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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 9 U 120/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
Der Veranstalter eines Konzerts haftet nicht für solche Schäden, die durch eine unbefugte Manipulation an einer später eingestürzten Beleuchtungsanlage entstehen, wenn derartige Eingriffe Dritter auch bei kritischer Betrachtung nicht zu erwarten waren.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. April 2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe:

I.

Am 22. Februar 2005 gegen 22.00 Uhr stürzte im Festzelt des Beklagten eine der beiden, die Beleuchtungsanlage tragenden Traversenlifte in das Publikum, mehrere Zuschauer des zu diesem Zeitpunkt noch andauernden Konzertes wurden dabei verletzt. In dem daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hagen (Az. 716 Js 4/06) wurde festgestellt, dass an beiden Traversenliften die jeweils in den Zuschauerraum hineinragenden Traversenfüße von einem unbekannten Täter entfernt worden waren.

Die Klägerin, die ihrerseits im Auftrag des Beklagten das Festzelt aufgebaut und dort während des Schützenfestes auf eigene Rechnung den Getränkeausschank betrieben hatte, macht den Beklagten wegen Verletzung der ihm als Veranstalter obliegenden Sicherungspflichten für den Unfall verantwortlich und begehrt mit der Klage hauptsächlich Ausgleich für behaupteten Gewinnausfall aufgrund unfallbedingten Besucherrückganges.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Demontage der in den Zuschauerraum hineinragenden Traversenfüße habe zwar nicht ausgeschlossen werden können, jedoch nicht nahegelegen. Folglich habe der Beklagte diese Möglichkeit nicht in Betracht ziehen und seine Sicherungsmaßnahmen hierauf nicht einstellen müssen. Eine Verletzung von Sicherungspflichten durch den Beklagten scheide danach aus.

Mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin vollen Schadensersatz begehrt, lastet die Klägerin dem Landgericht eine lückenhafte Aufklärung, jedenfalls aber eine fehlerhafte Beweiswürdigung an. Unzureichend aufgeklärt habe das Landgericht den Umstand, ob der Täter die mit der Demontage der Traversenfüße einhergehende Umsturzgefahr für den Traversenlift habe erkennen können. Daher entbehre die Annahme des Landgerichts, der Täter habe in hohem Maße leichtsinnig gehandelt, einer tragfähigen Grundlage. Außerdem sei es nicht nachzuvollziehen, dass das Landgericht die Demontage der Traversenfüße als problematisch angesehen habe, denn diese sei ohne Schwierigkeiten möglich. Zudem habe der Täter aufgrund des großen Gedränges vor der Bühne versteckt agieren können und entgegen der Ansicht des Landgerichts eine Entdeckung gerade nicht fürchten müssen. Nach allem - so meint die Klägerin - habe der Beklagte ein derartiges Verhalten in Rechnung stellen müssen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat auf Grundlage anerkannter Rechtsgrundsätze zur Verkehrssicherungspflicht rechtsfehlerfrei eine Verpflichtung des Beklagten zur Sicherung der Traversenfüße gegen eine unbefugte Demontage verneint. Denn die im Streitfall erfolgte Demontage der Traversenfüße durch Unbefugte lag entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nahe, so dass die Nichtabwendung der hierdurch geschaffenen und auch tatsächlich verwirklichten Umsturzgefahr für den Traversenlift nicht haftungsbegründend wirkt.

Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Demontage der Traversenfüße problemlos möglich war, was im Ergebnis wohl zu bejahen sein dürfte, weil hierzu nur mittels der Drehspindel die Bodenhaftung des Fußes gelöst und der zur Sicherung des Fußes vorhandene Splint herausgezogen werden musste, bevor der Fuß mühelos aus seiner Halterung gezogen werden konnte. Vielmehr ist ausschlaggebend für diese Wertung der Umstand, dass die sich im Streitfall verwirklichte Umsturzgefahr für den Traversenlift auf ein planvolles Zusammenwirken mindestens zweier unbefugter Personen zurückzuführen war, weil unstreitig an beiden Traversenliften jeweils der in den Zuschauerraum hineinragende Traversenfuß demontiert worden ist und der seitens des Vorstandsvorsitzenden des Beklagten geschilderte Ablauf des Unfalls darauf schließen lässt, dass zwischen der Demontage beider Füße nur wenige Augenblicke gelegen haben können, anderenfalls der Traversenlift mit einer weitaus höheren Verzögerung umgestürzt wäre. Mit einer derart konzertierten Aktion zweier Personen aber war während des laufenden Konzerts nicht zu rechnen, weil die Täter dabei sozusagen auf dem "Präsentierteller" vor den Augen des Publikums handeln und daher eine Entdeckung fürchten mussten. Insoweit hat der Vorstandsvorsitzende des Beklagten unwidersprochen dargelegt, dass die Zuschauer des Konzerts keineswegs dicht gedrängt um die Bühne herumstanden, sondern weitestgehend an quer zur Bühne angeordneten und von dieser durch einen 10 m breiten Durchgang getrennten Tischreihen saßen und sich lediglich einige wenige Personen an den Seiten der Bühne im Bereich der Traversenlifte aufhielten. Die Täter konnten daher keineswegs damit rechnen, dass die Demontage der Traversenfüße unbemerkt blieb, erst recht nicht damit, dass diese Demontage kein Aufsehen erregen, sondern vielmehr die Zustimmung der Zuschauer finden würde, weil diese Füße die unmittelbar vor der Bühne befindlichen Personen störten. Dass nämlich den Traversenfüßen eine Stützfunktion für die die schwere Beleuchtungsanlage tragenden Traversenlifte zukam und bei der Montage zweier, in die gleiche Richtung weisender Traversenfüße das Gleichgewicht des Beleuchtungsaufbaus empfindlich gestört und die Beleuchtungsanlage umstürzen würde, war auch für den unbedarften Betrachter auf den ersten Blick einleuchtend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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