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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 9 U 48/05
Rechtsgebiete: StVO


Vorschriften:

StVO § 9 Abs. 3 S. 3
StVO § 25 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. Dezember 2004 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und so neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner ein Schmerzensgeld von 5.000,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Februar 2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger als Gesamtschuldner sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit hinsichtlich der materiellen Schäden nicht Forderungsübergang auf Dritte stattgefunden hat.

Wegen der Mehrforderung zum Schmerzensgeldbegehren wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden den Beklagten zu 7/12 und dem Kläger zu 5/12 auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 2/5 und der Kläger zu 3/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(gem. § 540 ZPO)

I.

Am 26.11.03 überquerte der Kläger an einer Fußgängerampel die Straße T-Straße in Essen. Dabei wurde er von dem Renault des aus der H Straße links abbiegenden Beklagten zu 1) erfaßt. Der Kläger erlitt unter anderem eine Fersenbeintrümmerfraktur rechts. Das Landgericht hat der auf Schmerzensgeld in vorgestellter Höhe von 10.000 € und Feststellung der künftigen Ersatzpflicht gerichteten Klage teilweise stattgegeben. Es hat einen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 9 Abs. 3 S. 3 StVO bejaht, jedoch dem Kläger ein 30prozentiges Mitverschulden angelastet, weil er - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - die Straße schnellen Schrittes und etwas außerhalb der Fußgängerfurt überquert habe. Unter Berücksichtigung dieses Mitverschuldensanteils hat das Landgericht dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 € zugesprochen und auch dem Feststellungsantrag nur entsprechend eingeschränkt stattgegeben.

Hiergegen hat der Kläger zunächst uneingeschränkt Berufung eingelegt. Nachdem der Senat dem Kläger für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt hat, dabei für das Schmerzensgeld jedoch nur bis zu einem Betrag von 5.000 €, hat der Kläger sein Begehren nur noch im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe weiterverfolgt.

II.

Die Berufung des Klägers hat mit den zuletzt gestellten Anträgen Erfolg.

1. Bezüglich der die Beklagten aus dem Verkehrsunfall treffenden Haftung, die in der Berufungsinstanz nicht mehr im Streit ist, wird auf die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen in dem landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

2. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist dem Kläger kein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten:

a) Dabei kann zunächst dahinstehen, ob der Kläger die Straße normalen oder schnellen Schrittes beziehungsweise mit welcher genauen Schrittgeschwindigkeit überquert hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger die Straße bei Grün überquert. Nach § 25 Abs. 3 S. 1 StVO hat ein Fußgänger eine Straße "zügig" zu überqueren. Weitere Bestimmungen gibt es insoweit nicht; das heißt, es gibt insbesondere auch kein an den Fußgänger gerichtetes Gebot, die Straße mit einer bestimmten Schrittgeschwindigkeit zu überqueren, so dass dem Kläger kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, wenn er die Straße bei Grün schnellen Schrittes überquert haben sollte.

b) Es kann auch dahinstehen, ob der Kläger beim Überqueren der Straße -so seine Angaben im Senatstermin- die Fußgängerfurt benutzt hat oder -so die Feststellungen des Landgerichts- ein Stück daneben beziehungsweise schräg daneben hergegangen ist. Unabhängig von der Streitfrage, ob ein Autofahrer mit einem solchen Fußgängerverhalten rechnen muß bzw. inwieweit den Fußgänger hieraus ein Mitverschulden treffen kann (vgl. dazu OLG Köln, VersR 75, 477; OLG Karlsruhe, VM 75, 56; BGH NZV 90, 150), kann ein Mitverschulden des Klägers, für dessen Voraussetzungen die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet sind, hier schon deswegen nicht begründet werden, weil die Kausalität eines solchen Überquerungsweges für den dann stattgefundenen Unfall nicht nachgewiesen ist.

3. Bezüglich der Höhe des Schmerzensgeldes geht der Senat, wie auch bereits in dem Prozesskostenhilfebeschluss vom 23.08.05 zum Ausdruck gebracht, von einem Betrag von 5.000 € aus.

Dieser Betrag ist - auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung - als angemessener Ausgleich für die vom Kläger erlittene Fersenbeintrümmerfraktur rechts und die darauf folgenden Beeinträchtigungen (im wesentlichen stationärer Aufenthalt, Operationen, Einbau einer Titanabstützplatte, ambulante Behandlungsmaßnahmen und zeitweilige Arbeitsunfähigkeit) anzusehen.

Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz die Ausführungen des Landgerichts zur prozentualen Höhe der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit unter Beweisantritt angreift, kommt es hierauf nicht an, da es sich hierbei nach Ansicht des Senats um einen eher untergeordneten Gesichtspunkt in der Gesamtbewertung handelt, der -den klägerischen Vortrag insoweit als zutreffend unterstellt- jedenfalls nicht zu einem höheren als dem zuerkannten Schmerzensgeldbetrag von 5.000 € führen würde.

4. Dem Feststellungsantrag war aus den unter 2. genannten Gründen vollumfänglich stattzugeben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, wobei der vom Kläger in der Berufungsinstanz zu tragende Kostenanteil darin begründet ist, daß die im Senatstermin gestellten Anträge gegenüber der zunächst uneingeschränkt erfolgten Berufungseinlegung als Teilberufungsrücknahme anzusehen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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