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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.11.1999
Aktenzeichen: 8 U 220/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 2210
BGB § 134
BGB § 2078 Abs. 2
BGB § 812
ZP0 § 97 Abs. 1
ZPO § 100
ZPO § 239
ZPO § 246
ZPO § 91
ZPO § 269 Abs. 3 S. 2
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 220/98 OLG Hamm 16 O 114/92 LG Essen

Verkündet am 03. November 1999

Krämer, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey und die Richter am Oberlandesgericht Leibold und Lehmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Berufung wird das am 28. Januar 1998 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Essen im Kostenausspruch dahin abgeändert, dass die Kläger auch die Kosten der Beklagten zu 2.a) bis c) zu tragen haben.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 DM, die der Beklagten zu 2.a) bis c) durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 14.000 DM abwenden, wenn die Beklagten nicht zuvor Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leisten. Allen Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Bank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.

Die Beschwer der Kläger liegt über 60.000 DM.

Tatbestand:

Die Kläger sind die Neffen des am 30. Juli 1967 verstorbenen Industriellen A K von B und H. Dieser hatte in seinem am 23. September 1966 errichteten Testament zur Alleinerbin seines gesamten Vermögens einschließlich des unter der Firma F K zusammengefassten Fabrikvermögens eine noch zu gründende rechtsfähige Stiftung eingesetzt. Zweck dieser Stiftung sollte es sein, die "Einheit des Unternehmens der F K dem Willen meiner Vorfahren entsprechend auch für die fernere Zukunft zu wahren" und mit den Erträgnissen dieses Unternehmens "philantropischen Zwecken zu dienen, insbesondere der Förderung der Forschung, der Lehre, der Wissenschaften, des Erziehungs- und Gesundheitswesens und der schönen Künste". Wegen der Einzelheiten des Testaments wird auf dessen Ablichtung in Anlage K 13 zur Klageschrift (Sonderband) verwiesen. (Die im folgenden in Bezug genommenen Anlagen beziehen sich, soweit nicht anders angegeben, jeweils auf die in dem Sonderband zusammengefassten Anlagen zur Klageschrift.)

Diese Stiftung, die Beklagte, wurde nach dem Tode A K von B und H von den Testamtensvollstreckern errichtet und Ende November 1967 vom Innenminister des Landes Nordrhein-Wesfalen genehmigt. Organe der beklagten Stiftung sind der Vorstand und das Kuratorium. Das Kuratorium besteht aus sieben bis neun Mitgliedern, deren Bestellung in § 8 der Stiftungssatzung geregelt ist (Einzelheiten der Satzung in Anlage K 14).

Die Kläger sind der Auffassung, mit der Einsetzung der Beklagten zur Alleinerbin auch des sogenannten Fabrikvermögens habe A K von B und H gegen die Familientradition und den Willen seiner Vorfahren, insbesondere auch den seiner Mutter B K von B und H, verstoßen, wonach das sogenannte Fabrikvermögen innerhalb der Familie weitervererbt werden sollte. Sie leiten daraus einen Anspruch auf Änderung der Satzung der Beklagten ab. Hiernach sollen mit Ausnahme der ersten, von den Testamentsvollstreckern zu bestellenden Kuratoriumsmitglieder jeweils drei der später zu bestellenden Kuratoriumsmitglieder von der Familie K, nämlich entweder dem Familienrat des Familienunternehmens F K oder (hilfsweise) von der Erbengemeinschaft nach B K von B und H bestellt werden.

Zum Verständnis des Klagebegehrens ist aus der Familiengeschichte und der Historie des Fabrikvermögens folgendes hervorzuheben, wobei wegen der Einzelheiten auf den ausführlichen schriftsätzlichen Vortrag verwiesen wird:

A K der eine von seinem Vater und Firmengründer F K gegründete kleine Gussstahlfabrik übernommen und zu einem großen Werkekomplex ausgebaut hatte, errichtete im April 1882 sein Testament (Anlage K 1). Auf der Grundlage des damals geltenden Preußischen Allgemeinen Landrechts (ALR) bestimmte er sein einziges Kind, seinen Sohn F A K, zum Alleinerben und "substituierte denselben nach seinem Ableben fideicommissarisch in folgender Reihenfolge: 1. seine eheliche Descendens..." (§ 1). Damit verfolgte er den Zweck, "dass die von mir geschaffenen Werke so lange, als nach den Gesetzen möglich ist, conserviert und auch nach Möglichkeit erweitert werden..." (§ 3). § 4 des Testamentes lautet:

Da nach gegenwärtiger bestehender Gesetzgebung die von mir angeordnete fideicommissarische Substitution nur zum Besten des ersten und zweiten Substituten gilt, so bitte ich denjenigen, welcher dieser zweite Substitut sein wird, seinerseits Anordnungen zu treffen, durch welche in ähnlicher Weise, wie ich gethan habe, die Conservierung und Verbesserung der Werke für weitere Zeit möglichst gesichert wird.

A K Sohn und Alleinerbe F A K, der 1887 ein Testament mit mehreren Nachträgen errichtet hatte, in dem u.a. auch auf die fideicommissarische Substitution gemäß dem Testament seines Vaters Bezug genommen wurde (Anlage B 3 zum Schriftsatz RAe Dr. R pp vom 09. März 1999, Bl. 804 ff), verstarb 1902. Gemäß dem Testament seines Vaters wurde seine ältere Tochter B K erste Substitutin.

Diese heiratete Dr. G von B und H.

Die Eheleute errichteten im Juli 1941 ein gemeinschaftliches Testament (Anlage K 2), in dem sie sich gegenseitig als Erben einsetzten und das in seinem § 2 eine Sonderregelung für das Fabrikvermögen enthält. Darin wird festgestellt, dass dieses Fabrikvermögen nicht zum Nachlass der Ehefrau (B K von B und H) gehöre. Gemäß dem Testament des Großvaters sei diese insoweit Vorerbin; Nacherbe sei eines ihrer Kinder. In diesem Zusammenhang heißt es:

In diesem (scil. des Großvaters) Testament ist der Wunsch ausgesprochen, dass der Fabrikerbe alles in seinen Kräften liegende tut, um die geschlossene Einheit des Werkes zu erhalten. Es besteht die Absicht, das Fabrikvermögen in eine zu diesem Zweck zu bildende Familienstiftung einzubringen, um auf diesem Wege die Einheit des Werks auf eine nach menschlichem Ermessen möglichst lange Dauer sicherzustellen. Sollte es zur Durchführung dieses Planes kommen, so tritt diese Familienstiftung in alle Rechte und Pflichten ein, die wir in den nachstehenden Bestimmungen dem Fabrikerben eingeräumt bzw. ihm auferlegt haben...

Sollte es jedoch aus irgendwelchen Gründen nicht zur Bildung der Familienstiftung kommen, so drücken wir dem Fabrikerben gegenüber die Erwartung aus, dass er seinerseits testamentarischen Bestimmungen trifft, die den Zustand der geschlossenen Einheit des Werks auch für die Zukunft soweit als möglich sicherstellen; eine Rechtspolitik soll hierdurch nicht begründet werden.

Mit "Erlass des Führers über das Familienunternehmen der Firma F K" vom 12. November 1943 (RGBl. I S. 655, Anlage K 3) wurde der Inhaber des K Familienvermögens ermächtigt, mit diesem Vermögen ein Familienunternehmen mit besonders geregelter Nachfolge zu errichten. Die Errichtung des Familienunternehmens und dessen Satzung waren gerichtlich oder notariell zu beurkunden und bedurften der Genehmigung des "Führers".

Aufgrund dieses Erlasses (in den Schriftsätzen auch als "Führererlass" bzw. als "Lex K" bezeichnet) wurde die inzwischen als Aktiengesellschaft firmierende F K AG in der Hauptversammlung vom 15. Dezember 1943 nach Maßgabe des seinerzeit geltenden Umwandlungsgesetzes durch Übertragung ihres Vermögens auf B K von B und H in eine Einzelfirma umgewandelt (Anlage K 4).

Am selben Tage errichtete B K von B und H ein Familienunternehmen, dessen erster Inhaber ihr Sohn A von B und H werden sollte. Die Satzung dieses Familienunternehmens (Anlage K 5), die wenig später genehmigt wurde (Anlage K 7), regelte die Rechtsnachfolge dahin, dass mit dem Tode des Inhabers das Familienvermögen als geschlossenes Ganzes auf ein einzelnes Mitglied der Familie (Nachfolger) übergehen sollte. Der Inhaber wurde ermächtigt, schon zu Lebzeiten auf seine Inhaberschaft zu verzichten und damit die Nachfolge herbeizuführen. Nachfolger konnte jeder von dem Inhaber bestimmte ehelich geborene Abkömmling von A K (Familienmitglied) werden.

Die Satzung sah ferner die Einrichtung eines Familienrates vor, der aus sieben Mitgliedern (oder weniger) bestand, von denen vier (bei geringerer Mitgliederzahl die Mehrheit) aus der Familie stammen mussten. Dieser Familienrat sollte sinngemäß die gleichen Aufgaben wie der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft erfüllen. Satzungsänderungen, die erforderlich würden, um den im Testament A K zum Ausdruck gebrachten Grundgedanken der Erhaltung des Unternehmens in einer Hand sicherzustellen, bedurften der einstimmigen Zustimmung dieses Familienrates.

Ebenfalls noch am 15. Dezember 1943 verzichtete B K von B und H zugunsten ihres Sohnes A von B und H auf die Inhaberschaft des Familienunternehmens (Anlag K 6). Mit Beginn seiner Inhaberschaft führte ihr Sohn gemäß dem Erlass vom 12. November 1943 den Namen A K von B und H.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 27 der Alliierte Hohe Kommission über die Umgestaltung des deutschen Kohlenbergbaus und der deutschen Stahl- und Eisenindustrie (Kontrollratsgesetz Nr. 27) die Liquidation des unter F K firmierenden Unternehmens eingeleitet. Zu diesem Zweck erarbeitete A K von B und H im Februar 1953 einen Plan für die Entflechtung, Abtrennung und Verteilung von Vermögenswerten der Firma F K i.L. (Anlage K 33 zum Schriftsatz RAe Dr. R pp vom 10. August 1999, Bl. 811 ff). Die Alliierte Hohe Kommission für Deutschland (Combined Steel Group) erkannte diesen Plan an und ordnete daraufhin unter dem 04. März 1953 u.a. an (Anlage K 8; englischer Originaltext Anlage K 32 zum Schriftsatz RAe Dr. R pp vom 10. August 1999, Bl. 811 ff):

Artikel 2

1. Die Liquidation von F K i.L. aufgrund des Gesetzes Nr. 27 ist mit der im Plan vorgesehenen Übertragung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten beendet.

2. "Lex K" (Erlass vom 12. November 1943...) wird mit der Beendigung der Liquidation und Umgestaltung von F K i.L. gemäß dem Plan und dieser Anordnung unanwendbar und das gemäß dem genannten "Lex K" gebildete Familienunternehmen wird aufgelöst und beendet.

Über die Rechtsfolgen dieser Anordnung besteht zwischen den Parteien Streit.

Die Rechtslage nach dem Entflechtungsplan war bereits Gegenstand der - nach der Klageschrift: letzten - Sitzung des Familienrates am 03. Februar 1953 gewesen. Man ging damals - die Anordnung vom 04. März 1953 lag noch nicht vor - davon aus, dass die Alliierte Hohe Kommission die sogenannte "Lex K" mit Wirkung für die Zukunft aufheben werde. Für den Fall der rechtsgültigen Aufhebung der "Lex K" wurde der Abschluss eines besonderen Abfindungs- und Erbvertrages zwischen B K von B und H und A K von B und H ins Auge gefasst, mit dem der Übergang des Firmenvermögens auf A K von B und H im Dezember 1943 bestätigt und eine Erbfolgeregelung auf der Grundlage des Wunsches von A K, das Firmenvermögen in einer Hand zu halten, getroffen werden sollte (Anlage K 10).

Dieser Abfindungs- und Erbvertrag wurde am 13. Juli 1953 beurkundet (Anlage K 11). Er sollte nur für den Fall Wirkungen entfalten, dass durch die Anordnung der Alliierten Hohen Kommission vom 04. März 1953 oder aus sonstigen Gründen "die Lex K und die auf ihr beruhende Satzung des Familienunternehmens F K rechtsunwirksam oder unanwendbar sein sollten". In Teil A des Vertrages wurde die Übertragung des Familienvermögens auf A K von B und H vom 15. Dezember 1943 bestätigt; B K von B und H verzichtete auf alle möglichen Einwendungen gegen die Wirksamkeit dieser Übertragung. Teil B des Vertrages enthielt erbrechtliche Vereinbarungen, mit denen durch Anordnung von Vor und Nacherbschaft sichergestellt werden sollte, dass das Familienvermögen innerhalb der Familie weitervererbt werde.

Mit Zusatzvertrag vom 31. Juli 1956 (Anlage K 12) wurde dieser Vertrag in seinem Teil A bestätigt. B K von B und H erklärte zusätzlich, dass sie bei der Übertragung des Familienvermögens auf ihren Sohn im Dezember 1943 zugleich in Ausübung des ihr nach dem Testament ihres Großvaters A K zustehenden Rechtes gehandelt habe, den zweiten Substituten zu bestimmen. Ihr Sohn A habe schon zu seinen Lebzeiten die zweite Nacherbschaft antreten sollen. Vorsorglich bestimmte sie, dass ihr Sohn A nach ihrem Tode der zweite Nacherbe im Sinne des Testaments ihres Großvaters sein solle. Teil B des Vertrages vom 13. Juli 1953 wurde hingegen aufgehoben. Die Regelung lautet:

Wir heben hiermit die Bestimmungen des Vertrages vom 13. Juli 1953....Abschnitt B, Artikel 1 bis 17 einschließlich, mit der diesen Artikeln vorhergehenden Einleitung auf und widerrufen zugleich alle in dem bezeichneten Vertragsteil B getroffenen einseitigen Verfügungen. Wir gehen bei dieser Aufhebung und dem Widerruf davon aus - ohne dass dies jedoch eine Bedingung oder Voraussetzung für ihre Gültigkeit sein soll -, dass an Stelle der in dem aufgehobenen Teil des Vertrages vom 13. Juli 1953 vereinbarten Erbfolgeregelung eine neue Regelung tritt, die entsprechend dem im Testament von A K niedergelegten Willen den Fortbestand der Einheit der in der Firma F K zusammengefassten Werke für weitere Zeit möglichst sicherstellt. Diese Neuregelung kann auch durch einseitige Verfügung von Todes wegen des Genannten zu 2. (scil. A K von B und H erfolgen.

Die Kläger sind der Auffassung, aus allen die Rechtsnachfolge in das Fabrikvermögen bzw. Familienvermögen betreffenden Regelungen, ausgehend vom Testament A K aus dem Jahre 1882, ergebe sich der Wille, dieses Vermögen nicht nur in einer Hand, sondern es auch in der Familie zu halten und durch ein Familienmitglied führen zu lassen. Von dieser Vorstellung habe sich auch B K von B und H bei der Übergabe des Vermögens an ihren Sohn im Dezember 1943 und bei allen späteren Rechtsakten, nicht zuletzt auch bei dem Zusatzvertrag vom 31. Juli 1956 leiten lassen. Ihre Zustimmung zur Aufhebung der erbvertraglichen Regelungen des Vertrages vom 13. Juli 1953 sei von der für A K von B und H erkennbaren Erwartung getragen gewesen, dass dieser eine Nachfolgeregelung treffen werde, mit der das Fabrikvermögen nur an Familienangehörige weitergegeben werde. Diese Erwartung habe A K von B und H mit seinem Testament und der Einsetzung der Beklagten als Alleinerbin enttäuscht und damit zugleich gegen den Geist der letztwilligen Verfügungen seiner Vorfahren verstoßen.

Gestützt auf zwei Rechtsgutachten (Anlagen K 17 und K 18) und mit eingehender schriftsätzlicher Begründung, auf die verwiesen wird, haben sie daraus einen Anspruch auf Mitwirkung an der Besetzung des Kuratoriums der Beklagten abgeleitet. Diesen haben sie aus dem Rechtsgedanken des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alternative, BGB (Zweckverfehlung bzw. condictio ob rem) und aus dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage hergeleitet. Sie sehen in der Mitwirkung an der Besetzung des Kuratoriums ein Minus gegenüber dem eigentlich auf Herausgabe einer Bereicherung bzw. auf Rückabwicklung gerichteten Anspruch. Dieser Anspruch habe dem Grunde nach schon der 1957 verstorbenen B K von B und H zugestanden und werde von ihnen als Mitgliedern der noch ungeteilten Erbengemeinschaft nach dieser geltend gemacht.

Außerdem - und nach der Reihenfolge der Antragstellung in erster Linie - machen die Kläger Ansprüche aus eigenem Recht geltend, die sie aus ihrer Rechtsstellung als Mitglieder des Familienrates ableiten. Hierzu haben sie die Auffassung vertreten, der Familienrat habe niemals zu existieren aufgehört, sondern sich in seiner letzten Sitzung im Februar 1953 nur auf unbestimmte Zeit vertagt. Diese Rechtsansicht haben sie in einer notariellen Urkunde vom 23. November 1990 (Anlage K 15) dokumentiert, ausweislich deren sie gemeinsam mit ihrem Vetter A den Familienrat rekonstituierten und zu einer Sitzung dieses Rates zusammentraten. Dort wurde zu Protokoll genommen, dass es Aufgabe des Familienrates sei, die sich aus der Satzung des Familienunternehmens F K ergebenden Rechte gegenüber dem heutigen Eigentümer, der Beklagten, geltend zu machen.

Die Kläger haben mit näherer Begründung, auf die ebenfalls verwiesen wird, die Auffassung vertreten, dem fortbestehenden Familienrat stehe ein Recht auf Teilhabe an dem Familienunternehmen zu, weshalb schon A K von B und H verpflichtet gewesen wäre, mit den Familienmitgliedern eine neue Vereinbarung über ihre Mitwirkungsrechte zu treffen. Die Rechte der Familie seien bei der Entflechtung nicht abschließend geregelt worden. Die rechtlichen Parallelen des 1943 geschaffenen Familienunternehmens mit dem preußischen Fideikommiss rechtfertigten die entsprechende Anwendung des Gesetzes über die Auflösung solcher Fideikommisse. Danach sei aber auf Rechte und Interessen der Familienmitglieder Rücksicht zu nehmen, was die Pflicht begründet hätte, die Familienmitglieder auch bei Errichtung der Beklagten zu berücksichtigen.

Die Kläger haben ihre Klage ursprünglich auch gegen die drei Testamentsvollstrecker, die Beklagten zu 2.a) bis c), gerichtet, deren Amt jedoch nach Rechtshängigkeit der Klage (15. Juli 1997, Bl. 286 GA) am 30. Juli 1997 mit Ablauf der gesetzlichen Frist von 30 Jahren (§ 2210 BGB) endete (Anlage K 16).

Die Kläger haben daraufhin erklärt, dass der Rechtsstreit nicht gegen die Testamentsvollstrecker geführt werde, weil diese aus ihm ausgeschieden seien (Bl. 334, 335 GA). Hilfsweise haben sie die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt (Bl. 419 GA).

Die Kläger haben zuletzt beantragt:

I.

(1)

Die beklagte Stiftung wird verurteilt zu erklären:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt geändert: Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen, drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von dem Familienrat des Familienunternehmens F K die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden."

(2)

Die beklagte Stiftung wird verurteilt zu erklären:

"An den Innenminister

des Landes Nordrhein-Westfalen - Stiftungsaufsicht - Haroldstraße 5, 40213 Düsseldorf

Betreff: Antrag auf Genehmigung einer Satzungsänderung

Hiermit stellen wir den Antrag, die Genehmigung zu folgender Satzungsänderung der A K von B und H Stiftung zu erteilen:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt geändert:

Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen; drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von dem Familienrat des Familienunternehmens F K, die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden."

II.

Hilfsweise zu dem Antrag I.(1):

1.

Die beklagte Stiftung wird verurteilt zu erklären:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt geändert:

Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen; drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von der Erbengemeinschaft nach B K von B und H, die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden.

Hilfsweise zu dem Antrag I.(2):

2.

Die Beklagte wird verurteilt zu erklären:

"An den Innenminister

des Landes Nordrhein-Westfalen - Stiftungsaufsicht - Haroldstraße 5, 40213 Düsseldorf

Betreff: Antrag auf Genehmigung einer Satzungsänderung

Hiermit stellen wir den Antrag, die Genehmigung zu folgender Satzungsänderung der A K von B und H zu erteilen:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt abgeändert: Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen; drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von der Erbengemeinschaft nach B K von B und H, die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden."

Hilfsweise haben die Kläger weiter beantragt,

den Rechtsstreit im Hinblick auf das Ausscheiden der Testamentsvollstrecker für erledigt zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist den Rechtsausführungen der Kläger mit eingehender schriftsätzlicher Begründung, auf die verwiesen wird, entgegengetreten und hat sich vorsorglich auch auf Verjährung der angeblichen Ansprüche berufen. In tatsächlicher Hinsicht hat sie bestritten, dass B K von B und H sich anlässlich der Aufhebung der erbvertraglichen Regelungen des Vertrages vom 13. Juli 1953 im Zusatzvertrag vom 31. Juli 1956 von der erkennbaren Vorstellung habe leiten lassen, dass A K von B und H eine Nachfolgeregelung treffen werde, nach der das Fabrikvermögen innerhalb der Familie gehalten werde. Nach ihrer Auffassung verstößt das Testament aus dem Jahre 1966 auch nicht gegen den Geist der vorangegangenen letztwilligen Verfügungen, denen gerade nicht zu entnehmen sei, dass das Fabrikvermögen nicht nur als Einheit erhalten, sondern auch in den Händen eines Familienmitgliedes bleiben solle.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Wegen der Begründung dieser Entscheidung und ergänzend auch wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angefochten Urteil verwiesen.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihre Klageanträge unverändert weiter.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags machen sie mit eingehender rechtlicher Begründung geltend:

Das Landgericht habe verkannt, dass es eine Familientradition gegeben habe, das Fabrikvermögen in der Familie zu halten. Gegen diese Tradition verstoße die Erbeinsetzung der Beklagten. Es sei verfehlt, aus der historischen Entwicklung und den mit dem Testament A K aus dem Jahre 1882 beginnenden letztwilligen Verfügungen und Willensäußerungen lediglich ableiten zu wollen, dass nur die Einheit des in dem Fabrikvermögen zusammengefassten Familienvermögens zu wahren sei und es auf den Einfluss der Familie auf dieses Vermögen nicht ankomme. Der Vertrag vom 31. Juli 1956 (Zusatzvertrag zum Vertrag vom 13. Juli 1953) habe A K von B und H die Möglichkeit eröffnen sollen, das Fabrikvermögen innerhalb der Familie weiterzuvererben. Es habe sich dabei nicht nur um eine rechtlich unverbindliche Erwartung gehandelt, sondern es bestehe eine kausale Verknüpfung zwischen der erwarteten Neuregelung und der Aufhebung der erbvertraglichen Vereinbarungen aus dem Jahre 1953. Dies rechtfertige die unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Zweckverfehlung bzw. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geltend gemachten Ansprüche. Diese seien nicht verjährt, weil die Verjährung allenfalls mit dem Rechtsübergang auf die Beklagte im Jahre 1967 begonnen habe.

Im Hinblick auf die mit dem Hauptantrag verfolgten und aus ihrer Rechtsstellung als Mitglieder des Familienrats abgeleiteten Ansprüche vertreten die Kläger die Auffassung, das Familienunternehmen - und mit ihm auch der Familienrat - sei durch die Anordnung der Alliierten Hohen Kommission vom 04. März 1953 nicht beendet worden. Diese Anordnung habe u.a. schon deshalb keine Wirkungen entfalten können, weil die Beendigung der Liquidation des Unternehmens F K von der Übertragung der in dem Entflechtungsplan vorgesehenen Übertragung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten abhängig gemacht worden sei. Der Entflechtungsplan sei jedoch nicht durchgeführt worden.

Als Mitgliedern des fortbestehenden Familienrates, dessen Aufgaben denen des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft entsprochen hätten, müsse ihnen, um sie nicht völlig rechtlos zu stellen, die Möglichkeit eingeräumt werden, drei der Mitglieder des Kuratoriums der Beklagten zu berufen. Denn der Familienrat entspreche von seiner Aufgabenstellung her in weitem Umfang dem Kuratorium. Die aus der Rechtsstellung als Familienratsmitglieder abgeleiteten Ansprüche seien ebenfalls nicht verjährt und auch nicht verwirkt.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil wie folgt abzuändern:

I.

(1)

Die beklagte Stiftung wird verurteilt zu erklären:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt geändert: Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen, drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von dem Familienrat des Familienunternehmens F K, die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden."

(2)

Die beklagte Stiftung wird verurteilt zu erklären:

"An den Innenminister

des Landes Nordrhein-Westfalen - Stiftungsaufsicht - Haroldstraße 5, 40213 Düsseldorf

Betreff: Antrag auf Genehmigung einer Satzungsänderung

Hiermit stellen wir den Antrag, die Genehmigung zu folgender Satzungsänderung der A K von B und H Stiftung zu erteilen:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt geändert:

Die erste Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen; drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von dem Familienrat des Familienunternehmens F K, die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden."

II.

Hilfsweise zu dem Antrag I.(1):

1.

Die beklagte Stiftung wird verurteilt zu erklären:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt geändert:

Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen; drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von der Erbengemeinschaft nach B K von B und H, die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden.

Hilfsweise zu dem Antrag 1.(2):

2.

Die Beklagte wird verurteilt zu erklären:

"An den Innenminister

des Landes Nordrhein-Westfalen - Stiftungsaufsicht - Haroldstraße 5, 40213 Düsseldorf

Betreff: Antrag auf Genehmigung einer Satzungsänderung

Hiermit stellen wir den Antrag, die Genehmigung zu folgender Satzungsänderung der A K von B und H Stiftung zu erteilen:

"§ 8 Abs. 2 der Satzung wird wie folgt abgeändert: Die ersten Mitglieder des Kuratoriums werden von den Testamentsvollstreckern des Stifters berufen; drei aller späteren Mitglieder sind jeweils von der Erbengemeinschaft nach B K von B und H die übrigen durch Beschluss des Kuratoriums zu berufen. Eines der Mitglieder kann zum geschäftsführenden Kuratoriumsmitglied berufen werden."

Die Beklagte beantragt,

1.

die Berufung zurückzuweisen;

2.

für den Fall der Zwangsvollstreckung ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bankbürgschaft leisten zu dürfen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie hält die Ansprüche der Kläger für nicht schlüssig, jedenfalls aber für verjährt bzw. verwirkt. Sie ist der Auffassung, das Familienunternehmen sei durch die Anordnung der Alliierten Hohen Kommission vom 04. März 1953 beendet worden, so dass auch der Familienrat seitdem keine Funktion mehr gehabt habe.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen umfangreichen Sachvortrags wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und auf die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Dies gilt sowohl für die mit dem Hauptantrag verfolgten und aus der Rechtsstellung als Mitglieder des Familienrats abgeleiteten Ansprüche als auch für die mit dem Hilfsantrag verfolgten Ansprüche der Erbengemeinschaft nach B K von E und H.

I.

Der Senat lässt offen, welche Rechtsfolgen die Anordnung der Alliierten Hohen Kommission vom 04. März 1953 für die Fortgeltung des Erlasses vom 12. November 1943 ("Lex K") und für den Fortbestand des 1943 gegründeten Familienunternehmens hatte. Er unterstellt zugunsten der Kläger, dass das Familienunternehmen nicht mit dem vorgenannten Erlass beendet wurde und auch im Zeitpunkt des Todes von A K von B und H noch fortbestand.

1.

In diesem Fall hätte die beklagte Stiftung dieses Familienunternehmen und das in ihm zusammengefasste Fabrikvermögen von Todes wegen erworben. Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses Erwerbs bestünden nur dann, wenn das Testament A K von B und H nichtig wäre. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hätte (§ 134 BGB). Ein solches Verbot bestand jedoch nicht.

Ob der Erlass vom 12. November 1943, die sog. "Lex K.", als Gesetz i.S.d. § 134 BGB anzusehen wäre, kann offen bleiben. Denn er enthält keine Regelungen darüber, wie von Todes wegen über das Familienunternehmen zu verfügen war. Das Familienunternehmen war ein durch diesen Erlass geschaffenes Gebilde eigener Art, für das es gesetzliche Regelungen nicht gab. Es mag - wie die Kläger, gestützt auf die von ihnen eingeholten Rechtsgutachten, meinen - mit einem Familienfideikommiss vergleichbar gewesen sein. Aber auch ein solcher Familienfideikommiss hatte 1943 keine gesetzliche Basis mehr.

Die inhaltliche Gestaltung des "Familienunternehmens" kann deshalb nur seiner Satzung entnommen werden. Das folgt auch aus Ziffer 1. des Erlasses, wonach die Errichtung des "Familienunternehmens" mit besonders geregelter Nachfolge" dem Inhaber des K Familienvermögens oblag.

Die Satzung des Familienunternehmens enthält unter der Überschrift "Nachfolge" u.a. die Regelung, dass beim Tode des Inhabers das Familienvermögen als geschlossenes Ganzes auf ein einzelnes Mitglied der Familie übergehe; ferner die Bestimmung, dass nur ein ehelicher Abkömmling von A K Nachfolger werden könne und mangels anderweitiger Bestimmung der Grundsatz der Primogenitur entsprechend dem Preußischen Allgemeinen Landrecht gelten solle.

Die Satzungsregelungen waren und blieben privatrechtlicher Art. Dass die Satzung ebenso wie die Errichtung des Familienunternehmens der Genehmigung des "Führers" bedurfte (II. des Erlasses), machte sie nicht zu einem Gesetz i.S.d. § 134 BGB.

2.

Wenn A K von B und H mit der Erbeinsetzung der Beklagten gegen die Nachfolgeregelung der Satzung verstieß, machte dies das Testament daher nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar. Es hätte möglicherweise gemäß § 2078 Abs. 2 BGB mit der Begründung angefochten werden können, A K von B und H habe in der irrigen Annahme testiert, die Satzung entfalte keine Wirkungen mehr. Das kann aber dahinstehen, weil eine Anfechtung unstreitig nicht erfolgt ist und wegen Fristablaufs auch nicht mehr erfolgen kann.

Die Beklagte hat das in dem Familienunternehmen zusammengefasste Fabrikvermögen danach aufgrund wirksamen Testaments und folglich mit Rechtsgrund erworben, so dass ein bereicherungsrechtlicher Ansatz für das Klagebegehren in diesem Fall von vorneherein auszuscheiden hat.

3.

Die Kläger argumentieren deshalb auch damit, dass der durch die Satzung installierte Familienrat, der "sinngemäß die gleichen Aufgaben zu erfüllen (hatte), die der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft hat" (VI. 3. der Satzung), auch die Interessen der Familie in der Verwaltung des Familienunternehmens zu wahren gehabt habe. Der Familienrat, hilfsweise die Erbengemeinschaft nach B K von B und H habe daher einen Anspruch auf Mitverwaltung des Unternehmens gehabt, der schon gegenüber A K von B und H bestanden habe und deshalb im Wege der Erbfolge auf die Beklagte übergegangen sei; die Beklagte habe ein mit diesem Anspruch "belastetes" Unternehmen erworben.

3.1

Es mag im Ansatz richtig sein, dass der einem Aufsichtsrat nachempfundene Familienrat auch an der Verwaltung des Unternehmens beteiligt sein sollte. Denn der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft hat gegenüber dem Vorstand auch beratende Funktion im Hinblick auf die künftige Geschäftspolitik und nimmt in diesem Umfang auch an der Leitungsaufgabe des Vorstandes teil. Da der Familienrat aber nur "sinngemäß" die gleichen Aufgaben wie ein Aufsichtsrat hatte und das Familienunternehmen völlig anders strukturiert war als eine Aktiengesellschaft, gewinnt der Umstand an Bedeutung, ob und wie der Familienrat in der Zeit von 1943 bis 1953 an der Verwaltung des Familienunternehmens tatsächlich mitgewirkt hat. Erst dann ließe sich ermessen, welche Mitwirkungsrechte A K von B und H dem Familienrat nach 1953 und vor allem auch im Zusammenhang mit der Errichtung der Beklagten möglicherweise hätte einräumen müssen. Dazu fehlt es aber an näherem Vortrag.

Auch der Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Kläger vom 18. Oktober 1999 liefert dazu keine konkreten Erkenntnisse. Die Kläger tragen dort vielmehr selbst vor, dass die Befugnisse des Familienrats weit hinter denen eines Aufsichtsrats zurückblieben und dass eine Überwachung der Geschäftsführung durch den Familienrat zumindest rein tatsächlich allenfalls sehr eingeschränkt erfolgen könne. Der Familienrat habe keine regelmäßig anfallenden Aufgaben wahrzunehmen. Seine unternehmensbegleitende Tätigkeit entfalte sich weniger in formell gefassten Beschlüssen als vielmehr in beratenden Meinungsäußerungen und Informationen, die häufig auch nur von einzelnen Familienmitgliedern stammen mögen; die Grenze zwischen einem Tätigwerden des Organs Familienrat und Stellungnahmen einzelner Familienmitglieder sei immer fließend gewesen. Eine wichtige Funktion des Familienrats habe in der Wahrung der Interessen der Familie und ihrer Angehörigen bestanden.

3.2

Diese inhaltlich unscharfen Mitwirkungsfunktionen hat der Familienrat jedenfalls seit 1953 nicht mehr ausgeübt oder auszuüben versucht. Er ist nach seiner letzten Sitzung, die entgegen dem erstinstanzlichen Vortrag nicht am 03. Februar 1953 (Protokollauszug in Anlage K 10), sondern am 29. Oktober 1953 stattgefunden haben dürfte (Anlage K 25 zur Berufungsbegründung, Bl. 699 ff GA), als solcher nicht mehr tätig geworden, obwohl bereits damals die Problematik der drohenden Aufhebung der Lex K durch die Alliierte Hohe Kommission und deren als rechtlich zweifelhaft angesehene Wirksamkeit erkannt worden sowie die Möglichkeit rechtlicher Schritte dagegen erwogen worden war (Anlage K 10). Das Unternehmen wurde seitdem ohne Mitwirkung des Familienrates geführt. Erst 1990 hat sich der Familienrat zur Wahrnehmung seiner (Mitwirkungs-)Rechte (Bl. 29) "rekonstituiert" (Anlage K 15). Der zwischenzeitliche Kontakt der Geschwister mit A K von B und H kurz vor dessen Tod, der (letztlich erfolglos) bezweckte, eine Mitwirkung an der Führung des auf eine Stiftung zu übertragenden Unternehmens zu erreichen, ändert daran nichts. Die Kläger räumen in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18. Oktober 1999 selbst ein, dass die Geschwister nicht als Mitglieder des Familienrates aufgetreten seien, sondern die Interessen der Familie und aller Geschwister vertreten hätten.

Der Senat hält deshalb das Verlangen, dem 1990 wieder ins Leben gerufenen Familienrat mittelbar durch Mitwirkung an der Besetzung des Kuratoriums Einfluss auf die Unternehmensleitung zu geben, für verwirkt. Dies folgt daraus, dass trotz der schon 1953 erkannten Ungewissheit über den rechtlichen Fortbestand des 1943 gegründeten Familienunternehmens, die in den auszugsweise vorgelegten Protokollen der Familienratssitzungen vom 03. Februar und 29. Oktober 1953 (Anlagen K 10 und K 25) ihren Niederschlag gefunden hat, angebliche Mitwirkungsbefugnisse des Familienrats an der Unternehmensleitung nicht eingefordert wurden, auch nicht, als im Zusammenhang mit der Gründung der Beklagten die Rechtsform des Unternehmens in eine GmbH umgewandelt wurde, durch die die Satzung des Familienunternehmens aus dem Jahre 1943 und der darin konstituierte Familienrat jedenfalls faktisch gegenstandslos wurden. Aus dem Umstand, dass sich einzelne Familienmitglieder mit A K von B und H bzw. nach dessen Tod auch mit den Testamentsvollstreckern in Verbindung gesetzt und Möglichkeiten der Beteiligung der Familie an der zu gründenden Stiftung diskutiert haben, folgt nicht, dass damit die Rechte des Familienrats als des satzungsmäßigen Organs des Familienunternehmens reklamiert werden sollten. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, bliebe der Umstand, dass zwischen diesem gescheiterten Versuch einer Beteiligung und der Einreichung der Klageschrift im vorliegenden Verfahren im Jahre 1992, mit der die angeblichen Ansprüche erstmals gerichtlich geltend gemacht worden sind, wiederum rund 25 Jahre vergangen waren und der Familienrat selbst auch erst 1990, also rund 23 Jahre später Anlass gesehen hatte, sich zu "rekonstituieren".

Die 30-jährige Verjährung des angeblichen Anspruchs auf Mitwirkung an der Unternehmensführung war ohnehin schon spätestens 1983 eingetreten.

4.

Auf den Abfindungs- und Erbvertrag vom 13. Juli 1953 und auf dessen Zusatzvertrag vom 31. Juli 1956 (K 11 und K 12) kommt es bei dem unterstellten Fortbestand des Familienunternehmens über das Jahr 1953 hinaus nicht an, weil der Abfindungs- und Erbvertrag unter der ausdrücklichen Voraussetzung steht, dass die von den Alliierten verfügte Unanwendbarkeit der Lex K sowie die Auflösung und Beendigung des Familienunternehmens wirksam seien, und der Zusatzvertrag in diesem Fall gegenstandslos ist.

II.

Unterstellt, der Erlass vom 12. November 1943 ("Lex K") und das Familienunternehmen hätten nicht fortbestanden, sondern mit der Verfügung der Alliierten Hohen Kommission im Jahre 1953 ihr Ende gefunden, kommt es allein auf die diversen letztwilligen Verfügungen und Verträge an.

1.

Unstreitig ist, dass auf der Grundlage des Testamentes A K vom 21. April 1882 (K 1), das die angebliche Familientradition begründet haben soll, A K von B und H als zweiter Substitut im Sinne des Fideikommissrechts nach Preußischem Allgemeinen Landrecht nicht mehr an das Testament aus 1882 gebunden, insbesondere in seiner Entscheidung, wie über das Fabrikvermögen letztwillig zu verfügen sei, frei war. Das wird auch in dem von den Klägern vorgelegten Rechtsgutachten wiederholt hervorgehoben.

Deshalb enthält das Testament in § 4 die rechtlich nicht bindende Bitte an den noch unbekannten zweiten Substituten, "...Anordnungen zu treffen, durch welche in ähnlicher Weise, wie ich es gethan habe, die Conservierung und Verbesserung der Werke für weitere Zeit möglichst gesichert wird."

2.

An dieser Rechtslage - unbeschränkte Testierfreiheit A K von B und H - hat sich durch die späteren Verträge aus 1953 und 1956 zwischen B und A K von B und H nichts geändert.

Im Abfindungs- und Erbvertrag vom 13. Juli 1953 (K 11) war zwar eine umfangreiche Vor- und Nacherbfolgeregelung vereinbart worden, die ausschließlich Familienangehörige als Rechtsnachfolger vorsah. Diese und der gesamte erbvertragliche Teil des Vertrages wurden aber im Zusatzvertrag vom 31. Juli 1956 (K 12) ausdrücklich und uneingeschränkt aufgehoben.

Die Behauptung der Kläger, B K von B und H habe die Vorstellung gehabt, ihr Sohn A werde das Fabrikvermögen nur innerhalb der Familie weitervererben, ist bestritten und nicht feststellbar. Die Umstände sprechen gegen diese Annahme.

Der Wortlaut des Vertrages gibt für eine Vererbung innerhalb der Familie nichts her. Dort ist nur vom Fortbestand der Einheit der Werke für weitere Zeit die Rede. Dies entspricht der Formulierung im Testament A K aus dem Jahre 1882, in dem (§ 4) die "Conservierung und Verbesserung der Werke für weitere Zeit möglichst gesichert" werden sollte. Von einer Weitergabe innerhalb der Familie ist dort keine Rede.

Es mag allerdings naheliegen und nach Auffassung der Kläger vielleicht sogar selbstverständlich sein, dass ein Firmengründer und Unternehmer sein Werk nicht nur als Einheit erhalten sehen, sondern es auch künftig in den Händen der Familie wissen möchte. Er muss aber bei nüchterner Betrachtung in Rechnung stellen, dass nicht stets ein zur Unternehmensfortführung geeignetes Familienmitglied zur Verfügung stehen muss. Deshalb ist ebenso naheliegend, dass er für diesen Fall dem Erhalt der Einheit des Unternehmens den Vorrang gibt und den Wunsch nach einem der Familie angehörenden Inhaber zurücktreten lässt. Das Testament F A K vom 28. Juli. 1887 (Anlage B 3 zum Schriftsatz RAe Dr. R vom 09. März 1999, dort S. 25/26) enthält für einen solchen Fall sogar die ausdrückliche Bitte, das gesamte "Fabrik-Etablissement" zu veräußern. Der Umstand, dass sowohl im Testament A K aus 1882 als auch im Vertrag von 1956 die Weitergabe innerhalb der Familie nicht ausdrücklich, nicht einmal als unverbindlicher Wunsch festgeschrieben worden ist, lässt deshalb den Schluss auf eine angebliche Familientradition dieses Inhalts nicht zu.

3.

Der Vertrag von 1956, mit dem die erbrechtlichen Regelungen des Vertrages von 1953 aufgehoben wurden, deutet zudem bei Würdigung seines gesamten Textes darauf hin, dass B K von B und H ihrem Sohn die Rechtsstellung des zweiten Substituten nach dem Testament von 1882 einräumen bzw. erhalten wollte. So wird der von ihr 1943 erklärte Verzicht zugunsten ihres Sohnes zugleich als Ausübung des Rechtes zur Bestimmung des zweiten Substituten gedeutet (Ziff. I.1.); ferner wird vorsorglich A noch einmal als zweiter Nacherbe (= Substitut) nach seinem Großvater bestimmt (Ziff. I.4.). Dazu passt es dann, dass in Ziff. II die an § 4 des großväterlichen Testaments orientierte Erwartung geäußert wird, dass A K von F und H den Fortbestand der Einheit der Werke sicherstellen werde. Dies enthält im Kern nichts anderes als die Wiederholung der rechtlich unverbindlichen Bitte des Großvaters an den zweiten Substituten. Der Vertrag von 1956 geht damit nicht über das Testament von 1882 hinaus. Eine weitergehende Bindung A K von B und H ist ihm nicht zu entnehmen. Dieser hatte vielmehr, nachdem die 1953 vereinbarten erbrechtlichen Bindungen aufgehoben waren, wieder die Rechtsstellung des zweiten Substituten, der frei verfügen durfte, und er sollte diese Rechtsstellung nach dem erkennbaren Willen seiner Mutter auch haben.

4.

Selbst wenn B K von P und H die Vorstellung gehabt hätte, ihr Sohn A werde das Fabrikvermögen nur innerhalb der Familie weitervererben, ließe sich daraus weder ein Bereicherungsanspruch noch ein Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ableiten.

Dagegen spricht bereits, dass die Möglichkeit, ihr Sohn A könne anders verfügen, vorausgesehen, aber ausdrücklich nicht zur Bedingung oder Voraussetzung der Aufhebung des Erbvertrages gemacht wurde. Bei dieser Aufhebung sollte es also auf jeden Fall bleiben.

Die Weitergabe innerhalb der Familie war deshalb kraft ausdrücklicher Regelung weder Geschäftsgrundlage noch Zweck der Aufhebung des Erbvertrages.

Hätte ein Verstoß gegen die angebliche Erwartung B K von B und H irgendwelche Rechtsfolgen haben sollen, hätten diese bereits damals vereinbart werden können. Es hätte auch unter Abänderung der erbvertraglichen Regelungen aus 1953 eine andere erbvertragliche Regelung gefunden werden können, um die angebliche Erwartung zu sichern. Dass man all dies nicht getan, sondern die an die Familie gebundene vertragliche Erbfolge ersatzlos aufgehoben hat, spricht wiederum dafür, dass A K von B und H - als zweiter Substitut in seiner Entscheidung völlig frei sein sollte.

Eine andere Auslegung des Vertrages geriete zudem in Widerspruch zu der gesetzlich garantierten Testierfreiheit (§ 2302 BGB), die nur durch erbvertragliche Vereinbarungen oder ein gemeinschaftliches Testament eingeschränkt werden kann (dazu Palandt/Edenhofer, BGB, 58. Aufl., § 2302 Rdn. 1; 1937 Rdn. 3 ff). Der Vertrag von 1956 ist kein Erbvertrag, weil er keine Erbeinsetzung, kein Vermächtnis und keine Auflagen (§§ 1941 Abs. 1, 2278 Abs. 2 BGB) enthält, sondern nur einen früheren Erbvertrag aufhebt. Es wäre eine unzulässige Beschränkung der Testierfreiheit, wenn A K von B und H bzw. dessen Nachlass für den Fall, dass er von dieser Freiheit Gebrauch machte, Sanktionen in Gestalt von Bereicherungsansprüchen oder Ansprüchen wegen veränderter Geschäftsgrundlage ausgesetzt wäre.

Im Ergebnis scheitert daher die Anspruchskonstruktion über § 812 BGB bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage daran, dass schon nicht sicher festgestellt werden kann, dass B K von B und H bei Abschluss des Vertrages vom 31. Juli 1956 die Vorstellung hatte, A K von B und H werde das Fabrikvermögen (nur) innerhalb der Familie weitervererben. Selbst wenn sie diese Vorstellung gehabt hätte, würde dies die gewünschte Vertragsanpassung oder einen Bereicherungsanspruch wegen Zweckvereitelung nicht rechtfertigen.

III.

Die Berufung muss daher in der Hauptsache mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 100 2P0 erfolglos bleiben. Der Umstand, dass die Berufungsschrift zunächst auch noch die drei Testamentsvollstrecker als Beklagte aufgeführt hat, hat keine Kostenfolgen. Dem der Berufung beigefügten landgerichtlichen Urteil war bereits zu entnehmen, dass die Kläger die Testamentsvollstrecker nach dem Ende der Testamentsvollstreckung nicht weiter in Anspruch nehmen wollten und dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die Testamentsvollstrecker seien aus dem Rechtsstreit ausgeschieden. Dies haben die Kläger mit der Berufungsbegründung klargestellt. Eine teilweise Berufungsrücknahme liegt darin nicht.

Einer teilweisen Abänderung bedarf das angefochtene Urteil aber hinsichtlich der Kostenentscheidung. Das Gebot der einheitlichen Kostenentscheidung erfordert es, auch über die Kosten der zunächst mitverklagten Testamentsvollstrecker, der Beklagten zu 2.a) bis c), zu entscheiden, auch wenn diese infolge der Beendigung ihres Amtes aus dem Rechtsstreit ausgeschieden sind. Ob ein gegen einen Testamentsvollstrecker gerichteter Rechtsstreit mit dem Ende des Testamentsvollstreckeramtes analog §§ 239, 246 ZPO unterbrochen wird bzw. auszusetzen ist (so u.a. Musielak/Stadler, ZPO, § 239 Rdn. 3) und welche Folgen dies für die Kostenentscheidung hat, kann hier dahinstehen, weil eine Unterbrechung bzw. Aussetzung schon deshalb nicht in Betracht kommen konnte, weil der Nachlaß durch die Beklagte zu 1. bereits am Rechtsstreit beteiligt war. Der Umstand, dass mit den Beklagten zu 2.a) bis c) drei Streitgenossen aus einem im übrigen mit dem vierten Streitgenossen fortgeführten Rechtsstreit ausgeschieden sind, macht nach Auffassung des Senats eine Entscheidung über die bis zu dem Ausscheiden entstandenen Kosten erforderlich.

Diese Kosten müssen die Kläger tragen, wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob. diese Kostenfolge aus § 91 ZPO, aus § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO oder in analoger Anwendung aus § 91 a ZPO abzuleiten ist, weil die Klage sich insgesamt als unbegründet erweist und auch gegenüber den Beklagten zu 2.a) bis c) keinen Erfolg hätte haben können.

IV.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils und die Anordnung der Sicherheitsleistungen beruhen auf §§ 708 Ziff. 10, 711, 108 ZPO. Der Senat hält an seiner im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung geäußerten Rechtsansicht fest, dass es sich bei dem Streit der Parteien um einen vermögensrechtlichen Streit handelt, und hat deshalb die Beschwer gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt. Er hat erwogen, ob für den Fall, dass das Revisionsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, es liege ein nichtvermögensrechtlicher Streit vor, die Revision nach § 546 Abs. 1 ZPO zuzulassen wäre. Er hat dafür aber keinen hinreichenden Grund gesehen.

Ende der Entscheidung

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