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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.04.2001
Aktenzeichen: 8 U 139/00
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB § 25
BGB § 39
GG Art. 9 Abs. 1
Der Beschluss des Vorstandes eines rechtsfähigen Vereins über den Ausschluss eines Mitgliedes unterliegt hinsichtlich der Tatsachenermittlung und der formellen Rechtmäßigkeit der vollen Nachprüfung durch die staatlichen Gerichte. Der gerichtlichen Nachprüfung entzieht sich nur die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 139/00 OLG Hamm 8 O 208/00 LG Bochum

Verkündet am 25. April 2001

Krämer, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey sowie die Richter am Oberlandesgericht Reinken und Lehmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. Juli 2000 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers liegt unter 60.000 DM.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seinen Vereinsausschluß.

Er betreibt diverse Budo-Sportarten, insbesondere Judo und verschiedene Selbstverteidigungssportarten. Hierzu gehört auch "Tae Kwon Jitsu", das Elemente verschiedener Kampfsportarten (u.a. Tae Kwon Do und Jin Jitsu) miteinander verbindet. Der Beklagte gehört dem nordrhein-westfälischen Judoverband e.V. an. Dieser Landesverband hat ca. 300.000 Mitglieder und ist dem Dachverband für Budo-Technik angegliedert.

Der Beklagte ist ein eingetragener Verein. Der Kläger war Gründungsmitglied des Beklagten.

Nach § 2 der am 12. Februar 1990 beschlossenen Satzung ist Zweck des Vereins die planmäßige Pflege der Budosportarten - insbesondere durch Jugendarbeit.

Nach § 8 Abs. 9 lit. c) der Satzung gehört zu den Aufgaben des Vorstandes, über den Ausschluß aus dem Verein zu entscheiden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Satzung (Bl. 42ff. d. A.) verwiesen.

Der Beklagte bietet zwischenzeitlich auch Trainingsangebote zu "Tae Kwon Jitsu" an. Im klassischen Judo trainieren 20-40 Personen, während das Tae Kwon Jitsu-Training von ca. 40 Vereinsmitgliedern, mit ansteigender Tendenz, wahrgenommen wird. Der Kläger war bei "Tae Kwon Jitsu" Schüler eines Herrn B, der bei dem Beklagten als Trainer arbeitet und auch dessen Mitglied ist.

Der Kläger war bis Dezember 1999 Träger des 1. Kup Tae Kwon Jitsu (Schülergrad), des 2. Dan im Judo und des 1. Dan in Jin Jitsu.

Am 2. Februar 2000 wurde in der Zeitung "Stadtspiegel" B veröffentlicht, daß dem Kläger am 1. Januar 2000 der 6. Dan-Grad im "Tae Kwon Jitsu" durch den Präsidenten des Weltverbandes ITJF - mit Sitz in Israel -, Dr. D, verliehen worden sei und er nunmehr Träger des rot-weißen Gürtels sei. Die Zeitungsveröffentlichung hatte der Judoclub B 66 veranlaßt, um mit dem Kläger zu werben. Der Kläger war in den Judoclub B 66 Anfang 2000 eingetreten und ist dort nunmehr u.a. als Trainer tätig. Der Judoclub B 66 hat ca. 200 Mitglieder, wovon ca. 20 im Tae Kwon Jitsu und 100-120 Mitglieder im klassischen Judo trainieren. Der Kläger ist aufgrund der oben erwähnten Verleihung einziger Träger des 6. Dan im Tae Kwon Jitsu in der Bundesrepublik Deutschland. Der ITJF hat in Deutschland nach Angaben des Klägers rund 30 Mitglieder (Einzelpersonen), die sich auf zwei Vereine aufteilen und zwar in B und W.

Der rot-weiße Gürtel ist Symbol für den 6. Dan. Er wird bei entsprechenden Sportveranstaltungen getragen. Dabei läßt sich anhand des Gürtels nicht erkennen, von welchem Verband dieser verliehen worden ist.

Nach der Grundsatzordnung für Kyu- und Dan-Grade in Nordrhein-Westfalen vergibt die Kuy- und Dan-Grade bis zum 5. Dan der Nordrhein-Westfälische Judo-Verband e. V. (NWJV). Im weiteren sind bei der Anmeldung zur Prüfung von Dan-Graden vom 1. bis zum 5. Dan zusammen regelmäßig 20 Jahre Vorbereitungszeit vorgesehen. Bei sportlichen Prüfungen können Kyu- und Dan-Grade nicht übersprungen werden. Dan-Grade können auf Antrag an den Ehrenrat des Nordrhein-Westfälischen Dan-Kollegiums e. V. (NWDK) auch ehrenhalber verliehen werden. Nach der Grundsatzordnung ist die Verleihung des 1. Dan-Grades ehrenhalber nicht möglich.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Grundsatzordnung für Kyu- und Dan-Grade in Nordrhein-Westfalen (Bl. 114ff. d. A.), verwiesen.

Nach § 1 der Ehrenordnung des NWDK soll eine Graduierung durch Verleihung nur erfolgen, wenn eine Prüfung zum nächst höheren Dan-Grad aus gravierenden Gründen nicht absolviert werden kann. Die Verleihung soll grundsätzlich nur für außergewöhnliche Wettkampferfolge oder langjährig hervorragende Tätigkeit als Funktionär, Trainer, Kampfrichter, usw. erfolgen. Nach § 3 der Ehrenordnung können Dan-Grade in besonderen Fällen für eine besonders hervorzuhebende Tätigkeit in Lehre und Praxis verliehen werden. Ab dem 6. Dan können Dan-Grade nur ehrenhalber verliehen werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Ehrenordnung des NWDK (Bl. 37ff. d. A.) verwiesen.

Nach dem Vortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung können Dan-Grade bis zum 10. Dan verliehen werden. Die Verleihung setzt regelmäßig voraus, daß der Empfänger bereits Inhaber des vorherigen Dan-Grades ist.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ungefähr 100 Personen, die Inhaber des 6. Dans sind, wobei der höchste in der Bundesrepublik verliehene Dan-Grad der 8. Dan ist, der bisher einmal verliehen worden ist. In der Regel liegen zwischen Verleihung des 6. Dan und Erhält des 5. Dan mehrere Jahre.

Dan-Grade sind nach der Urkunde Nr. 398 71 148 des Deutschen Patent- und Markenamtes als Marke für den Dachverband für Budotechnik e. V., Duisburg, eingetragen.

Der Beklagte nahm die oben genannte Veröffentlichung zum Anlaß, gegen den Kläger ein Ausschlußverfahren durchzuführen. Am 18. Februar 2000 wurde beschlossen, ein solches Verfahren durchzuführen. Am 4. März 2000 wurde der Kläger formell angehört. Er nahm mit Schreiben vom 26. März 2000 (Bl. 23 d. A.) Stellung.

Am 26. April 2000 beschloß der Vorstand des Beklagten auf seiner Sitzung mit einer Mehrheit von sechs zu drei Stimmen, den Kläger aufgrund der angeführten Ereignisse aus dem Verein auszuschließen. Mit Schreiben vom 4. Mai 2000 teilte der Beklagte diesen Vorstandsbeschluß dem Kläger mit und begründete ihn damit, daß der Kläger den Dan-Grad auf nicht nachvollziehbare Weise entgegengenommen und ihn unrechtmäßig, unehrenhaft und unwürdig angenommen habe. Der Kläger habe bisher nur einen Schülergrad, ein Überspringen von Dan-Graden sei nicht möglich. Der Kläger habe vereinsschädigend gehandelt und das Ansehen der Budo-Dan-Träger und den gesamten Budo-Stand herabgewürdigt.

Diese Auffassung wurde, wie dem Schreiben vom 28. Juni 2000 zu entnehmen ist, durch den nordrhein-westfälischen Judo-Verband e.V. geteilt.

Der Beklagte hat nach seinem Vortrag derzeit 355 Mitglieder, von denen 219 über 18 Jahre alt sind. Es sollen rund 30 Mitglieder im letzten Jahr gekündigt haben. Das soll im Ergebnis zu einem Verlust von 10-15 Mitgliedern geführt haben.

Seit dem Ausschließungsbeschluß ist der Kläger bei dem Beklagten nicht mehr tätig. Der Kläger hat vor dem Senat erklärt, daß sein Interesse an dem Beklagten insbesondere daran liege, weiter im Judosport zu trainieren.

Der Kläger hat behauptet,

daß er sich um die Verbandsstruktur des "Tae Kwon Jitsu" besonders verdient gemacht und auch eine Prüfungsordnung entwickelt habe. Er sei der Vorsitzende der "Deutschen Tae Kwon Jitsu Union" und zum "Germany President of the International Tae Kwon Jitsu" berufen worden. Die Ausschlagung des 6. Dan wäre unehrenhaft gewesen und hätte den deutsch-israelischen Sportleraustausch gefährdet.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der von dem Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 4. Mai 2000 mitgeteilte Vereinsausschluß unwirksam ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet,

daß Tae Kwon Jitsu auf den Trainer B zurückgehe und der Kläger hierbei keine besonderen Verdienste erworben habe. Die Ehrung entbehre jeder Grundlage. Die Graduierungsrichtlinien seien zwischen den einzelnen Budoverbänden angeglichen. Die Ehrung verursache unter den übrigen Mitgliedern Unstimmigkeiten, da diese ihre eigenen Titel entwertet sähen. Vereinsmitglieder hätten angekündigt, den Beklagten zu verlassen, falls der Kläger weiter Mitglied bliebe. Außerdem hätten Sponsoren angekündigt, ihr Engagement einzustellen. Durch die Annahme des 6. Dan-Grades habe der Kläger den Ehrenkodex verletzt.

Das Landgericht hat dem Klageantrag stattgegeben. Dies ist im wesentlichen damit begründet worden, daß die Annahme einer Ehrung (6. Dan) keinen wichtigen Grund darstelle, der einen Ausschluß rechtfertige. Hinsichtlich der Begründung wird auf das Urteil vom 27. Juli 2000 verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Zur Begründung nimmt er auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

Insbesondere ist er der Ansicht, daß der Kläger durch die Annahme des 6. Dan das Training und die sportlichen Erfolge der anderen Vereinsmitglieder entwerte. Die Annahme sei mit dem Vereinszweck nicht vereinbar. Es sei den anderen Vereinsmitgliedern nicht zumutbar, weiter mit dem Kläger zu trainieren. Er behauptet, daß hierdurch der Vereinsfrieden gestört werde. Im übrigen seien der Verband ITJF und dessen Vorsitzender Dr. D, allgemein unbekannt.

Dabei ist der Beklagte weiter der Ansicht, daß es nicht ausreiche, wenn der Kläger nur den Titel im Verein nicht führe und den Gürtel nicht trage. Die Annahme der Ehrung des Klägers widerspreche unter dem vorliegenden Bedingungen dem Ehrenkodex des Judosports. Da der Ehrenkodex unmittelbar mit dem Vereinszweck verbunden sei, habe er für den Verein erhebliches Gewicht. In dieser Hinsicht sei der Tae Kwon Jitsu Sport auch nicht vom Judosport zu trennen. Diese Sportarten seien insbesondere hinsichtlich der Graduierungsrichtlinien und dem Ehrenkodex verwandt.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nimmt auf seinen erstinstanzlichen Vortrag bezug. Insbesondere meint er, daß kein wichtiger Grund vorliege. Ein Ehrentitel entwerte nicht die übrigen prüfungsbedingt erreichten Titel von Vereinsmitgliedern, da er gerade nicht den Eindruck erwecken könne, er habe den Grad durch entsprechende Prüfungen erlangt. Des weiteren liege die Verantwortung für die Verleihung bei dem verleihenden Verband, wobei Tae Kwon Jitsu hierbei eigene Regeln hinsichtlich der Verleihung von Dan-Graden habe.

Schließlich habe der Beklagte das "ultima-ratio-Prinzip" nicht beachtet.

Ein möglicher Unfrieden im Verein sei erst durch das Ausschlußverfahren hervorgerufen worden.

Wegen des weitergehenden Vortrages wird auf die Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Beschluß des Vorstandes des Beklagten vom 26. April 2000 den Kläger wegen der Verleihung des 6. Dans durch einen rund 30 Mitgliedern zählenden Verein auszuschließen, kann nicht beanstandet werden.

1.

Dabei unterliegen die Tatsachenermittlung und die formelle Rechtmäßigkeit der vollen Nachprüfung durch die staatlichen Gerichte (BGH, NJW 1984, 918, NJW 1997, 3368; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1994, 251 (252); Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 16. Auflage, München 1997, Rdn. 112; Reichert/van Look (van Look), Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 7. Auflage, Neuwied, Rdn. 1803ff.). Der gerichtlichen Überprüfung entzieht sich nur die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens. Eine rechtsfehlerhafte Ermessensausübung führt zur Unwirksamkeit der Maßnahme (BGHZ 47, 381, 386). Diesen Prüfungskriterien hält der Beschluß stand.

2.

Der Beschluß des Vorstandes vom 26. April 2000 erging formell rechtmäßig.

a. Der Vorstand des Beklagten war das zuständige Organ.

Nach § 8 Abs. 9 lit. e) der Satzung ist der Vorstand zuständig, über den Ausschluß aus dem Verein zu entscheiden. Obwohl der Ausschluß eines Mitglieds ein außergewöhnlicher Vorgang ist, begründet die Übertragung der Zuständigkeit auf den Vorstand nach §§ 32 Abs. 1, 40 BGB keine Bedenken.

b. Der Beschluß erging auch verfahrensfehlerfrei.

Die erforderliche Mehrheit nach den §§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 Satz 3 BGB ist eingehalten worden. Der Vorstand hat den Ausschluß mit einer Mehrheit von sechs zu drei Stimmen, also mit ausreichender 2/3 Mehrheit angenommen.

Der Kläger hat vor der Entscheidung rechtliches Gehör erhalten. Mit Schreiben vom 4. März 2000 sind ihm die beabsichtigte Maßnahme, der Ausschluß, und deren tragende Gründe eröffnet worden. Er hat sich dann mit Schreiben vom 26.03.2000 geäußert.

Der Ausschließungsbeschluß ist mit Gründen dem Kläger durch Schreiben vom 4. Mai 2000 bekanntgegeben worden.

c) Der Beklagte hat das Recht zum Ausschluß auch nicht verwirkt.

Eine Verwirkung setzt voraus, daß der Verein sein Recht zur Straffestsetzung über längere Zeit hinweg nicht geltend gemacht hat und sich das betroffene Mitglied mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten der Vereinsorgane darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, daß auch in Zukunft keine Straffestsetzung mehr erfolgt (BGH, NJW 1982, 1999; Grunewald, Der Ausschluß aus Gesellschaft und Verein, München 1987, S. 77, Reichert/van Look (van Look), Handbuch des Vereinsrechts, Rdn. 1663).

Weil das Ausschlußverfahren am 18. Februar 2000 eröffnet worden und der Kläger am 4. März 2000 förmlich angehört worden ist, konnte er nicht darauf vertrauen, daß eine Sanktion nicht mehr erfolgt.

3.

Der Ausschließungsbeschluß ist auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht zu beanstanden.

a. Dabei schadet nicht, daß die Vereinssatzung selbst nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Mitglied ausgeschlossen werden kann.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Ausschluß rechtmäßig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Die Vereinsmitgliedschaft ist ein Dauerschuldverhältnis. Aus § 242 BGB ist insoweit der Grundsatz zu entwickeln, daß Dauerrechtsverhältnisse aus wichtigem Grund stets vorzeitig beendet werden können. Dieser Grundsatz ist auch im Vereinsrecht anzuwenden (OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 1276; LG Wiesbaden, SpuRt 1996, 64).

b. Der - unstreitige - Sachvortrag der Parteien rechtfertigt, den Kläger wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes auszuschließen.

aa. In materiell-rechtlicher Hinsicht kann vom Gericht auf Tatbestandsebene unbeschränkt nachgeprüft werden, ob ein wichtiger Grund gegeben ist (OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 1276; Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rdn. 1819; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rdn. 112; Soergel (Hadding), BGB, § 39 Rdn. 16).

Hinsichtlich der Bestimmung und der näheren Ausgestaltung des Vereinszwecks selbst ist der Beklagte durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützt (BVerfGE 30, 227 (241), NJW 1991, 2626; Sachs (Höfling), GG, 2. Auflage 2000, Art. 9 Rdn. 16), so daß das Gericht im Rahmen der verfassungsrechtlich geschützten Vereinsautonomie nicht seine Auffassungen an die Stelle des Vereins setzen kann.

Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn dem Verein der Fortbestand der Mitgliedschaft unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist (OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 1276; Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rdn. 1614.). Aus der allgemeinen Pflicht, den Vereinszweck zu fördern, ergibt sich auch die Pflicht, zweckstörende Handlungen zu unterlassen (Reichert/van Look (van Look), Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rdn. 1616.). Es ist jedes Verhalten zu unterlassen, das den Vereinszweck schädigt oder das Ansehen des Vereins beeinträchtigt.

bb. Das Verhalten des Klägers konnte unter Zugrundelegung des Vereinszwecks vom Beklagten als wichtiger Grund für einen Ausschluß angesehen werden.

Der Kläger hat durch die Annahme des 6. Dans den Ehrenkodex, und damit wesentliche Ziele des Beklagten, verletzt. Er hat damit die Regeln des Budosports aus der Sicht des Vereins nicht beachtet.

Nach § 2 Abs. 1 der Satzung besteht der Vereinszweck in der planmäßigen Pflege der Budosportarten. Die Vereinsmitglieder sind danach verpflichtet, die Regeln des Budosports zu beachten. Dies verbindet die Durchführung, Organisation und das Training sowie sportliche Wettkämpfe von Budosportarten.

Die Einhaltung des Ehrenkodexes hat für den Beklagten ein erhebliches Gewicht. Dies hat die mündliche Verhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben.

Der Ehrenkodex beinhaltet u. a., sich bei Vergabe von Dan-Graden und sonstigen Titeln an den angegebenen Richtlinien zu orientieren. Die Verleihung von Dan-Graden ist unmittelbar mit dem Vereinszweck verbunden. Ein Titel bzw. ein Dan-Grad symbolisiert die Fähigkeiten und läßt eine entsprechende Substanz und Kenntnis des Trägers vermuten. Die Budosportarten bezwecken, bestimmte Techniken und sportliche Fertigkeiten bei den Mitgliedern einzuüben. Die Dan-Grade lassen erkennen, wie weit der jeweilige Träger diesem Ziel und damit auch dem Vereinszweck nahegekommen ist. Die Ehrungen haben auch für die anderen, vor allem die jüngeren Mitglieder Vorbildfunktion.

Die Annahme des Klägers mit dem 6. Dan durch den israelischen Verband ITJF, der in Deutschland nach Angaben des Klägers nur rund 30 Mitglieder hat, widerspricht in krasser Weise den sonst üblichen Maßstäben, die in Deutschland an die Verleihung eines 6. Dans gestellt werden und die von den übergeordneten Verbänden, denen der Beklagte angehört, eingefordert werden. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der Ehrenordnung des Nordrhein-Westfälischen Dan Kollegiums e. V. (Bl. 37ff. d. A.), der Richtlinien für Dan-Grade (Bl. 39 d. A.) und der Grundsatzordnung für Kyu- und Dan-Grade in Nordrhein-Westfalen, (Bl. 114 d. A.). Dabei kann auch Bezug genommen werden auf die entsprechenden Regeln beim Budosport, da Tae Kwon Jitus dem Budosport zuzurechnen ist.

Für die Prüfungen bis zum 5. Dan sind zusammen regelmäßig 20 Jahre Vorbereitungszeit vorgesehen. Zwischen dem 5. und dem 6. Dan liegen regelmäßig wiederum mehrere Jahre. Höhere Dan-Grade werden regelmäßig nur verliehen, wenn der Empfänger bereits Träger des vorangegangenen Dan-Grades ist (vgl. Grundsatzordnung für Kyu- und Dan-Grade in Nordrhein-Westfalen (Bl. 114ff. d. A.). Im deutschen Judosport mit rund 300.000 Mitgliedern gibt es nur ca. 100 Mitglieder, die Träger des 6. Dans sind. Aufgrund der Verleihung eines 6. Dans erlangt dessen Träger in seinem Verein eine exponierte Stellung.

Der Kläger war vor Verleihung des 6. Dans im Tae Kwon Jitsu nur Träger des 1. Kup Tae Kwon Jitsu (Schülergrad), des 2. Dan im Judo und des 1. Dan in Jin Jitsu. Er war im Tae Kwon Jitsu noch Schüler des Trainers B.

Aufgrund der Verleihung des 6. Dans hat der Kläger fünf Dan-Grade übersprungen und damit letztendlich die sonst übliche Vorbereitungszeit von über 20 Jahren eingespart. Er ist vom Schüler des Trainers B zu einem hohen Ehrenträger geworden. Mit dem 6. Dan verbindet sich eine erhebliche sportliche und fachliche Kompetenz, die dem Kläger nach deutschen Maßstäben schon aufgrund der zeitlichen Verhältnisse nicht zukommen kann.

Die Ehrung ist bei den Mitgliedern des Beklagten auch allgemein bekannt geworden.

Hierdurch werden die von allen übrigen Mitgliedern erreichten Titel in ein krasses Mißverhältnis zu der Auszeichnung des Klägers gesetzt. Diese können sich gegenüber dem Kläger benachteiligt fühlen. Es besteht deswegen die Besorgnis, daß der Vereinsfrieden nachhaltig gestört wird. Dabei ist anhand des Gürtels, der bei sportlichen Wettkämpfen und Turnieren getragen wird, auch nicht zu erkennen, daß die Ehrung von einem in Deutschland nur rund 30 Mitglieder umfassenden ausländischen Verband vorgenommen worden ist.

Der Ausschluß verletzt auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er stellt für den Kläger keine besondere Härte dar. Der Kläger hat vor dem Senat erklärt, daß er an einer weiteren Mitgliedschaft bei dem Beklagten insbesondere aufgrund der Trainingsmöglichkeiten im klassischen Judo interessiert sei. Der Verlust dieser Trainingsmöglichkeiten stellt jedoch keine besondere Härte dar, da es dem Kläger möglich ist, einem anderen Judoclub beizutreten. Daß dem Kläger dies möglich ist, zeigt bereits seine rund einjährige Mitgliedschaft in dem Judoclub B 66.

c. Das Verfahren und die getroffene Entscheidung des Beklagten lassen Ermessensfehler nicht erkennen.

Welche Maßnahme der Beklagte wählt, wenn er einen wichtigen Grund annimmt, fällt aufgrund der nach Art. 9 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützten Vereinsautonomie in sein Ermessen (vgl. BGH, NJW 1997, 3368; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1994, 251 (252); Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rdn. 112; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, Rdn. 713). Daß die Entscheidung von sachfremden Motiven bestimmt gewesen ist, ist nicht erkennbar. Ermessensfehlerhaft ist insbesondere nicht, daß der Beklagte mit der schärfsten Maßnahme, dem Ausschluß aus dem Verein, reagiert hat. Die Annahme der Ehrung durch den Kläger ist als einmaliges vereinsschädigendes Verhalten so bedeutsam, daß deren Folgen auch durch eine zukünftige Verhaltensänderung, die der Kläger auch nicht beabsichtigt, nicht mehr behoben werden können.

4.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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