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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.08.2005
Aktenzeichen: 6 U 37/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 531 | |
BGB § 288 |
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das am 23.12.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 344,06 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.06.2003 zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger 92 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 8 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) trägt der Kläger 91 %, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger 92 %. Im übrigen tragen die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
I.
Der PKW des Klägers ist am 21.05.2003 bei C während des Überholens einer Fahrzeugkolonne mit dem PKW der Beklagten zu 2), gefahren von dem Beklagten zu 1), der ebenfalls überholen wollte, kollidiert. Der nähere Unfallhergang ist streitig.
Das Landgericht hat der Klage - unter Kürzung des geltend gemachten Schadens bei den Punkten Restwert und Ab-/ Anmeldekosten - sowie der von der Beklagten zu 2) wegen einer Unkostenpauschale erhobenen Widerklage jeweils zu 50 % stattgegeben. Es sei nicht feststellbar, dass der Überholvorgang des Klägerfahrzeugs deutlich früher begonnen habe.
Mit der Berufung begehrt der Kläger weiterhin Schadensersatz zu 100 % und Abweisung der Widerklage, wobei er sich auch gegen die Kürzungen des Landgerichts bei der Schadenshöhe wendet. Der Beklagte zu 1) sei ausgeschert, als das Fahrzeug des Klägers schon im Überholvorgang begriffen gewesen sei.
II.
Die Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Der Kläger kann von den Beklagten insgesamt Schadensersatz in Höhe von 3.697,58 Euro nebst Zinsen verlangen. Ein weitergehender Anspruch besteht dagegen nicht. Hinsichtlich der Widerklage ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden.
1.
Ohne Erfolg erstrebt die Berufung eine höhere Haftungsquote als 50 %.
Der Senat hat ergänzend ein Sachverständigengutachten von Prof. Dipl.-Ing. T eingeholt, das den Unfallhergang jedoch nicht genauer klären konnte.
Der erfahrene Sachverständige hat die Versionen beider unfallbeteiligten Fahrer gleichermaßen für möglich gehalten (Anlage A 33 bzw. A 34 des Gutachtens). Aus technischer Sicht sei eine sichere Lösung nicht zu erarbeiten. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen.
Die Ehefrau des Klägers, die nunmehr als Zeugin zu vernehmen war, weil sie im Berufungsrechtszug nicht mehr Partei ist, hat zwar die Darstellung des Klägers bestätigt. Als unfallbeteiligter Fahrerin kann ihren Angaben jedoch kein wesentlich größeres Gewicht beigelegt werden als der Schilderung des Beklagten zu 1) bei seiner Anhörung. Auch danach lässt sich keine sichere Überzeugung zum Unfallhergang gewinnen.
Bei dieser Sachlage lässt sich ein schuldhafter Verkehrsverstoß eines der beteiligten Fahrer nicht feststellen. In der Version der Klage fehlt es an einem Verschulden der Ehefrau des Klägers. Ein Überholen in unklarer Lage kann ihr nicht vorgeworfen werden. Allein der Umstand, dass sich hinter einem langsamer fahrenden Fahrzeug eine Kolonne gebildet hat, ergibt noch keine unklare Verkehrslage (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2002, 1434; KG, NZV 1995, 359; Hentschel, NJW 1993, 1175). Grundsätzlich gebührt in den Kolonnenfällen demjenigen der Vorrang, der zuerst in korrekter Weise zum Überholen angesetzt hat (BGH NJW 1987, 322). In der Version der Beklagten fehlt es an einem Verschulden des Beklagten zu 1). Zwar muß derjenige, der zum Überholen ausscheren will, sich so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Es lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass das hinter dem Beklagten zu 1) fahrende Fahrzeug des Klägers bereits zum Überholen ausgeschert gewesen wäre. In der vom Sachverständigen T erarbeiteten Anlage 4, Zeitpunkt A, befindet sich das Fahrzeug des Klägers noch außerhalb des näheren Bereichs des ausscherenden Beklagtenfahrzeugs, und in welcher Spur es zu diesem Zeitpunkt fuhr, bleibt offen.
Angesichts des ungeklärten Unfallhergangs bleiben danach lediglich die beiderseitigen Betriebsgefahren abzuwägen, die in der konkreten Situation gleich hoch zu werten sind. Dies führt zu der Haftungsquote von 50 : 50.
2.
Mit Recht wendet sich die Berufung allerdings gegen die Abzüge des Landgerichts zur Schadenshöhe.
Der Restwert des Klägerfahrzeugs ist lediglich mit 1.250,-- Euro anzusetzen. Unstreitig war dem Schadensgutachten eine Liste mit 5 Restwertangeboten beigefügt, wobei jedoch das erste und zweite Gebot von derselben Firma stammten und zeitlich später das niedrigere Gebot erfolgt war. Daraus kann geschlossen werden, dass diese Firma lediglich den geringeren Preis aufwenden wollte. Nur dieser Betrag konnte vom Kläger ohne weiteres realisiert werden.
Die Ab- und Anmeldekosten sind in zweiter Instanz mit 63,10 Euro konkret belegt worden. Da diese Beträge unstreitig sind, müssen sie trotz der Regel des § 531 ZPO berücksichtigt werden.
Damit ergibt sich ein Gesamtschaden des Klägers von 7.395,15 Euro, wie in der Berufungsbegründung berechnet. 50 % hiervon sind 3.697,58 Euro.
Über den durch das angefochtene Urteil zuerkannten Betrag von 3.353,52 Euro hinaus waren daher weitere 344,06 Euro zuzusprechen.
Der Zinsausspruch hierauf beruht auf § 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
Berufungsstreitwert: 4.051,86 Euro.
Ende der Entscheidung
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