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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.01.2007
Aktenzeichen: 8 WF 369/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.

Dem Kläger wird zu den bisherigen Bedingungen weitergehend Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er eine Abänderung seiner Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt aus dem Urteil vom 6.12. 2002 dahingehend begehrt, ab dem 27.9.2006 lediglich noch monatlich 62,50 € zahlen zu müssen .

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Absatz 2 ZPO zulässig und auch in der Sache teilweise begründet. Denn der beabsichtigten Rechtsverfolgung des Klägers kommt in weitergehendem Umfang eine hinreichende Erfolgsaussicht zu, § 114 ZPO.

Zwar hat das Amtsgericht das unterhaltsrelevante Einkommen der Beklagten zutreffend mit 557,13 € ermittelt. Denn zum einen ist deren Einkommen bei einer einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstelle um monatliche Fahrtkosten in Höhe von 202,40 € zu bereinigen. Da die Beklagte ein erst neun Jahre altes gemeinsames Kind der Parteien betreut und arbeitstäglich die Strecke zwischen O und N zurücklegen muss, ist es ihr nicht zuzumuten, trotz des noch vorhandenen erheblichen Betreuungsbedarfes neben ihrer halbschichtigen Tätigkeit zusätzliche - nicht geringe - Zeiten für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufzuwenden und hierdurch ihre häuslichen Abwesenheitszeiten noch zu vergrößern. Die Höhe der zu berücksichtigenden Fahrtkosten hat das Amtsgericht ebenfalls zutreffend ermittelt, da bei einer einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz bis zu 30 km ein Kilometersatz von 0,24 € je Kilometer anzusetzen und dieser erst bei einer darüber hinausgehenden einfachen Entfernung herabzusetzen ist ( HLL Nr. 10.2.2).

Zum anderen hat das Amtsgericht zutreffend das zu berücksichtigende Erwerbseinkommen der Beklagten um einen Betreuungsbonus von monatlich 150 € vermindert. Denn deren halbschichtige Tätigkeit ist im Hinblick auf das Alter des von ihr betreuten gemeinsamen Kindes jedenfalls bei diesem Umfange noch überobligat, so dass ihr nach ständiger Rechtsprechung des Senates ein abstrakter Betreuungsbonus zuzubilligen ist, der im Hinblick einerseits auf den Arbeitseinsatz der Beklagten und andererseits auf den Betreuungsbedarf ihres Kindes mit monatlich 150 € angemessen angesetzt wurde.

Jedoch ist dem Kläger im Verhältnis zu seiner Ehefrau ein jedenfalls über dem notwendigen Selbstbehalt liegender Selbstbehalt zu belassen ( BGH, FamRZ 2006,683 ff = NJW 2006, 1654 ff), den der Senat noch - selbst für den Fall der Nichterwerbstätigkeit - in ständiger Rechtsprechung auf 1000 € bemisst ( sogenannter billiger Selbstbehalt ; HLL Nr. 21.4.1 Satz 3 ) und der auch dann zu beachten ist, wenn der Ehegatte minderjährige unterhaltsberechtigte Kinder betreut (insoweit jetzt entgegen HLL Nr. 21.4.1 Satz 1). Vorliegend sind auch keine Umstände ersichtlich, die ausnahmsweise Veranlassung zur Herabsetzung dieses Selbstbehaltes geben. Daher sind Ehegatten- und Kindesunterhaltsansprüche in zwei Stufen zu berechnen, weil von zwei unterschiedlichen Verteilungsmassen auszugehen ist. In einer ersten Stufe ist dabei zunächst das den billigen Selbstbehalt übersteigende Einkommen des Klägers auf alle drei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten - also die Beklagte und die beiden minderjährigen Kinder des Klägers - aufzuteilen. In einer zweiten Stufe ist sodann der Differenzbetrag zwischen dem billigen und dem notwendigen Selbstbehalt von (1000 € - 890 € =) 110 € zusätzlich auf die Kinder zu verteilen, allerdings nur, soweit durch die Berechnung in der ersten Stufe der jeweilige Zahlbetrag des Kindesunterhaltes nach der untersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle nicht gedeckt ist.

Zutreffend hat das Amtsgericht zunächst einen Bedarf der Beklagten nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe von 72 € ermittelt. Zur Leistung dieses Betrages ist der Kläger jedoch neben dem Kindesunterhalt für beide Kinder nach der untersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle nicht in der Lage, so dass ein absoluter Mangelfall vorliegt. Im Rahmen dieser Mangelfallberechnung hat das Amtsgericht in zutreffender Weise die Einsatzbeträge für die Mangelfallberechnung mit 332,87 € für die Beklagte (nämlich Mindestbedarf 890 € abzüglich bereinigtes eigenes Einkommen von 557,13 €) und mit 334 € und 276 € für die beiden Kinder (jeweils 135% des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe), also mit insgesamt 942,87 € ermittelt. Bei einer Verteilungsmasse von 177 € in der ersten Berechnungsstufe (Nettoeinkommen des Klägers ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils von 1177 € - billiger Selbstbehalt von 1000 €) errechnet sich hieraus eine Deckungsquote von 18,77%. Auf den Ehegattenunterhalt entfällt somit ein monatlicher Betrag von - rund - 62,50 € (332,87 € x 18,772%). In der zweiten Berechnungsstufe wäre der sich hiernach errechnende Kindesunterhalt noch anteilig um den Differenzbetrag von 110 € zwischen dem notwendigen Selbstbehalt von 890 € und dem billigen Selbstbehalt von 1000 € zu erhöhen, da der Kindesunterhaltsanspruch deutlich unterhalb des Zahlbetrages nach der untersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle verbleibt.

Mithin ist der Kläger lediglich zur Zahlung eines monatlichen nachehelichen Unterhaltsbetrages von rund 62,50 € leistungsfähig. Insoweit war der angefochtene Beschluss teilweise abzuändern. Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.

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