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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: 8 U 201/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 398
BGB § 401
BGB § 717
1. Ansprüche auf Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen und auf Fertigung einer Abschichtungsbilanz zur Vorbereitung der Geltendmachung eines Auseinandersetzungsanspruchs nach aufgelöster GbR können nicht abgetreten werden. Dem steht entgegen, dass mit Ausnahme der in § 717 S. 2 BGB genannten Rechte aus der Mitgliedschaft fließende Rechte unübertragbar sind.

2. Dies gilt auch für den Fall, dass die Gesellschaft durch Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern beendet worden und das Gesellschaftsvermögen auf den verbliebenen Gesellschafter übergegangen ist. Aus der Struktur der Gesellschaft mit enger persönlicher Bindung zwischen den Gesellschaftern folgt, dass ohne Zustimmung der Gesellschafter außenstehenden Dritten keine weitgehenden Einsichtsrechte in die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft zu gewähren sind.

3. Erfolgt nur eine betragsmäßig begrenzte Abtretung, während die Rechte im Übrigen bei dem Zedenten verbleiben, ist diese auch deshalb unwirksam, weil sich daraus unzumutbare Nachteile für den Schuldner ergeben können. Da die Hilfsrechte nicht teilbar sind, würden sich die Pflichten des Schuldners verdoppeln, der sich zudem mehreren Gläubigern wegen derselben Forderung ausgesetzt sähe.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 201/05 OLG Hamm

Verkündet am 24. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer I des Landgerichts Detmold vom 31. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Beklagte und Herr Hans-Jürgen I betrieben gemeinsam ein Fitnessstudio in der Form einer GbR. Nach Kündigung der Gesellschaft führte der Beklagte den Geschäftsbetrieb allein weiter. Herr I nahm ihn in dem Rechtsstreit 1 O 330/00 vor dem Landgericht Detmold im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Zahlung eines Abfindungsguthabens in Anspruch. Durch Anerkenntnisteilurteile vom 3. 3. 2003 und 2. 5. 2003 wurde der Beklagte verurteilt, Herrn I Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu gewähren und eine Abschichtungs- und Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen.

Der Kläger behauptet, Herr I habe ihm am 30. 3. 2004 zur Sicherung von Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 8.100 € seine Ansprüche gegen den Beklagten aus der Auseinandersetzung der GbR abgetreten. Am 20. 6. 2004 verstarb Herr I. Zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung aus den ihm abgetretenen Rechten begehrt der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit die Feststellung, dass er hinsichtlich der in den Teilanerkenntnisurteilen im Verfahren 1 O 330/00 LG Detmold titulierten Ansprüche Rechtsnachfolger des Herrn I geworden sei. Weiterhin strebt er die Erteilung entsprechender Klauseln zur Zwangsvollstreckung an.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger hinsichtlich der Rechte, die Gegenstand der Anerkenntnisteilurteile des Landgerichts Detmold vom 3. März 2003 und 2. Mai 2003 (1 O 330/00) sind, nicht Rechtsnachfolger des Herrn I geworden ist.

1.

Sowohl die begehrte Feststellung der Rechtsnachfolge als auch die beantragte Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO setzen voraus, dass der Kläger hinsichtlich der in den genannten Anerkenntnisteilurteilen titulierten Ansprüche Rechtsnachfolger des Titelgläubigers I geworden ist. Insoweit stützt sich der Kläger auf drei Abtretungsvereinbarungen vom 30. März 2004 (Bl. 11 - 13 GA). Diese Abtretungen rechtfertigen jedoch nicht das Klagebegehren. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vorgelegten Urkunden die Unterschrift des später verstorbenen Zedenten I tragen, was der Beklagte bestreitet, ob es sich um drei unabhängig voneinander bestehende eigenständige Abtretungserklärungen in Höhe von je 2.700,00 € und nicht lediglich um drei Urkunden betreffend eine Abtretung handelt und ob die geltend gemachten Nebenrechte (Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen, Erstellung einer Abschichtungs- und Auseinandersetzungsbilanz) unmittelbar von der Abtretung erfasst werden. Die genannten Rechte sind nämlich weder unmittelbar aufgrund der Abtretungserklärung noch als Nebenrechte gem. § 401 BGB auf den Kläger übergegangen, weil sie jedenfalls nach der vorliegenden Fallgestaltung nicht isoliert abtretbar waren.

2.

Der Abtretbarkeit der geltend gemachten Rechte auf Einsichtnahme und Erstellung einer Abschichtungsbilanz und damit auch einem Übergang nach § 401 BGB steht entgegen, dass der Zedent die ihm zustehenden Rechte nur zum Teil an den Kläger abgetreten hat. Die Abtretungen sind nach Darstellung des Klägers begrenzt auf einen Höchstbetrag von 8.100,00 €; im Übrigen ist der Anspruch auf Zahlung eines Abfindungs- bzw. Auseinandersetzungsguthabens beim Zedenten verblieben. Die Übertragung der Hilfsrechte auf den Zessionar hätte unter diesen Umständen zur Folge, dass sie faktisch verdoppelt würden und der Schuldner der Inanspruchnahme durch nunmehr zwei Gläubiger ausgesetzt wäre. Anders als etwa Sicherungsrechte kann der Anspruch auf Auskunft, Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen oder Erstellung einer Abfindungsbilanz nicht betragsmäßig geteilt und der Höhe der Hauptforderung angepasst werden. Unabhängig von der Höhe der Hauptforderung können diese Rechte nur im Ganzen geltend gemacht und erfüllt werden. Die Verdoppelung der Verpflichtung des Schuldners, die bei mehrfacher Teilabtretung an unterschiedliche Zessionare sogar zu einer Vervielfachung seiner Pflichten führen kann, ist nicht zumutbar mit der Folge, dass eine Teilabtretung rechtlich unzulässig ist.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der dem Schuldner entstehende zusätzliche Aufwand unter Umständen lediglich geringfügig sein kann. Dies ändert nichts daran, dass er sich gegen seinen Willen mit mehreren Anspruchstellern auseinanderzusetzen hat und seine Rechte ggf. in mehreren Rechtsstreiten durchsetzen muss. All dies kann mit erheblichen Erschwernissen verbunden sein, die es auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht zulassen, eine Vervielfachung der Pflichten und der Zahl der Anspruchsteller für den Schuldner zu akzeptieren.

3.

Die aus den in Rede stehenden Anerkenntnisteilurteilen folgenden Rechte sind auch deshalb auf den Kläger nicht wirksam übertragen worden, weil dies gesellschaftsrechtlichen Regeln widerspricht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

Nach § 717 S. 1 BGB sind einzelne aus der Mitgliedschaft fließende Rechte unübertragbar. Dazu zählen die individuellen Vermögens- und Verwaltungsrechte der Gesellschafter (Ulmer, GbR, 4. Aufl. § 717 Rdn. 3). Von diesem Grundsatz ausgenommen sind nach § 717 S. 2 BGB lediglich bestimmte Vermögensrechte, nämlich Ansprüche auf den Gewinnanteil oder das Auseinandersetzungsguthaben. Dies beruht auf der Annahme, dass es sich um von der Mitgliedschaft trennbare reine Zahlungsansprüche handelt, die auch unbedenklich von Dritten geltend gemacht werden können. Nach ganz einhelliger Auffassung zählen zu den Ansprüchen auf das Auseinandersetzungsguthaben nicht die auf die Geltendmachung gerichteten oder diese erleichternden Verwaltungs- und Kontrollrechte, die im Fall der Abtretung bei dem Zedenten verbleiben (RGZ 90, 19, 20; BGH WM 1981, 648, 649; Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 4. Aufl. § 717 Rdn. 3, 40; Staudinger-Busche, § 401 Rdn. 34). Gesellschaftsrechtliche Ansprüche sollen durch Dritte erst geltend gemacht werden dürfen, wenn sie völlig von dem Gesellschaftsverhältnis losgelöst sind (RGZ 90, 19, 20), es soll nicht zu einer Aufspaltung von Mitgliedschaftsrechten kommen.

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, zum Zeitpunkt der Abtretung bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden zu sein mit der Folge, die Mitgliedschaft in der früheren Gesellschaft verloren zu haben, lässt sich dies dem unstreitigen Sachverhalt ohne weiteres nicht entnehmen. Durch die Kündigung der Gesellschaft seitens des Beklagten ist diese aufgelöst worden und besteht seitdem als Liquidationsgesellschaft. Ein Ausscheiden des Zedenten war damit nicht verbunden, auch wenn der Beklagte den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft, das Fitnessstudio, allein weitergeführt hat. Allerdings kann ein Ausscheiden des Zedenten aus der Gesellschaft nachträglich durch Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern herbeigeführt worden sein. Mangels ausdrücklicher Erklärungen könnte dies konkludent dem Verhalten der Parteien etwa in dem Rechtsstreit 1 O 330/00 LG Detmold zu entnehmen sein. Der Senat kann die Frage offen lassen. Selbst wenn der Zedent nachträglich aus der Gesellschaft ausgeschieden ist mit der Folge, dass das Gesellschaftsvermögen auf den Beklagten übergegangen ist, war eine Abtretung der Rechte auf Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen sowie Fertigung einer Abschichtungsbilanz nicht wirksam. Aus der Struktur der hier gegebenen Gesellschaft mit enger persönlicher Bindung zwischen den Gesellschaftern folgt, dass ohne Zustimmung der Gesellschafter außenstehenden Dritten keine weitgehenden Einsichtsrechte in die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft zu gewähren sind. Diese nur den Gesellschaftern zustehenden Rechte können auch dann nicht auf Dritte übertragen werden, wenn das Gesellschaftsverhältnis zwischenzeitlich beendet worden ist. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, dass in dem Fall, dass ein aus einer Kommanditgesellschaft ausgeschlossener Kommanditist seine Abfindungsforderung abgetreten hat, der Zessionar weder einen Anspruch auf Rechnungslegung noch die Möglichkeit erlangt, Einblicke in die Geschäftsführung zu erhalten (BGH WM 1981, 648, 649). An dem Verfahren, in dem die Höhe der Abfindungsforderung ermittelt wird, ist der Zessionar dieser Forderung nicht beteiligt, und zwar selbst dann, wenn der Zedent ausgeschieden war. Die von dem Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.06.2000 (ZIP 2000, 65) steht dem nicht entgegen. Dort ging es lediglich um Auskunftsansprüche, die deutlich weniger in die Außenstehenden nicht zu offenbarenden inneren Verhältnisse der Gesellschaft eingreifen als etwa das Recht auf Einsichtnahme in sämtliche Geschäftsunterlagen.

4.

Da der Kläger somit nicht Rechtsnachfolger des Zedenten in Bezug auf die geltend gemachten Rechte geworden ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Beklagte die Ansprüche bereits ganz oder zum Teil erfüllt hat.

5.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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