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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.10.2009
Aktenzeichen: I-15 Wx 208/09
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 2 Abs. 1a S. 2
Bei der Eintragung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist auf Anmeldung neben der konkreten Vertretungsbefugnis des in der Erklärung gemäß Musterprotokoll bestellten Geschäftsführers im Hinblick auf die mögliche künftige Bestellung eines anderen oder weiterer Geschäftsführer deren abstrakte Vertretungsbefugnis in das Handelsregister einzutragen.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

I-15 Wx 208/09 OLG Hamm

In der Handelsregistersache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15.10.2009 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 08.07.2009 gegen den Beschluss der IV. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 18.06.2009 durch

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts und die Zwischenverfügung des Registergerichts werden aufgehoben.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 02.12.2008 meldete die Geschäftsführerin der Antragstellerin die nach Musterprotokoll (Anlage zu § 2 Abs. 1a GmbHG) erfolgte Gründung der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft unter Bezugnahme auf die "Gründungsurkunde im Musterprotokoll" (Urkunde Nr. 827/2008 des Notars P in M) zur Eintragung in das Handelsregister an.

Die Anmeldung enthält unter II. folgende Vertretungsregelung:

Die Vertretung der Gesellschaft ist allgemein wie folgt geregelt:

Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gemeinsam vertreten.

Unter III. heißt es:

Zum Geschäftsführer ist bestellt:

Frau T ...

Der Geschäftsführer ist befugt, die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten zu vertreten, vertritt ansonsten die Gesellschaft gemäß der allgemeinen Vertretungsregelung.

Mit Zwischenverfügung vom 06.04.2009, die mit Verfügung vom 15.04.2009 modifiziert wurde, beanstandete das Registergericht die Vertretungsregelung. Diese müsse wie folgt lauten: Die Gesellschaft hat einen Geschäftsführer. Dieser ist befugt, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Es sei vorliegend kein Raum für eine allgemeine Vertretungsregelung betreffend mehrerer Geschäftsführer, weil nach dem Gesellschaftsvertag nur ein Geschäftsführer bestellt sei und die Bestellung mehrerer Geschäftsführer einer Änderung des Gesellschaftsvertrages bedürfe. Erst dann könne eine allgemeine Vertretungsregelung für die mehreren Geschäftsführer eingetragen werden, und zwar entweder die gesetzliche (Gesamtvertretung) oder eine davon abweichende konkret zu beschließende.

Gegen die Zwischenverfügung legte die Beteiligte mit Schriftsatz vom 22.04.2009 Beschwerde ein, die die Kammer für Handelssachen mit Beschluss vom 18.06.2009 zurückwies.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts - Kammer für Handelssachen - richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Nach § 2 Abs. 1a S. 1 GmbHG (in der Fassung vom 01.11.2008 durch Art. 1 MoMiG vom 23.10.2008) kann die Gesellschaft in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden, wenn sie höchstens drei Gesellschafter und einen Geschäftsführer hat. Nach S. 2 ist für die Gründung im vereinfachten Verfahren das in der Anlage zu § 2 GmbHG bestimmte Musterprotokoll zu verwenden. Darüber hinaus dürfen nach S. 3 keine vom Gesetz abweichenden Bestimmungen getroffen werden.

Da die Gesellschaft nach dem am 02.12.2008 geschlossenen Gesellschaftsvertag nur einen Gesellschafter hat, gilt das Musterprotokoll a) der Anlage zu § 2 Abs. 1a S. 2 GmbHG. Dieses Musterprotokoll enthält keine allgemeine Vertretungsregelung, sondern nur eine Regelung der Befugnisse des bestellten, d.h. in der Urkunde namentlich benannten Geschäftsführers. Insoweit heißt es nämlich unter Nr. 4 des Musterprotokolls:

"Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wird Herr/Frau ..., geboren am ..., wohnhaft in ..., bestellt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit."

Eine exakt diesem Wortlaut entsprechende Regelung enthält der Gesellschaftsvertrag vom 02.12.2004 in § 4 Abs. 2. Nichts anderes besagt aber III. der Anmeldung, wenn es dort heißt, der Geschäftsführer sei befugt, die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten zu vertreten. Denn insoweit wird der in dem Musterprotokoll zitierte § 181 BGB nur inhaltlich wiedergegeben. Dies beanstandet das Registergericht auch nicht.

Auch wenn das Musterprotokoll keine allgemeine Vertretungsregelung enthält, sondern nur die besondere des bestellten Geschäftsführers, so schließt § 2 Abs. 1a GmbHG nicht aus, das eine entsprechende Regelung in das Protokoll aufgenommen wird. § 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG schließt nur aus, dass vom Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen werden. Dies ist hier nicht geschehen. Damit die Feststellung der Vertretungsbefugnis erleichtert wird, schreibt § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG vor, dass in das Handelsregister einzutragen ist, welche Vertretungsbefugnis die Geschäftsführer haben. Anzumelden ist neben der - oben dargelegten - konkret anzugebenden personenbezogenen Vertretungsbefugnis der bestellten Geschäftsführer, die gemäß § 43 Nr. 4b HRV in Spalte 4 Unterspalte b des Handelsregisters einzutragen ist, auch abstrakt die allgemein geltende Vertretungsregelung, die gemäß § 43 Nr. 4a HRV in Spalte 4 Unterspalte a des Handelsregisters einzutragen ist (Kersten/Bühling/Kanzleiter, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 22. Aufl., § 142 Rn 44; Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rn 987-990, ; Wicke, GmbHG § 10 Rn 2).

Eine solche allgemeine Vertretungsregelung enthält II. der Anmeldung, deren Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG entspricht. Dass die Beteiligte derzeit nur eine Geschäftsführerin und nicht mehrere hat, steht der Eintragung nicht im Wege. Denn die generelle bzw. abstrakte allgemeine Vertretungsregelung dient auch dazu, dass das Handelsregister auch bei künftigen Veränderungen in der Person und in der Zahl der Geschäftsführer deren Vertretungsbefugnisse ausweist, sodass bei Änderungen in der Geschäftsführung es keiner besonderen Anmeldung und Eintragung der Vertretungsbefugnis bedarf (Krafka/Willer, a.a.O., Rn 988).

Die Gründung der Gesellschaft nach dem Musterprotokoll schließt keineswegs aus, dass die Gesellschafterversammlung zu einem späteren Zeitpunkt eine andere Person als Alleingeschäftsführer oder neben dieser weitere Geschäftsführer bestellt. Für so bestellte Geschäftsführer gilt nicht die konkrete Vertretungsbefugnis nach dem Musterprotokoll, sondern die allgemeine gesetzliche Regelung des § 35 GmbHG, die dementsprechend als abstrakte Vertretungsregelung im Handelsregister eingetragen werden muss. Insoweit schließt sich der Senat der überzeugend begründeten Auffassung des OLG Stuttgart (FGPrax 2009, 182 = NZG 2009, 754 = Rpfleger 2009, 568) an.

Die Entscheidung des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben und war ebenso wie die Zwischenverfügung aufzuheben.

Ende der Entscheidung

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