Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 8 U 170/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276
1.

Die von einem Anlagevermittler dem Anlageinteressenten vor dessen Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds geschuldete Informationserteilung über die wesentlichen tatsächlichen Umstände, die für die Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind, kann nur durch die Übergabe eines Prospekts erfüllt werden. Die Verletzung dieser Pflicht kann zu Schadensersatzansprüchen gegen den Vermittler führen.

2.

Ist streitig, ob ein Verkaufsprospekt übergeben wurde, trifft den Anlagevermittler die Beweislast für seine Behauptung, die Verpflichtung zur Übergabe des Prospekts erfüllt zu haben.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 170/02 OLG Hamm

Verkündet am 26. März 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hütte und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ebmeier

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 12.12.2001 abgeändert.

Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Münster vom 25. Januar 2001 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 9.254,38 € nebst 4 % Zinsen seit dem 31.08.2000 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der von dem Kläger übernommenen Kommanditanteile der EURO-Top Plus Albert-Fonds Nr. 1 KG in Höhe eines Zeichnungsbetrages von 15.000,00 DM.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Erwerb der vorgenannten Fondsanteile sowie aus dem Abschluß und der frühzeitigen Auflösung des Darlehensvertrages Nr. 20074861 bei der B-Bank AG entstehen wird.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Säumnis und der durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Münster entstandenen Kosten, die dem Kläger zur Last fallen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger fordert von der Beklagten Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen bei der Vermittlung von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds.

Aufgrund eines Verkaufsgesprächs, das der Zeuge A, mit ihm am 09.09.1998 im Auftrag der Beklagten in seiner Wohnung führte, trat der Kläger dem "EURO-Top Plus" Albert-Fonds Nr. 1 KG, einem geschlossenen Immobilienfonds, mit einer Zeichnungssumme von 15.000,00 DM zzgl. einer Courtage in Höhe von 750,00 DM bei. Wegen der Einzelheiten der Beitrittserklärung wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung (Bl. 18 GA) Bezug genommen. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger bei dieser Gelegenheit der Emissionsprospekt übergeben worden ist. Wegen des Inhalts dieses Prospekts wird auf das zu den beigezogenen Akten 2 O 489/00 LG Münster = 8 U 134/01 OLG Hamm gereichte Exemplar Bezug genommen.

Zur Finanzierung seines Beitritts zu dem Immobilienfonds schloß der Kläger einen Bausparvertrag über 18.000,00 DM bei der Heimstatt Bausparkasse ab und nahm ein Darlehen über einen Betrag in Höhe von 18.100,00 DM bei der B-Bank AG in Dresden auf. Die Kündigung des Darlehensvertrages sollte erst zum Ablauf der ersten Festzinsperiode nach 5 Jahren unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist möglich sein. Die Tilgung sollte über den Bausparvertrag in monatlichen Raten in Höhe von 117,00 DM erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den. Akten gereichten Ablichtungen dieser Verträge (Bl. 8, 9 GA) Bezug genommen. Der Kläger, der sich bei Abschluß der Verträge in einem befristeten Arbeitsverhältnis nach § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz befand, ließ mit Schreiben vom 24.09.1999 die Anfechtung aller Verträge gegenüber dem Zeugen A erklären und forderte diesen vergeblich auf, für die Rückabwicklung der Verträge zu sorgen, damit er ohne finanzielle Verluste aus der Sache herauskomme.

Mit seiner vor dem Landgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger den Zeugen A und die Beklagte auf Erstattung der für die Anlage gezahlten 18.100,00 DM in Anspruch genommen. Er hat hierzu behauptet, der Zeuge A habe ihm anläßlich des Verkaufsgesprächs vom 09.09.1998 keinen Prospekt übergeben. Ein solcher Prospekt habe bei dem Verkaufsgespräch auch nicht vorgelegen. Hätte er den Hinweis auf die Risiken der Anlage in dem Emissionsprospekt lesen können, hätte er von der Kapitalanlage Abstand genommen. Der Zeuge A so hat der Kläger gemeint, habe seine Unerfahrenheit ausgenutzt und ihn zum Abschluß der Verträge veranlaßt, obwohl die Kapitalanlage für ihn in der damaligen Situation wirtschaftlich ohne Interesse gewesen sei. Die Beratung sei unzureichend gewesen, wahrheitswidrig habe der Zeuge darüber hinaus erklärt, er, der Kläger, könne jederzeit ohne Verluste aus den Verträgen herauskommen. Tatsächlich sei dies nicht der Fall. Es sei für ihn ein wirtschaftliches Fiasko zu erwarten.

Durch Versäumnisurteil vom 25.01.2001 hat das Landgericht Münster die gegen die Beklagte und den Zeugen A gerichtete Klage abgewiesen. Nachdem der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte, hat das Landgericht Münster den gegen die Beklagte gerichteten Rechtsstreit abgetrennt und an das Landgericht Dortmund verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Münster vom 25.01.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.100,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seitdem 08.10.1999 zu zahlen.

Hilfsweise hat er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die von ihm übernommenen Anteilsscheine der EURO Top Plus Albert-Fonds Nr. 1 KG in Höhe eines Zeichnungsbetrages von 15.000,00 DM Zug um Zug gegen Erstattung des gezahlten Betrages in Höhe von 18.100,00 DM nebst der mit einer frühzeitigen Darlehensauflösung des Darlehensvertrages bei der B Bank AG verbundenen Zinszahlung (Darlehensvertrag-Nr. 20074861) in noch zu berechnender Höhe zurückzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Münster vom 25.01.2001 aufrechtzuerhalten.

Sie hat die behaupteten Pflichtverletzungen des Zeugen A, der als freier Handelsvertreter für sie tätig gewesen sei, in Abrede gestellt. Dem Kläger, so hat sie behauptet, sei am 09.09.1998 der Verkaufsprospekt überreicht worden. Der Zeuge A habe dem Kläger auch anhand des Prospektes den vermittelten Fonds erläutert, so daß dem Kläger bekannt gewesen sei, unter welchen Umständen die Kapitalanlage für ihn geeignet gewesen sei. Aufgrund der Aussagen des Klägers sei der Zeuge A davon ausgegangen, daß dieser über ein hohes Einkommen verfügt habe und somit auch eine hohe Steuerbelastung gehabt habe. Die Beklagte hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen J K D und A. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 25.09.2001 (Bl. 131 ff. GA) und vom 19.11.2001 (Bl. 147 ff. GA) Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens sowie wegen der Begründung der Entscheidung Bezug genommen wird, hat das Landgericht das Versäumnisurteil des Landgerichts Münster vom 25.01.2001 aufrechterhalten. Es hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers nicht für begründet gehalten, da dieser nicht habe beweisen können, daß der Zeuge A die ihm obliegenden Pflichten aus dem Auskunftsvertrag verletzt habe.

Dieses Urteil greift der Kläger mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung an, mit der er seinen Zahlungsanspruch weiterverfolgt und zusätzlich Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle weiteren Schäden begehrt. Er wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und meint, die Zeugen J K und S D hätten glaubhaft seine Darstellung bestätigt, während die Aussage des Zeugen A, der das Landgericht gefolgt sei, wegen Widersprüchen sowie wegen eines erheblichen Eigeninteresses des Zeugen nicht glaubhaft sei. Insbesondere habe der Zeuge A entgegen dem Wortlaut der Beitrittserklärung einen Angebotsprospekt der EURO-Top Plus Albert-Fonds Nr. 1 KG nicht ausgehändigt. Dies habe der Zeuge in einem Gespräch vom 16.08.1999 den Zeugen J K, und D bestätigt. Der Fonds habe sich in der Vergangenheit auch als wirtschaftlich nicht vorteilhaft erwiesen. Ausweislich des Protokolls über die ordentliche Gesellschafterversammlung vom 08.12.2001 hätten sich im Jahre 1998 Verluste in Höhe von 1.655.761,55 DM, im Jahr 1999 Verluste von 831.930,29 DM und im Jahre 2000 ein Verlust von 373.963,21 DM ergeben. Eventuelle Steuervorteile, die er im ersten Jahr gehabt habe, seien im Wege der Vorteilsausgleichung nicht anzurechnen.

Der Kläger beantragt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung,

1. das Versäumnisurteil des Landgerichts Münster vom 25.01.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.100,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 08.10.1999 zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die von ihm übernommenen Anteilsscheine der EURO-Top Plus Albert-Fonds Nr. 1 KG in Höhe eines Zeichnungsbetrages von 15.000,00 DM Zug um Zug gegen Erstattung des gezahlten Betrages von 18.100,00 DM nebst der mit einer frühzeitigen Darlehensauflösung des Darlehensverträges der B-Bank AG verbundenen Zinszahlung (Darlehensvertrag-Nr. 20074861) in noch zu berechnender Höhe zurückzunehmen,

2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm jedweden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Erwerb der unter 1) genannten Fondsanteile sowie des Abschlusses und der frühzeitigen Auflösung des Darlehensvertrages Nr. 20074861 bei der B-Bank entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil und meint, es fehle bereits an einer Haftungsgrundlage. § 20 KAGG scheide für die hier gegebene Fallgestaltung aus, ein Beratungsvertrag oder ein beratungsähnliches Verhältnis sei zwischen den Parteien nicht begründet worden. Zudem sei die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Daß der Kläger einen Prospekt erhalten habe, ergebe sich bereits aus seiner Quittung vom 09.09.1998.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Akten des Parallelverfahrens 2 O 489/00 LG Münster = 8 U 134/01 OLG Hamm zu Informationszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache im wesentlichen Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die Vermittlung der Anteile an dem geschlossenen Immobilienfonds "EURO-Top Plus" Albert-Fonds Nr. 1 KG entstanden ist. In Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ist deshalb das mit dem Klageantrag zu 1) verfolgte Zahlungsbegehren ebenso begründet wie der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle weiteren Schäden.

I.

Die Schadensersatzpflicht der Beklagten beruht auf der schuldhaften Verletzung eines Auskunftsvertrages zwischen den Parteien.

1.

Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, daß er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGH NJW-RR 1993, 1114; NJW 2002, 2641, 2643; Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 45 Rdn. 5). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Zeuge A hat den insofern gänzlich unkundigen Kläger über die Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds informiert, wenn auch möglicherweise unzureichend. Diese Informationen waren für den Kläger maßgeblich für seine Entscheidung, die Kapitalanlage zu zeichnen. Dadurch ist konkludent ein Auskunftsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten, vertreten durch den Zeugen A als Erfüllungsgehilfen, zustandegekommen.

Soweit die Beklagte sich im Berufungsverfahren gegen die Annahme eines Beratungsvertrages zwischen den Parteien wendet, ist dies unerheblich. Es kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß der Zeuge A eine Anlageberatung, das ist die fachkundige Bewertung und Beurteilung der Vermögensanfage, nicht vorgenommen hat. Bereits ein zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zustandegekommener Auskunftsvertrag verpflichtet den Vermittler nämlich zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH NJW 2002, 2641, 2642). Die Verletzung dieser Informationspflicht im Rahmen der Anlagevermittlung führt zur Haftung des Anlagevermittlers.

2.

Der Zeuge A hat die der Beklagten obliegende Pflicht zu richtiger und vollständiger Information über die wesentlichen tatsächlichen Umstände dadurch verletzt, daß er dem Kläger vor dessen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfonds keinen Emissionsprospekt überlassen hat. Für das Fehlverhalten des Zeugen A haftet die Beklagte selbst dann, wenn der Zeuge formal als selbständiger Handelsvertreter für sie tätig geworden sein sollte (vgl. Baumbach-Hopt, HGB, 30. Aufl., § 85 Rdn. 55).

a)

Die von der Beklagten als Anlagevermittlerin geschuldeten Informationen über die wesentlichen tatsächlichen Umstände, die für die Anlageentscheidung maßgeblich waren, konnten nur durch die Übergabe eines Emissionsprospekts erfüllt werden. Zwar ist eine Prospektübergabeverpflichtung anders als etwa in § 19 Abs. 1 KAGG für Kapitalanlagegesellschaften bei geschlossenen Immobilienfonds nicht gesetzlich normiert. Gleichwohl ergibt sich die Verpflichtung zur schriftlichen Informationserteilung vor Vertragsschluß daraus, daß eine bloß mündliche Information wenn nicht unmöglich, zumindest aber unzureichend ist. Angesichts der Fülle von Informationen, die bei einer Kapitalanlage in einem geschlossenen Immobilienfonds von Bedeutung sind, z.B. Lage, Größe und Ausstattung des Objekts, Kosten der Errichtung, bestehende und geplante Mietverhältnisse, Mietgarantien, kalkulierte Renditen, handelnde Personen und deren eventuelle Verflechtungen, gesellschaftsrechtliche Grundlagen etc. (vgl. etwa BGH NJW 1995, 130) lassen sich diese mündlich in einem Verkaufsgespräch nicht sachgerecht vermitteln, zumal gegenüber einem geschäftsunerfahrenen Interessenten. Hier bedarf es einer geordneten Zusammenstellung in Form eines schriftlichen Prospekts. Der Interessent muß zudem die Gelegenheit haben, die Informationen in Ruhe zur Kenntnis zu nehmen, sie zu prüfen und dann seine Entscheidung zu treffen, was in einem Gespräch regelmäßig nicht möglich ist.

Das Erfordernis, dem Interessenten vor Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds einen Emissionsprospekt zu übergeben, wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen.

b)

Der Senat geht davon aus, daß die Beklagte ihrer vorgenannten Verpflichtung nicht gerecht geworden ist, da sie nicht hat beweisen können, daß der Zeuge A dem Kläger anläßlich des Verkaufsgesprächs vom 09.09.1998 einen Prospekt überreicht hat.

aa)

Die Beweislast, ihre Pflicht zur Übergabe des Prospekts erfüllt zu haben, trifft hier die Beklagte. Zwar wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Frage der Beweislast bei Streit darüber, ob Auskunfts- oder Beratungspflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt worden sind, nicht einheitlich beurteilt. So hat der BGH hinsichtlich einer Verletzung der aus § 666 BGB folgenden Mitteilungspflicht ausgeführt, grundsätzlich habe der Auftraggeber zwar die Pflichtverletzung des Beauftragten zu beweisen, gehe es jedoch um die Frage, ob der Schuldner eine ihm obliegende vertragliche Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt hat, treffe den Schuldner die Beweislast für die Erfüllung oder rechtzeitige Erfüllung (BGH NJW 1993, 1704, 1706; für die Beweislast des Beraters, ordentlich erfüllt zu haben, auch Baumbach/Hopt, a.a.O., § 347 Rdn. 37). Andererseits hat der BGH in einem Fall unzureichender anwaltlicher Beratung ausgeführt, den Auftraggeber treffe die Beweislast für das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Belehrung oder Beratung, der Anwalt müsse jedoch substantiiert den Gang der Besprechung im einzelnen schildern (BGH NJW 1987, 1322, 1323).

Der Senat kann offen lassen, ob bei der Behauptung unzutreffender Informationserteilung durch einen Anlagevermittler grundsätzlich diesen die Beweislast trifft, ordnungsgemäß informiert zu haben. Diese Beweislastverteilung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Streit die Übergabe eines Prospekts über die in Aussicht genommene Kapitalanlage betrifft. Der Beweis, einen körperlichen Gegenstand übergeben zu haben, läßt sich unschwer führen, wenn der Anlagevermittler diese Tatsache quittieren läßt, was in bezug auf den Inhalt eines eventuell längeren Gesprächs problematisch erscheint. Liegt die geltend gemachte Pflichtverletzung also in der unterlassenen Übergabe, ist es nicht nur interessengerecht, eine an § 362 BGB orientierte Beweislastverteilung vorzunehmen; dies entspricht nach Auffassung des Senats auch dem System der gesetzlich geregelten Beweislast.

bb)

Die Beklagte hat den danach ihr obliegenden Beweis, dem Kläger einen Prospekt übergeben zu haben, nicht zu führen vermocht.

Ohne Erfolg beruft sie sich darauf, daß der Kläger den Erhalt des Prospekts in seiner Beitrittserklärung quittiert hat. Zwar ist richtig, daß der Beklagte unter Ziffer 4 des Beitrittserklärungsformulars (Bl. 18 GA) bestätigt hat, den Angebotsprospekt erhalten, von dem Inhalt Kenntnis genommen und alles verstanden zu haben. Dieses Empfangsbekenntnis verstößt jedoch gegen § 11 Nr. 15 b AGBG und ist deshalb unwirksam. Es handelt sich um eine formularmäßige Erklärung, die dem AGB-Gesetz unterfällt. Nach § 11 Nr. 15 b AGBG sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, indem er den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen läßt. Dieser Beurteilung steht auch nicht § 11 Nr. 15 b S. 2 AGBG entgegen, wonach diese Regelung nicht gilt für gesondert unterschriebene Empfangsbekenntnisse. Dazu wäre erforderlich, daß der Kläger das Empfangsbekenntnis nicht nur gesondert unterschrieben hätte, sondern dieses vom übrigen Text besonders abgesetzt gewesen wäre und keine anderen Erklärungen enthalten hätte (Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., § 11 AGBG Rdn. 93). Das ist jedoch bei Ziffer 4 der Beitrittserklärung nicht der Fall. Das Empfangsbekenntnis ist ohne besondere Hervorhebung in einen anderen Text eingebunden, der mit "Vertragsannahme" überschrieben worden ist und in erster Linie einen Vermittlungsauftrag an die G mbH, Essen, enthält.

Der Beweis der Übergabe des Prospekts ist auch nicht durch die Aussage des Zeugen A gelungen.

Zwar hat der Zeuge vor dem Landgericht bestätigt, den Prospekt übergeben zu haben. Er hat diese Aussage sogar beeidet. Andererseits haben sowohl die Zeugin D als auch der Zeuge J K bekundet, der Zeuge A habe ihnen gegenüber eingeräumt, dem Kläger keinen Prospekt übergeben zu haben, so die Zeugin D oder es könne gut sein, daß der Kläger keinen Prospekt bekommen habe. Diese Aussagen lassen sich mit derjenigen des Zeugen A nicht in Einklang bringen. Der Senat hat auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Aussage des Zeugen A der Vorzug zu geben ist. Selbst wenn es sich bei dem Zeugen J K um den Bruder des Klägers handelt und dies den Zeugen möglicherweise veranlaßt haben könnte, eine zugunsten des Klägers gefärbte Aussage zu machen, trifft dies auf die Zeugin D nicht zu. Hinzu kommt, daß der Zeuge A in dem vor dem Senat anhängigen Verfahren 8 U 134/01 auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen wird und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, daß er bei seiner Aussage von eigenen wirtschaftlichen Interessen geleitet worden ist. Auch das Landgericht hat, wenn auch unter anderen Vorzeichen, der Beweisaufnahme ein non liquet entnommen. Der Senat sieht keine Veranlassung, die Zeugen, deren Aussagen ausführlich protokolliert worden sind, erneut zu vernehmen, zumal eine vom Landgericht abweichende Würdigung des Aussageinhalts oder der Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht vorgenommen wird. Auch die Beklagte trägt nicht vor, daß etwa allein dem Zeugen A Glauben zu schenken ist; vielmehr sei die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden, das von einem non liquet ausgegangen ist.

II.

Die pflichtwidrig unterlassene Übergabe eines Prospektes ist auch kausal für den Beitritt des Klägers zu dem geschlossenen Immobilienfonds geworden und hat den Schaden verursacht, dessen Ausgleich der Kläger begehrt.

Nach der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, entspricht es der Lebenserfahrung, daß ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH NJW 1992, 3296; 2000, 3346, 3347). Dieser Grundsatz ist auch auf die pflichtwidrig unterlassene Übergabe eines Prospekts anzuwenden, zumal der Prospekt hier deutliche Warnhinweise enthielt. Der Kläger hat im Senatstermin vom 13. Februar 2002 im Parallelverfahren 8 U 134/01 auch ausdrücklich erklärt, er hätte einen Prospekt, wenn er ihn denn erhalten hätte, übers Wochenende behalten und gelesen, bevor er sich entschieden hätte (Bl. 183 BA).

Durch den Beitritt zu dem Fonds ist dem Kläger auch ein Vermögensschaden entstanden. Die Anlage hat sich deutlich schlechter entwickelt, als dies im Projekt prognostiziert worden war, wie den Prognosen im Prospekt (Seite 10 f.) einerseits und den Angaben in der Gesellschafterversammlung der KG vom 18.12.2001 (Protokoll Bl. 215 ff. GA) andererseits entnommen werden kann. So bleiben sowohl die Mieteinnahmen als auch die Zinseinnahmen deutlich hinter den Prognosen zurück. Auch das wirtschaftliche Gesamtergebnis stellt sich in der Realität deutlich schlechter dar als nach den Prognosen. Nach den Zahlen im Prospekt sollten Ausschüttungen erfolgen, und zwar im Jahre 1998 in Höhe von 178.500,00 DM und in den Jahren 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 357.000,00 DM. Tatsächlich sind Verluste eingetreten, und zwar im Jahre 1998 in Höhe von 1.655.761,55 DM, im Jahre 1999 in Höhe von 834.930,29 DM und im Jahr 2000 in Höhe von 373.963,21 DM. Die tatsächliche Gegenleistung entspricht damit nicht dem Wert der Anteile, wie er zum Vertragsschluß angenommen werden konnte.

Der ersatzpflichtige Schaden besteht danach mindestens in der Erstattung des an die B-Bank AG zurückzuzahlenden Darlehensbetrages, der zur Finanzierung der Anlage aufgewandt wurde. Das sind 18.100,00 DM = 9.254,38 €. Wie der Kläger selbst bereits in seinem Hilfsantrag sinngemäß zum Ausdruck gebracht hat, besteht der Zahlungsanspruch lediglich Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsanteile. Darüber hinaus ist dem Kläger ein weiterer Schaden entstanden, der Gegenstand des Feststellungsantrages ist. So hat er bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens Vorfälligkeitszinsen zu zahlen, deren Erstattung die Beklagte im Rahmen des Schadensersatzes ebenfalls schuldet.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht um eventuelle Steuervorteile im Wege der Vorteilsausgleichung zu mindern. Zwar gehören grundsätzlich infolge der Schädigung ersparte Steuern zu den Vorteilen, die sich der Geschädigte auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen muß (BGH NJW 1984, 2524). Als Mitunternehmer muß der Kläger jedoch den zu zahlenden Schadensersatzanspruch wiederum als Einkommen versteuern. Unter diesen Umständen ist eine exakte Gegenüberstellung von Steuervorteilen in der Vergangenheit und der künftig auftretenden Steuerlast im Hinblick auf § 287 ZPO nicht erforderlich (BGH a.a.O.); vgl. ferner BGH NJW 1994, 1864, 1866).

III.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Für die hier in Rede stehende Forderung gilt die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F.

IV.

Der Zinsanspruch ist erst ab Rechtshängigkeit, das ist der 31.08.2000, begründet. Soweit der Kläger Zinsen seit dem 08.10.1999 verlangt, ist sein Vortrag unzureichend. Dem Vorbringen in der Klageschrift (Bl. 6 GA) läßt sich nicht entnehmen, wann die Beklagte zu 2) jegliche Haftung abgelehnt und dadurch in Verzug geraten ist.

Dem Zinsanspruch steht nicht das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten entgegen, da diese sich insoweit in Annahmeverzug befindet.

V.

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 92 Abs. 2, 281 Abs. 3 S. 2, 344 ZPO.

Soweit der Klageantrag zu 1) nur mit der Einschränkung einer Zug-um-Zug-Verurteilung Erfolg hatte, führt dies nicht zu Kostennachteilen des Klägers. Durch den Hilfsantrag hat er hinreichend zum Ausdruck gebracht, zur Abtretung der Fondsanteile an die Beklagte bereit zu sein, so daß bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Teilunterliegen gegeben ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat im Hinblick auf § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Revision zugelassen. Insbesondere wegen der Frage der Beweislast erscheint eine Entscheidung des Revisionsgerichts sinnvoll.

Ende der Entscheidung

Zurück