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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.03.2006
Aktenzeichen: 7 UF 288/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 139
BGB § 242
BGB § 1360 III
BGB § 1361
BGB § 1363
BGB §§ 1373 ff
BGB § 1378
BGB § 1379
BGB § 1408
BGB § 1414
BGB §§ 1415 ff
BGB § 1570
BGB § 1577
BGB § 1614 I
ZPO § 254
ZPO § 543
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Teilanerkenntnis- und Teilurteil des Amtsgerichts Familiengericht Soest vom 11. Oktober 2005 (18 F 125/04) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen des Scheidungsverbundes um die Verpflichtung des Antragstellers zur umfassenden Auskunft über sein Endvermögen zum Zwecke der Berechnung eines Zugewinnausgleichsanspruchs.

Die Antragsgegnerin ist am 22. September 1969 geboren, der Antragsteller am 14. April 1966. Am 23. August 1996 haben die Parteien geheiratet. Zu dieser Zeit war die Antragsgegnerin im 6. Monat schwanger. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, geboren 1996, 2000 und 2002. Im Mai 2003 haben sich die Parteien in der Weise voneinander getrennt, dass der Antragsteller aus dem ehelichen Einfamilienhaus ausgezogen ist. Die drei Kinder leben im Haushalt der Mutter. Im Zeitpunkt der Eheschließung war der Antragsteller geschäftsführender Mitgesellschafter eines Autohauses in Q, die Antragsgegnerin war Studentin, schrieb an ihrer Diplomarbeit im Fach Psychologie.

11 Tage vor der Eheschließung schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag bei dem Notar L in T (Bl. 55 ff d.A.). In diesem Vertrag vereinbarten sie Sonderregelungen sowohl zum Güterstand, Unterhalt wie auch zum Pflichtteilsverzicht. Zum Güterstand führten sie unter § 1 sinngemäß aus, dass es zwar beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleiben solle, jedoch mit der Modifikation, dass jeder Ehegatte über sein Vermögen frei verfügen könne und insbesondere das

"derzeitige und jedes künftige unternehmerisch gebundene Vermögen von Herrn S und solches von Frau H einschließlich des darauf künftig entfallenden Zugewinns nach § 1373 ff BGB von der Ausgleichsforderung gem. § 1378 BGB für den Fall unserer Ehescheidung"

ausgeschlossen werde. Ferner heißt es:

"Alles Vermögen, das der unternehmerischen Betätigung eines Ehegatten dient ... soll bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs außer Betracht bleiben. Insbesondere bleibt somit das Betriebsvermögen ... von Herrn S, d.h. sämtliche unmittelbaren und mittelbaren unternehmerischen Beteiligungen, gleich ob an Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Einzelunternehmen oder anderen Unternehmen, bei der Berechnung von Zugewinnausgleichsansprüchen außer Betracht. Dies gilt entsprechend für solche Vermögensgegenstände, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung genutzt werden."

Das gleiche sollte für Vermögensgegenstände, die als Surrogat an veräußerte Vermögensmassen treten, sowie für Verwendungen, die ein Ehegatte aus seinem sonstigen Vermögen auf vom Zugewinnausgleich ausgenommene Vermögensgegenstände tätige, gelten.

In § 2 des Vertrages ist der Ehegattenunterhalt in folgender Weise geregelt:

"a) Sollten gemeinsame Kinder, die von einem Ehepartner erzogen und versorgt werden, nicht vorhanden sein, verzichten die Ehepartner wechselseitig auf Unterhaltsansprüche und nehmen diesen Verzicht an, wobei dieser Verzicht auch für den Fall der veränderten Umstände und der Not gilt.

b) Sollte einer der Eheleute nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe ein oder mehrere gemeinsame Kinder versorgen und erziehen, steht diesem grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch (d) gegen den anderen Ehegatten zu, soweit die Voraussetzungen des § 1570 BGB vorliegen.

c) Im Falle der Auflösung der Ehe durch Scheidung steht den Ehegatten auch dann ein Unterhaltsanspruch (d) zu, wenn keine gemeinsamen Kinder zu versorgen und erziehen sind und ein Ehepartner in den fünf Jahren vor Stellung des Scheidungsantrages einer beruflichen Tätigkeit nicht nachgegangen ist. In diesem Fall ist die Dauer des Unterhaltes auf fünf Jahre befristet. In den ersten drei Jahren nach der Rechtskraft des Scheidungsurteils ist der volle Unterhalt zu bezahlen, in den folgenden zwei Jahren der halbe Unterhaltsbetrag.

d) Der Unterhaltsanspruch gemäß vorstehend b) und c) wird der Höhe nach jedoch begrenzt. Er entspricht dem halben Grundgehaltssatz (ohne Ortszuschläge und andere Zuschläge) eines Bundesbeamten der Besoldungsgruppe A 7 der Dienstaltersstufe 1. Auf den Unterhaltsanspruch sind sämtliche Einkünfte des berechtigten Ehepartners zu 75 % anzurechnen, und zwar aus Erwerbstätigkeit und Vermögen.

Die vorstehend vereinbarte Begrenzung des Ehegattenunterhaltsanspruchs gilt auch für den Fall der Trennung der Parteien als Unterhaltsbetrag ..."

In § 3 des Vertrages wird darauf hingewiesen, dass bezüglich des gesetzlich vorgesehenen Versorgungsausgleichs und anderer Regelungsgegenstände, wie "Hausratsvereinbarung" etc. bei der gesetzlichen Regelung verbleibe. Im Weiteren ist ein Pflichtteilsverzicht enthalten sowie unter IV die folgende salvatorische Klausel:

"Sollte eine der vorstehenden Regelungen unwirksam sein, so sollen die übrigen Regelungen hiervon nicht berührt werden. Die Parteien vereinbaren, dass anstelle der unwirksamen Regelung eine rechtlich zulässige oder durchführbare Regelung gelten soll, die der gewollten Regelung so nah als möglich kommt."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 55 ff der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin begehrt im Rahmen des Scheidungsverfahrens vom Antragsteller eine umfassende Auskunft zu seinem Endvermögen, also auch einschließlich seines Betriebsvermögens. Zur Begründung führt sie aus, der Ehevertrag sei unwirksam, weil sie sich als schwangere Studentin in einer Zwangslage befunden habe, unerfahren gewesen sei und den Vertrag nur deshalb geschlossen habe, um das erwartete Kind ehelich aufwachsen zu lassen.

Das Amtsgericht hat durch Teilanerkenntnis- und Teilurteil den Beklagten lediglich zur Auskunft über sein privates Endvermögen verurteilt, hinsichtlich der Auskunft zum Betriebsvermögen die Klage jedoch abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Der geschlossene Ehevertrag ist jedenfalls bezüglich des Zugewinnausgleiches wirksam. Daher ist der Antragsteller nicht gem. §1379 BGB zu einer weitergehenden Auskunftserteilung über Gegenstände seines Betriebsvermögens verpflichtet.

1.

Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 11. Februar 2004 (FamRZ 2004 S. 601 ff) im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. März 2001 (FamRZ 2001 S. 985) für die Inhaltskontrolle eines Ehevertrages (§ 138 BGB) folgende Grundsätze aufgestellt:

Unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, unwirksam oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regeln unzulässig sei (§ 242 BGB) ließe sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle abschließend beantworten. Jedoch sei von folgenden Regeln auszugehen: Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich unterlägen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten, einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kenne das geltend Recht nicht. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen dürfe indes nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden könne. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheine. Dabei würden die Belastungen des einen Ehegatten um so schwerer wiegen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreife. Zu diesem Kernbereich sollen nach Auffassung des BGH, (so auch BGH, Urt. v. 25. Mai 2005, XII ZR 296/01, S. 9) in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) rechnen. Im übrigen könne man eine Rangabstufung vornehmen, die sich vor allem danach bemesse, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner Lage hätten. So sei die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs für den Berechtigten in der Regel wichtiger, als etwa der Zugewinn oder spätere Versorgungsausgleich. Am ehesten verzichtbar erschienen Ansprüche auf Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§§ 1573 Abs. 2, 1575 BGB). Der Zugewinnausgleich erweise sich als ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich. Soweit ein Ehevertrag sich unter diesen Voraussetzungen nicht als sittenwidrig i.S.d. § 138 darstelle (Inhaltskontrolle), müsse im Einzelfall geprüft werden, ob die Berufung auf die einzelnen Klauseln mit den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vereinbar sei (Ausübungskontrolle).

2.

Im Rahmen der Inhaltskontrolle gem. § 138 BGB ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit kommt dabei regelmäßig jedoch nur dann in Betracht, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden. Dabei sind sowohl objektive, wie auch subjektive Gesichtspunkte auf Seiten beider Parteien zu berücksichtigen.

Insoweit beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund ihrer Schwangerschaft sich in einer erheblichen Zwangslage befunden habe. Eine Schwangerschaft macht einen Ehevertrag für sich allein gesehen jedoch noch nicht sittenwidrig. Sie indiziert aber eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsschluss (BGH a.a.O. XII ZR 296/01 S. 13; BVerfG FamRZ 2001 S. 985).

Zur weiteren Erläuterung der von ihr behaupteten Zwangslage hat die Antragsgegnerin sich darauf berufen, aufgrund der Schwangerschaft sei ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit vermindert gewesen. Dies ist jedenfalls hinsichtlich der geistigen Leistungsfähigkeit ein völlig unsubstantiierter Vortrag. Es bedarf keiner Erörterung, dass eine schwangere Frau sich in einer auch psychisch veränderten Situation befindet. Angesichts der bevorstehenden Entbindung können im allgemeinen sowohl Glücksgefühle wie Zukunftsängste auftreten. Ein Schluss auf eine "verminderte geistige Leistungsfähigkeit" ist jedoch ohne ein weiteres Vorbringen nicht gerechtfertigt. Auf eine beeinträchtigte Geschäftsfähigkeit beruft sich die Antragsgegnerin nicht.

Jedoch befand sich die Antragsgegnerin durchaus in einer Zwangslage. Sie hat hierzu unbestritten vorgetragen, dass sie aufgrund der Schwangerschaft Wert darauf gelegt habe, dass das erwartete Kind ehelich geboren werde. Der Antragsteller habe sich jedoch geweigert, sie ohne Ehevertrag zu heiraten. Sie habe zunächst erhebliche Bedenken gegen den notariellen Vertrag gehabt und diesen dem Notar zur erneuten Überarbeitung zurückgegeben. Sodann habe sie unter Zurückstellung dieser Bedenken den notariellen Vertrag wenige Tage vor der Eheschließung unterzeichnet. Sie sei damals unerfahren gewesen und habe die Auswirkungen des Vertrages nicht erkannt.

Dieser Geschehensablauf vermag zwar allein eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung nicht zu begründen (vgl. BGH a.a.O. XII ZR 296/01 S. 14), er bildet aber ein Indiz für eine ungleiche Verhandlungsposition der Antragstellerin. Der Vertrag ist daher auch nach den Vorgaben des BGH einer verstärkten richterlichen Kontrolle zu unterziehen, wobei alle maßgebenden Faktoren zu berücksichtigen sind.

3.

Zum Güterrecht gewährt das Gesetz den Eheschließenden eine weitgehende Vertragsfreiheit. Nach § 1363 BGB gilt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft nur dann, wenn "nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart" wird. Gem. § 1408 BGB können die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehevertrag regeln. Nach diesen gesetzlichen Vorgaben stand es den Parteien frei, sowohl die vollständige Gütertrennung gem. § 1414 BGB, wie auch das andere Extrem, eine Gütergemeinschaft gem. § 1415 ff BGB, zu vereinbaren. Ebenso konnten sie nach den gesetzlichen Vorgaben den gesetzlich vorgesehenen Güterstand der Zugewinngemeinschaft modifizieren, wie hier erfolgt, indem sie einen Teil des Vermögens bei der Saldierung unberücksichtigt lassen. Denn der Zugewinnausgleich ist weniger Ausfluss nachehelicher Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen kann, in ihrer Typisierung jedoch weit über dieses Ziel hinausgeht (BGH FamRZ 2004, 604).

Die getroffene Vereinbarung zum Zugewinn enthält unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage keine grob unbilligen Regelungen. Es besteht bei selbständigen Gewerbetreibenden, wie vorliegend, im allgemeinen vielmehr ein Bedürfnis, das Betriebsvermögen aus güterrechtlichen Auseinandersetzungen herauszuhalten. Denn ein auf dem Güterrecht beruhender Vermögensabfluss kann für den Betrieb erhebliche Schwierigkeiten verursachen. Gerade bei einem Unternehmen, bei dem auch weitere Familienmitglieder Mitgesellschafter sind, besteht ein interfamiliäres Bedürfnis nach einer vertraglichen Gestaltung des ehelichen Güterrechts. So hat auch der Antragsteller sich darauf berufen, dass auch seine Geschwister ähnliche Verträge abgeschlossen hätten. Unstreitig ist im übrigen sowohl der Antragsteller wie auch die Antragsgegnerin von seiner Familie gedrängt worden, einen solchen Ehevertrag vor Eheschließung zu schließen. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 9.10. 2001 Az. 7 UF 114/00 ausgeführt hat, bestehen in einer solchen Lage keine Bedenken, sogar eine Gütertrennung zu vereinbaren. Auf die vom Senat zugelassene Revision hat der BGH in seinem Urteil vom 25. Mai 2005 (XII ZR 296/01) die Vereinbarung der vollständigen Gütertrennung gebilligt, obwohl die Ehefrau in dem genannten Verfahren bei Vertragsschluss im 8. Monat schwanger war. Er hat hierzu ausgeführt, schon nach der Bedeutung des Güterrechts im Scheidungsfolgenrecht rechtfertige eine solche Vereinbarung nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit.

Vorliegend haben die Parteien nicht einmal Gütertrennung vereinbart, sondern es hinsichtlich des nichtbetrieblichen, also privaten Vermögens, beim gesetzlichen Güterstand belassen. Erst recht rechtfertigt dies nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit. Mögliche Abgrenzungsprobleme zwischen dem Privat- und Betriebsvermögen haben mit der Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages nichts zu tun.

4.

Damit ist jedoch noch nicht zwangsläufig festgestellt, dass die vereinbarte Regelung zum Zugewinnausgleich wirksam ist. Es ist nämlich unabhängig von der Einzelregelung der gesamte Vertrag im Wege einer Gesamtschau auf seine Übereinstimmung mit den guten Sitten i.S.d. § 138 BGB zu überprüfen (BGH FamRZ 04, 604).

a)

Die Parteien haben einen Unterhaltsausschluss für den Fall, dass aus der Ehe keine Kinder hervorgingen, die von einem Partner erzogen oder versorgt werden, vereinbart, der jedoch für eine Übergangszeit von fünf Jahren nach der Scheidung gem. Buchst. c) von § 2 des Ehevertrages gemildert worden ist. Diese Regelung als solche verstößt nicht gegen die guten Sitten, da die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihr Psychologiestudium bis auf die Diplomarbeit abgeschlossen hatte und daher bei Vertragsschluss beide Parteien davon ausgehen konnten, dass die Antragsgegnerin für den Fall, dass sie keine Kinder zu versorgen habe in der Lage sein werde, sich selbst zu unterhalten.

Darüber hinaus war die Antragsgegnerin bei Vertragsschluss 26 Jahre alt. Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB), den die Parteien hier ebenfalls ausgeschlossen haben, misst das Gesetz zwar als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei, jedoch ist hier zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Parteien angesichts ihres Alters noch nicht absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten die Antragsgegnerin wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte.

b)

Den Kindesbetreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB, den der BGH als zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehörend ansieht (vgl. Urt. v. 25. Mai 2005 XII ZR 296/01 S. 9) haben die Parteien vom Gesetz abweichend geregelt. Sie haben zum einen eine Höhenbegrenzung auf das halbe Grundgehalt eines Bundesbeamten der Besoldungsstufe A 7 festgelegt, zum anderen eine Anrechnungsklausel hinsichtlich der Eigeneinkünfte von 75 % vereinbart. Die Anrechnung von Eigeneinkünften entsprach jedenfalls in einer Alleinverdienerehe der Praxis der Familiengerichte bis zum Jahre 2001 (vgl. BGH FamRZ 2001 S. 986). Eine solche Regelung war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses weitgehend anerkannt und entsprach höchstrichterlicher Rechtsprechung. Dies in einem Vertrag festzuschreiben, macht den Vertrag nicht sittenwidrig.

Die Anrechnung des Eigeneinkommens zu einer Quote von 75 % enthält eine Konkretisierung der Regelung des § 1577 BGB über die Berücksichtigung von Einkünften aus einer überobligationsmäßigen Tätigkeit. Gegen eine solche Pauschalierung bestehen angesichts der Unübersichtlichkeit sowohl des Gesetzes als auch der dazu ergangenen Rechtsprechung keine Bedenken (vgl. Wendl/Staudigl/Gerhardt § 1 Rdn. 543 ff m.w.N.).

c)

Auch greift das Verdikt einer schweren Störung der vertraglichen Parität aufgrund der Höhenbegrenzung und der Anrechnungsklausel in Doppelverdienerehen im Ergebnis noch nicht durch. Der BGH hat eine solche Begrenzung in Eheverträgen für zulässig erachtet (BGH a.a.O. XII ZR 296/01 S. 15). In jenem Fall ist der Unterhalt bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des Kindes vertraglich auf 2.000,00 DM (heute 1.022,00 €), danach auf die Hälfte festgesetzt worden. Der BGH hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht schon dadurch gerechtfertigt sei, dass der eheangemessene Unterhalt nicht erreicht werde.

Entscheidend sei vielmehr, ob durch die Höhenbegrenzung aus damaliger Sicht von vornherein ein Ausgleich ehebedingter Nachteil ausgeschlossen werden sollte. Dazu fehlt es jedoch an einem geeigneten Vortrag. Da die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an ihrer Diplomarbeit arbeitete, konnten die Parteien - die weitere Entwicklung weggedacht - davon ausgehen, dass sie alsbald in der Lage sein werde, entsprechende Einkünfte aus ihrem Beruf zu erzielen. Die Eheschließung als solche musste also nicht zwangsläufig dazu führen, dass überhaupt "ehebedingte Nachteile" entstünden. Dies ist auch nicht zwangsläufig der Fall, wenn man die zu erwartende Geburt des ersten Kindes in die Betrachtung einbezieht. Auch dann noch wäre die Antragsgegnerin grundsätzlich in der Lage - wenn auch unter Erschwernissen - einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.

Allerdings könnten solche ehebedingten Nachteile dann zu erwarten sein, wenn die Parteien von vornherein die Absicht gehabt hätten, mehrere Kinder zu haben. Das ist erstinstanzlich entsprechend vorgetragen worden. In der Berufungsinstanz (S. 5 Berufungsbegründung) wird hingegen das Vorbringen insoweit korrigiert, als "bei Abschluss des Vertrages ... von den Parteien nicht geplant (gewesen sei), dass aus der gemeinsamen Ehe drei Kinder hervorgehen würden". Auf S. 14 der Berufungsbegründung wird ausgeführt, es sei bei Abschluss des Vertrages "für keine der beiden Vertragsparteien ersichtlich gewesen, dass aus der gemeinsamen Ehe einmal drei Kinder hervorgehen würden". Eine Erklärung für diesen Wechsel der Sachdarstellung hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung nicht gegeben. Der Antragsteller hat sich zu diesem Fragenkreis nicht geäußert. Damit hat die insoweit darlegungsverpflichtete Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass bei Abschluss des Vertrages nach der zu erwartenden Lebensgestaltung der Vertrag von vornherein den Ausgleich ehebedingter Nachteile verhindern sollte.

Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin dazu vorgetragen, ob die Parteien sich ausnahmsweise eine bestimmte Relation ihrer Einkommensverhältnisse "als auch künftig gewiss angesehen und ihre Vereinbarung darauf abgestellt haben" (BGH XII ZR 296/01 S. 19).

Im übrigen hat der BGH die Höhenbegrenzung gebilligt, wenn das Existenzminimum wenigstens durch den gekappten Unterhaltsanspruch überschritten wird (BGH a.a.O. XII ZR 296/01 S.15) Das angefochten Urteil hat eine solche Überschreitung des Existenzminimums festgestellt. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin nicht, Jedenfalls lag das halbe Grundgehalt eines Bundesbeamten nach der Besoldungsstufe A 7 wenige Monate nach Vertragsschluss oberhalb des damaligen Existenzminimums nach den Hammer Leitlinien zum Unterhaltsrecht. Dies bedarf hier aus den Erwägungen unter e) keiner weiteren Erörterung.

d)

Die Frage, ob der Antragsteller sich heute, nachdem die Antragsgegnerin drei Kinder aus der Ehe betreut und versorgt, auf die Begrenzung des Unterhalts berufen kann oder ob gem. § 242 BGB der Ehevertrag an den "mutmaßlichen, den (nach Vertragsschluss) geänderten Umständen Rechnung tragenden Parteiwillen" (BGH Urt. v. 25. Mai 2006 XII ZR 221/02 S. 11 und XII ZR 296/01 S. 11) anzupassen ist, bedarf hier nicht der Erörterung. Denn selbst wenn eine solche Anpassung heute geboten wäre, würde sich dies nicht auf die Wirksamkeit des Vertrages insgesamt gem. § 138 BGB auswirken.

e)

Allerdings könnte die Höhenbegrenzung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt gegen die §§ 1361, 1360 III, 1614 I BGB verstoßen, wenn darin zugleich ein Teilverzicht auf Unterhalt läge. Vieles spricht hier dafür, jedoch würde sich ein solcher Verstoß und damit die Unwirksamkeit der Vertragsklausel insoweit aus den unter f) genannten Gründen nicht auf die Regelung zum Zugewinnausgleich auswirken.

f)

Auch wenn die Höhenbegrenzung des Kindesbetreuungsunterhalts nicht (mehr ganz) dem Maßstab des § 138 BGB entspräche, so könnte dies nicht dazu führen, den gesamten Vertrag als sittenwidrig einzustufen. Denn die übrigen Klauseln stellen in ihrer Gesamtheit keine völlig unangemessene Regelung dar. Es geht in dem Vertrag überwiegend nicht um einen völligen Ausschluss nachehelicher Rechte sondern lediglich um eine Modifikation ehelicher Rechtsfolgen. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs und der Hausratsteilung sollte es ausdrücklich bei der gesetzlichen Regelung verbleiben. Eventuelle zu weit gehende Beschränkungen im Bereich des Kindesbetreuungsunterhalts lassen sich im Wege der Anwendungs-kontrolle nach § 242 BGB korrigieren. Durch die salvatorische Klausel haben die Parteien darüber hinaus deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst im Falle der Teilsittenwidrigkeit am Vertrag im übrigen festhalten wollen.

Der BGH in seinem bereits genannten Urteil vom 25.5.05 (XII ZR 296/01) zwar auch die übrigen Regelungen im Wege einer Gesamtschau in die Beurteilung der Frage der Sittengemäßheit des Ehevertrages einbezogen. Jedoch hat er auf Seite 12 des Urteils ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Gesamtschau deshalb notwendig sei, weil gem. § 139 BGB die Nichtigkeit einer anderen Vertragsklausel, etwa zum Unterhalt, in der Regel zur Nichtigkeit des Vertrags als solchem führe. Jedoch gelte dies nur, wenn "nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne die nichtigen Klauseln geschlossen sein würde, was sich insbesondere aus anderweitigen Parteivereinbarungen, z.B. salvatorischen Klauseln, ergeben kann". Gerade davon ist hier jedoch auszugehen. § 3 IV des Ehevertrages enthält ausdrücklich die salvatorische Klausel mit dem Inhalt, dass für den Fall der Unwirksamkeit einer einzelnen Regelung die übrigen Regelungen hiervon nicht berührt würden. Darüber hinaus haben die Parteien sogar vereinbart, dass anstelle der unwirksamen Regelung eine rechtlich zulässige oder durchführbare Regelung gelten solle, die der gewollten Regelung so nah als möglich komme. Dass eine solche Vereinbarung einer salvatorischen Klausel dem Verdikt der Sittenwidrigkeit unterliegen soll, ist nicht ersichtlich.

III.

Die Berufung des Antragstellers auf die Wirksamkeit der im Ehevertrag enthaltenen Regelung verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Für eine solche Ausübungskontrolle sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Vielmehr ist entscheidend, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft die vereinbarte Beschränkung des Zugewinnausgleichs als evident einseitige Lastenverteilung darstellt, die auch unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in den Bestand der Abrede für die Antragsgegnerin unzumutbar ist. Anhaltspunkte für eine solche fehlende Zumutbarkeit sind nicht gegeben.

1.

Während der Ehe hat die Antragsgegnerin drei Kinder geboren, die sie im Haushalt versorgt und betreut hat. Daneben hat sie ihr Examen in Psychologie absolviert und geht heute einer Erwerbstätigkeit nach. Diese Umstände sind nicht von Relevanz für die hier gestellte Frage, da sie mit der Frage der Einbeziehung des Betriebsvermögens des Antragstellers nicht unmittelbar zu tun haben. Dass durch die Einbeziehung des Betriebsvermögens als mittelbare Folge eine mögliche Vermögensvermehrung auf Seiten der Antragsgegnerin eintreten könnte, reicht insoweit nicht aus. Die durch die Kinderbetreuung deutlich verminderten Erwerbschancen sind durch das Unterhaltsrecht auszugleichen. Eine Abhilfe durch Vermögensteilhabe zu bewirken, ist in solchen Fällen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht geboten (BGH FamRZ 2004, 608).

Letztlich haben sich auf Seiten des Antragstellers die Verhältnisse nicht geändert. Er hat nach wie vor zur Erhaltung der Familiengesellschaft ein schützenswertes Interesse daran, das Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich heraushalten zu können.

2.

Auch evtl. Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Betriebs- und Privatvermögen lassen die Berufung des Antragstellers auf die entsprechende Regelung im Ehevertrag nicht als unbillig erscheinen. Solche Probleme sind im Wege der Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung des Parteiwillens notfalls im Vollstreckungsverfahren zu lösen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der zu erteilenden Auskunft steht die zweite Stufe des Stufenantrags nach § 254 ZPO zur Verfügung. Konkrete Hinweise auf eine mögliche Manipulation der beiden Vermögensmassen (privat und geschäftlich) hat die Antragsgegnerin nicht gegeben. Allein die abstrakte Gefahr einer unzulässigen Vermögensverschiebung macht die Berufung auf den Vertrag jedoch nicht unbillig.

Die Berufung der Antragsgegnerin hat somit keinen Erfolg. Da der Senat den obergerichtlichen Grundsätzen über die Inhalts- und Ausübungskontrolle eines Ehevertrages folgt, im übrigen die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten muss dem Schlussurteil vorbehalten bleiben.

Ende der Entscheidung

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