Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.06.2001
Aktenzeichen: 8 U 77/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 25
BGB § 32
1. Eine Mitgliederversammlung eines Vereins kann zulässig nicht so durchgeführt werden, dass einzelne Mitglieder bei der Durchführung von Abstimmungen telefonisch zugeschaltet werden. Ein so zustande gekommener Beschluss ist zumindest anfechtbar.

2. Sind Beschlüsse der Mitgliederversammlung auf diese Weise herbeigeführt worden, wird dieses jedoch im Aufnahmeverfahren gegenüber dem Dachverband, bei dem der Verein sich seinerseits um Aufnahme bemüht, dadurch verdeckt, dass tatsächlich nicht anwesende Mitglieder in den Protokollen als anwesend aufgeführt sind, so kann das die Verweigerung der Aufnahme oder den Ausschluss als Mitglied auch dann rechtfertigen, wenn es sich bei dem Dachverband um einen sog. Monopolverein handelt.

3. Die Vereinssatzung kann dem Vorstand für bestimmte Fälle die Kompetenz zur "Streichung von der Mitgliederliste" zuweisen. Für die Wirksamkeit einer solchen Satzungsbestimmung ist es nicht erforderlich, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels gegen den Streichungsbeschluss vorgesehen wird.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 20. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey, die Richterin am Oberlandesgericht Betz und den Richter am Oberlandesgericht Lehmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird, soweit er nicht durch den Beschluss des Senats vom 9. Mai 2001 erledigt ist, zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 7/8 dem Antragsteller und zu 1/8 dem Antragsgegner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Beklagte ist der Dachverband der deutschen Rassen- und Zuchtvereine und Hundesportverbände. Der Kläger hat am 28.4.1997 die Mitgliedschaft beim Beklagten beantragt.

Die Aufnahme als Mitglied beim Beklagten ist geregelt in der VDH-Aufnahme-Ordnung Bl. 22 ff. GA. Diese enthält u.a. folgende Bestimmungen:

§ 5 Änderungen

Jeder Bewerber um Mitgliedschaft hat zu erklären, daß er jede Veränderung, die während des Aufnahmeverfahrens eintritt und Einfluß auf das Ergebnis der Prüfung der Aufnahmevoraussetzungen haben könnte ... unverzüglich mitteilen wird.

§ 6 Verstöße

Bei schuldhaften Verstößen gegen die §§ 3 - 5, läuft der Bewerber Gefahr, daß seinem Aufnahmeantrag nicht entsprochen wird. ... Zurechnen lassen muß sich der Bewerber ebenfalls das Verhalten von Züchtern, wenn diese während der Dauer des Aufnahmeverfahrens entgegen § 34 züchten.

§ 16 Satzung und Ordnungen

I. Satzung und Ordnungen des Bewerbers müssen mit der Satzung und dem Ordnungswerk des VDH übereinstimmen. Der Bewerber muß gegebenenfalls die entsprechenden rechtlichen Regelungen schaffen und der AK gegenüber den Nachweis ordnungsgemäßer Beschlußfassung und eventuell erforderlich werdender registergerichtlicher Eintragung erbringen. ...

§ 34 Risiko gefallener Würfe

In der Zeit zwischen Beginn des Aufnahmeantrages auf vorläufige Mitgliedschaft und dem Wirksamwerden des Aufnahmebeschlusses (...) sind Zuchtmaßnahmen grundsätzlich nicht gestattet.

Am 12.2.1999 ist der Kläger gemäß § 4 Ziff. 4 der Satzung des Beklagten (Bl. 10 ff. GA) als vorläufiges Mitglied aufgenommen worden.

In § 5 Ziff. 3 der Satzung, der die Streichung aus der Mitgliederliste regelt, heißt es u.a.:

Die Streichung ist eine fristlose, mit sofortiger Wirkung eintretende Kündigung durch den Vorstand. Sie erfolgt durch Vorstandsbeschluss ... Sie darf nur vorgenommen werden, wenn

...

b) ein Mitglied die endgültige oder vorläufige Aufnahme in den Verband durch falsche Angaben erschlichen hat.

...

Gegen die Streichung ist binnen Monatsfrist nach Zustellung des Vorstandsbeschlusses die Anrufung des VDH-Schiedsgerichtes gegeben. ... Die Anrufung des Schiedsgerichts hat nur im Falle 3.a) aufschiebende Wirkung.

Nachdem der Beklagte dem Kläger zuvor mit Anwaltsschreiben vom 3.2.2000 mitgeteilt hatte, dass er wegen bestimmter, näher bezeichneter Vorwürfe einen Verlust von dessen Mitgliedschaft prüfe, teilte er ihm mit weiterem Anwaltsschreiben vom 5.9.2000 (Bl. 45 ff. GA) mit, dass sein Vorstand in der Sitzung vom 30.6./1.7.2000 beschlossen habe, den Kläger gemäß § 5 Punkt 3 b) der Satzung von der Mitgliederliste zu streichen, weil er sich die vorläufige Aufnahme durch falsche Angaben erschlichen habe. Zur näheren Begründung ist angeführt, dass am 20.11.1997 - unstreitig - bei der 1. Vorsitzenden des Klägers ein Wurf Welpen gefallen ist, der in das Luxemburgische Zuchtbuch eingetragen worden ist. Diese Welpen seien in Frankfurt aufgezogen worden. Soweit der Eintragung zugrunde liege, dass die 1. Vorsitzende ihren Wohnsitz nach Luxemburg verlegt habe, handele es sich um eine anzeigepflichtige Veränderung, die nicht mitgeteilt worden sei. Außerdem sei der Aufnahmekommission eine Hündin zum engeren Zuchtpotenzial gemeldet worden, die wegen einer Erkrankung nicht zuchttauglich gewesen sei. Des weiteren liege eine Täuschung darin, dass Protokolle über Mitgliederversammlungen eingereicht worden seien, in denen Mitglieder als anwesend aufgeführt seien, die tatsächlich nicht anwesend gewesen, sondern allenfalls - wie der Kläger einräumt - telefonisch zugeschaltet gewesen seien.

Gegen diese Streichung hat sich der Kläger zunächst mit einer Feststellungsklage an das VDH-Schiedsgericht gewandt. Das Schiedsgericht hat diese Klage als "unschlüssig" abgewiesen, weil nach dem Vortrag des Klägers das Schiedsgericht weder zuständig sei noch eine gültige Verfahrensordnung existiere. Daher sei eine Entscheidung, diesen Vortrag als richtig unterstellt, nicht möglich. Die Frage der Zuständigkeit und der Wirksamkeit der Schiedsgerichtsordnung sei vor dem Zivilgericht zu klären. Wegen weiterer Einzelheiten insoweit wird auf den Beschluss vom heutigen Tage in dem Verfahren 8 Sch 1/01 verwiesen.

Daraufhin hat der Kläger beim Landgericht die vorliegende Klage auf Feststellung, dass seine Streichung von der Mitgliederliste unwirksam sei, erhoben. Er hat geltend gemacht, dass die Schiedsgerichtsvereinbarung unwirksam sei.

Weiterhin hat er gemeint, dass auch die Satzung des Beklagten unwirksam sei, soweit sie zulasse, dass bei einer Aufnahme durch falsche Angaben eine Streichung durch den Vorstand erfolgen könne. Darüber hinaus hat er unter näherer Darlegung geltend gemacht, dass er die vorläufige Mitgliedschaft nicht durch falsche Angaben erreicht habe.

Der Beklagte hat sich auf die Schiedsgerichtsvereinbarung berufen und deren Wirksamkeit ebenso wie die Wirksamkeit der Satzungsregelung über die Streichung der Mitgliedschaft verteidigt. Er hat ferner unter näherer Darlegung seine Auffassung verteidigt, dass sich der Kläger die vorläufige Mitgliedschaft durch falsche Angaben erschlichen habe.

Das Landgericht hat die Klage als zulässig, aber unbegründet, abgewiesen. Die Satzungsregelung über die Streichung sei wirksam und die Streichung zu Recht erfolgt. Falsche Angaben des Klägers lägen zwar nicht im Zusammenhang mit der Zucht vor. Seine Mitteilungen über das Zustandekommen der Änderungen von Satzung und Zuchtordnung, die vom Beklagten gefordert worden waren, seien jedoch falsch, weil die übersandten Protokolle den Verlauf der Mitgliederversammlungen des Klägers auch nach dessen Vorbringen jedenfalls nicht so wiedergäben, wie sie tatsächlich abgelaufen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen, gegen das der Kläger Berufung eingelegt hat, die aber noch nicht begründet ist.

Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Berufung weiterhin als vorläufiges Mitglied zu behandeln. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 9.5.2001 zeitlich befristet entsprochen und wegen des weitergehenden Antrags die mündliche Verhandlung anberaumt. Auf den Senatsbeschluss (Bl. 499 ff. GA) wird insoweit verwiesen.

Zur Begründung seines Antrags führt der Kläger aus:

Indem die Satzung des Beklagten dem Rechtsmittel gegen den Vereinsausschluss - um nichts anderes handele es sich bei der Streichung aus der Mitgliederliste - die aufschiebende Wirkung versage, verstoße sie gegen allgemeine, rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze.

Aber auch die Streichung von der Mitgliederliste selbst sei zu Unrecht erfolgt. Zum einen habe es sich bei den Angaben in den Protokollen, auf die das Landgericht abgestellt habe,, überhaupt nicht um aufnahmerelevante Tatsachen gehandelt. Dem Beklagten sei es nur darauf angekommen, dass die im Aufnahmeverfahren gemachten Auflagen durch Beschlüsse auf den Mitgliederversammlungen umgesetzt worden seien. Das sei der Fall gewesen. Außerdem erfordere der Tatbestand der Aufnahmeerschleichung die Feststellung komplexer Sachverhalte, die das vereinfachte Streichungsverfahren durch den Vorstand nicht leisten könne. Hierfür sei ein förmliches, besonders geregeltes Ausschlussverfahren erforderlich.

Der Verfügungsgrund ergebe sich daraus, dass ihm erheblicher irreparabler Schaden entstünde, wenn er jetzt von der vorläufigen Mitgliedschaft ausgeschlossen würde. Viele seiner Mitglieder hätten gedroht, ihn in diesem Falle zu verlassen. Das Zuchtgeschehen bräche zusammen, weil alle jetzt fallenden Welpen keine Papiere des Beklagten mehr bekämen, da eine autorisierte Abnahme nur innerhalb von 8 Wochen nach der Geburt erfolge. Demgegenüber sei es dem Beklagten durchaus zumutbar, ihn einstweilen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Berufung als vorläufiges Mitglied zu führen.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, den Kläger zu Recht aus der Mitgliederliste gestrichen zu haben. Er hält § 5 Ziff. 3 b) seiner Satzung für wirksam. Selbst wenn diese Streichung nur an einfach gelagerte und festzustellende Tatbestände geknüpft werden dürfe, so sei diese Voraussetzung hier gegeben. Ob die Aufnahme in den Verband durch falsche Angaben erschlichen worden sei, sei generell und auch im vorliegenden Fall leicht und eindeutig feststellbar. Die Ausführungen des Landgerichts, das auf die unstreitige Unrichtigkeit der Protokolle und Teilnehmerlisten abgestellt habe, seien zutreffend.

Er, der Beklagte, habe ein berechtigtes Interesse daran, über die Durchführung der Mitgliederversammlungen des Klägers vollständig und zutreffend informiert zu werden. Von der Durchführung hänge die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse ab. Er müsse überprüfen können, ob Satzungen und Ordnungen des antragstellenden Vereins mit der VDH-Satzung in Einklang stehen. Habe sich ein antragstellender Verein insoweit als unzuverlässig erwiesen, so sei sein Verbleiben im Beklagten nicht zumutbar.

In diesem Zusammenhang behauptet der Beklagte, dass die streitigen Mitgliederversammlungen gar nicht stattgefunden, jedenfalls nicht alle in den Protokollen genannten Teilnehmer an ihnen teilgenommen hätten - auch nicht am Telefon. Sie seien gar nicht eingeladen worden.

Die Vorsitzende des Klägers hat zur Durchführung dieser Mitgliederversammlungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat u.a. folgendes erklärt:

Es habe bei den Beschlussfassungen alles ohnehin so entschieden werden müssen wie vom Beklagten vorgegeben, weil das Aufnahmeverfahren sonst sofort zu Ende gewesen wäre. Alle Probleme seien schon im Vorfeld der Versammlungen telefonisch besprochen gewesen. Deshalb hätten einige Mitglieder keine Lust gehabt, hunderte Kilometer zur Versammlung zu fahren. Denjenigen Mitgliedern, die das vorher angekündigt und darum gebeten hätten, sei es darum ermöglicht worden, sich telefonisch an den Abstimmungen zu beteiligen. Es habe sich um 9 oder 5 Personen gehandelt. Diese seien dann bei den jeweiligen Abstimmungen jeweils nacheinander einzeln angerufen und gefragt worden, wie sie abstimmen, nachdem sie informiert worden seien, wie bis dahin abgestimmt sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf dem Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Nachdem die Hauptsache in der Berufungsinstanz vor dem Senat schwebt, ist der Senat gemäß § 937 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zuständig. Der Antrag ist jedoch - soweit nach dem Senatsbeschluss vom 9.5.2001 noch über ihn zu entscheiden ist - unbegründet.

Denn insoweit kann auf der Grundlage des Parteivorbringens sowie der zur Glaubhaftmachung von den Parteien wechselseitig eingereichten Schriftstücke nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verfügungsanspruch besteht. Es spricht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand viel mehr dafür, dass sich das angefochtene Urteil des Landgerichts auch in der Hauptsache als richtig erweisen wird, weil jedenfalls nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand der Ausschluss des Klägers aus dem Beklagten - um den es sich der Sache nach in der Tat handelt - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wirksam ist.

I.

§ 5 Ziff. 3) der Satzung des Beklagten ist wirksam. Bedenken hiergegen bestehen weder unter dem Gesichtspunkt, dass überhaupt eine Streichung von der Mitgliederliste durch Entscheidung des Vorstands ermöglicht wird, noch unter dem Gesichtspunkt der in der Satzung nicht vorgesehenen aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen einen solchen Beschluss.

1.

Rechtsstaatliche Mindeststandards werden nicht schon dadurch verletzt, dass der Vorstand des Beklagten die Streichung von der Mitgliederliste beschließen kann.

Es kann hierfür offen bleiben, ob und in welchen Grenzen ein Ausschluss in einem vereinfachten Verfahren verhängt werden kann (vgl. dazu BGHZ 73, 275, 280; 75, 158). Denn letztlich regelt die Satzung hier nur, dass für die in § 5 Ziff. 3 aufgeführten Fälle anders als für die Fälle des § 5 Ziff. 4 die Kompetenz für die Entscheidung über den Ausschluss ("die Streichung") dem Vorstand zugewiesen wird. Eine Verfahrensregelung, wie es zu dem Beschluss des Vorstands kommen kann, ist dagegen in der Satzung selbst nicht enthalten.

Diese Kompetenzzuweisung für bestimmte Fälle ist unbedenklich. Aus dem Fehlen einer gleichzeitigen Verfahrensregelung folgt nicht, dass der Vorstand bei der Herbeiführung eines Streichungsbeschlusses völlig frei ist, sondern die Ausschlussorgane des Verbands haben gewisse allgemeingültige Verfahrensgrundsätze zu beachten, damit das zum Ausspruch einer Vereinsstrafe führende Verfahren nicht zum Willkürakt wird und sich das betroffene Mitglied sachgerecht verteidigen kann (BGH NJW 1988, 552, 553). Das ist indes keine Frage der Wirksamkeit der Satzung, sondern des vom Vorstand im Einzelfall zu beachtenden Verfahrens.

2.

Ebenso unbedenklich ist es, dass die Satzung keine aufschiebende Wirkung für Rechtsmittel des Mitglieds gegen den Streichungsbeschluss vorsieht. Denn es handelt sich bei der Ausschließung um eine privatrechtliche Maßnahme, die anders als ein Verwaltungsakt nicht ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit vollziehbar ist. Sie ist vielmehr, wenn sie zu Unrecht erfolgt ist, materiell-rechtlich eo ipso wirkungslos. Soweit das zu Unrecht ausgeschlossene Mitglied auf die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte dringend angewiesen ist, kann es diese im Wege einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen. Es kann aber umgekehrt nicht von Vereinen und Verbänden gefordert werden, dass sie einen zu Recht vorgenommenen Ausschluss u.U. jahrelang bis zum Eintritt der Rechtskraft nicht vollziehen können. Vielmehr ist es im Sinne einer gerechten Interessenabwägung weitaus angemessener, das Mitglied ggf. auf den einstweiligen Rechtsschutz zu verweisen. Die Situation ist insoweit grundlegend anders als bei Maßnahmen mit Strafcharakter innerhalb des Vereins wie Geldbußen, vorübergehendem Ausschluss von der Teilnahme am Vereinsbetrieb usw., bei denen der Vollzug im Regelfall aufgeschoben werden kann, bis die vereinsinternen Rechtsmittel gegen derartige Strafen durchgeführt sind.

II.

Es ist derzeit zumindest überwiegend wahrscheinlich, dass der Beklagte berechtigt war, den Kläger gemäß § 5 Ziff. 3) seiner Satzung von der Mitgliederliste zu streichen.

1.

Verfahrensfehler sind nicht erkennbar. Dem Kläger ist hinreichend rechtliches Gehör zu dem beabsichtigten Ausschluss gewährt worden. Aus der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz lässt sich entnehmen, dass er Gelegenheit gehabt hat, sich in der Sache zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen, die in der Begründung für die Streichung von der Mitgliederliste aufgeführt sind, zu äußern. Ihm war auch mit Schreiben vom 3.2.2000 mitgeteilt worden, dass wegen dieser Vorwürfe seine weitere Mitgliedschaft in Frage stehe, so dass er auch Gelegenheit gehabt hat, hierzu Stellung zu nehmen. Ohne weiteren Zwischenbescheid konnte er auch nicht darauf vertrauen, dass sich diese Vorwürfe etwa aus Sicht des Beklagten erledigt hätten.

2.

Des weiteren ist davon auszugehen, dass der Beklagte sich bei seiner Entscheidung über die Streichung des Klägers von der Mitgliederliste zu Recht jedenfalls darauf gestützt hat, dass der Kläger unzutreffende Protokolle über Mitgliederversammlungen vorgelegt hat. Hierbei handelte es sich auch um eine aufnahmerelevante Tatsache. D.h. der Beklagte, der als Monopolverein bei der Verweigerung einer Aufnahme sowie dem Ausschluss von Mitgliedern besonderen Beschränkungen unterliegt, wäre bei Kenntnis dieser Umstände vor der Aufnahme des Klägers berechtigt gewesen, diesem die Aufnahme zu verweigern.

a)

Während es stets voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegt, ob die Tatsachen, die der Ausschließungsentscheidung des Vereins zugrunde gelegt worden sind, bei objektiver und an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung zutreffend festgestellt worden sind, die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die herangezogene Vorschrift jedoch grundsätzlich zu den Maßnahmen gehört, die ein Verein in Ausübung seiner Vereinsgewalt eigenverantwortlich zu treffen hat und die gerichtlich daher nur in engen Grenzen nachprüfbar ist (BGHZ 87, 337 (345) = NJW 1984, 918; NJW 1997, 3368), ist dies bei sog. Monopolverbänden und Vereinigungen mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, bei denen die Mitgliedschaft für den Einzelnen aus beruflichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von erheblicher Bedeutung ist, anders. Bei diesen, einem Aufnahmezwang unterliegenden, Vereinen muss der Ausschluss durch sachliche Gründe gerechtfertigt, darf also nicht unbillig sein. Dabei ist zwar der Vereinigung in Anerkennung ihrer Autonomie zur Wert- und Zielsetzung ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Das Gericht kann daher nicht ohne weiteres seine Überzeugung und seine Wertmaßstäbe an die Stelle derjenigen des Verbandes setzen. Da ein Ausschluss aber um so eher unbillig sein wird, je wichtiger für den Betroffenen die Mitgliedschaft ist, sind diesem Beurteilungs- und Ermessensspielraum enge Grenzen gesetzt (vgl. BGHZ 93, 151 (158) = NJW 1985, 1216; NJW 1988, 552, 555; NJW 1997, 3368).

b)

Auch gemessen an diesem Maßstab ist der Ausschluss des Klägers indes nicht unbillig, sondern von sachlichen Gründen getragen.

aa)

Dabei ist der erstmalig im Prozess angeführte Ausschlussgrund eines Wurfs von Welpen bei dem Mitglied des Klägers T nicht zu berücksichtigen. Denn der Ausschließungsbeschluss unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung nur mit dem Inhalt und der Begründung, wie er im verbandsrechtlichen Ausschlussverfahren zustande gekommen ist. Eine nachträgliche Klärung des Sachverhalts im Zivilprozess mit dem Ziel des Beweises von Ausschlusstatsachen, die im Ausschlussverfahren nicht festgestellt worden sind, liefe auf eine nachgeschobene Begründung des Ausschließungsbeschlusses hinaus, auf der dieser Beschluß nicht beruht, und ist deshalb unzulässig. Die Nachprüfbarkeit der Tatsachenfeststellungen, mit denen der Ausschluss begründet wird, durch die staatlichen Gerichte bedeutet nicht, dass der Verband im gerichtlichen Verfahren neue Tatsachen, die er im verbandsinternen Verfahren nicht festgestellt hat und auf die sich der Ausschluss deshalb auch nicht gründen konnte, im Zivilprozess als neue Ausschlussgründe zur Rechtfertigung seines Ausschließungsbeschlusses nachschieben darf (BGHZ 45, 314 = NJW 1966, 1751; NJW 1981, 2178, 2180; NJW 1988, 552, 554).

bb)

Ob die Begründung des Landgerichts, dass hinsichtlich eines etwaigen Verstoßes gegen § 34 der Aufnahmeordnung in keinem Falle falsche Angaben des Klägers vorliegen, sondern allenfalls ein pflichtwidriges Unterlassen gegeben sei, das die Anwendung des § 5 Ziff. 3 b) der Satzung des Beklagten nicht rechtfertige, kann offen bleiben.

cc)

Denn der Kläger hat den Beklagten jedenfalls durch die Vorlage unrichtiger Protokolle im Aufnahmeverfahren getäuscht.

Der Beklagte hat ein berechtigtes Interesse daran überprüfen zu können, wie es im einzelnen zu Änderungen in der Satzung und Zuchtbuchordnung des Klägers zwecks Anpassung an die Regeln des Dachverbandes gekommen ist. Eine Grundlage hierfür findet sich in § 16 der Aufnahmeordnung, die nicht nur die Übereinstimmung von Satzung und Ordnungen des Bewerbers mit Satzung und Ordnungswerk des Beklagten fordert, sondern explizit ausführt, dass der Bewerber für die Schaffung der entsprechenden Regelungen gegenüber der Antragskommission den Nachweis ordnungsgemäßer Beschlussfassung erbringen müsse.

Dieses Interesse ist legitim, weil der Beklagte sich als nationaler Dachverband darauf verlassen können muss, dass die Regeln seiner Mitgliedsvereine seinen Vorgaben entsprechen, um nicht ggf. seinerseits Sanktionen des internationalen Dachverbandes ausgesetzt zu sein. Hierfür muss er im Bedarfsfalle auch zu einer Überprüfung der Wirksamkeit gefasster Beschlüsse seiner Mitglieder in der Lage sein. Er muss es deshalb nicht hinnehmen, dass ein Mitglied oder ein Aufnahmebewerber ihm Unterlagen über durchgeführte Mitgliederversammlungen vorlegt, die nicht oder so nicht stattgefunden haben.

In diesem Zusammenhang stellt sich bereits die Frage, ob es durch die Vorlage entsprechender Schreiben (ehemaliger) Mitglieder des Klägers seitens des Beklagten nicht ausreichend glaubhaft gemacht ist, dass die Mitgliederversammlungen, über die sich die Protokolle Bl. 118 ff. und Bl. 122 ff. GA verhalten, jedenfalls nicht unter Beteiligung aller dort aufgeführten Anwesenden stattgefunden haben, oder zumindest deshalb nicht wirksam Änderungen der Satzung und der Zuchtordnung des Klägers beschließen konnten, weil nicht alle Mitglieder ordnungsgemäß zu den Versammlungen eingeladen waren.

Das kann aber dahinstehen, weil die Vorlage der Protokolle auch auf der Grundlage des Klägervorbringens den Ausschluss rechtfertigt. Denn auch wenn dieses Vorbringen zutrifft, sind die Mitgliederversammlungen des Klägers in einer unzulässigen Weise durchgeführt worden, die eine wirksame Beschlussfassung nicht zuließ. Die Umstände, aus denen sich diese Unzulässigkeit bzw. Unwirksamkeit ergibt, sind jedoch durch die unvollständige und verfälschende Art und Weise der Protokollierung verschleiert worden.

Hierbei ist davon auszugehen, dass die Beschlussfassung in einer Mitgliederversammlung zulässigerweise nicht so durchgeführt werden kann, dass einzelne Mitglieder telefonisch "zugeschaltet" sind und ihnen abweichend von anderen nicht erschienenen Mitgliedern die telefonische Teilnahme bei Abstimmungen ermöglicht wird. Der Begriff der Versammlung beinhaltet bereits nach seinem Wortsinn die Anwesenheit am Ort. Außerdem wird aus den Regelungen der §§ 32 Abs. 1 S. 3 und 33 Abs. 1 S. 1 BGB deutlich, dass nur die erschienenen Mitglieder bei der Beschlussfassung stimmberechtigt sind.

Dies ist auch in der Sache geboten und erscheint zwingend erforderlich. Nur so können die Mitglieder alle Vorgänge in der Versammlung umfassend mitbekommen und gleichberechtigt an stattfindenden Diskussionen teilnehmen, nur so kann umgekehrt der Versammlungsleiter Wortmeldungen durch Zeichen entgegennehmen (das Mitglied muss sich jederzeit zu Wort melden können) und feststellen, dass die Mitglieder bei Wahlen und Abstimmungen frei und unbeeinflusst ihre Stimme abgeben, nur so sind z.B. auch geheime Abstimmungen und Wahlen überhaupt möglich. Die Mitgliederversammlung kann ihrerseits nur so feststellen, ob der Versammlungsleiter das Ergebnis zutreffend feststellt.

Bei telefonischer Mitwirkung ist im Zweifel nicht einmal in allen Fällen die sichere Feststellung der Identität des Gesprächsteilnehmers möglich.

Es erscheint nach alledem bereits äußerst zweifelhaft, ob die Satzung insoweit zulässigerweise etwas anderes regeln kann (verneinend auch Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 8. Aufl. Rn 1128). Unzweifelhaft nicht genügend ist ein entsprechender außerhalb der Satzung gefasster Beschluss lediglich einzelner Mitglieder wie derjenige vom 6.12.1997 (Bl. 528 GA), auf den der Kläger sich hier beruft, auch wenn es sich hierbei um eine Vereinbarung von Gründungsmitgliedern handelt.

Hinzu kommt die erhebliche Ungleichbehandlung nicht erschienener Mitglieder, wenn einigen von ihnen die telefonische Abstimmung ermöglicht wird und anderen nicht, weil diese möglicherweise angesichts der Rechtslage überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen sind, danach zu fragen, ob auch sie sich telefonisch an der Versammlung beteiligen könnten.

Da die dem Beklagten vom Kläger vorgelegten Protokolle in keiner Weise erkennen lassen, in welcher rechtlich zweifelhaften Weise die fraglichen Beschlüsse zustande gekommen sind, im Gegenteil den Sachverhalt verfälschen, indem sie unstreitig nicht anwesende Mitglieder als anwesend aufführen, können sie ihre Funktion, dem Beklagten im Aufnahmeverfahren eine Prüfung zu ermöglichen, ob der Kläger seine Satzung und Ordnungen wirksam dem Regelwerk des Beklagten angepasst hat, nicht erfüllen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die auf diese Art und Weise zustande gekommenen Beschlüsse nichtig sind oder ob ihre Unwirksamkeit durch entsprechende Rüge geltend gemacht werden muss (vgl. zu den Abgrenzungsfragen insoweit Reichert, a.a.O., Rn 1132 ff.). Der Beklagte hat ein Interesse daran, dass auch nur anfechtbare Beschlüsse nicht gefasst und ggf. in unanfechtbarer Weise wiederholt werden. Dass die von der Vorsitzenden des Klägers im Senatstermin geschilderte Vorgehensweise durch das Protokoll verdeckt wird, lässt des weiteren seine Zweifel daran, dass die Versammlung tatsächlich in dieser Weise stattgefunden hat, angesichts der ihm vorliegenden inhaltlich gegenteiligen Schreiben angeblicher Versammlungsteilnehmer naheliegend erscheinen, zumal es auch nicht gerade der Lebenserfahrung entspricht, dass bei einer mehrstündigen Sitzung mit mehreren Tagesordnungspunkten und mehreren Abstimmungen jedesmal erneut nacheinander bei mehreren "telefonisch zugeschalteten" Versammlungsteilnehmern angerufen, ihnen die Diskussions- und Abstimmungslage erläutert und dann von ihnen eine Abstimmung entgegengenommen wird.

Ebensowenig ist entscheidend, ob sich die vom Kläger behauptete Vorgehensweise bei der Versammlung hier entscheidend auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. Ein so zustande gekommener Beschluss ist unabhängig hiervon zumindest anfechtbar, wenn nicht nichtig. Darüber hinaus bietet das unzulässige Vorgehen des Klägers keine Gewähr dafür, dass dieser die Regeln ordnungsgemäßer Beschlussfassung auch in anderen Fällen einhält oder eingehalten hat, wenn er durch unrichtige Angabe der Tatsachen im Protokoll selbst eine sachgerechte rechtliche Überprüfung verhindert. Zudem hat sich der Kläger noch im Rechtsstreit darauf berufen, dass eine solche Art der Beschlussfassung bei ihm kraft Vereinbarung zulässig sei, hat dazu aber lediglich einen von sechs Mitgliedern unterzeichneten Beschluss vorlegen können. Dies alles deutet darauf hin, dass der Kläger auf die Einhaltung und Beachtung formeller Regeln beim Zustandekommen von Vereinsbeschlüssen keinen Wert legt. Hierüber hat er durch die Vorlage der sachlich unrichtigen Protokolle auch getäuscht.

Es ist nicht unbillig, sondern ein hinreichend sachlicher Grund, der auch die Ablehnung des Aufnahmeantrags gerechtfertigt hätte, wenn der Beklagte einen Verein, der in derart unzulässiger Weise Vereinsbeschlüsse herbeiführen will und das durch unvollständige bis unrichtige Angaben in den Protokollen verschleiert, nicht in seinen Reihen wissen will, weil dieser nicht die notwendige Gewähr dafür bietet, zuverlässig über seine Vereinsinterna zu informieren, soweit sie auch für den Beklagten von Bedeutung sind.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei ist der Senat von einem deutlich überwiegenden Obsiegen des Beklagten ausgegangen, weil der zeitlich befristete Umfang, in dem der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 9.5.2001 Erfolg gehabt hat, im Vergleich zu der weiter vom Kläger erstrebten vorläufigen Regelung nur von untergeordneter Bedeutung ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück