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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 8 U 29/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 723 Abs. 1
BGB § 138
BGB § 738 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 29/03 OLG Hamm

Verkündet am 17. März 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Hütte und Zarth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 18. Dezember 2002 abgeändert.

Es wird festgestellt, daß dem Kläger ein Abfindungsanspruch gegen den Beklagten in Höhe seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zusteht.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen, die weitergehende Klage also abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 90 % und der Beklagte zu 10 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 92 % und der Beklagte zu 8 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie des streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer erstinstanzlichen Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat dem Zahlungsanspruch nur in Höhe von 4.090,34 € nebst Zinsen stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, daß die zwischen den Parteien bestehende Gesellschaft durch die Kündigung des Beklagten vom 19.12.2000 zum 31.12.2001 aufgelöst worden sei. Die Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages, auf die sich der Beklagte gestützt hat, sei wirksam mit der Folge, daß der Kläger aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Ein Anspruch auf Abfindung stehe ihm nicht zu, weil dieses Recht im Gesellschaftsvertrag konkludent abbedungen worden sei. Schließlich könne der Kläger auch nicht eine Neuberechnung seines Gewinnanteils für das Jahr 1997 verlangen. Die von ihm vorgenommene Auslegung der Regelung in § 12 des Gesellschaftsvertrages, die zu einem höheren Gewinnanspruch führe, sei unzutreffend. Begründet sei die Klage lediglich insoweit, als der Kläger eine Abschlagszahlung in Höhe von 8.000,00 DM (4.090,34 €) für den Monat Dezember 2001 geltend gemacht habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er verfolgt weiter den Antrag auf Feststellung, daß die Gesellschaft mit dem Beklagten nicht zum 31.12.2001 beendet worden sei und begehrt hilfsweise Feststellung, daß ihm jedenfalls ein Anspruch auf Abfindung in Höhe seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zustehe. Weiterhin strebt er Zahlung eines höheren Gewinns für das Jahr 1997 an.

Er vertieft seine Auffassung, wonach die Kündigung des Beklagten vom 19.12.2000 unwirksam sei, weil die zugrunde liegende Bestimmung in § 15 des Gesellschaftsvertrages, die faktisch sein, des Klägers, Hinauskündigen aus der Gesellschaft ermögliche, sittenwidrig und damit nichtig sei. Der Bundesgerichtshof habe solche Klauseln nur für den Fall akzeptiert, daß besondere sachlich rechtfertigende Gründe vorliegen. Solche Gründe existierten im Streitfall nicht. Insbesondere könne als sachlich rechtfertigender Grund nicht herangezogen werden, daß er, der Kläger, in die bereits bestehende Arztpraxis eingetreten sei und hierfür keine unmittelbare Gegenleistung erbracht habe. Dieser Gesichtspunkt sei bereits durch seinen geringeren Gewinnanteil hinreichend berücksichtigt worden. Da davon auszugehen sei, daß der Beklagte die Kündigung nur in Erwartung der Rechtsfolgen des § 15 des Gesellschaftsvertrages ausgesprochen habe, diese Folge aber nicht zu erreichen sei, könne auch nicht eine Kündigung zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft angenommen werden. Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, sei die Gesellschaft noch nicht beendet, sondern müsse liquidiert werden.

Der Kläger meint weiterhin, das Landgericht habe ihm zu Unrecht einen Abfindungsanspruch für den Fall versagt, daß die Kündigung wirksam sei. Der Umstand, daß dazu im Gesellschaftsvertrag nichts geregelt sei, bedeute nicht, daß er darauf verzichtet habe. Es gelte vielmehr die gesetzliche Regelung. Danach sei er am wirklichen Wert der Gesellschaft zu beteiligen, der auch unter Berücksichtigung des von ihm miterarbeiteten good will zu berechnen sei. Eine Innengesellschaft liege nicht vor. Die Vereinbarung jeglichen Abfindungsausschlusses wäre zudem sittenwidrig.

Schließlich verfolgt er auch seinen Restgewinnanspruch für 1997 weiter. Er meint, das Landgericht habe die Gewinnverteilungsregelung in § 12 des Gesellschaftsvertrages gegen den ausdrücklichen Wortlaut ausgelegt. Die von ihm für richtig gehaltene Auslegung werde auch der Interessenlage beider Parteien gerecht und führe dazu, daß ihm für das Jahr 1997 noch ein Restgewinnanspruch in Höhe von 24.190,94 € zustehe.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis in Form des Partnervertrages vom 25.11.1993 durch die Kündigung des Beklagten vom 19.12.2000 nicht zum 31.12.2001 beendet worden ist,

hilfsweise festzustellen, daß ihm ein Abfindungsanspruch gegen den Beklagten in Höhe seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zusteht,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 24.190,94 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2001 zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, daß der vorbezeichnete Zahlungsanspruch in eine Auseinandersetzungsrechnung der Parteien einzustellen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen.

Die Klausel in § 15 des Gesellschaftsvertrages, so meint er, sei wirksam. Die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Vereinbarungen, die das Hinauskündigen ohne sachlichen Grund ermöglichen, sei auf BGB-Gesellschaften nicht ohne weiteres anwendbar. Zudem liege ein sachlich gerechtfertigter Grund vor. Die Kündigung sei zudem aus wichtigem Grund berechtigt und wirksam.

Einen Abfindungsanspruch des Klägers hält der Beklagte weiterhin für unbegründet. Ein good will sei während des Bestehens der Gesellschaft mit dem Kläger nicht erarbeitet worden, da infolge des Operationsverbots im Evangelischen Krankenhaus in xxx ein erheblicher Rufverlust der Praxis eingetreten sei, der zu Rückgängen bei den Patientenzahlen geführt habe.

Zu den Restgewinnansprüchen für das Jahr 1997 verteidigt der Beklagte die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der maßgeblichen Regelung in § 12 des Gesellschaftsvertrages, die von dem Kläger in der Vergangenheit stets gebilligt worden sei.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat nur insoweit Erfolg, als er die Feststellung eines Abfindungsanspruchs begehrt. Im übrigen ist die Berufung unbegründet, da das Landgericht zu Recht die Kündigung der Gesellschaft zum 31.12.2001 für wirksam angesehen und die vom Kläger angestrebte Neuberechnung der Gewinnverteilung für unberechtigt gehalten hat.

1.

Die Gesellschaft ist durch die Kündigung des Beklagten vom 19.12.2000 zum 31.12.2001 aufgelöst worden, so daß der Feststellungsantrag zu 1) unbegründet ist.

Nach § 15 Abs. 1 des Praxisvertrages zwischen den Parteien vom 25.11.1993 kann der Vertrag mit einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Dies hat der Beklagte getan mit der Folge, daß nach § 15 Abs. 2 des Vertrages der Kläger ausgeschieden ist.

Die Regelung in § 15 des Praxisvertrages ist entgegen der Auffassung des Klägers wirksam. Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter das Recht einräumen, einen oder mehrere Mitgesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen, grundsätzlich gegen § 138 BGB verstoßen und deshalb nichtig sind (z.B. BGHZ 81, 263; BGH NJW.1985, 2421, 2422; BGHZ 105, 213, 216; BGHZ 107, 351, 353). Eine Ausnahme wird lediglich für den Fall vorgenommen, daß wegen außergewöhnlicher Umstände die Vereinbarung einer Hinauskündigung sachlich gerechtfertigt ist (BGHZ 105, 213, 217; BGHZ 107, 351, 353).

§ 15 des Praxisvertrages begründet auch das Recht, den neu hinzugekommenen Gesellschafter ohne wichtigen Grund hinauszukündigen. Solange kein weiterer Gesellschafter aufgenommen wurde, betraf diese Regelung allein den Kläger.

Gleichwohl ist die Vereinbarung auch unter Berücksichtigung der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung wirksam. Zwar vermag der Senat nicht die Auffassung des Beklagten zu teilen, wonach die für Personenhandelsgesellschaften entwickelte. Rechtsprechung auf BGB-Gesellschaften nicht anwendbar sei (so auch Erman-H. P. Westermann, 10. Aufl. § 737 Rdn. 6). Gerade die Mitglieder etwa einer Freiberuflersozietät bestreiten regelmäßig von ihrer Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft ihren Lebensunterhalt, so daß ihre Existenz von dem Verbleiben in der Gesellschaft abhängen kann. Die grundlose Ausschließung eines solchen Gesellschafters trifft diesen regelmäßig nicht geringer als etwa einen Kommanditisten, für den die Gesellschaftsbeteiligung nicht die Existenzgrundlage darstellen muß.

In dem hierzu beurteilenden Fall ist die Regelung in § 15, die ein Hinauskündigen des Klägers ermöglicht, jedoch ausnahmsweise wegen außergewöhnlicher Umstände sachlich gerechtfertigt. Die Gründe, die regelmäßig Veranlassung geben, ein solches Recht als sittenwidrig zu erachten, sind aufgrund der Besonderheiten der Fallgestaltung hier nicht gegeben. Ein Verstoß gegen § 138 BGB wird von der Rechtsprechung des BGH bei der Möglichkeit, einen Gesellschafter ohne wichtigen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, deshalb angenommen, weil die von einer unter Umständen aus sachfremden und willkürlichen Motiven möglichen Hinauskündigung bedrohten Gesellschafter in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht mehr unabhängig sind und ihren Gesellschafterpflichten nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen können. Bei einem Gesellschaftsverhältnis, das auf gedeihliches Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels angelegt sei, könne dies grundsätzlich nicht hingenommen werden (BGHZ 105, 213, 217).

Dieser Gesichtspunkt, daß durch die Möglichkeit eines jederzeitigen und unter Umständen willkürlichen Ausschlusses in nicht zu billigender Weise Druck auf den betroffenen Gesellschafter ausgeübt werden kann, ist im Streitfall nur von untergeordneter Bedeutung. Der Kläger wird nämlich durch die Geltendmachung des Ausschließungsrechts nach § 15 des Praxisvertrages nicht wesentlich gegenüber der Situation benachteiligt, die gegeben wäre, wenn die Gesellschaft nach gesetzlichen Regeln gekündigt und liquidiert würde. Hätte der Beklagte ohne Geltung des § 15 nach § 723 Abs. 1 BGB gekündigt, wäre die Gesellschaft zu liquidieren gewesen. Das hätte zur Folge gehabt, daß Verbindlichkeiten der Praxis beglichen und evtl. dem Personal gekündigt worden wäre, das Vermögen verteilt und die Einlagen zurückgewährt worden wären. Faktisch hätte der Beklagte jedoch am bisherigen Standort allein die Praxis weiterführen können; der Kläger wäre auch bei einer Liquidation faktisch der weichende Gesellschafter gewesen. Der Beklagte und sein zwischenzeitlich verstorbener Vater waren die alleinigen Mieter der Praxisräumlichkeiten und Eigentümer des Praxisinventars. Nach § 11 Abs. 1 des Praxisvertrages sollten diese Rechte ausdrücklich nicht in die Gesellschaft eingebracht werden. Wenn aber die gesetzlich vorgesehene Auflösungskündigung für den Beklagten die Konsequenz gehabt hätte, daß der Beklagte am bisherigen Standort eine HNO-Praxis weiterbetreiben und der Kläger seine Berufstätigkeit anderweitig hätte fortsetzen müssen, liegt in der Möglichkeit, ein tatsächlich und wirtschaftlich vergleichbares Ergebnis durch die faktische Ausschließung nach § 15 des Praxisvertrages zu erreichen, keine derart erhebliche Belastung des Beklagten, die zur Sittenwidrigkeit führt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie im Streitfall der Kläger seine Kassenarztzulassung behält und ihm damit die Möglichkeit eröffnet ist, im Bereich der Stadt xxx seine Berufstätigkeit in eigener Praxis fortzusetzen oder sich einer anderen Facharztpraxis anzuschließen. Gerade die fortbestehende Kassenarztzulassung bot die realistische Chance, auch außerhalb der Gesellschaft mit dem Beklagten den bisherigen Beruf erfolgreich auszuüben.

Die Regelung in § 15 des Praxisvertrages erweist sich nach alledem nicht als sittenwidrig und damit nichtig, so daß die darauf gestützte Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Beklagten wirksam war.

2.

Auf den Hilfsantrag des Klägers war in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung festzustellen, daß ihm ein Abfindungsanspruch gegen den Beklagten in Höhe seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zusteht.

Allein darauf, daß der Praxisvertrag keine Abfindungsregelung enthält, läßt sich nicht die Feststellung stützen, die Parteien hätten im Fall des Ausscheidens des Klägers eine Abfindung auch nicht gewollt und diese konkludent ausgeschlossen. Auszugehen ist von der gesetzlichen Regelung, wonach einem Gesellschafter, der aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausscheidet, ein Abfindungsanspruch zusteht, § 738 Abs. 1 BGB. Diese Regelung ist in dem Praxisvertrag weder ausdrücklich noch konkludent abbedungen worden. Zwar ist es vielfach üblich, in Gesellschaftsverträgen auch Regelungen über die Rechtsfolgen einer Kündigung oder eines Ausschlusses, insbesondere über Höhe und Zahlweise von Abfindungen, aufzunehmen. Das Fehlen einer solchen Klausel kann aber nur dann den Schluß rechtfertigen, die Parteien hätten eine Abfindung nicht gewollt, wenn hierfür ausreichend weitere Anhaltspunkte gegeben sind. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Tatsache, daß etwa kein Gesamthandsvermögen am Praxisinventar gebildet worden ist und die Geschäftsführung allein bei dem Beklagten lag, besagt entgegen der Auffassung des Landgerichts nichts zu den Vorstellungen der Parteien über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der Gesellschaft. So durften die Parteien bei Vertragsschluß etwa davon ausgehen, daß die Praxis einen good will erwerben würde, bezüglich dessen nicht ohne weiteres davon auszugehen ist, daß er entschädigungslos dem Beklagten verbleiben sollte. Ob in der Realität zum Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft ein solcher good will erarbeitet worden ist, was zwischen den Parteien angesichts des Zerwürfnisses mit dem Evangelischen Krankenhaus und den daraus resultierenden negativen Konsequenzen streitig ist, kann bei dieser Beurteilung dahinstehen. Jedenfalls läßt sich nicht feststellen, daß die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Abfindung ausgeschlossen haben. Da auch nicht etwa mit Sicherheit feststeht, daß ein Gesellschaftsvermögen als Grundlage für einen Abfindungsanspruch nicht besteht, war die begehrte Feststellung dem Grunde nach zu treffen.

3.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung weiteren Gewinns für das Jahr 1997 in Höhe von 24.190,94 € ist nicht begründet.

a)

Der Senat folgt der Auslegung des § 12 des Praxisvertrages, wonach der Kläger für das Jahr 1997 Anspruch auf einen Gewinnanteil von 25 % hatte.

Der Kläger meint, aus Abs. 3 der Klausel folge für die Zeit bis zum Eintritt eines Nachfolgevertragspartners für den verstorbenen Herrn xxx daß er bis zu einem Betrag von 1/3 des Durchschnittsgewinns der Jahre 1991 - 1993 zu 25 % am Gewinn beteiligt sei, während der Mehrerlös, der dieses Drittel übersteige, ihm zu 60 % zugerechnet werden müsse.

Dem Kläger ist zuzugestehen, daß dieses Verständnis mit dem Wortlaut der Klausel in Einklang zu bringen ist. Das Ergebnis hält jedoch weder einer interessengerechten Auslegung stand noch wird es dem Umstand gerecht, daß der Kläger selbst die von dem Beklagten favorisierte Gewinnberechnung jahrelang ohne Beanstandung hingenommen hat.

Bei zutreffender Würdigung ist mit dem Begriff "Mehrerlös" in § 12 Abs. 3 des Praxisvertrages nicht der Betrag gemeint, der 1/3 des Durchschnittsgewinns übersteigt. Ausgangspunkt ist vielmehr der in Abs. 2 der Klausel genannte Steigerungsbetrag, also der Betrag, um den der durchschnittliche Jahresgewinn der Jahre 1991 - 1993 künftig steigen würde. Erst wenn dieser Steigerungsbetrag 1/3 des Durchschnittsbetrages übersteigt, also ab einem Gewinn von mehr als 133,3 % des Durchschnittsbetrages der Vergangenheit, sollte der Kläger am Spitzenbetrag mit 60 % beteiligt werden. An dem Praxisgewinn zwischen 100 % und 133,3 % des Durchschnittsbetrages der Vergangenheit war der Kläger mit 40 % zu beteiligen, was sich aus Abs. 2 ergibt. Abs. 3 stellt somit eine Ergänzung zu Abs. 2 dar.

Für diese Interpretation, die ebenfalls noch mit dem Wortlaut in Einklang zu bringen ist und insbesondere keine Auslegung gegen den Wortlaut darstellt, wie der Kläger meint, spricht im besonderen Maße eine interessengerechte Auslegung anhand der im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Gewichtung der Positionen beider Parteien. Der Kläger, der in eine bestehende Praxis eintrat und keinerlei Kapital einbrachte, sollte in geringerem Maße am Gewinn beteiligt sein als der Beklagte als Gründungsgesellschafter. Das größere Gewicht des Beklagten in der Gesellschaft kommt in vielen Regelungen des Vertrages zum Ausdruck und findet auch seinen Niederschlag bei der Regelung der Gewinnverteilung in § 12 Abs. 1, wonach der Kläger lediglich zu 25 % beteiligt sein sollte. Folgt man dagegen der Auffassung des Klägers, sind realistische Fallgestaltungen denkbar, in denen sein Gewinnanteil 50 % übersteigt. Dies widerspricht der Auffassung der Parteien bei Vertragsschluß. Bereits bei einer Steigerung des Durchschnittsgewinns der Jahre 1991 - 1993 um 35 % hätte der Kläger nach seiner Auslegung der Gewinnverteilungsregelung von dem dann gegebenen Praxisgewinn von 709.097,00 DM einen Betrag von 364.178,00 DM zu beanspruchen, das wären 51,4 %. Dieses Rechenbeispiel ist auch nicht gänzlich unrealistisch. Die Parteien gingen bei Vertragsschluß davon aus, daß mit dem Eintritt des Klägers in die Praxis insbesondere auch durch deutliche Erhöhung der Belegarzttätigkeit im Evangelischen Krankenhaus eine erhebliche Steigerung der Einnahmen zu erzielen sein würde. Auch wenn der Kläger maßgeblichen Anteil an einer solchen Steigerung hätte, entsprach es nach den vorstehenden Ausführungen nicht dem Willen der Parteien, den Gewinnanteil des Klägers derart steigen zu lassen, daß er den Anteil des Beklagten überragte. Dieser Vorstellung wird die Gewinnverteilung gerecht, wie sie oben dargestellt und von dem Beklagten praktiziert worden ist. Auch danach hätte die Steigerung des Praxisgewinns über den Durchschnitt der Jahre 1991 - 1993 eine prozentuale Steigerung des Gewinnanteils des Klägers zur Folge gehabt. Bei dem oben gebildeten Beispiel einer Erhöhung um 35 % wäre der Gewinnanteil des Klägers auf 29 % gestiegen.

Für das hier gefundene Ergebnis, wonach der Kläger auch bei nur zwei Gesellschaftern bis zu einem Praxisgewinn, der den Jahresdurchschnitt der Jahre 1991 - 1993 nicht überstieg, zu 25 % beteiligt war, spricht auch sein eigenes Verhalten in der Vergangenheit. Er hat die Gewinnberechnungen, denen der Verteilungsschlüssel zweifelsfrei zu entnehmen war, ohne Protest hingenommen. Selbst wenn er sich nicht in besonderem Maße um die Auslegung der vertraglichen Gewinnverteilungsregel gekümmert haben sollte, wie er behauptet, mußte ihm klar sein, daß er bis zum Durchschnittsbetrag der Jahre 1991 - 1993 nur mit 25 % des Praxisgewinns beteiligt wurde. Diese Erkenntnis setzte keine vertiefte Auseinandersetzung mit der Gewinnberechnung voraus. Wenn der Kläger gleichwohl das Ergebnis akzeptierte, deutet das darauf hin, daß die Berechnung seiner Vorstellung von der vertraglichen Gewinnverteilungsregelung entsprach.

b)

Auf der Grundlage der Gewinnermittlung des Steuerberaters xxx vom 29.07.1998 für das Jahr 1997 (Bl. 170 GA) von 489.026,29 DM ergibt sich bei einem Gewinnanteil von 25 % und einer unstreitigen Zulage von 22.000,00 DM für besondere Vertretungen ein Gewinnanteil des Klägers von 144.256,57 DM. Soweit der Kläger seiner Berechnung einen Gewinn von 493.941,28 DM zugrunde legt (Schreiben vom 27.11.2001, Bl. 171 GA), hat er den geringfügig höheren Betrag nicht erläutert.

Dem dargestellten Gewinnanspruch für 1997 in Höhe von 144.256,97 DM stehen Auszahlungen für diesen Zeitraum in Höhe von 144.000,00 DM gegenüber, so daß grundsätzlich ein Restgewinnanspruch in Höhe von 256,57 DM, das sind 131,18 €, verbleibt. Nach Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung zum 31.12.2001 kann dieser Anspruch jedoch nicht mehr isoliert geltend gemacht werden, sondern ist als Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen.

Mit diesem Inhalt war aber auch nicht dem entsprechenden Feststellungsantrag des Klägers stattzugeben, den er als Hilfsantrag zu 2) geltend gemacht hat. Für die Feststellung eines Restgewinnanspruchs für 1997 in Höhe von 131,18 € fehlt nämlich das Feststellungsinteresse, da dieser Betrag von dem Beklagten nie bestritten worden ist. Er beruht auf der Abrechnung des Steuerberaters xxx auf die sich der Beklagte immer gestützt hat und die er für zutreffend hält.

4.

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Der Senat hat entgegen der Anregung des Klägers die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Ausgehend von gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Senat individualvertragliche Regelungen in einem Einzelfall beurteilt.



Ende der Entscheidung

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