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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.11.2006
Aktenzeichen: 8 Sch 4/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 179
ZPO § 1043 Abs. 1
ZPO § 1054
ZPO § 1054 Abs. 1
ZPO § 1054 Abs. 2
ZPO § 1062 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 1063 Abs. 1
ZPO § 1063 Abs. 2
ZPO § 1064 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der zwischen den Parteien ergangene Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut des Schiedsgerichts vom 11. Mai 2004 ist hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziff. 1), durch den die Antragsgegner sich als Gesamtschuldner verpflichtet haben, an den Antragsteller 100.000,- € zu zahlen, in Höhe eines Betrages von 15.000 € vollstreckbar.

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens.

Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien betrieben in I eine radiologische Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Antragsteller kündigte das Gesellschaftsverhältnis zum 30. Juni 2003 und erhob am 14. August 2003 gegen die Antragsgegner Schiedsklage auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 120.000 €.

In dem Schiedsverfahren erging am 11. Mai 2004 ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, in dessen Ziff. 1 sich die Antragsgegner verpflichtet haben, an den Antragsteller als Gesamtschuldner 100.000 € zu zahlen. Teilbeträge über insgesamt 50.000 €, deren Fälligkeit in Ziff. 2 und 3 geregelt war, wurden fristgerecht gezahlt.

Hinsichtlich des Restbetrages von 50.000 € ist in Ziff. 4 als Zeitpunkt der Fälligkeit der Abschluss der rechtlichen Auseinandersetzung der Parteien des Schiedsverfahrens mit der E Bank aus Anlass einer Forderungsabtretung vom 26. Juli 2000, spätestens der 31. Dezember 2006, festgelegt.

In Ziff. 6 heißt es weiter:

"Ergibt die Auseinandersetzung, dass der E Bank aufgrund Urteils oder vergleichsweiser Einigung ein Zahlungsanspruch gegen die Gesellschaft der ehemaligen Gemeinschaftspraxis oder die Parteien insgesamt als Gesamtschuldner zusteht, sind die Beklagten berechtigt, den hiervon auf den Schiedskläger anfallenden Anteil von einem Fünftel mit der Restforderung zu Nr. 4 zu verrechnen."

Hintergrund dieser Fälligkeits- und Verrechnungsregelungen war ein Rechtsstreit vor dem Landgericht Dortmund (13 O 196/04) in dem die E Bank Q- und H AG u. a. die aus den Parteien bestehende GbR sowie die Parteien persönlich auf Leistung aus einer Sicherungsabtretung im Wege der Stufenklage in Anspruch nahm. In diesem Rechtsstreit, dessen Ergebnis zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs nicht absehbar war, wurde am 8. Dezember 2005 ein Vergleich geschlossen, mit dem sich die Antragsgegner zu 1), 3) und 4) verpflichteten, an die dortige Klägerin 75.000 € zu zahlen. Der Antragsteller hatte sich - ebenso wie die Antragsgegnerin zu 2) - an dem Vergleich nicht beteiligt und dies vor Vergleichsschluss ausdrücklich zu Protokoll erklärt mit der Begründung, seiner Auffassung nach bestünden keine Ansprüche der Klägerin. Wegen der Einzelheiten wird auf das zu den Akten gereichte Protokoll des Landgerichts Dortmund vom 8. Dezember 2005 (13 O 196/04) Bezug genommen.

Die gegen den Antragsteller gerichtete Klage nahm die E Bank Q- und H AG unter dem 10. Januar 2006 zurück.

Die Antragsgegner zahlten an den Antragsteller 35.000 € auf die Restforderung und lehnten die Zahlung weiterer 15.000 € ab. Insoweit beriefen sie sich auf die Verrechnungsklausel in Ziff. 6 des Schiedsspruchs.

Der Antragsteller hält die Voraussetzungen, unter denen eine Verrechnung nach Ziff. 6 des Schiedsspruchs zulässig ist, nicht für gegeben und beantragt,

den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut vom 11. 5. 2004, erlassen in Hamm durch die Schiedsrichter D Q2, S Q3 und I2 I, mit welchem die Antragsgegner sich gesamtschuldnerisch verpflichtet haben, an den Antragsteller EUR 100.000.00 zu bezahlen, für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären.

Er hat klar gestellt, dass die Vollstreckung nur in Höhe von 15.000 € erfolgen solle.

Die Antragsgegner zu 1), 3) und 4) beantragen,

den Antrag auf Vollsteckbarerklärung zurückzuweisen.

Sie vertreten die Auffassung, dass die Verrechnungsregelung in Ziff. 6 des Schiedsspruchs eingreife mit der Folge, dass der Anspruch des Antragstellers in Höhe von 1/5 des Vergleichsbetrages von 75.000 €, also 15.000 €, durch Verrechnung erloschen sei. Durch die Verpflichtung der Antragsgegner zu 1), 3) und 4) in dem Prozessvergleich vor dem Landgericht Dortmund sei ein Zahlungsanspruch gegen die Gesellschafter der ehemaligen Gemeinschaftspraxis begründet worden, da nur noch die genannten Antragsgegner Mitglieder der Gesellschaft gewesen seien. Der Antragsteller sei dem Vergleich aus durchsichtigen Motiven nicht beigetreten, da er Ziff. 4 des Schiedsspruchs vor Augen gehabt habe und ihm deshalb nicht an einem kurzfristigen Abschluss des Prozesses gelegen gewesen sei. In der Sache hätte der Antragsteller eine persönliche Haftung jedenfalls aus § 179 BGB befürchten müssen, so dass der Vergleich für ihn günstig gewesen sei.

II.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung, der nur in Höhe von 15.000 € verfolgt wird, ist zulässig und begründet. Insbesondere ist hinsichtlich der nur noch streitigen Restforderung keine Erfüllung durch Verrechnung nach Ziff. 6 des Schiedsspruchs eingetreten.

1.

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.

Nach § 1062 I Nr. 4 ZPO ist das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet wird oder in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, zuständig für Anträge auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs. Ein solches Verfahren liegt hier vor. Das OLG Hamm ist auch zuständig, da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens gem. § 1043 I ZPO in Hamm liegt.

Der Antragsteller hat den Schiedsspruch in von seinen Verfahrensbevollmächtigten beglaubigter Ablichtung l vorgelegt und damit die formellen Voraussetzungen des § 1064 I ZPO erfüllt.

Die Entscheidung erfolgt gem. § 1063 I ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 1063 II ZPO die mündliche Verhandlung anzuordnen ist, liegen nicht vor.

2.

Der Antrag ist auch begründet.

a)

Die allgemeinen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung liegen vor. Bei dem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut vom 11. Mai 2004 handelt es sich um einen Schiedsspruch gem. § 1054 ZPO, der das schiedsrichterliche Verfahren abgeschlossen und einen Anspruch zuerkannt hat. Er ist schriftlich erlassen und von den Schiedsrichtern unterzeichnet worden, § 1054 I, II ZPO.

Aufhebungsgründe sind weder dargelegt worden noch ersichtlich.

b)

Der in Ziff. 1 des Schiedsspruchs festgelegte Zahlungsanspruch ist auch in Höhe restlicher 15.000 € fällig. Dies folgt aus Ziff. 4, wonach der verbleibende Restbetrag mit Abschluss der rechtlichen Auseinandersetzung der Parteien mit der E Bank fällig werden sollte. Diese Auseinandersetzung vor dem Landgericht Dortmund ist nach dem Prozessvergleich vom 8. Dezember 2005 und der anschließenden Klagerücknahme gegenüber den anderen Beklagten zwischenzeitlich beendet worden. Die Klage gegen den Antragsteller ist unter dem 10. Januar 2006 zurückgenommen worden.

Der Zahlungsanspruch ist in Höhe von 15.000 € nicht durch Verrechnung erloschen. Die Voraussetzungen, unter denen sich die Parteien eine Verrechnungsmöglichkeit im Hinblick auf das Ergebnis des Rechtsstreits mit der E Bank vor dem Landgericht Dortmund vorbehalten haben, liegen nicht vor.

Ziff. 6 des Schiedsspruchs sieht die Berechtigung der Antragsgegner zur Verrechnung mit dem auf den Antragsteller entfallenden Anteil von einem Fünftel nur für den Fall vor, dass der E Bank aufgrund Urteils oder vergleichsweiser Einigung ein Zahlungsanspruch gegen die Gesellschaft der ehemaligen Gemeinschaftspraxis oder die Parteien insgesamt als Gesamtschuldner zusteht. Maßgeblich sollte also das formelle Ergebnis des Rechtsstreits sein, das sich in einem Urteil oder Vergleich niederschlug.

Der Vergleich vom 8. Dezember 2005 erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da sich weder die Gesellschaft noch die Parteien insgesamt zur Zahlung des Vergleichsbetrages von 75.000 € verpflichtet haben.

Selbst wenn die Gemeinschaftspraxis zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nur noch aus den Antragsgegnern zu 1), 3) und 4) bestanden haben sollte, wie die Antragsgegner behaupten, führt die Verpflichtung dieser drei Personen zur Zahlung in dem Vergleich nicht dazu, dass von einer im Vergleich festgehaltenen Zahlungspflicht der Gesellschaft der ehemaligen Gemeinschaftspraxis auszugehen ist. Dagegen spricht bereits, dass die Gesellschaft, die in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Dortmund neben den Gesellschaftern verklagt worden war, als solche nicht Beteiligte des Vergleichs geworden ist. Die Verpflichtung von einzelnen Gesellschaftern sollte nach der Gestaltung der Klausel in Ziff. 6 des Schiedsspruchs nur Bedeutung haben, wenn "die Parteien insgesamt", also alle Parteien des Schiedsverfahrens, beteiligt waren. Man hat also nicht etwa auf die zum Zeitpunkt der Beendigung des Rechtsstreits noch vorhandenen Gesellschafter abgestellt. Eine Verpflichtung, die sich nicht auch auf den Antragsteller erstreckte, sollte nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden dürfen.

Die Verrechnung ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil sich der Antragsteller treuwidrig zur Umgehung der Anrechnungsregelung nicht an dem Vergleich vom 8. Dezember 2005 beteiligt hat. Ob die Antragsgegner mit einem solchen Einwand aus Rechtsgründen überhaupt gehört werden können, kann offen bleiben. Der Senat vermag nämlich ein treuwidriges Verhalten des Antragstellers nicht festzustellen. Dieser hatte seine Weigerung, sich an dem Vergleich zu beteiligen, zuvor unzweideutig erklärt und dies damit begründet, dass er die Klageforderung der E Bank Q- und H AG für unbegründet halte. Die Antragsgegner haben die vergleichsweise Einigung danach gleichwohl herbeigeführt und sind das Risiko eingegangen, dass eine Verrechnung nach Ziff. 6 des Schiedsspruchs keinen Erfolg haben könnte.

Dem Antragsteller kann auch nicht unterstellt werden, dass er die Eingehung einer eigenen Verpflichtung nur zur Umgehung der Regelung in Ziff. 6 des Schiedsspruchs verweigert hat.

Ob die Antragsgegner materiell-rechtlich einen Anspruch etwa unter dem Gesichtspunkt des Gesamtschuldnerausgleichs gegen den Antragsteller haben und ob dieser jetzt noch durchgesetzt werden kann, bedarf keiner Erörterung. Ein solcher Anspruch wird von den Antragsgegnern nicht geltend gemacht; diese stützen sich allein auf die Verrechnungsregelung in Ziff. 6 des Schiedsspruchs.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 1064 II ZPO.

Ende der Entscheidung

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