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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.03.2009
Aktenzeichen: 8 U 21/08
Rechtsgebiete: HWiG, ZPO, BGB, RBerG


Vorschriften:

HWiG § 1 Abs. 1
HWiG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
HWiG § 3
HWiG § 3 Abs. 1
ZPO § 148
BGB § 123
BGB § 134
BGB § 142
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 831
RBerG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07. Dezember 2007 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe:

A.

Die Kläger verlangen von der beklagten Fondsgesellschaft (Beklagte zu 1)) und von der beklagten Gründungs- und Treuhandkommanditistin (Beklagte zu 2)) die Rückabwicklung ihrer Beteiligung bei der Beklagten zu 1). Die Beteiligung erfolgte Ende 1996, vermittelt durch den Zeugen L, über die Beklagte zu 2) als Treuhandkommanditistin. Das Landgericht hat die Beklagten abgesehen von einem geringfügigen Teil der Zinsforderung nach Vernehmung des Anlageberaters L als Zeugen antragsgemäß verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 24.783,88 € nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung des Beteiligungsanteils zu zahlen; ferner hat es sie verurteilt, die Kläger von den Verbindlichkeiten bei der Privatbank S freizustellen und ein Angebot dieser Bank einzuholen auf Rückabtretung der zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche der Kläger aus der abgeschlossenen Lebensversicherung bei der M AG; ferner hat es festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Annahme der rückzuübertragenden KG-Beteiligung im Verzug befinden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen, der in erster Instanz gestellten Anträge und der Gründe, die das Landgericht zur Klagestattgabe veranlasst hat, wird auf das von den Beklagten mit der form- und fristgerechten Berufung angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1) verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:

Der Verkaufsprospekt weise ausreichend und zutreffend auf die für die Anleger bestehenden Risiken hin. Die Anhörung der Kläger vor dem Landgericht habe ergeben, dass sie vor Unterzeichnung der Beteiligung diesen Prospekt erhalten hätten und dieser besprochen worden sei. Dies habe auch der Zeuge L bei seiner Vernehmung bestätigt.

L habe sie auch nicht fehlerhaft beraten.

Dessen etwaiges Fehlverhalten sei ihr, der Beklagten zu 1), nicht zuzurechnen, weil L selbständiger Anlagevermittler gewesen sei und die Haftungsverantwortung ihn selbst, Herrn X oder die F GmbH treffe.

Die Einrede der Verjährung werde aufrechterhalten.

Die Beklagte zu 2) begründet ihre Berufung wie folgt:

Sie sei für den Vertrieb nicht zuständig gewesen und habe auch keinen Einfluss auf die Auswahl und Überwachung des Anlagevermittlers gehabt. Dieser sei nicht in ihrem Aufgaben- und Pflichtenkreis tätig geworden, weshalb ihr sein Verhalten nicht zuzurechnen sei. Zumindest hätte das Landgericht hierüber Beweis erheben müssen.

Ein Prospektfehler liege nicht vor. Die Risikohinweise im Prospekt seien ausreichend, auch hinsichtlich der Gefahr eines etwaigen Totalverlustes. Ohnehin sei sie, die Beklagte zu 2), nicht Prospektverantwortliche. Etwaige Prospektmängel seien jedenfalls nicht kausal für die Beitrittsentscheidung der Kläger geworden, da der Prospekt von diesen nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Sie, die Beklagte zu 2), habe auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und berufe sich weiterhin auf die Einrede der Verjährung.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zutreffend habe das Landgericht festgestellt, dass sie nicht hinreichend über den Totalverlust ihrer Einlage aufgeklärt worden seien und dieses Fehlverhalten den Beklagten zuzurechnen sei. Selbst wenn der Vermittler L nicht Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei, so sei den Beklagten dessen Verhalten trotzdem zuzurechnen, weil sie dessen Handeln kannten oder kennen mussten; sie hätten sich jedenfalls über sein Verhalten informieren müssen. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte zu 2) tatsächlich Einfluss auf die Vertriebskoordination gehabt habe; zumindest sei durch die Tätigkeit von L der Treuhandvertrag zustande gekommen, so dass er schon deshalb im Rechtskreis der Beklagten gehandelt habe. Die Risikohinweise, insbesondere hinsichtlich eines Totalverlustes, seien unzureichend gewesen, zumal der Zeuge bei seiner Vernehmung bekundet habe, der Prospekt nicht überreicht, sondern daneben eine mündliche Beratung vorgenommen zu haben.

B.

Die zulässige Berufung ist begründet und führt zur Abweisung der Klage gegen beide Beklagten.

1. Teil: Keine Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte zu 1.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 1. unbegründet.

A. Kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1. gemäß Klageantrag zu 1. (Zahlung der an die Bank geleisteten Raten auf das Darlehen)

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1. unzutreffend nach dem Hauptantrag zu 1. der Kläger zur Erstattung der von ihnen gezahlten Darlehensraten verurteilt. Insoweit wird die durch das Darlehen finanzierte Einlage geltend gemacht, soweit sie von den Klägern gezahlt worden ist.

I. Kein Anspruch aus § 3 HWiG (Widerruf der Beitrittserklärung)

Der geltend gemachte Anspruch steht den Klägern in dem hier maßgeblichen Anwendungsbereich des HWiG in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung (vgl. § 9 III HWiG, Art. 229 § 11 I EGBGB) nicht aufgrund Widerrufs eines Haustürgeschäfts nach § 3 HWiG zu.

1.

Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH, Urt. v. 18.10.2004, II ZR 352/02, NZG 2005, 35; Urt. v. 25.04.2006, XI ZR 106/05, NJW 2006, 1955, Tz. 28; Urt. v. 25.04.2006, XI ZR 193/04, NJW 2006, 1788, 1789, Tz. 18; ferner OLG Celle, NZG 2009, 105, 106 m. w. N. -n. rkr.-, dort auch zur Abgrenzung zum hier nicht einschlägigen Fall des Beitritts als stiller Gesellschafter; zusammenfassend: Martis, Finanzierte Fondsbeitritte und Grundstücksgeschäfte, MDR 7/2007, 373, 380 f. und Strohn, Anlegerschutz bei geschlossenen Immobilienfonds nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, WM 2005, 1441, 1442), die auch bei mittelbarer Beteiligung über einen Treuhandkommanditisten (BGH, Urt. v. 02.07.2001, II ZR 304/00, NJW 2001, 2718; Baumbach/Hopt, Anh. § 177 a HGB, Rn. 58 und 81) gilt, würde ein wirksamer Widerruf zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft führen mit der Folge, dass sich die Kläger zwar auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von ihrer Beteiligung lösen konnten, nach der Kündigung jedoch nur das Auseinandersetzungsguthaben nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt der Kündigung verlangen können. Dieses wird hier aber mit den Hauptklageanträgen nicht geltend gemacht, die Kläger legen auch nicht dar, dass ihnen ein Abfindungsguthaben zumindest in Höhe der Klageforderung zusteht.

2.

Zu beachten ist allerdings, dass der BGH mit Beschluss vom 05.05.2008 (II ZR 292/06, DStR 2008, 1100 = NZG 2008, 460 ff. i. V. m. Berichtigungsbeschluss vom 05.05.2008, DStR 2008, 1298) Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit europäischem Recht geäußert und die Sache dem EuGH vorgelegt hat. Soweit es auf diese Frage ankäme, wäre zu erwägen, den Rechtsstreit entsprechend § 148 ZPO auszusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2008, II ZR 257/07, DStR 2009, 440, 442, Tz. 9 = NZG 2009, 136, 137; gegen eine Aussetzung OLG Celle, a.a.O., dort aber Zulassung der Revision, die unter II ZR 186/08 geführt wird). Das kommt hier allerdings nicht in Betracht, weil schon die Haustürsituation fehlt.

a.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH DStR 2009, 440, 441, Tz. 5 m. w. N.) setzt ein Widerrufsrecht im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG voraus, dass der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung oder an seinem Arbeitsplatz zu einer späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war (siehe nur BGH v. 26. 10. 1993, XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 392 f., NJW 1994, 262). Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG und der Vertragserklärung wird für den Nachweis des Kausalzusammenhangs vom Gesetz zwar nicht gefordert (BGH v. 20. 5. 2003, XI ZR 248/02, NJW 2003, 2529). Die von einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung für den Kausalzusammenhang nimmt aber mit zunehmendem zeitlichen Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen (BGH v. 16. 1. 1996, XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 392, NJW 1996, 926). Welcher Zeitraum hier erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist dabei eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls, die grundsätzlich jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden kann (BGH v. 9. 5. 2006, XI ZR 119/05, NJW 2006, 1419, m. w. N.). Bei längerem zeitlichen Abstand bleibt dem Verbraucher der Nachweis gleichwohl bestehender Kausalität unbenommen (BGH v. 16. 1. 1996, XI ZR 116/95, a. a. O., m. w. N.). Für die Entstehung des Widerrufs gelten im Übrigen die allgemeinen Regeln zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Der Verbraucher hat daher alle Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 HWiG einschließlich des Vorliegens einer Haustürsituation sowie deren Kausalität für den Abschluss darzulegen und zu beweisen (BGH v. 16. 1. 1996, XI ZR 116/95, a. a. O., m. w. N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 312 Rdn. 11; Staudinger/Thüsing, BGB [2005], § 312 Rdn. 71, 125).

b.

Die Kläger haben eine "Haustür-Situation" in diesem Sinne nicht schlüssig dargelegt.

Allein der Vertragsschluss in der Wohnung der Kläger genügt dafür nicht (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 4). Vielmehr ist ein Bestimmen zum Vertrag erforderlich, wobei es entscheidend nicht auf den Ort des Vertragsschlusses, sondern auf den des werbemäßigen Ansprechens ankommt mit dem Ziel eines Vertragsschlusses und der Beeinträchtigung ihrer Entschließungsfreiheit (BGH, a.a.O.; BGH NJW 2003, 1190, 1191; Palandt/Grüneberg, § 312 BGB, Rn. 11 ff. m. w. N.).

Das kann nicht festgestellt werden. Insbesondere der Kläger zu 2. hat bei seiner Anhörung vor dem Landgericht erklärt (Bl. 93 f.), sie hätten sich über Geldanlagen informiert. Es habe vor der Vertragsunterzeichnung bei ihnen zu Hause mehrere Termine mit L gegeben, den sie gebeten hatten, ihnen etwas vorzuschlagen. Ob L auf ihre Bitte zu ihnen gekommen sei, könne er nicht mehr sagen. Der Zeuge L hat erstinstanzlich bekundet (Bl. 193 f.), bezogen auf die KG-Beteiligung habe sich die Beratung über 2-3 Monate hingezogen, es habe mindestens zwei Gespräche gegeben. Es steht somit weder fest, dass die Initiative von L ausgegangen ist noch dass - auch angesichts des Zeitraums der Beratung - die Entschließungsfreiheit der Kläger beeinträchtigt war.

Die zuletzt noch beantragte Schriftsatzfrist zur Ergänzung ihrer rechtlichen Ausführungen zur Anwendung des HWiG im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung war den Klägern nicht mehr zu gewähren. Sowohl die schriftlichen als auch mündlichen Ausführungen, u. a. im Senatstermin, zeigen, dass den Klägern und ihrer Prozessbevollmächtigten die Rechtslage und insbesondere die Rechtsprechung des BGH bekannt sind. Auf dieser Grundlage erfolgte sowohl in erster als auch in zweiter Instanz ausführliches Vorbringen und Gegenvortrag der Beklagten. Der Senat hat insoweit keine neuen Gesichtspunkte angesprochen, sondern auf dieser Grundlage den hier zu entscheidenden Einzelfall gewürdigt.

II. Kein Anspruch aus § 812 Abs.1 BGB i.V.m. §§ 123, 142 BGB

(Anfechtung der Beitrittserklärung)

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Beitrittserklärung nach § 123 BGB erfüllt sind. Denn auch insoweit gelten die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft mit den soeben dargestellten Folgen. Zudem ist ein arglistiges Verhalten weder festgestellt noch feststellbar.

III. Kein Anspruch aus § 812 Abs.1 BGB i.V.m. §§ 1 RBerG, 134 BGB

Abgesehen von den vorstehenden Ausführungen zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch hier gelten, liegen die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das RBerG nicht vor. Die hier von den Klägern erteilte Vollmacht zur Begründung der mittelbaren Beteiligung an der beklagten Fondsgesellschaft verstößt nicht gegen das RBerG. Die Vollmacht in dem Zeichnungsschein hat nicht den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichen Beratungsbedarf zum Gegenstand. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Erklärung des Beitritts zur Fondsgesellschaft und auf die Aufnahme der Finanzierungsdarlehen. Hierbei handelt es sich um die Wahrnehmung von im Wesentlichen wirtschaftlichen Belangen (so bereits OLG München, Urteil vom 07.11.2008, 25 U 3167/08; vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2006, XI ZR 29/05, DStR 2006, 1087 = NJW 2006, 1952; Urt. v. 24.10.2006, XI ZR 216/05, NJW-RR 2007, 395 = NZM 2007, 180; Urt. vom 11. 11. 2008, XI ZR 468/07, DStR 2009, 335, 338). Die Abtretung der Lebensversicherungen an die S Bank (Bl. 190 f.) haben die Kläger selbst erklärt.

IV. Kein Anspruch aus Verschulden beim Vertragsschluss

(irreführende und unzureichende Aufklärung durch den Vermittler L)

Soweit die Kläger ihre Begehren gegen die Beklagte zu 1. auf einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsanbahnung wegen der behaupteten Täuschung und mangelhaften Aufklärung durch den Vermittler L stützen, bleibt die Klage schon aus Rechtsgründen ohne Erfolg. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang unzutreffend die vom BGH entwickelten Grundsätze zur stillen Gesellschaft angewendet.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft ungeachtet eines Aufklärungsmangels weder die (einfachen) Mitgesellschafter noch die Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet sind (vgl. BGH NJW 2003, 2821 m.w.N.; so auch Urteil des Senats vom 05.03.2008, 8 U 243/07). Der Grund hierfür liegt in der Überlegung, dass bei rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligungen der einzelne Gesellschafter auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten hat und demgemäß die Gesellschafter dem am Beitritt interessierten Dritten gegenüber überhaupt nicht in Erscheinung treten. Der getäuschte Beitrittswillige bringt regelmäßig nur dem die Verhandlung führenden Vertreter der Gesellschafter, nicht aber diesen oder der Gesellschaft Vertrauen entgegen. Daher ist es gerechtfertigt, nur den Geschäftsführer des Fonds - das ist bei der KG regelmäßig die Komplementär GmbH - einer Haftung wegen Aufklärungsmängeln bei der Vertragsanbahnung zu unterwerfen.

V. Kein Anspruch aus Prospekthaftung

Auch eine Schadensersatzpflicht der beklagten KG aus zivilrechtlicher Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinne (vgl. Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 67 ff.), würde sie hier angesichts der ausdrücklichen Garantie der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf S. 16, 44 des Prospektes ausnahmsweise in Betracht gezogen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Rn. 69 m. w. N.; grundsätzlich haften bei der Publikumsgesellschaft nur die Initiatoren, Gestalter und Gründer, nicht aber die KG selbst und die Anlagegesellschafter, vgl. vorstehende Ausführungen zu Gliederungspunkt III. und Baumbach/Hopt, 33. Aufl., Anh § 177 a HGB, Rn. 63 u. 64) und nicht nur zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft führen, scheidet aus.

1.

Unrichtigkeiten des Prospekts haben die Kläger - entgegen der Meinung des Landgerichts - weder schlüssig vorgetragen noch (betr. nachfolgend a.) unter Beweis gestellt.

a.

Sie legen nicht konkret dar, inwieweit und in welchem Umfang Innen- und/oder Unterprovisionen im Rahmen des Firmengeflechts geflossen sein sollen, die nicht bereits durch §§ 19, 20 des Gesellschaftsvertrages und § 14 des Treuhandvertrages gedeckt waren. Der Artikel in C, Nr. ## (Bl. ##), genügt im Übrigen zum Nachweis nicht, weil seine inhaltliche Richtigkeit nicht festgestellt werden kann. Der Bericht des Insolvenzverwalters der S Bank (Bl. 66 ff.) enthält dazu ebenfalls keine Angaben. Allein die wirtschaftlichen Verflechtungen sind keine Indizien für die Zahlung derartiger Provisionen.

b.

Die Beklagte zu 2. weist im Übrigen in ihren zweitinstanzlichen Schriftsätzen zutreffend darauf hin, dass im Prospekt (S. 17-19) nach seiner Gesamtaussage ausreichende Hinweise auf das Risiko eines Teil- (ausdrücklich genannt auf S. 17 bei allg. Risiken) und Totalverlustes (als vollständige Entwertung des Fondsvermögens aufgrund des Verfalls von Immobilienpreisen genannt auf S. 18) enthalten sind (vgl. Bl. 367 f., 390 ff.; vgl. für einen Filmfonds BGH, NJW-RR 2007, 1329, Tz. 14). Entscheidend ist, dass auf S. 18 zu den Risiken bei Investitionen in Immobilien ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass hier bei der Beteiligung an dem Immobilienfonds das Verlustrisiko im Wesentlichen in der Gefahr der Verschlechterung der Vermietungssituation und des Ausfalls von Mietern liegt. Die Hinweise auf die konkreten wirtschaftlichen Risiken genügen hier bei dieser Art des Fonds (Immobilienfonds) und dessen Konzeption. Aus den genannten Risiken, die durch andere Aussagen nicht entkräftet oder relativiert werden, folgt die Möglichkeit eines Totalverlustes, z. B. bei einer Insolvenz ohne Quote für die Kommanditisten. Da hier nach dem Fondskonzept keine Fremdmittel aufgenommen werden sollten, ist eine Überschuldung eher unwahrscheinlich; die Gefahr besteht darin, dass die Objekte nicht veräußerbar sind. Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, der Gesamteindruck des Prospektes könne anderes ergeben; der Begriff "Totalverlust" muss in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich verwendet werden (vgl. dazu Reinelt, Haftung aus Prospekt und Anlageberatung bei Kapitalanlagefonds, NJW 2009, 1, 4 m. w. N.).

2.

Gleiches gilt für evtl. Ansprüche aus § 13 VerkaufsprospektG.

3.

Es kommt angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht darauf an, dass jedenfalls ein Anspruch aus Prospekthaftung im engeren Sinne verjährt wäre (vgl. dazu BGH, NJW 1982, 1514; NJW 2001, 1203 f.; NJW 2004, 3420; NJW-RR 2008, 1365, 1366 f., Tz. 12; Bussmann, Bankenhaftung - Die Verjährung von Ansprüchen von Anlegern geschlossener Immobilienfonds, MDR 2005, 1392, 1393; Baumbach/Hopt, Anh. § 177 a HGB, Rn. 65; § 347 HGB, Rn. 39). Die Beklagten weisen - allerdings unter Zugrundelegung der hier noch nicht geltenden neueren Rechtslage (vgl. Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 72 und Reinelt, NJW 2009, 1, 7 sowie Bussmann, a.a.O.; zuvor 6 Monate ab Kenntnis, längstens 3 Jahre nach dem Beitritt) - zutreffend darauf hin, dass die Verjährungsfrist (früher und heute) längstens 3 Jahre nach dem Beitritt zur Gesellschaft oder dem Erwerb der Anteile abläuft. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war diese Frist jedenfalls abgelaufen.

VI. Keine deliktischen Ansprüche ( § 826, 823 Abs.2 BGB i.V.m § 263 StGB, 31 BGB; 831 BGB)

Die Kläger können ihr Begehren schließlich auch nicht mit Erfolg auf deliktische Ansprüche stützen. Sie haben weder (schlüssig) dargelegt, dass der Vermittler L Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 1. i.S.d. § 831 BGB gewesen ist (die Verwendung der Formulare der Beklagten, Bl. 18, 51, genügt dafür als Indiz nicht), noch dass die vertretungsberechtigten Organe der Beklagten an einer Betrugshandlung des Vermittlers als Täter oder Teilnehmer beteiligt waren.

B. Kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1. gemäß Klageantrag zu 2. (Freistellung von Verbindlichkeiten gegenüber der S Bank in Insolvenz)

Aus den oben zu A. genannten Gründen scheitert auch der hier geltend gemachte Freistellungsanspruch.

Nach gefestigter Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.04.2006, XI ZR 106/05, DStR 2006, 1091, 1093, Tz. 28; Martis, Fondsbeitritte und Grundstücksgeschäfte, MDR 7/2007, 373, 381 m. w. N.) stehen dem Anleger auch bei einem verbundenen Geschäft Ansprüche gegen die Bank zu, aber keine weitergehende Ansprüche (als das Abfindungsguthaben) gegen die beklagte Fondsgesellschaft. Er kann ggf. von der Bank insbesondere Zins und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten, insbesondere Kapitallebensversicherungen, verlangen (Nobbe, WM Sonderbeilage Nr. 1 zu Heft 47/2007, S. 19).

C. Kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1. gemäß Klageantrag zu 3. (Einholung eines Angebots der S Bank in Insolvenz auf Rückabtretung der Lebensversicherung)

Eine Anspruchsgrundlage für diesen Anspruch ist aus den oben zu A. und B. genannten Gründen nicht ersichtlich. Die Kläger müssen sich auch insoweit ggf. an die S Bank / deren Insolvenzverwalter halten.

D. Kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1. gemäß Klageantrag zu 4. (Feststellung des Annahmeverzuges mit der Rückübertragung der KG-Anteile)

Die Feststellung des Annahmeverzuges kommt nicht in Betracht, weil die Beklagte zu 1. sich nicht in Verzug befindet. Das Auseinandersetzungsguthaben haben die Kläger bisher nicht beziffert gefordert, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Fondsanteile, auch nicht mit dem Hilfsantrag erster Instanz, der zunächst nur hinsichtlich der ersten Stufe ggf. zu entscheiden wäre.

E. Keine weiteren Ansprüche gegen die Beklagte zu 1. (Hilfsanträge erster Instanz)

Zwar haben die Kläger erstinstanzlich - als Konsequenz der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft - mit ihrem Hilfsantrag geltend gemacht, an die Kläger eine Auseinandersetzungsbilanz zum 31.12.2006 zu erstellen und das daraus sich ergebende Guthaben auszuzahlen. Dieser Hilfsantrag ist in zweiter Instanz, auch wenn er nicht mehr ausdrücklich gestellt worden ist, gleichwohl Gegenstand im Berufungsverfahren (st. Rspr. des BGH, vgl. Nachweise bei Zöller/Heßler, § 528 ZPO, Rn. 20).

Er ist allerdings unbegründet.

Die Kläger haben die außerordentliche Kündigung des Treuhand-Beitritts sowohl gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. (mit Schreiben vom 30.10.2006, Bl. 18 ff.) als auch gegenüber der Beklagten zu 2. (mit Schreiben vom 15.01.2007, Bl. 27 ff.) und der S Bank (mit Schreiben vom 19.10.2006, Bl. 21 ff.) ausdrücklich erklärt.

Abweichend von den Ausführungen des Landgerichts kann eine Pflichtverletzung nicht festgestellt werden, die Kläger haben daher nicht wirksam außerordentlich gekündigt. Das Landgericht meint, die Pflichtverletzung liege in der unterlassenen Aufklärung des Klägers durch den Zeugen über die Gefahr eines Totalverlustes. Eine positive Feststellung dazu konnte das Landgericht allerdings nicht treffen; der Zeuge L hat bekundet, sich nicht erinnern zu können, ob er von der Möglichkeit eines Totalverlusts gesprochen habe. Da nach den Ausführungen oben in dem fehlenden ausdrücklichen Hinweis in dem Prospekt kein Fehler zu sehen ist, muss das auch hier gelten. Die Kläger hatten den Prospekt unstreitig rechtzeitig vorliegen.

Es kommt angesichts dessen hier nicht auf die streitige Frage an, ob bei einer fahrlässigen Aufklärungspflichtverletzung eines Anlagevermittlers nur dieser persönlich, nicht aber die Fondsgesellschaft hafte und erst bei arglistiger Täuschung durch den Vermittler die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden sind (so Nobbe, a.a.O., S. 33, linke Spalte, letzter Absatz, unter Hinweis auf die Entscheidung BGHZ 156, 46, 50 = NJW 2003, 2821 = WM 2003, 1762, 1764; dagegen ausdrücklich OLG Stuttgart, ZIP 2008, 1570 = BeckRS 2008, 15564 (Revision zugelassen); vgl. ferner K. Schmidt, GesR, 4. Auflage, § 57 IV 2, S. 1683; Strohn, WM 2005, 1441, 1442 m. w. N.).

2. Teil: Keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist auch die Klage gegen die Beklagte zu 2. unbegründet.

A. Keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. gemäß Hauptantrag zu 1. und 1. Stufe des Hilfsantrages erster Instanz

I. Kein Anspruch aus § 3 HWiG

Zwar unterfällt der Treuhandvertrag dem HWiG (vgl. BGH, Urt. v. 02.07.2001, II ZR 304/00, NJW 2001, 2718 = BGHZ 148, 201, 207). Nach den Ausführungen oben betreffend die Beklagte zu 1., die hier entsprechend gelten, besteht aber kein Anspruch auf Einlagerückgewähr gegen die Beklagte zu 2. als Treuhänderin gemäß § 3 I HWiG, weil keine Haustürsituation festgestellt werden kann.

Zudem besteht auch kein Anspruch auf Zahlung des Abfindungsguthabens. Wirtschaftlicher Vertragspartner der Anleger ist hier ausschließlich die beklagte Fondsgesellschaft (vgl. die Regelungen im Gesellschaftsvertrag, die den Treugebern eigene Rechts auf Kündigung, das Abfindungsguthaben geben: insbesondere §§ 7 Ziff. 2., 22, 25, 28 des Gesellschaftsvertrages). Die Treuhandgesellschaft übernimmt nur eine Mittlerfunktion, die lediglich als Mittel zum Zweck eingeschaltet ist, um den Beitritt des Anlegers zu ermöglichen. Passivlegitimiert ist somit allenfalls die Fondsgesellschaft (vgl. BGH, a.a.O.; Nobbe, a.a.O., S. 20 und Nachweise in Fußnote 204; Baumbach/Hopt, § 105 HGB, Rn. 37). Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind im Verhältnis zur Beklagten zu 2. nicht anzuwenden.

II. Kein Anspruch aus § 812 BGB i. V. m. § 123 BGB oder i. V. m. §§ 1 RBerG, 134 BGB

Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch ein Bereicherungsanspruch aus.

III. Kein Anspruch aus Prospekthaftung

Entsprechend der Ausführungen oben zur Beklagten zu 1. liegt schon kein Prospektfehler vor, für den die Beklagte zu 2. ggf. haften würde (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2006, III ZR 361/04, DStR 2007, 131 mit Anm. = NJW-RR 2007, 406 = WM 2006, 1621).

Zumindest Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinne wären ohnehin verjährt (siehe oben zur Beklagten zu 1.).

VI. Kein Anspruch aus Verschulden beim Vertragsschluss wegen schuldhafter Falschberatung des Vermittlers

Eine Haftung der Beklagten zu 2. wegen der Verletzung eigener vorvertraglicher Aufklärungspflichten als Treuhänder scheidet ebenfalls aus.

Zwar hatte sie die Pflicht, die Kläger über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (BGH, Urt. v. 29.05.2008, III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 = NZG 2008, 742 = WM 2008, 1205; Urt. v. 06.11.2008; III ZR 231/07, NZG 2009, 218). Allerdings kann die Verletzung von Aufklärungspflichten weder der Beklagten zu 2. selbst noch - ihr ggf. zuzurechnende - des Vermittlers L festgestellt werden; auch insoweit wird auf die Ausführungen oben zur Beklagten zu 1. Bezug genommen (Gliederungspunkt A. V. in Verbindung mit E.).

V. Deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB)

Derartige Ansprüche scheitern aus den bereits zuvor betreffend die Beklagte zu 1. genannten Gründen.

3. Teil: Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage vertretener und anerkannter Auffassung in der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, und der Literatur getroffen hat.

Ende der Entscheidung

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