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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.08.2005
Aktenzeichen: 8 U 25/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
BGB § 119 Abs. 1 | |
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
BGB § 280 Abs. 1 | |
BGB § 280 Abs. 2 | |
BGB § 286 |
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des Landgerichts Münster vom 28. November 2003 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.709,27 Euro nebst 9,25 % Zinsen seit dem 16. Juni 2003 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 39 % und der Beklagte zu 61 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe: I. Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen des Beklagten auf der Grundlage des zum 31. Oktober 2002 aufgestellten Zwischenabschlusses der Klägerin in Verbindung mit dem zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen Vertrag vom 30.10.2002 über eine "Realteilung". Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Zahlungsverpflichtung des Beklagten folge aus II. §§ 1, 2, 5 des Vertrages vom 30.10.2002. Diese Zahlungsverpflichtungen stünden selbständig nebeneinander. Die vertragliche Regelung sei nicht gem. IV. Abs. 2 im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu verstehen, dass die Zahlungen des Beklagten nach § 2 Abs. 2 des Vertrages als Einlage auf dem Kapitalkonto des Beklagten gutzuschreiben seien. Zudem sei § 5 der Ausscheidensvereinbarung nicht durch die Anfechtungserklärung des Beklagten mit Schreiben vom 12.06.2003 als nichtig anzusehen. Die Anfechtungsfrist sei nicht gewahrt, ein Anfechtungsgrund liege nicht vor. Der Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er rügt, das Landgericht habe die rechtliche Relevanz seines Vortrages nicht erkannt. Die Verpflichtung aus § 2 Abs. 2 des Vertrages vom 30.10.2001 müsse sich in der Bilanz niederschlagen. Zudem sei die Bilanz unzutreffend, da die Übernahme von Leasingverträgen, die Übernahme von Mitarbeitern, die Beteiligung an den Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber der C-X und die von der Klägerin gehaltenen Geschäftsanteile an ihrer Komplementärin nicht hinreichend in der Bilanz berücksichtigt worden seien. Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat die Klage in Höhe von 2.129,80 € (Mietereinbauten) zurückgenommen und beantragt im Übrigen, die Berufung zurückzuweisen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Kfm. I B. Für die Beweisfragen wird auf die Beschlüsse des Senats vom 28.06.2004 und 25.10.2004 verwiesen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Sachverständigen B vom 15.02.2005 und 20.03.2005 sowie auf den Berichterstattervermerk zur Sitzung vom 15. August 2005 verwiesen. II. Die Berufung ist teilweise begründet. Die Bilanz zum 31.10.1992 ist wegen der Beteiligung an den Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber der C-X und des Geschäftsanteils der Klägerin an ihrer Komplementärin zugunsten des Beklagten zu berichtigen. Im Übrigen greifen seine Einwendungen nicht durch. Im einzelnen: 1. Den Haupteinwand des Beklagten, die Übernahme von Schulden der Klägerin in Höhe von 130.000,00 € gem. II, § 2 Abs. 2 des Vertrages vom 30.10.2002 müsse im Zwischenabschluss als Gegenbuchung auf seinem Einlage- oder seinem Darlehenskonto vermerkt werden, hält der Senat mit dem Landgericht für nicht berechtigt. Die Auslegung der Vereinbarung vom 30.10.2002 führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass die Verpflichtungen aus II, § 2 Abs. 2 sowie II, § 5 Abs. 1 des Vertrages vom 30.10.2002 nebeneinander stehen und die Erfüllung der Pflicht aus § 2 Abs. 2 keinen Einfluss auf die Gesellschafterkontenverpflichtung des Beklagten hat. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: a) Aus Wortlaut und Systematik des Vertrages folgt keine Verknüpfung der Verpflichtungen aus II, § 2 Abs. 2 und II, § 5 Abs. 1. Der Vertrag regelt aber nicht, auf welcher schuldrechtlichen Grundlage im Verhältnis der Parteien die Schuldübernahme des Beklagten erfolgte. Eine Verrechnung der Schuldübernahme mit den Gesellschafterkonten des Beklagten ist deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen. Aus § 5 Abs. 2 des Vertrages folgt nichts anderes. Denn diese Klausel könnte so interpretiert werden, dass selbst unter Verrechnung von 130.000,00 € ein Saldo zu Lasten des Klägers verbliebe. b) Nach §§ 133, 157 BGB ist daher zu fragen, ob die Parteien die Vertragsklauseln in einem übereinstimmenden Sinn verstanden haben. Die Klägerin trägt dazu vor, das Nebeneinander beider Ansprüche beruhe auf der Entlassung des Beklagten aus dem Wettbewerbsverbot. Dass der Beklagte das ebenso sah, ergibt sich aus den Schreiben vom 06.08.2002, 07.08.2002 und 02.12.2002. Im Schreiben vom 06.08.2002 teilt der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten unter Hinweis auf die Regelungen des Gesellschaftsvertrages und das Wettbewerbsverbot die Bedingungen mit, unter denen er bereit sei, die E-Anteile zu übertragen. Der Ausgleich des Verlustvortragskontos steht als Bedingung 4 kumulativ und ohne Verknüpfung zur "Verteilung" der Bürgschaft bei der Sparkasse F. Diese beiden Voraussetzungen akzeptiert der Beklagte am 07.08.2002 zu Ziff. 4 und 9. Unter dem 02.12.2002 schließlich bezeichnet er die 130.000,00 € als "Kaufsumme für die E". c) Dem so gefundenen Ergebnis stehen die Regelungen in II, § 3, (3) ek nicht entgegen. Diese haben nichts mit dem Wegfall des Wettbewerbsverbotes bzw. einer Kaufsumme zu tun, sondern beruhen auf dem weitergehenden Entgegenkommen, den Beklagten/E in den Vertrag der Klägerin mit der C vom 28.12.2002 einzubeziehen. d) Das Ergebnis ist auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse und damit der Interessenlage der Parteien zutreffend: Dem Beklagten ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass im Rahmen einer bestehenden Gesellschaft Schuldtilgungen eines Gesellschafters als Einlage zu behandeln wären. Die Situation war hier aber anders. Der Klägerin ging es wirtschaftlich schlecht, und der Beklagte wollte aussteigen, um sich als Konkurrent der Klägerin im identischen Kundenkreis zu betätigen. Das muss im Wirtschaftsleben erkauft werden. Die Schuldübernahme einer Forderung, für die gesamtschuldnerisch ohnehin gehaftet wird, stellt aber keinen Kaufpreis dar. Seinen wirtschaftlichen Sinn entfalten die Vertragspflichten in II, §§ 2 Abs. 2, 5 Abs. 1 deshalb nur, wenn zusätzlich das Verlustvortragskonto vollständig auszugleichen ist. e) Die vom Beklagten erklärte Anfechtung scheitert, da ein Irrtum nach § 119 Abs. 1 BGB nicht feststellbar ist. Wie bereits dargelegt, hat der Beklagte selbst die 130.000,00 € als "Kaufsumme" bezeichnet. 2. Zugunsten des Beklagten ist seinem Kapitalkonto im Umfang seines Anteils an der Klägerin (40 %) der Buchwert der Komplementärin der Klägerin (25.564,59 €) zuzuschreiben. Zu dieser Position hat der Sachverständige B in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des Zwecks der Bilanz zum 31.10.2002, eine Grundlage für die Auseinandersetzung zu schaffen, auf der Passivseite der Wert für die Komplementärin aufzulösen ist. Der aktivierte Buchwert der Komplementärin der Klägerin sei dementsprechend dem Kapitalkonto des Beklagten gutzuschreiben. Auf dieser Grundlage ergibt sich zugunsten des Beklagten ein Betrag von 10.225,84 €. Der Senat hat den Buchwert der Komplementärin der Klägerin zugrundegelegt, weil die Klägerin selbst diesen Wert in der Bilanz angegeben und der Beklagte gegen die Höhe des Wertansatzes keine Einwendungen erhoben hat. Dies entspricht dem Gutachten des Sachverständigen, wonach die Aktivierung allein der Buchwerte auf der Aktivseite (auch) zutreffend sei. 3. Des weiteren ergibt sich zugunsten des Beklagten eine Gutschrift auf seinem Kapitalkonto in Höhe von 6.929,02 € aufgrund der Beteiligung an den Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber der C-X gem. II, § 3 Abs. (3) d) der Vereinbarung vom 30.10.2002. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: In der Bilanz aktiviert wurde das Recht, das C-Logo zu nutzen (Vertrag vom 28.12.2001). Dieses Recht wurde mit einem Anfangswert von 66.735,14 € angesetzt. Dieser Wert orientierte sich an dem Abfindungsbetrag gem. § 2 Abs. 1 des Vertrages vom 27.12.2001. Die Nutzungsberechtigungszeit wurde auf fünf Jahre (rückwirkendes Ausscheiden zum 31.12.2000, Vertrag vom 27.12.2001, und Laufzeit des Vertrages vom 28.12.2001 bis zum 31.12.2005) abzüglich 2001, also vier Jahre festgesetzt, da für 2001 kein Aufwand verrechnet werden sollte. Zu dieser Aktivierung hat der Sachverständige festgestellt, dass mit Ausnahme eines Rechenfehlers die Bilanzierung in dieser Form zulässig war (Gutachten vom 25.02.2005 Rz. 39 ff). Unter Berücksichtigung der Realteilung ist dieser Aktivposten jedoch nicht, wie geschehen, ebenso wie der Passivposten um die Hälfte zu kürzen. Angemessen ist vielmehr allein eine Reduzierung um 1/4. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: Die Parteien sind zwar bei der Vereinbarung vom 30.10.2002 davon ausgegangen, der Beklagte würde mit der E die gleichen Möglichkeiten eingeräumt werden, die auch der Klägerin zustanden. Dies hat sich jedoch nicht verwirklicht. Wie die Parteien übereinstimmend geschildert haben, konnte die E als "offizieller C-Partner" nicht aufgenommen werden. Die Einschränkungen, die sich für die Klägerin aus der Nutzung des C-Logos auch durch die E ergeben, haben sich daher nicht als so umfassend herausgestellt, wie ursprünglich gedacht. Dieser Umstand ist als aufhellende Tatsache im Rahmen der später erfolgten Bilanzierung zu berücksichtigen. Er führt jedoch nicht dazu, den Aktivposten gar nicht zu reduzieren. Denn die E hat durch die Zuweisung von drei C-Manualen die Möglichkeit erhalten, auf dem Gebiet der Klägerin als deren Konkurrentin aufzutreten. Daraus ergibt sich eine Einschränkung des Nutzungsrechtes für die Klägerin und damit eine Reduktion des Aktivpostens. Unter Würdigung aller Umstände bewertet der Senat die dem Beklagten eingeräumten Chancen auf dem Gebiet der Klägerin tätig zu werden und den ihm zugleich verweigerten Einstieg als offizieller C-Partner gleich. Dies führt zu einer Reduktion des Aktivpostens um 1/4. Unter Berücksichtigung des von dem Sachverständigen aufgedeckten Rechenfehlers und eines Anteils des Beklagten an der Klägerin von 40 % ergibt sich daraus eine Reduzierung des Aktivpostens zu Lasten des Beklagten in Höhe von 5.283,20 € (55.612,61 ./. 2.780,64 = 52.831,97 : 4 = 13.207,99 x 0,4 = 5.283,20). Dieser Betrag ist abzuziehen von der zugunsten des Beklagten erfolgten Reduzierung der Passivseite von 12.212,22 € (61.061,12 € : 2 x 40 %), so dass sich daraus eine Erhöhung des Kapitalkontos des Beklagten von 6.929,02 € ergibt. Es bestehen keine Bedenken, die Vereinbarung vom 30.10.2002 bilanziell auch umzusetzen. Die Einschränkungen, die sich aus der Nutzung auch durch die E ergeben, sind bereits Gegenstand von Ziff. II, § 5 Abs. 2 der Vereinbarung vom 30.10.2002, die der Senat als Ausgleich für die Aufhebung des Wettbewerbsverbotes ansieht. 4. Die Übernahme von Leasingverträgen (II, § 2 Abs. 1 der Vereinbarung vom 30.10.2002) und die Übernahme von Mitarbeitern (II, § 4 Abs. 1 der Vereinbarung vom 30.10.2002) ist unter Berücksichtigung der Vereinbarung vom 30.10.2002 entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen ordnungsgemäß bilanziert. 5. Weitere Einwendungen hat der Beklagte gegen die Bilanzierung nicht erhoben. Unabhängig von der Frage, ob dem Beklagten ein Anspruch zustand, gemeinsam mit der Klägerin die Bilanz aufzustellen, ist er jedenfalls nach Treu und Glauben nach Abklärung aller streitigen Positionen nunmehr verpflichtet, die Bilanz für und gegen sich gelten zu lassen. 6. Unter Berücksichtigung aller Abzugsposten und der Klageänderung im Berufungsverfahren ergibt sich damit zusammenfassend folgende Berechnung der ausgesprochenen Urteilssumme: Klageforderung|49.993,93 € Klagerücknahme|- 2.129,80 € anteiliger Buchwert der Komplementärin| - 10.225,84 € Bilanzierung der C-Vereinbarung|- 6.929,02 € insgesamt|30.709,27 €.
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2; 286 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1; 269 Abs. 3 ZPO.
Der Ausspruch über die Vollstreckung erging gem. § 708 Nr. 11 ZPO.
Ende der Entscheidung
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