die fiktiven Reparaturkosten maßgeblich, sondern der Wiederbeschaffungsaufwand, der sich durch Abzug des Restwertes vom Wiederbeschaffungswert ergibt (1). Als Restwert sind hier lediglich 13.000,00 DM entsprechend den Ermittlungen des Schadensgutachters anzusetzen (2). Unter den vorliegenden Umständen ergibt das sog. Restwertangebot keine Veranlassung, davon abzuweichen (2.1). Der bei der Inzahlunggabe ausgewiesene Restwert enthält einen versteckten Rabatt, der dem Kläger zusteht (2.2). Als restlicher Fahrzeugschaden sind danach noch 5.500,00 DM offen (3).

1. Eine Abrechnung auf das Basis der fiktiven Reparaturkosten ist dem Kläger verwehrt, weil die gutachtengerechte Reparatur unwirtschaftlich ist. Zur Herstellung des früheren Zustandes ist es nicht erforderlich i.S.d. § 249 BGB, derart hohe Reparaturkosten aufzuwenden.

Der Geschädigte kann nach § 249 Satz 1 BGB Wiederherstellung des wirtschaftlich identischen früheren Zustandes beanspruchen. Bei Beschädigung eines Kraftfahrzeugs kann dieser nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat angeschlossen hat, nicht nur durch Reparatur wiederhergestellt werden, sondern auch durch Ersatzbeschaffung; es handelt sich um zwei verschiedene Formen der Naturalrestitution (vgl. BGH NJW 92, 302; 92 305 = r + s 92, 15; 92,16 = VersR 92, 61; 92, 64; Senat, r + s, 98, 64; r + s 98, 284 = MDR 98, 1223). Nimmt wie hier der Geschädigte die Schadensbehebung in die eigenen Hände, so ist er gehalten, von beiden Möglichkeiten der Naturalrestitution (Reparatur oder Ersatzbeschaffung) diejenige zu wählen, die in einer in zumutbaren Weise den geringen Aufwand erfordert. Der i.S.d. § 249 S. 2 BGB erforderliche Geldbetrag bestimmt sich grundsätzlich nach der wirtschaftlichen günstigeren Alternative. Nach diesem Wirtschaftlichkeitspostullat ist also der Reparaturaufwand (Reparaturkosten zuzüglich Minderwert) mit dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert) zu vergleichen. Bleibt der Reparaturaufwand darunter, dann kann der Geschädigte diese Reparaturkosten beanspruchen, und zwar unabhängig davon, ob er die Reparatur tatsächlich durchführt; er kann dann also auch auf Gutachtenbasis abrechnen. Ist dagegen der Reparaturaufwand höher als der Wiederbeschaffungsaufwand, so wird der Schadensersatzanspruch durch diesen begrenzt.

Ausnahmsweise kann dann, wenn der Reparaturaufwand (Reparaturkosten zuzüglich Minderwert) die Wirtschaftlichkeitsgrenze überschreitet, das Integritätsinteresse des Geschädigten in bestimmten Grenzen eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis rechtfertigen. Das setzt jedoch voraus, daß der Geschädigt sein Interesse an der Weiternutzung des vertrauten Fahrzeugs durch fachgerechte Reparatur dokumentiert. Veräußert er es dagegen wie hier aus Anlaß des Unfalls, so bleibt es bei der streng wirtschaftlichen Abrechnung.

Sie führt im vorliegend Fall dazu, daß der Wiederbeschaffungsaufwand maßgeblich ist, wie sich aus folgender Gegenüberstellung ergibt:

Auf der Grundlage der Reparaturkosten von 31.312,14 DM und des verbleibenden Minderwerts von 2.300,00 DM ergäbe sich ein Fahrzeugschaden von 33.612,14 DM.

Für die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs müßten entsprechend dem unstreitigen Wiederbeschaffungswert 38.700,00 DM bezahlt werden. Dabei könnte ein Restwerterlös von mindestens 13.000,00 DM eingesetzt werden. Es verbleibt ein Fahrzeugschaden von höchstens 25.700,00 DM, so daß diese Form der Wiederherstellung des vorherigen Zustandes sich jedenfalls um fast 8.000,00 DM günstiger gestaltet als die Abrechnung auf Reparaturkostenbasis.

Der Geschädigte, der sein Fahrzeug nicht reparieren läßt, hat kein schützenswertes Interesse daran, daß der Schädiger bzw. sein Versicherer einen derartigen Mehraufwand betreibt, obwohl es zur Wiederherstellung des vorherigen Zustandes nicht erforderlich ist.

Demgegenüber wird teilweise vertreten, die Obergrenze, bis zu der der Geschädigte ohne Rücksicht auf seine tatsächlichen Dispositionen auf der Basis (geschätzten oder der tatsächlichen) Reparaturkosten abrechnen könne, werde nicht durch den Wiederbeschaffungsaufwand, sondern durch den Wiederbeschaffungswert gezogen (so Röttgering, zfs 95, 441; AG Limburg, zfs 99, 15 mit zustimmender Anmerkung Diehl; so auch der 9. Zivilsenat des OLG Hamm in NZV 97, 441 = zfs 97, 371 = OLGR 97, 242, allerdings in einem nicht tragenden Teil der Entscheidungsgründe). Diese Auffassung ist aber nicht richtig. Der BGH hat seine Auffassung, der Geschädigte müsse sich grundsätzlich für die wirtschaftlich günstigere Abrechnungsalternative entscheiden (BGH, r + s 92, 122 = VersR 92, 457), durch die Grundsatzentscheidung vom 15.10.1991 (VersR 92, 61 = r + s 92, 16). nicht geändert; er hatte zwar hier den Toleranzbereich, innerhalb dessen sich der Geschädigte noch zur Reparatur zum Zwecke der Weiterbenutzung entschließen darf, nach oben erweitert, in dem er den Restwert aus der Vergleichsrechnung herausgenommen hat. Er hat aber ausdrücklich betont, daß dieses nur für den Fall der Reparatur zur Weiterbenutzung gelte; im übrigen müsse es bei der postengenauen Abrechnung verbleiben. Das entspricht auch zumindest der h.M. in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (z.B. OLG Hamm, 6. Zivilsenat, r + s 99, 241; r + s 93, 379 = NZV 93, 432 = DAR 94, 26; r + s 98, 460; OLG Hamm, 13. Zivilsenat, SP 96, 82; das vor der genannten Grundsatzentscheidung des BGH ergangene Urteil des 13. Zivilsenats vom 14.01.1991 = 13 U 109/90 -, auf das sich das Landgericht gestützt hat, gibt damit nicht den aktuellen Stand wieder; vgl. ferner OLG Düsseldorf, r + s 96, 162 = VersR 96, 904 = NZV 96, 276; OLG Schleswig, VersR 99, 202; LG Gießen, DAR 96, 95) . Auch nach Steffen (DAR 97, 297 ff., 299) bezeichnet der Wiederbeschaffungswert i.V.m. dem Restwert die Grenze, bis zu der fiktiv, d.h. ohne Nachweis einer Reparaturabsicht, abgerechnet werden darf. Dieses wird schließlich auch in der Literatur so vertreten (s. z.B. Staudinger/Schiemann, 13. Aufl. 1998, § 249 BGB, Rz. 226, 233; Geigel/Rixecker, 22. Aufl., Kap. 4, Rz. 25 f.; Becker/Böhme, 20. Aufl., D 20).

Mehr als den Wiederbeschaffungsaufwand kann der Kläger demgemäß als Ersatz des Fahrzeugschadens nicht beanspruchen.

2. Als Restwert, der zur Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwands von den Wiederbeschaffungskosten abzuziehen ist, sind hier lediglich 13.000,00 DM anzusetzen.

2.1

Im Ausgangspunkt steht die Überlegung, daß die Höhe des Fahrzeugschadens im Augenblick des Unfalls nicht in jedem Fall endgültig feststeht. Der Schaden kann z.B. eine Ausweitung erfahren durch Prognosefehler des eingeschalteten Sachverständigen (vgl. dazu Steffen, DAR 97, 297) oder durch Werkstattfehler im Zuge der Reparatur; diese gehen - abgesehen von Fällen des Auswahlverschuldens - zu Lasten des Schädigers und seines Haftpflichtversicherers (vgl. BGH NJW 92, 302; 92, 903). Auf der anderen Seite kann der nach dem Wiederbeschaffungsaufwand, also der Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert zu errechnende Schaden sich nachträglich verringern. Das geschieht z.B. dann, wenn der Geschädigte ohne überobligationsmäßige Anstrengungen - etwa weil der Abnehmer gerade an den intakten Teilen dieses Wracks ein spezielles Interesse hat - beim Verkauf einen Erlös erzielt, der über dem "objektiven" Restwert liegt, wie ihn der Schadensgutachter auf der Grundlage der allgemeinen Marktsituation geschätzt hat; ein derartiger Mehrerlös kommt dem Schädiger bzw. seinem Haftpflichtversicherer zugute (vgl. BGH NJW 92, 903 = VersR 92, 457).

Inwieweit im Rahmen der Schadensregulierung die Beteiligten begut oder verpflichtet sind, bei der Verwertung des Wracks Einfluß auf die Entwicklung der Höhe des Fahrzeugschadens zu nehmen, wird in Rechtsprechung und Literatur mit unterschiedlicher Akzentsetzung diskutiert (vgl. u.a. Steffen, DAR 97, 297; Diehl, zfs 97, 347; ders. zfs 98, 332; Lemcke, r + s 97, 334; Greger, StVG, 3. Aufl., 1997, Rdn. 23 zu Anh. I; Rischar, VersR 99, 686; OLG Köln, VersR 99, 332; OLG Düsseldorf r + s 99, 24 = NZV 98, 285 = VersR 98, 518; jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Während von der einen Seite die Pflicht des Geschädigten zur Geringhaltung des Schadens hervorgehoben wird, wird von anderer Seite - insbesondere auch in der Rechtsprechung des BGH - unter Hinweis auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung betont, daß der Geschädigte, der gemäß 249 Abs. 2 BGB die Schadensbehebung in die eigenen Hände nimmt, "Herr des Restitutionsgeschehens" ist. Deswegen kommt es bei der Frage, welche Verwertung zumutbar ist, allein auf seine Person an (vgl. BGH NJW 92, 903 = VersR 92, 457 = DAR 92, 172; BGH NJW 93, 1849 = VersR 93, 769 = DAR 93, 251; vgl. auch von Gerlach, DAR,94, 217 unter A I 1). Maßgebend sind danach die besondere Situation des Geschädigten, seine individuellen Erkenntnisse und Einflußmöglichkeiten, aber auch die gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Daraus hat der BGH die Folgerung gezogen, daß der Geschädigte, der sein Fahrzeug bei der ihm vertrauten Werkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs in Zahlung geben kann, sich vom Schädiger bzw. dessen Versicherer nicht auf einen höheren Restwert verweisen zu lassen braucht, der nur auf einem dem Geschädigten erst durch den Schädiger eröffneten Sondermarkt etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer zu erzielen wäre. Deswegen ist ein vom Haftpflichtversicherer des Schädigers unterbreitetes oder mitgeteiltes Restwertangebot für die Ermittlung der Schadenshöhe jedenfalls dann belanglos, wenn es beim Geschädigten erst eingeht, nachdem dieser das Wrack zu dem Preis verkauft hat, den der von ihm beauftragte Schadensgutachter ermittelt hat.

Etwas anderes kann u.U. gelten, wenn der Geschädigte vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ein höheres Restwertgebot erhält, bevor er seine Verkaufsabsicht verwirklicht hat. Dann kann dieses Restwertangebot geeignet sein, sein Vertrauen in die Bewertung des von ihm beauftragten Sachverständigen zu erschüttern und ihm Veranlassung geben, den Sachverständigen unter Hinweis auf das höhere Gebot zu einer Überprüfung der bisherigen Bewertung zu veranlassen (vgl. Lemcke, r + s 97, 334). Der Geschädigte ist aber nicht ohne weiteres gehalten, auf das Restwertangebot einzugehen oder dann, wenn er selbst das Wrack anderweitig verwerten möchte, den vom Versicherer genannten höheren Restwert bei der Abrechnung zu akzeptieren, denn der Versicherer darf dem Geschädigten die Restitution nicht aus der Hand nehmen (vgl. von Gerlach, DAR 94, 217 f).

Vor allem ist aber keineswegs jedes vom Versicherer übermittelte sogenannte Restwertangebot geeignet, das Vertrauen in die Bewertung des Schadensgutachters zu erschüttern. Zwar mag allein die Herkunft von einem speziellen Restwertaufkäufer noch nicht ohne weiteres zur Unbeachtlichkeit führen, nachdem die These des BGH, es gebe, neben dem allgemeinen einen einen dem Geschädigten nicht offen stehenden Sondermarkt, zunehmend in Zweifel geraten ist (vgl. Dornwald, VersR 93, 769; Lemcke, r + s 97, 334); OLG Düsseldorf, r + s 99, 24 = NZV 98, 285 = zfs 98, 333). Der Geschädigte braucht sich aber nicht mit einem "blinden" Angebot zu befassen, also einem solchen, das der Anbieter ohne vorangegangene Untersuchung des Fahrzeugs oder ohne Kenntnis des Gutachtens abgegeben hat. Das gleiche gilt, wenn es von einem Aufkäufer weit entfernt von dem Wohnsitz des Geschädigten stammt und von dem Geschädigten aufwendige Verwertungsmaßnahmen zu treffen sind (vgl. Diehl, zfs 98, 332; Lemcke, r+s 97, 334). Erst recht gilt das, wenn wie hier dem Geschädigten, der im wohnt, neben dem höheren Preis vom Versicherer lediglich der Name des Aufkäufers samt Telefonnummer mit Vorwahl mitgeteilt wird, ohne daß dabei vom Versicherer die Verbindlichkeit dieses sog. Angebotes gewährleistet wird.

Diese Bewertung steht nicht im Widerspruch zu der in § 254 II 1 BGB statuierten SchadensminderungSpflicht des Geschädigten. In erster Linie obliegt es dem verantwortlichen Schädiger, den Schaden zu vermeiden oder ihn, wenn er doch eingetreten ist, gering zu halten. Zwar sind seine Möglichkeiten dazu u.U. begrenzt, wenn der Geschädigte zulässigerweise die Schadensbehebung selbst in die Hand genommen hat; aber auch dann bleibt es Sache des Schädigers, dem Geschädigten geeignete Maßnahmen vorzuschlagen (vgl. BGH VersR 70, 272, 274). Inwieweit dieser aber gehalten ist, darauf einzugehen, hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob der Schädiger bzw. sein Versicherer sich bereitfindet, die mit den vorgeschlagenen Verwendungsmaßnahmen verbundenen zusätzlichen Aufwendungen und wirtschaftlichen Risiken zu übernehmen. Dem Versicherer, der sich mit der Bewertung des Schadensgutachters nicht zufrieden geben und eine ihm angeblich zu Gebote stehende günstigere Verwertungsmöglichkeit in das Restitutionsgeschehen einbringen will, ist es - jedenfalls in Fällen 100 %iger Haftung wie hier - zumutbar, dem Geschädigten ein annahmefähiges Angebot verbunden mit der Zusage zu unterbreiten, ihm bei Übernahme des Fahrzeugs den vollen Wiederbeschaffungswert gutzubringen, so daß der Geschädigte sich darauf beschränken kann, daß Wrack zur Abholung zur Verfügung zu stellen.

Soweit das Senatsurteil vom 22.04.1993 - 6 U 259/92 - (r+s 93, 379 = NZV 93, 432) in der Weise verstanden werden könnte, daß ohne nähere Differenzierung der Geschädigte bei rechtzeitigem Eingehen eines höheren Restwereangebotes sich in jedem Falle dessen Betrag anrechnen lassen muß, hält der Senat daran nicht fest; denn das könnte darauf hinauslaufen, daß dem Geschädigten die Herrschaft über das Restitutionsgeschehen aus der Hand genommen wird und daß ihm die vom Versicherer gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden (vgl. von Gerlach, DAR 94, 218).

Da im vorliegenden Fall das dem Kläger am 03.06.1998 übermittelte Restwertangebot nicht verbindlich war, und da außerdem - was die Beklagten darzulegen und ggf. zu beweisen hätten nicht erkennbar ist, daß das Wrack an den weit entfernten Restwertaufkäufer ohne wesentliche Erschwernisse und Risiken hätte abgesetzt werden können, bleibt das Restwertangebot für die Schadensermittlung ohne Bedeutung.

2.2 Der Kläger braucht sich nur die 13.000,00 DM als Restwert anrechnen zu lassen, die der Schadensgutachter hierfür angesetzt hat, und nicht die 15.000,00 DM, über die ihm der Verkäufer des im Juli 1998 ausgelieferten Neufahrzeugs, der das Wrack in Zahlung genommen hat, eine Gutschrift erteilt hat. Denn bei der Differenz handelt es sich um einen versteckten Rabatt, der dem Geschädigten und nicht dem Schädiger zugute kommen soll (vgl. OLG Köln NZV 99, 29). Die Beklagten haben dies zwar in dem - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 17.05.1999 bestritten. Es bestand aber keine Veranlassung, dieser Frage durch eine Beweisaufnahme weiter nachzugehen. Der Senat ist bereits aufgrund der Anhörung des Klägers davon überzeugt (§ 287 ZPO), daß seine Behauptung zum versteckten Rabatt zutrifft, zumal eine derartige Handhabung einer gängigen Praxis der Vertragshändler entspricht und der Kläger, wenn er kein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung gegeben hätte, mit aller Wahrscheinlichkeit einen entsprechenden Vorteil - sei es in Form eines Abzugs vom Bruttopreis oder einer Draufgabe nicht berechneter Zusatzausstattungen - hätte heraushandeln können.

3.

Zur Höhe gilt folgendes:

Als Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert von 38.700,00 DM und dem Restwert von 13.000,00 DM ergibt sich ein Restbetrag und damit ein Fahrzeugschaden von 25.700,00 DM.

Darauf sind 20.200,00 DM gezahlt worden, so daß noch 5.500,00 DM offen sind.

Die Sachverständigenkosten, Unkostenpauschale und Abschleppkosten sind gemäß Schreiben vom 03.06.1998 und der Fotoapparat, der Verbandskasten und das ärztliche Attest gemäß Schreiben vom 04.01.1999 gesondert bezahlt worden.

4. Die Zinsentscheidung und die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 284,288 BGB, §§ 92, 100, 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO.



Ende der Entscheidung

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