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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.01.2006
Aktenzeichen: 6 UF 145/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB §§ 1601 ff

Entscheidung wurde am 10.12.2007 korrigiert: die Tabelle vor III. wurde korrigiert
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04.06.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Detmold abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin

- Kindesunterhalt

- ab November 2003 in Höhe von 142 % des Regelbetrages abzüglich anteiligen Kindergeldes

- abzüglich vom Beklagten für die Monate November 2003 bis Februar 2004 mtl. gezahlter 267,- €

- und Trennungsunterhalt

- von 144,00 € für November 2003,

- von 229,00 € für Dezember 2003,

- von mtl. 144,00 € für den Zeitraum von Januar 2004 bis einschließlich April 2004,

- von mtl. 157,00 € für den Zeitraum von Mai 2004 bis einschließlich August 2004,

- von mtl. 382,00 € für den Zeitraum von September 2004 bis einschließlich Dezember 2004,

- von mtl. 536,00 € für den Zeitraum von Januar 2005 bis einschließlich Juni 2005,

- von mtl. 405,00 € für den Zeitraum ab Juli 2005 jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den jeweils rückständigen Kindes- und Trennungsunterhalt für November beginnend mit dem 16.11.2003 und sodann jeweils zum 1. des Folgemonats zu zahlen.

Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten der 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Von den Kosten der 2. Instanz tragen die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Auf den Inhalt der tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, ab November 2003, zu Händen der Klägerin Kindesunterhalt in Höhe von 142 % des Regelbetrages abzüglich anteiligen Kindergeldes und abzüglich vom Beklagten für die Monate November 2003 bis Februar 2004 mtl. gezahlter 267,- € und an die Klägerin Trennungsunterhalt von monatlich 144 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den rückständigen Unterhalt für November beginnend mit dem 16.11.2003 und sodann jeweils zum 1. des Folgemonats zu zahlen.

Im übrigen hat das Familiengericht die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die nunmehr

- Kindesunterhalt

- für den Zeitraum von November 2003 bis einschließlich November 2004 in Höhe von 170% des Regelbetrages abzüglich anteiligen Kindergeldes

- und für den Zeitraum von Dezember 2004 in Höhe von 190% des Regelbetrages abzüglich anteiligen Kindergeldes

- sowie abzüglich vom Beklagten für die Monate November 2003 bis Februar 2004 mtl. gezahlter 267,- €

- und an sie Trennungsunterhalt

- von mtl. 630,65 € für den Zeitraum von November 2003 bis einschließlich August 2004,

- von mtl. 885,62 € für den Zeitraum von September 2004 bis einschließlich November 2004 und

- von mtl. 1000,00 € ab Dezember 2004

jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den rückständigen Kindes- und Trennungsunterhalt für November beginnend mit dem 16.11.2003 und sodann jeweils zum 1. des Folgemonats begehrt.

Die Klägerin trägt vor, aus der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten seien mtl. Nettoeinkünfte von 4132,62€ fortzuschreiben, da der Beklagte einen tatsächlichen Einkommensrückgang nicht dargelegt habe. Entsprechende Verluste seien nicht eingetreten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb entgegen des Vortrags des Beklagten die in den Verdienstbescheinigungen eindeutig als Einkommensbestandteile ausgewiesenen Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung von der GmbH nicht gezahlt worden seien. Hinzuzurechnen seien die Gewinne, die die GmbH im "Drei- Jahresdurchschnitt" gemacht habe. Hierbei sei auch auf die Gewinnausschüttungen zu verweisen.

Ohne Aufschlüsselung weise die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2002 unter der Position " sonstige betriebliche Aufwendungen " einen Betrag von 83.636,47€ aus. Es sei davon auszugehen, dass sämtliche Hauslasten seit jeher durch die GmbH getragen worden seien. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen seien daher durch den Beklagten aufzuschlüsseln. Die Hauslasten hätten damit das Einkommen des Beklagten tatsächlich nicht reduziert und seien damit auch nicht unterhaltsmindernd zu berücksichtigen. Mehr als der erstinstanzlich in die Unterhaltsberechnung eingestellte Betrag von mtl. 800 € sei an Belastungen jedenfalls nicht zu berücksichtigen.

Der objektive Wohnwert des Hauses betrage monatlich 1800,- €.

Hinsichtlich der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung zum Dezember 2003 bzw. hinsichtlich der abschließenden Abrechnung sei festzustellen, dass der Personalaufwand gegenüber 2002 um 30.000 € höher liege, die Position Abschreibungen dagegen um rund 3000 € gegenüber 2002 gestiegen sei und sich die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen verdoppelt hätten. Die Einnahmen seien dagegen angeblich zurückgegangen. Der insoweit steigende Mehraufwand spreche für nicht verbuchte Einnahmen zumal sich die Telefonkosten mehr als verdoppelt hätten und allein die Wartungskosten für Hard - und Software 5808,25 € betragen haben sollen.

Vor diesem Hintergrund habe der Beklagten die Position Personalaufwand und den Anlagespiegel für 2003 sowie die in der Vergangenheit im Betrieb getätigten Anschaffungen zu erläutern.

Der nunmehr für das Jahr 2003 ausgewiesene Verlust von 23.916,- € werde bestritten. Der Großkunde S sei nicht weggefallen, was sich bereits daraus ergebe, dass beide Firmen nach wie vor gemeinsame Werbungen schalteten.

Darüber hinaus führe der Beklagte nunmehr Schwarzarbeiten aus.

Höhere Krankenversicherungs- und Rentenversicherungskosten als das Familiengericht anerkannt habe, habe der Beklagte nicht nachgewiesen. Zahlungen an die Krankenkasse seien durch Vorlage entsprechender Überweisungsträger zu belegen, wenn diese nicht in den Verdienstnachweisen ausgewiesen würden.

Die laufenden verbrauchsabhängigen Kosten des Hauses wie Wasser, Strom, Gas (Blatt 224- 230 der Akte) habe sie und nicht der Beklagte getragen.

Ab Mai 2004 könne ihr nur noch das geringere Arbeitslosengeld zugerechnet werden. Weitere Einkünfte könne sie nicht erzielen, da der gemeinsame Sohn Dennis trennungsbedingt erheblichen Betreuungsbedarf habe. Das Kind leide stark unter der Trennung und hierdurch bedingt unter diversen psychischen und physischen Erkrankungen. Seit Herbst 2003 sei es zu erheblichen teilweise attestierten Fehlzeiten in der Schule und weiterer Schulverweigerung durch das Kind gekommen. Sie habe ständig mit dem Kind Arzte und Therapeuten aufsuchen müssen. Das Kind werde derzeit vom JA C und der Flexiblen Erziehungshilfe mit unterstützt. Das Kind besuche derzeit nicht die Schule. Eine Wiedereingliederung in die Regelschule sei geplant.

Am 02.08.2004 habe das Kind während eines Umgangskontaktes beim Beklagten unfallbedingt ein Schädelhirntrauma erlitten. Das hierdurch bedingte Schielen sowie die starken Kopfschmerzen hätten mehrere Wochen angedauert.

Der subjektive Wohnwert könne nur mit mtl. 400,- € angesetzt werden.

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Er trägt vor, die Zins- und Tilgungsraten seien bis einschließlich September 2003 vom privaten Konto Nummer xxxxxxxx bei der SPK geflossen.

Im entscheidungserheblichen Zeitraum seien an ihn als Geschäftsführer in 2003 Nettoeinkünfte von 1765,00 €, in 2004 monatsdurchschnittlich 1838,- € ausgezahlt worden. Ab 2005 werde er monatsdurchschnittlich 1941,- € ausgezahlt erhalten.

Eine Aufstockung des Geschäftsführergehaltes komme wegen der angespannten wirtschaftlichen Situation der GmbH nicht in Betracht. Die Auszahlungsbeträge seien um den Wert der privaten Nutzung des Firmenwagens (Opel Zafira bis September 2004 und Renault Pick-up ab Oktober 2004) in Höhe von monatlich 300 € zu erhöhen.

Die in den Verdienstbescheinigungen ausgewiesenen Zuschüsse und Abzüge für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung seien tatsächlich nicht ausgeführt worden.

Abzusetzen seien die in 2004 angefallenen Einkommensteuernachzahlungen in Höhe von 2876,37 € (aus 2002) abzüglich 997,17 € (aus 2003)/12 = 157 € monatsdurchschnittlich.

Abzusetzen sei auch der Aufwand für Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung und zwar wie folgt:

- 2003 (4247 € zzgl. 616 €)/12 = 405 €; die Versicherungsprämien seien an die T-J-Versicherung gegangen,

- 2004 monatlich = 428,95 € (325,39 € Krankenversicherung zzgl. 23,54 € Pflegeversicherung zzgl. 80,02 € Unfallversicherung),

- 2005 monatlich = 401,24 € (321,22 € Kranken- und Pflegeversicherung zzgl. 80,02 € Unfallversicherung); die Kranken- und Pflegeversicherung werde nunmehr über die C Versicherer abgedeckt.

Zu berücksichtigen sei ferner der Mindestbeitrag des Beklagten zur Rentenversicherung der LVA, den er monatlich mit 78 € erbringe.

Ein einkommensmindernder Abzug der Hausfinanzierungslasten von 2550 € monatlich komme wohl nicht in Betracht, da die Rückzahlung ab Oktober 2003 mit Ausnahme einer Zahlung von 800 € im März 2004 von der GmbH übernommen worden sei. Es sei zu seinen Lasten auf ein privates Darlehenskonto bei der GmbH gebucht worden. Seit November 2004 kämen die Grundstückserwerber für die Krediratete auf.

Abzusetzen seien ferner immobilienbezogene Nebenkosten wie folgt:

- 2003:

 Gebäudeversicherung 480,74 €,
Grundbesitzabgaben 632,76 €,
Monatsdurchschnittlich 93,- €

- 2004:

Gebäudeversicherung| 480,74 €, Grundbesitzabgaben| 565,96 €, Strom, Gas etc.| 1176,71 € monatsdurchschnittlich 185 €.

Ausschüttungen habe er in den Jahren 2001 bis 2004 wie folgt erhalten:

- 2001 16.000,00 €

- 2002 20.813,00 €

- 2003 0,00 €

- 2004 0,00 €,

Der Gewinn in den Jahren 2001 bis 2004 stelle sich wie folgt dar:

- 2001 15.087,00 €

- 2002 11.215,00 €

- 2003 -23.916,00 €,

- monatsdurchschnittlich 66,00 €

Ausweislich der betriebswirtschaftlichen Auswertung 11/2004 werde sich in 2004 ein Gewinn von etwa 11.000€ ergeben. Der Gewinn sei u. a. auf die Herabsetzung des Geschäftsführergehaltes ab Oktober 2003 und auf die Reduzierung der übrigen Personalkosten um rund 46.000 € zurückzuführen,

Unter Ausgrenzung des Geschäftsführergehaltes habe sich der Gesamtaufwand der Löhne in 2003 auf 122.876,13 € belaufen, während der Personalaufwand in 2004 auf 76.097,79 € zurückgeführt worden sei. Der Personalaufwand werde durch die beigefügten Lohnjournale erläutert. In 2004 habe er seine Lebensgefährtin für zwei Monate gegen Entgelt von zweimal 400 € mit Buchhaltungsaufgaben beschäftigt.

Der Rückgang der Löhne in 2003 um rund 64.000€ beruhe auf dem Wegfall einiger Großkunden:

- Autohaus C3,

- Porschezentrum X,

- Mazda Autohaus

- Firma S.

Zudem sei der Preiskampf härter geworden. Er habe keine Angebote für Reparaturen ausgeschlagen. Er müsse jedoch kostendeckend arbeiten.

Bei den ausgewiesenen Aufwendungen für Altersversorgung handele es sich um Beiträge zur Finanzierung einer von der GmbH gegebenen Betriebsrentenzusage (Direktzusage). Der angesparte Zeitwert der Lebensversicherung werde in Form von Pensionsrückstellungen bilanziert. Hierbei handele sich um die einzige Altersvorsorge neben dem geringfügigen Leistungsanspruch bei der LVA.

Abschreibungen fielen der Höhe nach kaum ins Gewicht. Anschaffungen und Abschreibungen seien dem Anlagespiegel zu entnehmen. Außer bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern werde lediglich linear abgeschrieben.

Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin zusammen mit dem gemeinsamen Kind weiterhin in dem Haus gewohnt habe und auch im Kinderunterhalt ein angemessener Anteil für die Wohnkosten enthalten sei, sei ein Wohnwert von monatlich 600 € anzusetzen. Dieser sei auch nach dem Auszug der Klägerin fortzuschreiben, da diese in das Haus ihrer Mutter eingezogen sei, in dem sie und der gemeinsame Sohn mietkostenfrei lebten.

Der Klägerin sei darüber hinaus durchgehend ein monatliches Arbeitslosengeld von 356 € zuzurechnen. Der im Bescheid vom 25.6.2004 enthaltene Anrechnungsbetrag von wöchentlich 41,02 € sei weder erläutert noch müsse sich der Kläger eine solche Anrechnung entgegenhalten lassen.

Darüber hinaus sei der Klägerin zuzumuten, mindestens das anrechnungsfrei hinzuverdienbare Einkommen von monatlich 165 € auch hinzu zu verdienen. Spätestens ab Januar 2005 werde man der Klägerin im Hinblick auf eine Erwerbsobliegenheit fiktive Einkünfte aus einer teilschichtigen Tätigkeit von wenigstens 900 € monatlich zurechnen müssen. Die Klägerin versuche das Kind für das Unterhaltsverfahren zu instrumentalisieren. Für den von der Klägerin geschilderten erhöhten Betreuungsaufwand sei sie selbst verantwortlich. Unter der Obhut der Mutter zeige das Kind erhebliche Verwahrlosungstendenzen. Die Klägerin berufe sich auf vermeintliche Krankheiten. Das Kind fehle unentschuldigt im Unterricht.

Der Beklagte hat am 26.06. 2005 einen Herzinfarkt erlitten und befand sich in der Zeit vom 26.06.2005 bis zum 01.07.2005 in stationärer Behandlung in den Städtischen Kliniken C. Er wurde beschwerdefrei entlassen. Der Beklagte trägt insoweit vor, er sei krankheitsbedingt nun nicht mehr in der Lage, in der Lackiererei zu arbeiten und den handwerklichen Tätigkeiten nachzugehen. Er suche das Büro nur noch für 1 -2 Stunden vormittags auf. Er sehe sich nicht mehr in der Lage, die mit der Stellung eines GmbH-Geschäftsführers verbundenen Pflichten nachzukommen. Er habe deshalb das Unternehmen an seine Lebensgefährtin verkaufen müssen. Den Kaufpreis von 11.248,- € habe er dazu genutzt, um private Schulden zurückzuführen.

Der Senat hat zur Frage des Einkommens des Beklagten und zur Gewinnsituation seines Unternehmens Beweis erhoben durch Einholung eine schriftlichen betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl. E. Der Sachverständige hat unter dem 30.06.2005 ein schriftliches Sachverständigengutachten erstellt und sein Gutachten im Senatstermin vom 15.12.2005 erläutert.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Beklagte ist dem Grunde nach gem. §§ 1601 ff BGB zur Zahlung von Kindesunterhalt und gem. § 1361 BGB zur Zahlung von Trennungsunterhalt verpflichtet.

1) Das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten

a) Bei Einkünften aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb sind zur Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens in erster Linie die steuerlichen Jahresabschlussunterlagen heranzuziehen, weil andere Hilfsmittel meist - wie auch hier - nicht zur Verfügung stehen. Da Bilanzen und Steuerbescheide jedoch regelmäßig erst längere Zeit nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums vorgelegt werden können, ist es grundsätzlich gängige Praxis, das häufig stark schwankende Einkommen selbständig Tätiger anhand der Ergebnisse der drei dem jeweiligen Unterhaltszeitraum vorausgehenden Kalenderjahre zu ermitteln (vgl. Wendl/Kemper, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Rdn. 274; Luthin/Margraf, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl., Rdn. 1135).

Das maßgebliche Einkommen des selbstständigen Beklagten kann aufgrund der hier vorliegenden besonderen Umstände aber nicht nach dem Durchschnitt der zur Verfügung gestellten Einkommensunterlagen der letzten 3 Jahre bemessen werden (vgl. dazu auch BGH FamRZ 2004, 1177).

Zum einen hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 30.06.2005 wie auch in der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens im Senatstermin vom 15.12.2005 den erheblichen Gewinneinbruch des Unternehmens mit dem Wegfall von Großkundenaufträgen erklärt. Zwar bestehen zu manchen Großkunden weiterhin Geschäftsbeziehungen. Der Umsatz ist aber erheblich zurückgegangen. Der Materialaufwand steht nach den Angaben des Sachverständigen nicht im Widerspruch zu den Umsätzen und Einnahmen. Der Aufwand liege innerhalb der von der Finanzverwaltung angewandten Richtsätze. Die ausgeführten Wartungskosten seien vollständig belegt. Indizien für nicht verbuchte Geschäfte sind nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ersichtlich.

Aktuelle Unternehmensgewinnausschüttungen kommen zum anderen derzeit nicht zum Ansatz, da das Stammkapital der Gesellschaft angegriffen wurde und auch noch nach der vollständigen Gewinnverwendung aus dem Jahre 2004 in 2005 mit rund 2000,- € angegriffen bleibt. Erst wenn das Stammkapital wieder aufgefüllt ist ( §§ 30, 31 GmbHG), stellt sich die Frage, ob dem Beklagten Einkünfte aus der Gesellschaft in Form von auszuschüttenden Gewinnen zugerechnet werden können.

Angesichts des am 26.06.2005 erlittenen Herzinfarktes und der damit naturgemäß zumindest zeitweisen Einschränkung des Beklagten, kann die Höhe des Gewinnes der Gesellschaft vom Senat nicht mit der dazu erforderlichen Sicherheit prognostiziert werden. Eine Überprüfung der Entnahmemöglichkeit wird demnach erst nach Vorliegen des Jahresabschlusses für das Jahr 2005 möglich sein.

Soweit die Klägerin die Höhe der Pensionsrückstellungen rügt, kann der Senat dem nicht folgen. Für die dem Beklagten zugesagte Pension muss die GmbH Rückstellungen bilden. Diese Rückstellungen summieren sich auf. Die getätigten Aufwendungen liegen jedoch unter dem Beitrag der gesetzlichen Rentenversicherung (Vgl. Seite 51 des Sachverständigengutachtens).

Im Ergebnis kann damit nur auf das ausgewiesene und vom Sachverständigen auf Seite 58 seines Gutachtens dargestellte Geschäftsführergehalt des Beklagten abgestellt werden. Ein Durchgriff in die Sphäre des Unternehmens kommt nicht in Betracht. Insoweit erscheint es dann auch nicht gerechtfertigt, auf einen Durchschnittsatz der letzten 3 Jahre abzustellen.

Es ist nicht ersichtlich, dass die in den Verdienstbescheinigungen ausgewiesenen Zuschüsse zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung tatsächlich nicht ausgeführt worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, hätte der Beklagte gegenüber dem Unternehmen einen Anspruch auf Erstattung. Darüber hinaus weist der Sachverständige auf Seite 47 entsprechende Beträge für die Kranken- und Pflegeversicherung als Abzugsposten aus. Die Höhe der dargestellten Abzugspositionen ist nicht angegriffen.

Aus der Abrechnung des Sachverständigen ist der dem Beklagten für 2003 noch zugedachte Wohnwertvorteil herauszurechnen, da der Beklagte im vorliegenden Unterhaltszeitraum nicht mehr mietfrei gewohnt hat.

Dem Beklagten wird für 2003 ein monatliches Einkommen von 1998,06 € und ab 2004 ein monatliches Einkommen von 1863,28 € zugerechnet.

Hinzuzurechnen sind mit den Ausführungen des Sachverständigen nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Vorteile für die Nutzung des Dienstwagens in 2003 mit mtl. 72,33 €. Für das Jahr 2004 ist mit der Berechnung des Sachverständigen kein weiterer Vorteil zuzurechnen. Für den Zeitraum ab 2005 wird der nicht berücksichtigte Dienstwagenvorteil für das neu angeschaffte Fahrzeug auf mtl. 100,- € geschätzt. Insoweit wird wegen der Neuanschaffung von höheren Fahrzeugkosten ausgegangen.

Der anzusetzende Privatanteil für Telefonate ist mit den Ausführungen des Sachverständigen um mtl. 25,- € zu korrigieren. Private Nutzungsanteile wurden bislang nicht angesetzt.

Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, ob das Einkommen des Beklagten nach dem Verkauf seines Unternehmens an seine Lebensgefährtin weiter zurückgegangen ist. Der Verkauf des Unternehmens ist unterhaltsrechtlich im Ergebnis nicht zu tolerieren. Der Beklagte begründet den Verkauf seines Unternehmens mit seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit aufgrund seiner Herzerkrankung. Eine gesundheitliche Erkrankung zwingt zunächst nicht zum Verkauf des Unternehmens. Wenn aber ein Verkauf aus gesundheitlichen Gründen erwogen wird, liegt es nahe wirtschaftlich abzuschließen. Im vorliegenden Fall bleibt der Beklagte aber mit dem wirtschaftlichen Erfolg seiner Lebensgefährtin mit seinem ehemaligen Unternehmen eng verbunden. Eine wirtschaftliche Loslösung findet überhaupt nicht statt. Letztlich bleibt der Beklagte aufgrund dieser Konstellation als Geschäftsführer in der vollen Verantwortung. Das Geschäftsführergehalt wird auch im wesentlichen aufrechterhalten, obwohl der Beklagte nach eigenen Angaben nur wenige Stunden in der Woche arbeiten kann. Nach dem bisherigen beschriebenen und belegten Krankheitsverlauf, insbesondere aufgrund des Entlassungsberichts der Städtischen Kliniken C vom 08.07.2005, hätte es ausgereicht, wenn sich der Beklagte auf die Geschäftsführungsebene zurückgezogen hätte. Nicht mehr und nicht weniger macht der Beklagte derzeit. Eines Verkaufs hätte es nicht bedurft. Der Beklagte hätte ebenso das Unternehmen selbst fortführen können und hätte sich entsprechende Hilfe seiner Lebensgefährtin oder eines Dritten bedienen können. Die ausgewiesenen Gewinne werden auch zukünftig dem Beklagten zugerechnet werden müssen.

b) Abzusetzen sind die Kosten für die Grundbesitzabgaben und die Gebäudeversicherung, die der Beklagte insoweit unstreitig für das Jahr 2003 in Höhe von 1113,50 € = monatsanteilig 92,79 € und für das Jahr 2004 in Höhe von 1046,70 € = monatsanteilig 87,22 € getragen hat.

c) Zahlungen bzgl. der Hausfinanzierung sind bereits nach dem eigenen Vortrag des Beklagten für 2004 im wesentlichen nicht mehr absetzbar, da die GmbH die Zahlungsverpflichtung im vorliegenden Unterhaltszeitraum gegen Aufnahme einer Darlehensverpflichtung übernommen hat. Der Beklagte hat lediglich im März 2004 einen Betrag in Höhe von 800 € auf die Hausfinanzierung gezahlt. Diesen Betrag hat der Sachverständige bereits in seinem Gutachten auf Seite 55 berücksichtigt und in der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten aus seiner Geschäftsführertätigkeit berücksichtigt. Der Betrag von 800 € ist auch im Darlehenskonto der GmbH ausgewiesen.

Die in 2003 privat ausgeführten und entsprechend verbuchten Abzahlungen von 22950,- DM sind vom Sachverständigen bei der Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens monatsanteilig bereits berücksichtigt worden (Seite 55 und 58 des Gutachtens).

d) Für den Unterhaltszeitraum ab Januar 2005 sind dem Beklagten fiktive Zinsen aus einem Kapital von 24.450 bei einem Zinssatz von 3,5 % von mtl. 71,31 € Ieistungserhöhend zuzurechnen. Der Beklagte hat aus dem Hausverkauf von der Sparkasse Ende 2004 einen Betrag von 24.450,- € erhalten, die nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht im Firmenvermögen verblieben sind. Führt die Auszahlung des Zahlbetrages wirtschaftlich aber nicht zur Rückführung des Darlehens des Beklagten gegenüber dem Unternehmen, muss sich der Beklagte mögliche Erträgnisse aus dem Kapital leistungserhöhend anrechnen lassen.

2) Unterhalt des Kindes

Der erstinstanzlich titulierte und vom Beklagten nicht angegriffene Kindesunterhalt ist höher als er nach der maßgeblichen Düsseldorfer Tabelle auch nach Höhergruppierung wegen geringerer Unterhaltslasten zu entnehmen wäre. Der abzusetzende Unterhalt entspricht daher der Verurteilung 1. Instanz, da die Klägerin diesen Unterhalt eingefordert hat und diesen auch entgegennimmt.

Das um den Kindesunterhalt bereinigte Einkommen des Beklagten ist sodann jeweils nach Abzug des Erwerbstätigenbonus mit 6/7 in die weitere Unterhaltsbedarfsberechnung betreffend den Trennungsunterhalt der Klägerin einzustellen.

3) Das unterhaltsrelevante Einkommen der Klägerin

a) Für den Zeitraum bis einschließlich April 2004 ist ein monatliches Einkommen der Klägerin aus ihrer Erwerbstätigkeit in Höhe von 538,49 € unstreitig. Auch ihr Einkommen ist nach Abzug des Erwerbstätigenbonus mit 6/7 in die weitere Unterhaltsbedarfsberechnung einzustellen.

Für den Zeitraum von Mai 2004 bis einschließlich Juni 2005 ist lediglich mit Einkünften in Höhe des von der Klägerin bezogenen Arbeitslosengeldes zu rechnen. Dieses beträgt für den Zeitraum von Mai 2004 bis zum 31.12.2004 monatlich 356,48 €. Soweit für den Zeitraum vom 1.5.2004 bis zum 5.6.2004 Anrechnungsbeträge in Höhe von wöchentlich 41,02 € ausgewiesen sind, ist dies unterhaltsrechtlich bereits deshalb unbeachtlich, weil der Abzug nicht erläutert wird. Seit dem 1.1.2005 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 348 €. Anders als das frühere Arbeitslosengeld (vgl. dazu des § 139 SGB III), welches für Kalendertage geleistet wurde, wird das Arbeitslosengeld zwar auch für Kalendertage berechnet, aber nur für einen vollen Kalendermonat gezahlt, der mit 30 Tagen angesetzt wird (§ 134 SGB III n.F.).

Angesichts der unstreitigen erheblichen Auffälligkeiten des gemeinsamen Kindes, die der Beklagte im Grunde nicht in Abrede stellt, kann die Klägerin aus Gründen des Kindeswohls bis einschließlich Juni 2005 nicht darauf verwiesen werden, ihren Unterhalt durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (§ 1361 Abs. 2 BGB). Ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten der Klägerin ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin nach Auffassung des Beklagten ein Erziehungsversagen treffen sollte, ändert dies an den psychologischen und psychosomatischen Auffälligkeiten des Kindes nichts. Das Kind war lange Zeit nicht in der Lage, sich den normalen Alltagsanforderungen zu stellen und die Regelschule zu besuchen.

Ab Juli 2005 fingiert der Senat das Einkommen der Klägerin mit mtl. 700,- €. Das am 08.10.1991 geborene Kind Dennis besucht seit dem letzten Senatstermin im Februar 2005 regelmäßig die Schule am T-Weg in C. Das Kind fährt um 8:00 Uhr mit dem Bus zur Schule und kommt gegen 13:15 Uhr zurück. Unter diesen Vorraussetzungen ist der Klägerin eine Halbtagsbeschäftigung zuzumuten. Bei hinreichenden Bemühungen bereits im Frühjahr 2005 hätte die Klägerin im Juli 2005 einen geeigneten Arbeitsplatz finden können. Da die Klägerin nach Steuerklasse 2 versteuern könnte, sind ihr Nettoeinnahmen von mtl. 700,- € zuzurechnen. Nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 sind 600,- € in die Differenzberechnung einzustellen.

b) Der subjektive Wohnwertvorteil für das mietfreie Wohnen der Klägerin im Haus der Parteien ist nicht höher als mit monatlich 450 € zu berücksichtigen. Eine dem soeben diskutierten ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung kann mit ihrer Kaltmiete auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin auch dem gemeinsamen Kind Wohnraum gewährt und etwa 20 Prozent des Unterhalts für das Kind dem Wohnbedarf des Kindes zukommt, nicht über diesen Betrag angesetzt werden.

Nach dem Auszug der Klägerin Ende August 2004 entfällt die Zurechnung eines Wohnwertes. Soweit die Klägerin mietfrei im Hause ihrer Mutter lebt, stellt dies eine unentgeltliche Zuwendung eines Dritten dar, die den Unterhaltspflichtigen nicht entlasten soll.

c) Die vom Beklagten geleistete Zahlung der Verbrauchsabrechnung der Firma e-on vom 06.04.2004 betreffend den Abrechnungszeitraum 30.10. 2003 bis 02.12.2003 nebst weiteren Rückständen in Höhe von 1179,71 € (vgl. insoweit Anlage 8 Berufungsbegründung) kann für den hier betroffenen zeitgleichen Unterhaltszeitraum November 2003 vom Zahlbetrag des Unterhalts direkt in angemessener Höhe von 100,- € abgesetzt werden, da es sich hier um direkte Verbrauchskosten der Unterhaltsberechtigten handelt. Soweit die Klägerin darauf verweist, sie habe diese verbrauchsbedingten Kosten selber getragen, kann dem nicht gefolgt werden, da die Klägerin ausweislich der von ihr vorgelegten Unterlagen Verbrauchskosten frühestens für den Zeitraum ab dem 3.12.2003 belegt. Da die Klägerin mit der Rechnung ebenso zahlungsbelastet wäre und selber eine Zahlung nicht vorgetragen hat, müsste sie vortragen, dass diese Rechnung noch zur Zahlung aussteht. Die Klägerin hat aber für einen späteren Versorgungszeitraum an den Versorger zur Abwendung einer Lieferungssperre gezahlt. Das einfache Bestreiten ist damit unsubstanziiert.

In Höhe des Restbetrages von 1079,71 € lässt sich die vom Beklagten erbrachte Zahlung noch leistungsmindernd mit umgerechnet mtl. 89,97 € auf das Jahr 2004 umlegen.

Damit ergibt sich untenstehende abschließende Unterhaltsberechnung. Soweit der berechnete Unterhalt hinter der Verurteilung zurückbleibt, ist auf die insoweit vom Beklagten nicht angegriffene Verurteilung 1. Instanz abzustellen. Insoweit bleibt es dann bei der Verurteilung, also bei dem für die Zeit vom 01.01. - 30.04.2004 und für November 2003 ausgeurteilten Ehegattenunterhalt von 144 €.

 Unterhaltsberechnung:20031 bis 4.20045 bis 8.20049 bis 12/20041 bis 6/2005ab 7/2005
Einkommen des Bekl. 1.998,06 € 1.863,29 €1.863,29 €1.863,29 €1.863,29 €1.863,29 €
Korrektur priv. Nutzungsant.Telefon25,00 € 25,00 € 25,00 € 25,00 € 25,00 € 25,00 €
Korrektur priv. Nutzungsant. Pkw72,33 €0,00 €0,00 € 0,00 €100,00 €100,00 €
Fiktive Zinsen aus 24.450 €     71,31 €71,31 €
GBA, GebVers.-92,79 € -87,22 €-87,22 €-87,22 €  
Zahlung auf Rückstände Strom, Gas -89,98 €-89,98 €-89,98 €  
Zwischensumme2.002,60 €1.711,09 €1.711,09 €1.711,09 €2.059,60 €2.059,60 €
abzgl. KU -404,00 €-404,00 €-404,00 €-404,00 €-404,00 €-414,00 €
bereinigtes Einkommen des Beklagten1.598,60 €1.307,09 €1.307,09 €1.307,09 €1.655,60 €1.645,60 €
davon 6/7 (Erwerbstätigenbonus)1.370,23 €1.120,36 €1.120,36 €1.120,36 €1.419,09 €1.410,51 €
Einkommen der Klägerin-538,49 €-538,49 €-356,48 €-356,48 €-348,00 €700,00 €
davon 6/7 (Erwerbstätigenbonus nur bei Erwerbseinkommen) -461,56 €-461,56 €   -600,00 €
zzgl. subjektiver Wohnwert-450,00 €-450,00 €-450,00 €   
Differenzeinkommen458,67 €208,80 €313,88 €763,88 €1.071,09 €810,51 €
Unterhalt = 1/2 229,33 €104,40 €156,94 €381,94 €535,54 €405,26 €
abzgl. Erfüllung wegen Ausgleichs von Kosten der privaten Lebensführung der Klägerin f.11/2003 (Strom, Gas)-100,00 €     
Zahlbetrag TU (gerundet)  104,00 €157,00 € 382,00 €536,00 € 405,00 €
November 2003 =129,00 €     
Dezember 2003 =229,00 €    

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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