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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.09.2005
Aktenzeichen: 9 W 45/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 833 Abs. 2 |
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 29. August 2005 - nicht abgeholfen durch Beschluss vom 9. September 2005 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die gemäß § 127 Abs.2 S. 2 ZPO statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Landgericht hat dem Beklagten zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe für seine Verteidigung gegen die Schadensersatzklage nur bewilligt, soweit diese in der Hauptsache über den Betrag von 5.466,39 EUR ( die Hälfte der KlageForderung ) hinausgeht. Für seine weitergehende Rechtsverteidigung besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht i. S. v. § 114 ZPO.
Der Beklagte kann den - ihm als Halter von Nutztieren allerdings offen stehenden - Entlastungsbeweis gemäß § 833 S. 2 BGB nicht führen, weil er die Einhaltung der verkehrserforderlichen Sorgfalt bei der Beaufsichtigung der hier schadenstiftenden Kuh nicht ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt hat. Es kann offen bleiben, ob dem Beklagten für den Entlastungsbeweis gemäß § 833 S. 2 BGB der Vortrag und Beweis abverlangt werden kann, auf welche andere Weise die Kuh trotz Einzäunung der Weide durchgängig mit mindestens 130 cm hohem, vierfachen Stacheldraht ohne sein Verschulden entlaufen ist. Ob in Fällen der Schadensverursachung durch ein entwichenes Weidetier der Vortrag, auf welche konkrete Weise das Tier die Sicherungsmaßnahmen überwunden hat, zum Entlastungsbeweis gehört, ist umstritten; vgl. Palandt/Sprau, BGB 64. Aufl. , Rz. 22 zu § 833; dagegen LG Köln in NJW-RR 2001, 1606 einer Anmerkung von Wussow zu LG Frankfurt in VersR 1970, 382f folgend und Staudinger/Belling/Eberl-Borges, BGB 2001, Rz. 146 zu § 833. Es entspricht aber der zumindest bis zu den vorstehend zitierten Gegenstimmen einhelligen Auffassung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur, dass das Unterbleiben der Aufklärung irgendeines für die Entlastung des Tierhalters maßgeblichen Umstandes, namentlich wie ein Tier aus einer umzäunten Weide herausgekommen ist, zu dessen Lasten geht; vgl. nur Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl. Rz. 10 zu § 833 BGB, BGH VersR 1956, 127, VersR 1965, 719f, OLG Celle VersR 1975, 665, OLG Frankfurt VersR 1982, 908, LG Frankfurt VersR 1982, 382. Mit der Begründung seines Nichtabhilfebeschlusses bewegt sich das Landgericht im vorliegenden Fall mithin auf dem sicheren Boden einer gefestigten Rechtsprechung. Die scheinbar abweichende Ansicht des Landgerichts gebietet eine Bejahung der Erfolgsaussicht auch nicht im Lichte höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach grundsätzliche und umstrittene Rechtsfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren abschließend vorweg entschieden werden dürfen; BGH MDR 2003, 477. Auch nach der Auffassung, die den Nachweis, auf welche Weise das Tier im konkreten Fall die Sicherungen ohne Verschulden des Halters überwunden hat, vom Tierhalter nicht verlangt, hat der Beklagte sich nicht entlastet. Da nämlich der Schadenseintritt regelmäßig indiziert, dass eine Ausbruchsmöglichkeit bestanden hat, muss der Tierhalter auch nach dieser Ansicht darlegen und beweisen, dass die von ihm unternommenen Sicherungsmaßnahmen abstrakt geeignet waren, alle vernünftigerweise denkbaren Alternativen sicher auszuschließen; so ausdrücklich selbst LG Köln, NJW-RR 2001, 1606. Daran fehlt es vorliegend schon deshalb, weil weder eine regelmäßige, dichte Kontrolle der Weideeinzäunung auf ihre Unversehrtheit vorgetragen und unter Beweis gestellt, noch die durchaus nicht fernliegende Möglichkeit des - womöglich unbemerkten - Ausbrechens der Kuh auf ihrem Weg vom abendlichen Melken vom Stall auf die Wiese ausgeräumt ist. Es liegt nahe, dass gerade in einer für den vorübergehenden täglichen Zeitraum üblichen provisorischen Sicherung des Bewegungsraumes über Hofflächen und Wege bis zur fest umzäunten Weide Schwachstellen liegen können. Zumindest deren sicheren Ausschluss müsste der Beklagte ebenfalls beweisen.
Dass ein Mitverschulden des Zeugen O unfallursächlich geworden wäre, hat der Beklagte weder ausreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die gemäß §§ 7 I, 17 IV StVG zu Lasten des Klägers anspruchsmindernd zu berücksichtigende Betriebsgefahr des von dem Zeugen O geführten Pkw hat das Landgericht bei der teilweisen Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht zu Lasten des Beklagten zu gering angesetzt.
Die Kostenentscheidung dieses Beschlusses beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO, 34 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1811 KV.
Ende der Entscheidung
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