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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.05.2005
Aktenzeichen: 9 W 20/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
Die Festsetzung des Gegenstandswertes im selbständigen Beweisverfahren orientiert sich an dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der beabsichtigten späteren Rechtsverfolgung und insoweit an der Höhe der berühmten Ansprüche; mögliche Erweiterungen der Begehrensvorstellungen bleiben außer Betracht.

Übersetzte Schmerzensgeldvorstellungen sind soweit zu reduzieren, wie ein entsprechendes Prozesskostenhilfegesuch vermutlich Erfolg gehabt hätte.


Tenor:

Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe: I. Die Antragstellerin hat in einem selbständigen Beweisverfahren Feststellungen dahin begehrt, daß ein Schadensereignis vom 14.08.2001 für eine Arbeitsunfähigkeit der Antragstellerin ursächlich geworden sei. Zur Begründung des Antrags hat die Antragstellerin ausgeführt, sie habe sich am Schadenstag im vorderen Bereich eines Busses der Antragsgegnerin aufgehalten, als plötzlich und unerwartet eine fehlerhaft angebrachte Anzeige auf die Antragstellerin heruntergefallen sei. Dabei habe sie u.a. ein HWS-Trauma, eine Wirbelstauchung und eine Gehirnerschütterung erlitten, woraus eine Erwerbsunfähgigkeit resultiere. Auf der Basis einer monatlichen Einkommenseinbuße von 585,20 € sei ihr "bislang" ein Erwerbsschaden von 9.948,40 Euro entstanden. Außerdem stünde ihr ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 10.000,-- Euro zu. Das Langericht hat der Antragstellerin für dieses selbständige Beweisverfahren uneingeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt. Sodann wurde durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben, wobei das Gutachten jedoch inhaltlich zuungunsten der Antragstellerin ausfiel. Erst nach Erhebung des Beweises hat das Landgericht den Gegenstandswert des selbständigen Beweisverfahrens auf 19.948,40 Euro festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Rechtsauffassung vertritt, daß mit dem selbständigen Beweisverfahren das Verlangen auf Ersatz aller künftigen Erwerbsschäden der Antragstellerin hätte vorbereitet werden sollen, so daß bezüglich des behautpeten Erwerbsschadens gem. § 9 BRAGO i. V. m. § 17 GKG mindestens der 3-fache Jahreswert von 36 Monaten x 585,20 Euro = 21.067,20 Euro, mithin ein Gesamtgegenstandswert von 31.067,20 Euro zugrunde zu legen sei. II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Gegenstandswert jedenfalls nicht zu niedrig festgesetzt. 1. Aus der Antragsschrift lässt sich ein wirtschaftliches Interesse - und ein Schluss auf eine entsprechende Klage - für den in der Antragsschrift errechneten Erwerbsschaden von 9.948,40 € sowie ein begehrtes Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € entnehmen. Dass die Antragstellerin in einem evtl. streitigen Verfahren den behaupteten Erwerbsschaden, wie die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 22.03.2005 ausgeführt hat, "sicherlich fortlaufend hätte ersetzt haben wollen", ist eine reine Vermutung der Antragsgegnerin, die sich aus der Antragsschrift nicht ergibt und die auch nicht für die Bestimmung des Gegenstandswertes des selbständigen Beweisverfahrens maßgeblich sein kann. 2. Die Festsetzung des Gegenstandswertes durch das Landgericht erscheint allenfalls insoweit bedenklich, als für den behaupteten Schmerzensgeldanspruch entsprechend der Antragsschrift 10.000,00 € angesetzt worden sind. Dieser Betrag war, auch unter Zugrundelegung sämtlicher von der Klägerin aufgestellter Behauptungen als zutreffend, von Anfang an weit übersetzt. Wäre die Klägerin, die einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt hatte, im vorliegenden Fall nicht im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens vorgegangen, sondern hätte sie mit der im selbständigen Beweisverfahren für ihren Antrag abgegebenen Begründung sogleich ein streitiges Verfahren angestrengt, hätte ihr in diesem -gedachten- streitigen Verfahren für einen Anspruch in Höhe von 10.000,00 € keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden können, sondern allenfalls in einem niedrigeren, angemessenen Umfang, der hier jedoch nicht bestimmt zu werden braucht, da der Beschluss des Landgerichts bzgl. des für den Schmerzensgeldanspruch vom Landgericht angesetzten Wertes von 10.000,00 Euro nicht angegriffen worden ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe -nur- für einen niedrigeren, angemessenen Wert im streitigen Verfahren hätte dazu geführt, dass ein darüber hinausgehend geltend gemachter Anspruch nicht rechtshängig geworden wäre; die Zustellung erfolgt in diesen Fällen im Umfang der gewährten Prozesskostenhilfe. Daher hätte in einem streitigen Verfahren auch der Streitwert nur in Höhe der bewilligten Prozesskostenhilfe festgesetzt werden können, im vorliegenden Fall jedenfall deutlich unter 10.000,00 €. Diese Überlegungen für ein unter Gewährung von Prozesskostenhilfe geführtes streitiges Verfahren müssen erst recht für ein unter Gewährung von Prozesskostenhilfe geführtes selbständiges Beweisverfahren gelten. Auch hier kann der Gegenstandstwert für einen Schmerzensgeldantrag nicht höher festgesetzt werden, als in einem gedachten streitigen Verfahren Prozesskostenhilfe hätte bewilligt werden und -daran orientiert- der Streitwert hätte festgesetzt werden können. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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