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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.09.2001
Aktenzeichen: 8 U 180/00
Rechtsgebiete: ZPO, HGB, BGB
Vorschriften:
ZPO § 513 Abs. 2 S. 1 | |
ZPO § 700 I | |
ZPO § 331 I | |
ZPO § 513 II | |
ZPO § 92 II | |
ZPO § 344 ZPO | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
HGB § 128 | |
HGB § 110 | |
BGB § 426 | |
BGB § 826 |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
8 U 180/00 OLG Hamm
Verkündet am 10. September 2001
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht Reinken, Betz und Lehmann
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06. Oktober 2000 verkündete 2. Versäumnisurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg unter teilweiser Abänderung des Versäumnisurteils des Senats vom 25. April 2001 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 27. Januar 2000 - AZ: 99-2521600-09-N - wird verworfen, soweit der Beklagte zur Zahlung von 46.811,01 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Januar 2000 und zur Tragung der im Vollstreckungsbescheid ausgewiesenen Kosten verurteilt worden ist.
Im übrigen werden der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die weiteren Kosten 1. Instanz.
Im übrigen bleibt das Versäumnisurteil des Senats aufrechterhalten.
Der Beklagte trägt die weiteren Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert keine Partei um mehr als 60.000,00 DM.
Tatbestand:
Der Beklagte greift mit der Berufung ein 2. Versäumnisurteil an, mit dem er zur Zahlung von 49.474,04 DM verurteilt worden ist.
Die Parteien waren mit einem weiteren Mitgesellschafter R Gesellschafter einer OHG.
Die OHG unterhielt ein Konto bei der Sparkasse St, das im Dezember 1994 mit 416.437,13 DM im Soll stand. Die OHG wurde von der Sparkasse zum Ausgleich des Kontos aufgefordert.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Vollstreckungsbescheid vom 27.01.2000 in Höhe von 49.474,04 DM erwirkt, gegen den der Beklagte am 08.02.2000 Einspruch eingelegt hat.
Der Kläger hat seinen Anspruch sodann wie folgt begründet:
Er hat behauptet, die OHG sei vermögenslos gewesen. Sie habe keinerlei geschäftliche Tätigkeit mehr ausgeübt und unmittelbar vor ihrer Auflösung gestanden. Der Sollstand habe zuletzt 429.566,99 DM betragen und sei von ihm und dem Mitgesellschafter R ausgeglichen worden. Er habe am 30.03.1995 eine Zahlung ihn Höhe von 190.000,00 DM zum Kontoausgleich geleistet. Der Beklagte habe nur 44.240,92 DM zum Ausgleich des Kontos beigetragen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Einspruch des säumigen Beklagten zu verwerfen.
Das Landgericht hat antragsgemäß ein 2.Versäumnisurteil erlassen.
Mit der Berufung hat der Beklagte geltend gemacht, die Klage sei im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch unschlüssig gewesen
Die Sparkasse habe lediglich die OHG aufgefordert, das Konto auszugleichen; eine Inanspruchnahme des Klägers gemäß § 128 HGB sei nicht behauptet worden. Selbst wenn er nach § 128 HGB in Anspruch genommen worden wäre, könne der Kläger nur die OHG gemäß § 110 HGB, nicht aber die Mitgesellschafter in Anspruch nehmen. Die Voraussetzungen eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB seien nicht schlüssig dargelegt.
Ferner hat sich der Beklagte auf § 826 BGB berufen und geltend gemacht, dem Kläger sei in einem Vorprozeß 4 C 168/99 AG Menden - 5 S 260/99 LG Arnsberg klargemacht worden, daß er keine Ansprüche gegen ihn, den Beklagten, habe. Wenn er gleichwohl versuche, in Kenntnis der materiellen Unrichtigkeit über das Versäumnisurteil einen Vollstreckungstitel zu erwerben, handele er sittenwidrig.
Schließlich hat der Beklagte die Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs bestritten.
Der Beklagte hat in seiner Berufungsbegründung vom 15.01.2001 den Antrag angekündigt,
unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids vom 27.01.2000 und des angefochtenen 2. Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2001 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung des säumigen Beklagten gegen das 2. Versäumnisurteil des Landgerichts Arnsberg zurückgewiesen.
Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 25. April 2001 nach dem Antrag der Berufungsbegründung vom 15. Januar 2001 zu entscheiden.
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil vom 25.04.2001 aufrechtzuerhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
I. Eine Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil, durch das ein Einspruch gegen ein aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenes Versäurnnisurteil verworfen wird, kann grundsätzlich nicht auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage gestützt werden.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn mit dem zweiten Versäumnisurteil ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verworfen wurde, der gemäß § 700 I ZPO einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichgestellt ist. Ist der Beklagte in einer mündlichen Verhandlung über seinen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid säumig, darf sein Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid nur dann verworfen werden, wenn die in § 331 I, II Halbs.1 ZPO bestimmten Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Versäumnisurteil vorlagen. Die Prüfung der Schlüssigkeit der Klage ist in dem zur mündlichen Verhandlung bestimmten Termin trotz Säumnis des Beklagten nachzuholen, da eine richterliche Prüfung der vollstreckbaren Entscheidung bislang noch nicht stattgefunden hat. Führt die Prüfung zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen für den Erlaß eines Versäumnisurteils nicht vorliegen, ist der Vollstreckungsbescheid trotz der Säumnis des Beklagten aufzuheben (BGH, Beschluß vom 06.05.1999 - VZB 1/99 - in NJW 1999, S.2599).
In einem solchen Fall ist auch die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil, durch das ein Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verworfen worden ist, trotz der in § 513 II ZPO aufgeführten Beschränkungen mit der Begründung zulässig, daß mangels Schlüssigkeit der Klage die Voraussetungen für den Erlaß eines Vollstreckungsbescheids nicht vorgelegen haben (vgl. BGH, aaO. m.w.N.).
II. Die Berufung ist danach begründet, soweit in dem Vollstreckungsbescheid mehr als 46.811,01 DM nebst anteiliger Zinsen tituliert worden sind.
Im übrigen ist die Berufung unbegründet.
1) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, eine Ausgleichsforderung des Klägers bestehe schon dem Grunde nach nicht.
Zwar können während einer bestehenden Gesellschaft die Gesellschafter in aller Regel keinen Ausgleich von den Mitgesellschaftern verlangen. Eine Ausnahme wurde jedoch stets dann angenommen, wenn ein Gesellschafter von einem Gesellschaftsgläubiger auf Zahlung einer Gesellschaftsschuld in Anspruch genommen worden war und bei der Gesellschaft keinen Ersatz erlangen konnte; für diesen Fall wurde ein Ausgleichsanspruch gegen die Mitgesellschafter pro rata bereits während der Gesellschaftsdauer bejaht (so Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 3. Aufl., § 707 Rn.3). Aber auch, wenn ein Gesellschafter einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt hatte, dem alle übrigen Gesellschafter gesamtschuldnerisch hafteten, hat die Rechtsprechung einen Ausgleichsanspruch unabhängig davon gewährt, ob der zahlende Gesellschafter von dem Gläubiger in Anspruch genommen worden war oder ob er damit die Verwertung von ihm gestellter Sicherheiten abgewendet hatte (so BGH, Urteil vom 02.07.1979 - II ZR 132/78 in NJW 1980, S.339). Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
Der Kläger hat schlüssig behauptet, zusammen mit dem Mitgesellschafter R für die vermögenslose OHG deren Schulden bei der Sparkasse ausgeglichen zu haben. In Höhe der von ihm geleisteten Zahlungen kann der Kläger daher nach seinem eigenen Vortrag pro rata Ersatz verlangen.
Mit seinen Einwendungen aus dem Vorprozeß 4 C 168/99 AG Menden = 5 S 260/99 LG Arnsberg, wonach der Kläger keine Ansprüche gegen ihn haben soll, hat der Beklagte in dem Berufungsverfahren gegen das zweite Versäumnisurteil keinen Erfolg. Der Beklagte kann im Berufungsverfahren nach der eingangs zitierten Rechtsprechung nur die Unschlüssigkeit der Klage geltend machen, und seine Berufung kann nur insoweit Erfolg haben, als die erste Instanz die Schlüssigkeit der Klage nicht geprüft oder zu Unrecht bejaht hat. Andernfalls würden das zweite Versäumnisurteil und § 513 II ZPO ad absurdum geführt.
2) Erfolgreich ist die Berufung jedoch teilweise insoweit, als sie sich gegen die Höhe des geltend gemachten Anspruchs richtet.
Es ist davon auszugehen, daß der Kläger den Kontostand des Kreditkontos bei der Sparkasse mit zuletzt - 429.566,99 DM behauptet hat. Folgerichtig errechnet der Kläger einen gesamtschuldnerischen Anteil eines jeden Gesellschafters in Höhe von 143.188,99 DM (429.566,99 : 3). Von diesem Betrag bringt er die Zahlung des Beklagten in Höhe von 44.240,92 DM in Abzug und errechnet so die Klageforderung von 49.474,03 DM (98.948,0 : 2).
Da aber auch der Kläger nach seinem eigenen Verständnis 143.188,99 DM zu tragen hatte, hingegen 190.000,00 DM gezahlt haben will, hat er nur 46.811,01 DM zuviel gezahlt. Lediglich diese Differenz, nicht aber die geltend gemachten 49.474,03 DM, sind schlüssig dargelegt. In Höhe der Differenz zwischen 49.474,03 DM und 46.811,01 DM ist die Berufung begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 II, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Ende der Entscheidung
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