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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: I-15 Wx 357/08
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 14 Nr. 1 |
2) Die Verpflichtung eines Wohnungseigentümers zu einer Verbesserung des Trittschallschutzes nach einer Veränderung des Fußbodenaufbaus ist nur auf das zu erreichende Ergebnis des Schallschutzes, nicht jedoch auf ein von einem Sachverständigen vorgeschlagenen (Neu-) Aufbau des Fußboden unter Berücksichtigung bestimmter bautechnisch möglicher Vorgaben gerichtet. Wenn das Ergebnis durch einen nachträglich aufgebrachten Teppichboden erreicht wird, hat es damit sein Bewenden.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
I-15 Wx 357/08 OLG Hamm
In der Wohnungseigentumssache
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.08.2009 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 12.12.2008 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 24.10.2008 durch
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 23.08.2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer vom 08.08.2007 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten der zweiten und dritten Instanz werden den Beteiligten zu 1) auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet auch in diesen Instanzen nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird - insoweit auch in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts vom 20.08.2007 - für alle Instanzen auf jeweils 6.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Das Gebäude der eingangs bezeichneten Wohnungseigentumsanlage wurde 1958/1959 errichtet und 1979 in Wohnungseigentum aufgeteilt. Im Zuge der Aufteilung wurde der frühere Trockenboden zu einer Wohnung ausgebaut, in der die Beteiligte zu 2) wohnt. Zu diesem Zeitpunkt galt für den "Schallschutz im Hochbau" die DIN 4109 - Ausgabe 1962.
Die Wohnung der Beteiligten zu 1) liegt im 2. Obergeschoss teilweise unter derjenigen der Beteiligten zu 2). Bei der Schaffung ihrer Wohnung im Jahr 1979 wurden auf dem vorhandenen Betonboden Spanplatten und darauf teilweise Parkett und teilweise im Mörtelbett verlegte Fliesen aufgebracht. Im Januar 1999 entfernte der mittlerweile verstorbene Ehemann der Beteiligten zu 2) in Eigenleistung die in der Küche und Diele vorhandenen Fliesen und die darunter liegenden Spanplatten und brachte anstelle der Spanplatten einen Estrichbelag ein, auf dem er neue Fliesen verlegte. Auf diesen Fliesen brachte die Beteiligte zu 2) später aufgrund einer Empfehlung des Sachverständigen S in dem Beweissicherungsverfahren 2a II 61/04 AG Gelsenkirchen-Buer einen Teppichbelag auf.
Die Beteiligten zu 1) behaupten, durch die bauliche Maßnahme im Jahr 1999 habe sich der zuvor bestehende Trittschallschutz erheblich verschlechtert und dieser Mangel sei durch das nachträgliche Verlegen des Teppichbelags nicht behoben worden.
In dem vorliegenden Verfahren nehmen sie deshalb die Beteiligte zu 2) auf Durchführung von Schallschutzmaßnahmen zur Minderung der Geräuschbelastung ihrer Wohnung in Anspruch. Sie hatten zunächst beantragt, die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, für eine hinreichende Trittschalldämmung durch Einbringung von Teppichböden gemäß dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen S in dem o.g. Beweissicherungsverfahren zu sorgen.
Diesen Antrag stellten sie im Verlauf der ersten Instanz dahin um, die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, in ihrer Wohnung eine für eine hinreichende Trittschalldämmung, welche die Anforderungen der DIN 4109/89 erfüllt, zu sorgen.
Das Amtsgericht wies nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen S, der von dem Institut für Schalltechnik, Raumakustik, Wärmeschutz Dr.-Ing H2 GmbH (ISRW) einen Prüfbericht zum Trittschallschutz eingeholt hatte, sowie eines Gutachtens und eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen B den Antrag der Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 08.08.2007 zurück.
Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1) rechtzeitig sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht beauftragte den Sachverständigen K mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens.
Aufgrund des Ergebnisses dieses Gutachtens beantragten die Beteiligten zu 1) zuletzt mit Schriftsatz vom 26.05.2008,
die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, nach Maßgabe der Ausführungen des Sachverständigen K in dessen Gutachten vom 04.04.2008 (dort Ausführungen zur Beweisfrage I.2) durch Einbringung eines geeigneten Trockenestrichs in einer der sachverständigenseits vorgegebenen zwei Alternativen sowie durch den Einbau eines Randdämmstreifens zwischen Estrich und Wand, der erst nach Verfugung der Bodenfliesen abgeschnitten werden darf, dafür Sorge zu tragen, dass die Anforderungen der DIN 4109, Ausgabe 1989 von L'n,w = 53 evtl. erreicht, Ausgabe 1962 von L'n,w = 60 dB sicher eingehalten werden.
Die Beteiligte zu 2) trat dem Antrag entgegen. Sie machte im wesentlichen geltend, das gemeinschaftliche Gebäude sei insgesamt mit einem ausgesprochen geringen Schallschutzstandard errichtet. Bei den von den Beteiligte zu 1) als unzumutbar empfundenen Geräuschen handele es sich daher um für diese Anlage normale Wohngeräusche, die über das Maß des in dieser Hausgemeinschaft Hinzunehmenden nicht hinausgingen. Sie rügte das Gutachten des Sachverständigen K und bemängelte u.a., dass das nachträgliche Verlegen eines Teppichbelags auf den Fliesen nicht berücksichtigt worden sei.
Durch Beschluss vom 24.10.2008 verpflichtete das Landgericht in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts die Beteiligte zu 2), nach Maßgabe des Gutachtens des Sachverständigen K vom 04.04.2008 (Anlage I.2) durch Einbringung eines geeigneten Trockenestrichs in einer der sachverständigenseits vorgegebenen zwei Alternativen sowie durch den Einbau eines Randdämmstreifens zwischen Estrich und Wand, der erst nach Verfugung der Bodenfliesen abgeschnitten werden darf, dafür Sorge zu tragen, dass die Anforderungen der DIN 4109, Ausgabe 1962 von L'n,w = 60 dB sicher eingehalten werden. Im Übrigen wies es den Antrag zurück.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten bei dem Landgericht eingelegt hat.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG a.F., 62 WEG n.F., 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu ihrem Nachteil abgeändert hat.
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist auch in der Sache begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Dies führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.
1.
Im Ausgangspunkt ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Anspruch aus §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 Abs. 1 BGB besteht, wenn die Rechte der Beteiligten zu 1) durch die von der Beteiligten zu 2) an dem Fußboden ihrer Eigentumswohnung vorgenommenen Veränderungen über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinaus beeinträchtigt werden. Nach dieser Vorschrift ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen und dem Gemeinschaftseigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Führt danach die Veränderung des Bodenbelages durch einen Wohnungseigentümer zu einer Verschlechterung des Schallschutzniveaus und damit zu erhöhten Trittschallbelästigungen in der darunter liegenden Eigentumswohnung und gehen diese unter Berücksichtigung des besonderen Gepräges des betroffenen Gebäudes, das nach den Feststellungen des Landgerichts hellhörig und schallempfindlich ist, über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus, so ist der Störer zur Beseitigung dieser Einwirkungen verpflichtet (st. Rspr., vgl. Senat FGPrax 2001, 142 = ZWE 2001, 389; OLG München NJW 2008, 592).
Um beurteilen zu können, ob sich der Trittschallschutz durch die Veränderungen des Bodenbelags in der Wohnung der Beteiligten zu 2) verschlechtert hat, ist daher zunächst wesentlich, wie es mit dem Trittschallschutz vor der Baumaßnahme 1999 ausgesehen hat. Dieser Zustand ist sodann mit dem Ist-Zustand zu vergleichen und nicht, wie das Landgericht meint und worüber es Beweis erhoben hat, mit dem im Jahr 1999 geschaffenen Zustand. Dabei ist das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, es sei ohne Bedeutung, dass die Beteiligte zu 2) aufgrund des im Jahr 2004 durchgeführten Beweissicherungsverfahrens zusätzlich auf die Fliesen einen Teppichbelag aufgebracht hat. Denn vorliegend geht es um das in § 14 Nr. 1 WEG normierte Rücksichtnahmegebot, das hier auf einen ausreichenden, d.h. dem früheren Zustand entsprechenden Schallschutz zielt. Wie die Beteiligte zu 2) dieses Ergebnis erreicht, ist ihre Sache. Sie muss daher nicht, wovon das Landgericht ausgeht, die Fliesen wieder herausnehmen und eine Schalldämmung gemäß den Vorschlägen des Sachverständigen K einbauen. Vielmehr kann sie den Schallschutz auch durch andere Mittel herbeiführen, etwa durch die vom Sachverständigen S im Beweissicherungsverfahren vorgeschlagenen Maßnahmen.
Hiermit waren die Beteiligten zu 1) auch einverstanden, wie ihr Antrag vom 22.06.2006 belegt, den sie auf der Grundlage des im Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens ausdrücklich mit dem "Anerkenntnis" der Beteiligten zu 2) in dem Anwaltsschriftsatz vom 10.06.2005 begründet haben, so dass die Beteiligte zu 2) sich zu dieser Maßnahme zur Vermeidung eines Verfahrens in der Hauptsache entschlossen hat.
Die Entscheidung des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben und ist, da sie sich auch im Ergebnis nicht als richtig erweist, aufzuheben. Einer Zurückverweisung bedarf es jedoch nicht, weil der Sachverhalt geklärt ist, so dass der Senat selbst in der Sache entscheiden kann.
2.
Bei dem Maß der durch die Veränderung des Fußbodenbelags hervorgerufenen Beeinträchtigung ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass die Beteiligten zu 1) die Entscheidung des Landgerichts nicht angefochten haben und sich die Rechtsstellung der Beteiligten zu 2) durch die Einlegung ihres Rechtsmittels nicht verschlechtern darf. Dies hat wegen der teilweisen Zurückweisung der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) zur Folge, dass die Beteiligte zu 2) in dieser Instanz nicht mehr dazu verpflichtet werden könnte, durch geeignete Schallschutzmaßnahmen dafür zu sorgen, dass der Trittschallpegel unter 60 dB liegt.
Dieser Wert wird vorliegend nicht überschritten. Denn nach den Messergebnissen der Messingenieure der ISRW vom 19.12.2006 liegt der Trittschallpegel bei 55 dB und damit deutlich unter dem Wert von 60 dB, den das Landgericht in seiner Entscheidung vom 24.10.2008 als Oberwert benannt hat. Diesen Wert hatten auch die Beteiligten zu 1) nicht angegriffen, vielmehr haben sie sich im Schriftsatz vom 17.01.2007 ausdrücklich hierauf bezogen. Damit hat die Beteiligte zu 2) die ihr im Rahmen des Rücksichtnahmegebots auferlegte Verpflichtung zur Schaffung eines hinreichenden Trittschallschutzes erfüllt.
Da das Rechtsmittel begründet ist und zur Zurückweisung der ersten Beschwerde führt, entspricht es der Billigkeit, den Beteiligten zu 1) die Gerichtskosten des Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde aufzuerlegen, § 47 S. 1 WEG a.F. Demgegenüber bestehen keine hinreichenden Gründe, von dem Grundsatz abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Auslagen selbst zu tragen hat, zumal Amtsgericht und Landgericht zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind, § 47 S. 2 WEG a.F.
Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.
Ende der Entscheidung
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